TE OGH 1978/6/8 13Os49/78

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Veröffentlicht am 08.06.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 1978 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schertler als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mißbrauch der Amtsgewalt nach den § 15 (12), 302 Abs. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 10. Februar 1978, GZ. 12 Vr 2797/77-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schuller und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Geldstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen auf 120 (einhundertzwanzig) Tagessätze, für den Fall der Uneinbringlichkeit 60 (sechzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Fahrverkäufer Karl A des Verbrechens des versuchten Mißbrauchs der Amtsgewalt (richtig: des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mißbrauch der Amtsgewalt) nach § 15 (12), 302 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs liegt ihm zur Last, am 4. Juni 1977 in Villach mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf Verfolgung von verwaltungsbehördlich strafbaren Rechtsbrüchen zu schädigen, die Sicherheitswachebeamten Eduard B und Werner C zu bestimmen versucht zu haben, ihre Befugnis, im Namen des Bundes (als dessen Organe) in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu mißbrauchen, indem er diese Beamten durch Anbieten von 10.000 S zur Unterlassung der Anzeigeerstattung wegen Lenkens eines Personenkraftwagens im alkoholisierten Zustand zu veranlassen suchte. Den wesentlichen Urteilsfeststellungen zufolge wurde Karl A am 4. Juni 1977 gegen 1 Uhr 55 in Villach wegen Lenkens eines Personenkraftwagens im alkoholisierten Zustand - er wies, wie sich nachträglich auf Grund einer Blutalkoholbestimmung herausstellte, einen Blutalkoholwert von rund 1,68 %o auf - von den beiden erwähnten Polizeibeamten im Zuge einer Verkehrskontrolle beanstandet. Nach einer positiven Alkotestprobe und nachdem auch der Polizeiarzt nach einer Untersuchung Karl A wegen der festgestellten Alkoholbeeinträchtigung als zum Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht geeignet erklärt hatte, wurde ihm der Führerschein (vorläufig) abgenommen. Als dann die beiden Polizeibeamten ihren Dienst im Funkstreifenwagen fortsetzen wollten, machte ihnen der Angeklagte folgenden Vorschlag: 'Ich gebe Euch 10.000 S, die könnt Ihr Euch teilen, dafür vergeßt Ihr mich und gebt mir den Führerschein zurück. Ich verspreche Euch, daß von mir niemand etwas von dieser Sache erfahren wird und Ihr selbst werdet ja auch nichts weiter sagen'. Von den beiden Beamten daraufhin auf das Strafbare seines Ansinnens aufmerksam gemacht, entschuldigte sich der Angeklagte, wiederholte aber sein Angebot nochmals und sagte abschließend: 'Ihr könnt ja wirklich ein Auge zudrücken, bei so einem Angebot'. Daß ein Rückgängigmachen der an die Polizeidirektion Villach zu erstattenden Anzeige nur in deren rechtswidriger Unterdrückung durch die amtshandelnden Beamten hätte bestehen können, war dem Angeklagten bewußt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

Als unvollständig begründet im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer zunächst die Urteilsfeststellung, er habe die Polizeibeamten durch Anbieten von 10.000 S zur Unterlassung der Anzeigeerstattung wegen Lenkens eines Personenkraftwagens im alkoholisierten Zustand zu veranlassen versucht.

Tatsächlich habe er jedoch von den beiden Polizisten nur die Rückgabe des (ihm vorher abgenommenen) Führerscheins begehrt. Dies habe auch der Polizeibeamte B als Zeuge bestätigt, dessen Aussage jedoch vom Erstgericht mit Stillschweigen übergangen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt:

Abgesehen nämlich davon, daß das Erstgericht für die bekämpfte

Annahme, der Angeklagte habe sowohl die Rückgabe des Führerscheins,

als auch die Unterlassung der Anzeigeerstattung angestrebt, mit dem

Hinweis auf seinen - von ihm übrigens nicht in Abrede gestellten -

Ausspruch gegenüber den beiden Polizeibeamten '....... dafür vergeßt

Ihr mich' eine denkrichtige, schlüssige und demnach mängelfreie

Begründung gab, mangelt es der Beschwerde insoweit an einem

rechtlich relevanten Substrat, als das - vom Angeklagten

zugestandene - an die Polizeibeamten gerichtete Ansinnen auf

Rückgabe des Führerscheins für sich allein schon den Schuldspruch

wegen Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mißbrauch der

Amtsgewalt zu tragen vermöchte, weil die Beamten, denen

diesbezüglich kein Ermessensspielraum zur Verfügung stand (arg: '...

......ist .... vorzulegen'..) gemäß § 76 Abs. 2 KFG. verpflichtet

waren, den dem Angeklagten infolge übermäßigen Alkoholgenusses vorläufig abgenommenen Führerschein unverzüglich der Behörde, in deren örtlichen Wirkungskreis er abgenommen wurde, vorzulegen und eine Rückgabe an den Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen mithin einen Befugnismißbrauch im Sinne des § 302 Abs. 1 StGB. dargestellt hätte.

Aber auch dem weiteren, auf die Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Vorbringen des Angeklagten, wonach die Urteilsfeststellung, die Polizeibeamten hätten ihm nach seinem ersten Angebot deutlich zu erkennen gegeben, daß dieses einen Versuch (zur Verleitung) zum Amtsmißbrauch darstelle, widersprüchlich begründet sei, kann schon mangels Relevanz Berechtigung nicht zuerkannt werden. Denn es ist für die Frage der Verantwortlichkeit des Angeklagten in Richtung der § 15 (12), 302 Abs. 1 StGB. rechtlich völlig bedeutungslos, ob er vor oder während der Tat auf das Strafbare seines Verhaltens ausdrücklich hingewiesen wurde bzw. ob er, in einem Irrtum über die rechtliche Qualifikation seines Tatverhaltens befangen, dieses lediglich als (versuchte) Verleitung zu Pflichtwidrigkeiten im Sinne des § 307 Z. 1 StGB. aufgefaßt hätte. Es kommt vielmehr allein darauf an, daß er - wie das Erstgericht mängelfrei feststellte - mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz, einen anderen (hier: den Staat) in seinen Rechten d.i. auf Ausschluß alkoholisierter und sohin besonders gefährlicher Verkehrsteilnehmer vom öffentlichen Verkehr zu schädigen und darüberhinaus mit der Gewißheit handelte, daß die beiden Beamten für den Fall seines erfolgreichen Einwirkens ihre Amtsbefugnis wissentlich mißbrauchten.

Die Mängelrüge erweist sich daher als verfehlt.

Unbegründet ist aber auch die auf Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge des Angeklagten, in der er darzutun versucht, dem Erstgericht sei ein Subsumtionsirrtum unterlaufen und er hätte nur des Vergehens der (versuchten) Verleitung zu Pflichtwidrigkeiten nach § 307 Abs. (richtig: Z.) 1, 15 StGB. schuldig erkannt werden dürfen.

Soweit der Angeklagte in der Ausführung dieser Rüge behauptet, er habe von den Beamten nicht die Unterlassung der Anzeige, sondern lediglich die Rückstellung des Führerscheins verlangt und es sei ihm nicht bewußt gewesen, daß sein Verhalten den Versuch eines Amtsmißbrauches darstelle, weil die Beamten nur von einer Verleitung zur Pflichtwidigkeiten gesprochen hätten, wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf das oben Gesagte verwiesen und zusätzlich bemerkt, daß den Polizeibeamten auf Grund der Bestimmung des § 100 Abs. 5 StVO. 1960, wonach (u.a.) bei einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 leg. cit. - und der Verdacht einer solchen lag, als der Angeklagte das inkriminierte Ansinnen an die Beamten richtete, nach den Ergebnissen des Alkotests und der amtsärztlichen Untersuchung zweifellos vor - die Bestimmungen der § 21 und 50 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 keine Anwendung finden, auch hinsichtlich der Anzeigeerstattung kein Ermessensspielraum zur Verfügung stand. Hingegen entfernt sich der Angeklagte mit seinem Vorbringen, es habe ihm der auf Schädigung eines konkreten Rechtes des Staates gerichtete Vorsatz gefehlt, von dem vom Schöffengericht festgestellten Sachverhalt und bringt er damit den angezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil das Erstgericht einen solchen Vorsatz ausdrücklich bejahte (vgl. S. 46 und 47 d.A.).

Nicht stichhältig ist schließlich aber auch der in der Rechtsrüge vorgebrachte Haupteinwand des Angeklagten, es habe seinem Verhalten das für den Verbrechenstatbestand nach § 302 Abs. 1 StGB. in Ansehung des Befugnismißbrauchs erforderliche Moment der Wissentlichkeit gemangelt, weil er den Eintritt des tatbildmäßigen Erfolges, nämlich die Annahme seines Angebotes durch die Polizeibeamten, nicht als gewiß habe voraussehen können. Denn daraus, daß in bezug auf den Befugnismißbrauch eines Beamten auch auf Seiten eines Bestimmungstäters (oder auf Seiten eines Täters durch sonstigen Tatbeitrag) Wissentlichkeit im Sinne des § 5 Abs. 3 StGB. erforderlich ist (ÖJZ-LSK 1977/382), kann keineswegs gefolgert werden, daß der Angeklagte im gegenständlichen Fall die Annahme seines Angebots durch die Polizeibeamten für gewiß halten mußte; es genügt vielmehr, daß er wußte - und insoweit nicht bloß mit (bedingtem) Vorsatz handelte - daß die Beamten im Fall des von ihm angestrebten Befugnismißbrauches in diesem Belang wissentlich gehandelt hätten. Dies aber nahm das Erstgericht vom Angeklagten ausdrücklich als gegeben an und stellte hiezu unter Hinweis auf sein Tatverhalten mit ausreichender und schlüssiger Begründung fest (vgl. S. 46 und 47 d.A.), er sei sich des Umstandes, daß das von ihm ernsthaft angestrebte Verhalten der Beamten (auf Rückgabe des Führerscheines und Unterlassung der Anzeigeerstattung) eine rechtswidrige Unterdrückung der Anzeige bedingt hätte und damit der Tragweite und der Rechtswidrigkeit//

seiner Handlungsweise bewußt gewesen.

Da angesichts dieser Feststellungen schließlich auch die hievon abweichende Behauptung des Angeklagten, er habe aus Verzweiflung gehandelt und innerlich nicht daran geglaubt, die Beamten würden sein Angebot annehmen, die Rüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung bringt, erweist sich die auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützte Beschwerde als zur Gänze unbegründet.

Verfehlt ist aber auch die weitere, unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. vorgebrachte Rüge des Beschwerdeführers, es sei ihm der Strafaufhebungsgrund des Rücktrittes vom Versuch (nach § 16 Abs. 1 StGB.) zuzuerkennen, weil er, von den Polizeibeamten auf das Strafbare seines Verhaltens aufmerksam gemacht, von seinem Vorhaben - die Beamten zu einer amtsmißbräuchlichen Handlung zu bestimmen - durch seine Entschuldigung freiwillig abgestanden sei. Ungeachtet nämlich dessen, daß bei einem mißglückten Versuch, wie er hier gegeben ist - der Angeklagte hatte nach seinem Tatplan alles unternommen, was zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges notwendig war und somit alle Voraussetzungen für den Erfolgseintritt geschaffen - ein freiwilliger Rücktritt schon begrifflich ausgeschlossen ist (vgl. ÖJZ-LSK 1976/360) und zwar auch dann, wenn der Täter nunmehr darauf verzichtet, den Erfolg auf eine andere ihm möglich erscheinende Weise herbeizuführen (Leukauf-Steininger, 152), bringt der Angeklagte auch in diesem Punkte den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil das Erstgericht ausdrücklich als erwiesen annahm, er habe nach seiner Entschuldigung sein (ursprüngliches) Angebot nochmals wiederholt und gesagt: 'Ihr könnt ja wirklich ein Auge zudrücken, bei so einem Angebot'.

Die in keinem Punkt begründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 302 Abs. 1 StGB. unter Anwendung der § 4. 1 Z. 5

und 37 Abs. 1 StGB. zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen a 120 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe.

Hiebei wertete es als erschwerend nichts, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten, sein Teilgeständnis sowie den Umstand, daß es beim Versuch geblieben war.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.

Die Berufung ist berechtigt.

Das Erstgericht hat zwar die vorhandenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig erfaßt, bei deren Bewertung allerdings dem bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, der auch keinerlei verwaltungsbehördliche Vormerkungen aufweist, zu geringe Bedeutung beigelegt. In Stattgebung der Berufung wurde daher die Anzahl der Tagessätze auf das aus dem Spruch ersichtliche, dem Obersten Gerichtshof tatschuldangemessen erscheinende Ausmaß reduziert.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01312

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00049.78.0608.000

Dokumentnummer

JJT_19780608_OGH0002_0130OS00049_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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