TE OGH 1978/6/21 10Os88/78

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Veröffentlicht am 21.06.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Juni 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Walenta und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Klumair als Schriftführer in der Strafsache gegen Konrad Werner A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 3, 129 Z. 2 und 15 StGB.

über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16.März 1978, GZ. 8 Vr 167/78-15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hämmerle und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch zu den Punkten 1.) c) und

2.) unberührt bleibt, in den Punkten 1.) a) und 1.) b), weiters im Ausspruch, der Angeklagte habe die Diebstähle teilweise unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden ist, ferner in der rechtlichen Beurteilung auch nach § 127 Abs. 2 Z. 3 StGB. und im Ausspruch über die Strafe aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Die Aussprüche, der Angeklagte habe die dem aufrecht gebliebenen Teil des Schuldspruchs zugrunde liegenden Diebstähle teilweise unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden ist, und über die rechtliche Unterstellung der dem aufrecht gebliebenen Teil des Schuldspruchs zugrunde liegenden Diebstähle auch unter die Bestimmung des § 127 Abs. 2 Z. 3 StGB. werden aus dem Urteil ausgeschieden. Konrad Werner A ist weiters schuldig, in der Zeit zwischen dem 5. und dem 11.Jänner 1978 in Graz in wiederholten Angriffen zur Befriedigung eines Gelüstes Sachen geringen Wertes, nämlich in Teilmengen im Wert von jeweils nicht mehr als 500 S alkoholische Getränke (Sekt und Bier) im Gesamtwert von 1.090 S der Firma B entzogen und hiedurch das Vergehen der Entwendung nach dem § 141 Abs. 1 StGB. begangen zu haben.

Für das in den aufrecht gebliebenen Punkten 1.) c) und 2.) des erstinstanzlichen Schuldspruchs bezeichnete Verbrechen des teils vollendeten und teils versuchten Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, 129 Z. 2 und 15 StGB.

und das oben bezeichnete Vergehen der Entwendung nach § 141 Abs. 1 StGB. wird Konrad Werner A nach § 129

StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten und gemäß § 389 StPO. zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Der Ausspruch über die Verpflichtung des Angeklagten zur Bezahlung eines Betrages von 1.090 S an Gernot C als Beauftragten der Firma B (§ 369 StPO.) und der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft (§ 38

StGB.) werden aus dem Ersturteil übernommen.

Von der weiteren Anklage, in der Zeit zwischen dem 5. und 11.Jänner 1978 in Graz eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Flasche Sekt im Wert von 50 S dem Peter D mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und sich hiedurch gleichfalls eines Diebstahls schuldig gemacht zu haben, wird Konrad Werner A gemäß dem § 259 Z. 1 StPO.

freigesprochen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.April 1939 geborene Haus- und Schankbursch Konrad Werner A des Verbrechens des (teils vollbrachten, teils versuchten) Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 3, 129 Z. 2 und 15 StGB. schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen 5. und 11.Jänner 1978 in Graz fremde bewegliche Sachen teilweise unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden war, teilweise durch Einbruch in Kleiderspinde, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, 1.) weggenommen habe:

a) alkoholische Getränke (Sekt und Bier) im Wert von 1.090 S

(der Firma B), b) eine Flasche Sekt im Wert von 50 S dem Peter

D, c) eine Flasche Eau de Cologne und eine Seife nicht

bekannten Wertes der N. E;

2.) wegzunehmen versucht habe:

Gebrauchsgegenstände und Bargeld in 5.000 S nicht übersteigendem Wert den Beschäftigten des Restaurants B.

Er wurde hiefür nach § 129 StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten verurteilt.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Konrad Werner A diesen Schuldspruch unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Ziffern 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

Ausgehend von den Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte insgesamt 14 Flaschen Baby-Sekt und 35 Flaschen Bier (sowie eine weitere Flasche Sekt) gestohlen und dann ausgetrunken hat, macht der Beschwerdeführer geltend, daß die von ihm weggenommenen alkoholischen Getränke lediglich der Befriedigung eines Gelüstes gedient hätten und daß mehrere Angriffe notwendig gewesen seien, um die vom Erstgericht festgestellte Menge von alkoholischen Getränken wegzunehmen und auszutrinken, sodaß bei keiner der jede für sich gesondert zu beurteilenden Tathandlungen die Grenze des 'geringen Wertes' im Sinne des § 141 Abs. 1

StGB. überschritten worden sei.

Rechtliche Beurteilung

In diesem Punkte erweist sich die Rechtsrüge als begründet.

Als Entwendung im Sinne des § 141 Abs. 1 StGB. ist eine sonst als

Diebstahl .... strafbare Tat zu beurteilen, wenn eine Sache geringen

Wertes einem anderen aus Not, aus Unbesonnenheit oder zur

Befriedigung eines Gelüstes entzogen wird, sofern es sich nicht um

einen der Fälle der § 129, 131 .... StGB. handelt.

Zur Befriedigung eines Gelüstes handelt, wer sich eine Sache in der Absicht aneignet, sie alsbald zur Befriedigung eines im Zeitpunkt der Tat gegewärtigen Bedürfnisses zu verbrauchen (9 Os 193/77). Letzteres trifft nach dem Sinngehalt der Urteilsfeststellungen auf den Angeklagten zu, der die Flaschen weggenommen und dann ausgetrunken hat.

Was die Frage des 'geringen Wertes' anlangt, so hat die Rechtsprechung Richtlinien festgelegt, wonach die Empfindlichkeit des Schadens für den Betroffenen im Vordergrund steht, die Schadenshöhe aber den Betrag von 500 S auf keinen Fall übersteigen darf (SSt. 46/71).

Da vorliegend von einer besonderen Empfindlichkeit des Schadens für die Betroffenen nicht gesprochen werden kann, sind als Grenzbetrag für eine Beurteilung in Richtung des § 141 StGB. 500 S anzunehmen, wobei dem Beschwerdeführer darin beizupflichten ist, daß eine Zusammenrechnung (§ 29 StGB.) des Wertes zu wiederholten Malen entwendeter Sachen nicht stattfindet, sofern es sich nicht um fortgesetzte Angriffe handelt, die einem (vorgefaßten) einheitlichen Willensentschluß des Täters entsprungen sind und die - ansonsten jeder für sich als Entwendung zu beurteilenden - Angriffe als eine Gesamttat erscheinen lassen (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 713-714), wofür sich aber im Zuge des Beweisverfahrens keine Anhaltspunkte ergeben haben. Wenngleich das Erstgericht keine konkrete Feststellung darüber getroffen hat, in wievielen Angriffen die Wegnahme der 15 Flaschen Sekt und der 35 Flaschen Bier erfolgte, und eine solche Feststellung auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens auch gar nicht objektivieren hätte können, so kann doch schon in Anbetracht der großen Alkoholmenge und des in den Entscheidungsgründen festgehaltenen Umstandes, daß auch am 11.Jänner 1978 an der Schlafstelle des Angeklagten nur drei leere Sektflaschen und einige Bierflaschen vorgefunden worden sind, vorausgesetzt werden, das Schöffengericht ist davon ausgegangen, daß sich der Angeklagte die von ihm nach erfolgter Wegnahme ausgetrunkenen Flaschen in mehreren Angriffen angeeignet hat, um jeweils sein Gelüst nach alkoholischen Getränken zu befriedigen; zudem wäre der Angeklagte offenkundig gar nicht imstande gewesen, bei einem einzigen Anlaß Getränke im Wert von mehr als 500 S zu konsumieren.

Da die von den Punkten 1/a und 1/b des Schuldspruches erfaßten Tathandlungen somit richtigerweise nicht als Diebstahl, sondern nur als Entwendung zu beurteilen sind, war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Konrad Werner A insoweit Folge zu geben und das angefochtene Urteil in diesen beiden Punkten des Schuldspruches sowie im Ausspruch über die Strafe aufzuheben.

Da aber die verbleibenden Diebstahlshandlungen (Punkte 1/c und 2 des Schuldspruches) nicht zum Nachteil des Auftraggebers des Angeklagten begangen worden sind, hatte auch eine Aufhebung des Ausspruches, Konrad Werner A habe die Diebstähle unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden ist, (zum Nachteil des Auftraggebers) begangen, und des Ausspruches über die rechtliche Unterstellung der Diebstahlstaten auch unter die Bestimmung des § 127 Abs. 2 Z. 3 StGB. zu erfolgen. Wegen der Wegnahme der alkoholischen Getränke zum Nachteil der Firma B (Punkt 1/a des Schuldspruches), die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hat (§ 2 Abs. 5 StPO.), war der Angeklagte des Vergehens der Entwendung nach dem § 141 Abs. 1 StGB. schuldig zu erkennen.

Dagegen hatte bezüglich des Faktums 1/b (Wegnahme einer Flasche Sekt aus dem unversperrten Spind des Peter D) ein Freispruch gemäß dem § 259 Z. 1 StPO. zu erfolgen, weil der Verletzte Peter D weder eine Ermächtigung zur Verfolgung des Angeklagten erteilt (§ 141 Abs. 2 StGB.), noch sich als Privatbeteiligter dem Strafverfahren angeschlossen hat.

Eine Beurteilung der Wegnahme einer Flasche Eau de Cologne und einer Seife aus dem versperrt gewesenen Spind der Köchin N. E (Punkt 1/c des Schuldspruches) als Entwendung kommt nicht in Betracht, weil es sich in diesem Fall - ebenso wie in den vom Punkt 2 des Schuldspruches erfaßten Fällen - um einen Diebstahl durch Einbruch nach dem § 129 (Z. 2) StGB. handelt.

Auch die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend

gemachten Begründungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) sind nicht gegeben.

Der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider stellt es nämlich eine durchaus logische Folgerung dar, wenn das Erstgericht daraus, daß der seit 5.Jänner 1978 im Restaurant B beschäftigt gewesene Angeklagte in der Nacht auf den 11.Jänner 1978 vom Geschäftsführer Gernot C nach Dienstschluß im Keller hinter einem Heizkessel schlafend angetroffen worden war, wo anderntags mehrere leere Sekt- und Bierflaschen aufgefunden wurden, den Schluß zieht, daß der Angeklagte - der den Diebstahl der alkoholischen Getränke zugibt - auch die im Keller stehenden Spinde aufgebrochen hat, zumal das Aufbrechen der Spinde ebenfalls am 11.Jänner 1978 entdeckt worden ist und aus den Spinden bisher erst einmal, und zwar von einem nach Aufbrechen eines Fensters von außen gekommenen Täter, etwas gestohlen worden war.

Einer näheren Feststellung darüber, wann die Spinde aufgebrochen worden sind und ob dies in der Nacht geschehen ist, hat es unter diesen Umständen nicht bedurft.

In Ansehung der Punkte 1/c und 2 des Schuldspruches war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Konrad Werner A zu verwerfen. Die vorstehende Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde hatte auch die Neubemessung der Strafe zur Folge.

Dabei waren die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, deren Wiederholung und der rasche Rückfall erschwerend, das Teilgeständnis (bezüglich der wiederholten Entwendung von Sekt und Bier) und der Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, hingegen mildernd. Unter Berücksichtigung des eher geringen Gesamtschadens entspricht eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten dem Unrechtsgehalt der Straftaten und wird auch der Täterpersönlichkeit des Angeklagten gerecht.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Aussprüche über die Verpflichtung des Angeklagten zur Bezahlung eines Betrages von 1.090 S an Gernot C als Beauftragten der Fa. B (§ 369 StPO.) und die Anrechnung der Vorhaft (§ 38 StGB.) waren aus dem Ersturteil zu übernehmen.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

Anmerkung

E01324

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00088.78.0621.000

Dokumentnummer

JJT_19780621_OGH0002_0100OS00088_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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