TE OGH 1978/9/27 10Os96/78-24

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Veröffentlicht am 27.09.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Keller, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Z 3, Abs. 3

ud 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Heinz A erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufungen des Angeklagten Anton B und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Heinz A, Peter C und Anton B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.März 1978, GZ. 3 b Vr 8285/76-170, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Fleischmann, Dr. Philipp und Dr. Gaigg und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil im Ausspruch, die Angeklagten Heinz A und Gerhard D haben den ihnen zu Punkt II. des Urteilssatzes zur Last fallenden Diebstahl 'durch Einbruch' begangen, weiters in der rechtlichen Beurteilung dieses Diebstahls sowie im diese Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und unter Ausscheidung des erstbezeichneten Ausspruchs gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Heinz A und Gerhard D haben durch die ihnen laut dem aufrechtbleibenden Teil des Punktes II. des Ersturteils zur Last fallende Tat das Vergehen des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB begangen.

Hiefür, Heinz A auch für das ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruchs zur Last fallende Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Z 3, Abs. 3

und 15 StGB, werden die genannten Angeklagten wie folgt verurteilt:

Heinz A nach § 147 Abs. 3 StGB unter Bedacht auf § 28 Abs. 1 StGB zu 5 (fünf) Jahren Freiheitsstrafe und Gerhard D gemäß 128 Abs. 1 StGB zu 6 (sechs) Monaten Freiheitsstrafe.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird, soweit sie sich gegen Peter C und Anton B wendet, Folge gegeben, und es werden die Freiheitsstrafen bei C auf 3 1/2 (dreieinhalb) und bei B auf 3 (drei) Jahre erhöht.

Die Berufung der Staatsanwaltschaft, soweit sie sich gegen Heinz A wendet, sowie die Berufungen der Angeklagten Heinz A und Anton B werden auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten Heinz A, Peter C und Anton B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (unter anderem) Heinz A der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Z 3, Abs. 3 und 15 StGB (Punkte I. A. b. 1. und 2. sowie Punkte I. C. a bis d des Urteilssatzes) und des Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, AbZ 1, 128 Abs. 1 Z 4 und 129 Z 1 StGB (Punkt II. des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Dem erstbezeichneten Schuldspruch liegen insgesamt sechs im Jahr 1976 (unter Beteiligung des Mitangeklagten Peter C) von A begangene, in zwei Fällen beim Versuch gebliebene Betrügereien zum (teils tatsächlichen, teils beabsichtigten) Nachteil des Walter E (Punkt I. A. b. 1. des Urteilssatzes), der Katharina F (Punkt I. A. b. 2. des Urteilssatzes) und des Edmund G (Punkt I. C. a bis d des Urteilssatzes) zugrunde. E wurde durch das listige Herauslocken eines Darlehens um 20.350,50 S, G durch die Vorlage eines gefälschten (nachgemachten) Gerichtsurteils und durch die Vorgabe A, er sei ein zur Einhebung einer Geldstrafe befugter Zollinspektor, um insgesamt 290.000 S geschädigt; außerdem sollten Edmund G auf die soeben beschriebene Art zur Herausgabe weiterer 70.100 S und Katharina F durch andere Täuschungshandlungen zur Gewährung eines Darlehens in der Höhe von 130.000 S verleitet und um diese Beträge am Vermögen geschädigt werden, doch blieb es insoweit beim Versuch.

Als Diebstahl (Punkt II. des Urteilssatzes) liegt den Angeklagten A und D zur Last, daß sie am 21.Oktober 1975 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte dem Josef H zwei Saphirarmbänder und einen Aktenkoffer im Gesamtwert von mindestens 44.000 S durch Einbruch in dessen Auto stahlen. Den bezüglichen Urteilsfeststellungen zufolge (S 87/III) drang D mit einem Autoschlüssel, den er gerade bei sich hatte und der für das Auto des H zufällig paßte, in das versperrte Fahrzeug ein; daraus nahm er den Koffer samt Schmuck an sich, während der in der Nähe stehende Angeklagte A, der dann auch an der gemeinsam weggeschafften Beute partizipierte, aufpaßte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf den § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 9 lit. a, 9 lit. b und Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz A gegen die ihn betreffenden Schuldsprüche kommt keine Berechtigung zu. Als eine mit Nichtigkeit nach Z 4 des § 281 Abs. 1

StPO sanktionierte Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben der von ihm beantragten Einvernahme der Zeugen Maria A, Margarete I, Josef J, Franz K und Ludwig L, indes zu Unrecht.

Bezüglich der Zeugen Maria A und Josef J fehlen schon die prozessualen Voraussetzungen für eine wirksame Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes, weil der Angeklagte, seinem Beschwerdevorbringen zuwider, den betreffenden (in der Voruntersuchung gestellten) Antrag (ON 153) in der Hauptverhandlung nicht wiederholt hat (ON 155, 169, 200). Hinsichtlich der übrigen Zeugen aber ist den im Urteil (S 103/III) dargelegten Erwägungen des Schöffengerichts für die Abstandnahme von deren Einvernahme (S 73/III) insofern beizupflichten, als nach dem maßgeblichen Inhalt des Beweisantrags (S 73/III in Verbindung mit ON 158/92, 94, 153; 122, 123), über den die Beschwerdeeinwände bei weitem hinausgehen, keiner von ihnen zum damit relevierten Sachverhalt, und zwar darüber, daß der Angeklagte durch C zur Beteiligung am Betrug genötigt worden sei und durch D zu Unrecht der Beteiligung am Diebstahl bezichtigt werde, aus eigener Wahrnehmung hätte Angaben machen können. Margarete I wußte nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers bis zu dessen Verhaftung von den angeblichen 'Erpressungen' überhaupt nichts (vgl. insbes. S 193, 207/II), K hätte bloß über eine nicht näher erläuterte Bemerkung C berichten sollen, D habe sich von ihm 'quasi umdrehen lassen', sage jetzt für ihn aus und sei für den Angeklagten 'umgefallen' (vgl. insbes. S 341/II), und L wurde nur als Zeuge für eine dies bekundende öußerung des K geführt, falls jener sie wie angekündigt bestreiten sollte (vgl. insbes. S 343/II).

Bei diesen Themen kann in der Tat nicht gesagt werden, daß von der begehrten Beweisaufnahme ein entscheidendes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre (vgl. § 254 Abs. 1 StPO).

Durch die Ablehnung dieses Beweisantrags wurde der Angeklagte daher in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt.

Zum Faktum I. A. b. 1. erblickt der Beschwerdeführer Begründungsmängel des Urteils im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO darin, daß ihm das Erstgericht widersprüchlich und unverständlich im Tenor anlaste, er habe sich selbst als Darlehensnehmer ausgegeben, in den Gründen dagegen annehme, durch ihn habe - wofür er als Bote nicht verantwortlich sei - C um das Darlehen bitten lassen; mit der aktenwidrigen Behauptung, er habe nie bestritten, die Minderwertigkeit der als Pfand eingesetzten Teppiche gekannt zu haben, habe es diese Kenntnis noch nicht positiv festgestellt; bei der Konstatierung schließlich, daß er E erst durch die übergabe der minderwertigen Pfänder zur Darlehensgewährung verleitet habe, übergehe es dessen Aussage, wonach ihm nicht an einer Pfanddeckung, sondern daran gelegen gewesen sei, C behilflich zu sein.

Alle diese Einwände gehen fehl.

Aus dem Zusammenhang von Spruch und Gründen des Urteils ergibt sich unmißverständlich, daß der Beschwerdeführer zwar nach Ansicht des Schöffengerichts das Darlehen für C aufnahm, dabei aber keineswegs bloß als dessen Bote auftrat, sondern absprachegemäß und entsprechend dem telefonischen Aviso des Genannten selbst dessen Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit sowie eine ausreichende Pfanddeckung aktiv vortäuschte (S 78 f, 89 f, 92, 99 f/III).

Von einer (in der Beschwerde nicht näher begründeten) Aktenwidrigkeit der Urteilsannahme, daß A, der sich des Betruges schuldig bekannte, seine (vor dem Untersuchungsrichter sogar ausdrücklich zugegebene - S 277 b/I) Kenntnis vom Minderwert der Teppiche nicht bestritten hat, kann nach Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (ON 155, 169) keine Rede sein. Daraus und aus dem teils vorangegangenen, teils späteren betrügerischen Zusammenwirken des Beschwerdeführers mit C in den anderen Fällen im Zusammenhang mit seinem Vorgehen im hier erörterten Fall, insbesondere mit der Angabe falscher Namen und Adressen, konnte das Erstgericht diese Kenntnis durchaus im Einklang mit den Denkgesetzen und mit allgemeiner Lebenserfahrung als erwiesen annehmen. Der Umstand aber, daß der Zeuge E in der Hauptverhandlung erklärte, er habe (den ihm gegenüber als 'D***' in Erscheinung getretenen) C für einen ehrlichen Menschen gehalten und ihm helfen wollen, steht der Feststellung, daß es die vorerwähnten Täuschungshandlungen waren, die ihn zur Darlehensgewährung bewogen, keinesfalls, entgegen und bedurfte daher keiner besonderen Erörterung im Urteil (vgl. § 270 Abs. 2 Z 5 StPO).

Den mit seiner Rechtsrüge zu diesem Faktum (zum Teil aber auch schon im Rahmen der Mängelrüge) geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nach Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO schließlich bringt der Angeklagte nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, weil er mit der seinem Vorbringen zugrundeliegenden Annahme, er sei nur als Bote aufgetreten und das Erstgericht habe zur subjektiven Tatseite des § 146 StGB keine Feststellungen getroffen, sondern sich mit dem Hinweis auf die Verwendung eines 'Decknamens' durch ihn begnügt, die oben erörterten gegenteiligen Konstatierungen sowie die ausdrücklich festgehaltene überzeugung des Schöffengerichts übergeht, daß er sich auch bei dieser Tat selber einen vermögensrechtlichen Vorteil verschaffen wollte (S 94/III). Zum Faktum I. A. b. 2. rügt der Beschwerdeführer mit Bezug auf den Nichtigkeitsgrund nach Z 5 des § 281 Abs. 1

StPO, daß die Urteilsfeststellung, Katharina F sei über den Inhalt des ihr von ihm (zum Zweck der Täuschung) übergebenen Briefes 'nicht wenig erstaunt' gewesen (S 92/ III), der Aussage dieser Zeugin nicht entspreche; tatsächlich habe sie vielmehr den Briefinhalt sogar als 'lächerlich' bezeichnet und angegeben, daß sie niemals auf den darin enthaltenen Vorschlag eingegangen wäre. Im Zusammenhang damit bezweifelt der Angeklagte - sachlich den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO relevierend und zudem auch in diesem Fall seine (vom Erstgericht ersichtlich als erwiesen angenommene) Kenntnis vom Minderwert der als Sicherstellung übergebenen Teppiche bestreitend, jedoch ohne insoweit Begründungsmängel des Urteils aufzuzeigen - überhaupt eine Tauglichkeit des Briefes zur Täuschung der Adressatin. Beide Einwände sind unberechtigt.

In ihrem dem Beschwerdeführer ausgefolgten 'Antwortschreiben' (S 369/I) brachte Katharina F zum Ausdruck, daß der Inhalt des Briefes (S 371/I) sie 'überrascht' habe;

beim Untersuchungsrichter gab sie an, darüber 'sehr verwundert' gewesen zu sein (S 217/II), und erst in der Hauptverhandlung sprach sie von einem 'lächerlichen Brief' (S 529/II). Die bemängelte Formulierung betreffend die Reaktion der Zeugin auf den in Rede stehenden Brief steht daher nicht im Widerspruch zum Akteninhalt, und auch mit einer entscheidungswesentlichen Unvollständigkeit ist das Urteil insoweit nicht behaftet.

Denn selbst bei Berücksichtigung dessen, daß Katharina F unter den gegebenen Umständen den Brief lächerlich fand und zu den darin angebotenen Bedingungen niemals das von ihr erwünschte Darlehen gewährt hätte, könnte doch von einer absoluten Untauglichkeit des von A und C erfolglos unternommenen Täuschungsversuchs im Sinn des § 15 Abs. 3 StGB, die nur dann angenommen werden könnte, wenn unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Falles das Gelingen eines derartigen Betrugsversuches geradezu denkunmöglich wäre, keine Rede sein, zumal der Genannten schon einige Zeit vorher vom Mitangeklagten B - der als persischer Teppichhändler 'Ali Zandi' aufgetreten war und auch jetzt als Kreditwerber vorgeschoben wurde - gegen Einsatz minderwertiger Teppiche ein Darlehen in der Höhe von 70.000 S herausgelockt worden war.

Zu den (gesamten Betrugs-) Fakten A. I. b. 1., 2. und C. bemängelt der Beschwerdeführer, daß sich das Erstgericht mit seiner Verantwortung, er habe bei den ihm angelasteten sechs Betrügereien unter Zwang und bloß als Werkzeug des Mitangeklagten C, also in einer (entschuldigenden) Notstandssituation, gehandelt, insofern nur unvollständig auseinandergesetzt habe, als es die (von ihm behaupteten) Drohungen gegen das Leben seiner Mutter trotz deren im Akt erliegender Briefe nicht berücksichtigt und in diesem Zusammenhang auch die Aussage des Zeugen Adolf M vor dem Untersuchungsrichter übergangen habe.

In der Hauptverhandlung hat aber der Angeklagte nach Inhalt des Protokolls von Drohungen gegen das Leben seiner Mutter nichts (mehr) erwähnt; er behauptete nur, C habe ihm mit einer Anzeige gedroht, weiters bemerkt, (auch) seinem Vater (davon) Mitteilung machen zu wollen und (zudem) gesagt, er solle an seine Mutter denken (S 496, 497, 500, 508/II). Die Briefe der Maria A aber wurden in der Hauptverhandlung ebensowenig verlesen wie die vor dem Untersuchungsrichter abgelegte Aussage des Zeugen M (ON 77), sodaß das Schöffengericht gar nicht berechtigt gewesen wäre, auf diese Verfahrensergebnisse im Urteil Rücksicht zu nehmen (§ 258 Abs. 1 StPO). Eine Unvollständigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO haftet daher der Entscheidung auch in dieser Hinsicht nicht an. Soweit der Beschwerdeführer aber in Ausführung seiner auf Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge in Ansehung der Betrugsfakten entschuldigenden Notstand (§ 10 Abs. 1 StGB) für sich reklamiert, bringt er neuerlich den geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen Nachweis ein Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt, nicht zu gesetzmäßiger Darstellung, weil er zum einen von der urteilsfremden Annahme auch einer Bedrohung seiner Mutter ausgeht und sich zum anderen über die ausdrückliche Feststellung des Erstgerichts, daß er von Haus aus ohne Zwang gehandelt hat (S 94/III), hinwegsetzt.

Von einer wirklichkeitsfremden Beweisführung in bezug auf die zuletzt erwähnte Konstatierung kann nicht gesprochen werden; mit seinen hiezu vorgebrachten Argumenten unternimmt der Angeklagte, ohne einen formellen Begründungsmangel des Urteils (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) darzutun, nur einen im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO). Zum Faktum II. rügt der Beschwerdeführer mit Bezug auf den § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 9 lit. a StPO die Urteilsfeststellung, daß er nach seinem letztlichen Geständnis in der Hauptverhandlung seinen Diebsgenossen D 'im Falle einer Gefahr gewarnt hätte' (S 94/III), als aktenwidrig, die auf seiner Verantwortung beruhende Konstatierung einer Aufpassertätigkeit seinerseits mangels einer vorausgegangenen Verabredung der Tat als unzureichend begründet und die Annahme seiner Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) an einem Gesellschaftsdiebstahl (§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB) als rechtlich verfehlt; zudem bemängelt er in diesem Zusammenhang die Nichterörterung der Frage, wann er den ihm später überlassenen Teil der Diebsbeute erhalten habe, und, sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund nach Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO, das Fehlen von Feststellungen darüber, daß das betreffende (von ihm im Zug des Verfahrens erlegte) Schmuckstück infolge Umarbeitung jetzt einen höheren Wert habe als zur Tatzeit.

Auch diese Einwände des Angeklagten sind nicht zielführend. Die Annahme seiner Aufpasserfunktion beim Diebstahl konnte das Erstgericht, der mit der Mängelrüge vertretenen Auffassung zuwider, durchaus denkfolgerichtig und lebensnah in freier Würdigung des gesamten Geschehens bei und nach der Tat aus seinem - obgleich gegenüber seinen Angaben beim Untersuchungsrichter (S 277 e vso./I) erheblich abgeschwächten - Zugeständnis ableiten, es sei möglich, daß er beim Kommen einer Funkstreife dem Mitangeklagten D 'geschrien hätte'; da er nach seiner eigenen Verantwortung in der Hauptverhandlung (S 497/II) von D unmittelbar vorher davon informiert worden war, daß dieser aus dem Auto den (vermutlich Schmuck enthaltenden) Koffer an sich bringen werde, konnte sein vorerwähnter Zuruf nach allgemeiner Lebenserfahrung tatsächlich offenkundig nur zur Warnung dienen. Der Vorwurf unzureichender oder aktenwidriger Begründung des (die Verantwortung des Angeklagten keineswegs wörtlich zitierenden) Urteils geht daher fehl; ob aber der Beschwerdeführer beim Diebstahl spontan oder nach vorheriger Verabredung aufpaßte, ist ebensowenig von Belang wie die Frage, wann später die Diebsbeute aufgeteilt wurde, sodaß eine Erörterung darüber entbehrlich war.

In rechtlicher Hinsicht ist eine vorherige Verabredung der Beteiligten zur Annahme eines Gesellschaftsdiebstahls im Sinn des § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB nicht essentiell, faktisches Einverständnis während der Tat genügt (ÖJZ-LSK 1977/141); wer dabei - wie der Beschwerdeführer - in Tatortnähe als Aufpasser fungiert, ist selbst dann, wenn seine Bereitschaft zur Warnung des Komplizen nicht aktuell wird, Mittäter im Sinn des § 12 erster Fall StGB (10 Os 15/78; vgl. auch ÖJZ-LSK 1977/162). Der genaue Wert des dem Angeklagten verbliebenen Beutestücks schließlich ist im vorliegenden Fall in Anbetracht dessen, daß schon das zweite - zunächst von D behaltene, in der Folge bei Gericht erlegte (ON 109) - gestohlene Armband allein einen die Wertgrenze des § 128 Abs. 1 Z 4 StGB eindeutig übersteigenden Wert von 22.000 S hatte (ON 166), nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung. Der Beurteilung des festgestellten Tatverhaltens des Angeklagten als schwerer (Gesellschafts-)Diebstahl im Sinn der § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB haftet sohin ein Rechtsirrtum nicht an; soweit der Beschwerdeführer demgegenüber von der urteilsfremden Prämisse ausgeht, er habe beim Diebstahl nicht aufgepaßt, führt er die Rechtsrüge abermals nicht gesetzmäßig aus. Damit bleibt aber auch für die von ihm unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach Z 10

des § 281 Abs. 1 StPO angestrebte Tatbeurteilung bloß als Hehlerei gemäß dem § 164 StGB kein Raum.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Im Sinn des § 290 Abs. 1 StPO war jedoch von Amts wegen wahrzunehmen, daß den Angeklagten Heinz A und Gerhard D beim erörterten Schuldspruch wegen Diebstahls rechtsirrig auch die Qualifikation nach dem § 129 Z 1 StGB angelastet wurde. Entgegen der vom Erstgericht vertretenen Ansicht ist nämlich ein zufällig passender Schlüssel, wie er beim Diebstahl des Schmuckkoffers zum Öffnen des Autos verwendet wurde, weder als ein 'nachgemachter Schlüssel', noch als ein 'anderes nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmtes Werkzeug' im Sinne der in Rede stehenden Qualifikationsbestimmung anzusehen (Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 21.April 1977, 12 Os 9/77 - verstärkter Senat, veröffentlicht in RZ 1977/72 = EvBl. 1977/164 =

ZVR 1977/145). Dieser zum Nachteil der genannten Angeklagten unterlaufene Subsumtionsfehler (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) war wie im Spruch ersichtlich zu beheben.

Bei der dadurch erforderlich gewordenen, beim Angeklagten Heinz A nach dem § 147 Abs. 3 StGB unter Bedacht auf den § 28 Abs. 1 StGB und beim Angeklagten Gerhard D nach dem § 128 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Neubemessung der Strafe wurde bei diesen Angeklagten - bei A ungeachtet seiner Behauptung, er habe am Betrug nur unter dem Druck C mitgewirkt - das reumütige und zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis sowie die Schadensgutmachung beim Diebstahl, bei A überdies der Umstand, daß es in Ansehung des Betruges in zwei Fällen beim Versuch geblieben ist, und bei D die Selbststellung als mildernd, bei beiden Angeklagten ihre (bei A schweren) einschlägigen Vorstrafen und bei A außerdem die Deliktskonkurrenz, die mehrfache Wiederholgung des Betruges, die das Fünffache der strafsatzbestimmenden Wertgrenze übersteigende Höhe des (teils eingetretenen, teils versuchten) Schadens aus seinen Straftaten, die beondere Verwerflichkeit seines Verhaltens, mit dem er dazu beitrug, den achtzigjährigen Edmund G um sein gesamtes Vermögen zu bringen, und die Begehung der Delikte innerhalb einer offenen Probezeit nach bedingter Begnadigung aus fünfjähriger Strafhaft hingegen als erschwerend gewertet. Von einer als Milderungsgrund wirksamen bloß untergeordneten Beteiligung des Angeklagten A an den Delikten unter der Einwirkung eines Dritten kann ebensowenig gesprochen werden wie von einer für ihn besonders verlockenden Gelegenheit zum Diebstahl. Bei diesen Strafzumessungsgründen entsprechen die über die Angeklagten A und D verhängten Freiheitsstrafen ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB). Mit ihren Berufungen waren A und ihn betreffend auch die Staatsanwaltschaft darauf zu verweisen.

Den Angeklagten Peter C verurteilte das Erstgericht wegen des in neun Fällen, teils in Gesellschaft und teils allein, zum Teil als unmittelbarer Täter und zum Teil durch einen sonstigen Tatbeitrag begangen, in zwei Fakten beim Versuch gebliebenen Verbrechens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Z 3, Abs. 3, 12 (dritter Fall) und 15 StGB mit einem (teils eingetretenen und teils versuchten) Schaden in der Höhe von insgesamt rund 560.000 S gemäß dem § 147 Abs. 3 StGB zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Nach derselben Gesetzesstelle verhängte es über den Angeklagten Anton B wegen des in vier Fällen, teils in Gesellschaft und teils allein verübten Verbrechens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 3 StGB mit einem Schaden in der Höhe von 312.000 S unter Bedacht auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.Juni 1977, 29 Vr 271/75 - zwei Jahre Freiheitsstrafe wegen Betruges mit 227.000 S Schaden -, gemäß den § 31, 40 StGB eine zusätzliche Freiheitsstrafe in der Dauer von gleichfalls zweieinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung nahm das Schöffengericht bei B nichts, bei C dagegen dessen Geständnis und den Umstand, daß der Betrug teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd an; demgegenüber lastete es beiden Angeklagten die mehrfache Wiederholung des Betruges, die große Schadenshöhe und die besondere Verwerflichkeit ihres Verhaltens gegenüber G als erschwerend an.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieser beiden Angeklagten, mit der eine Straferhöhung angestrebt wird, kommt Berechtigung zu. In der Tat hat das Erstgericht insbesondere der außergewöhnlichen Skrupellosigkeit, mit der beim Betrug an Edmund G vorgegangen wurde, nicht das gebührende Gewicht beigemessen. Bei C kommt noch dazu, daß ihm auch seine inzwischen in Rechtskraft erwachsene einschlägige, nicht nach dem § 31

StGB zu berücksichtigende Verurteilung zu 3 e EVr 3995/76 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als erschwerend zur Last fällt; eine Verleitung durch A, die er in der Berufungsgegenausführung behauptet, kommt dagegen nach der Aktenlage nicht als weiterer Milderungsgrund in Betracht. Desgleichen versagen die Berufungseinwände des Angeklagten B, der eine Strafherabsetzung begehrt.

Davon, daß ihm eine besonders verlockende Gelegenheit zu den Betrugstaten oder die Abstandnahme von weiteren Betrügereien als mildernd zustatten kämen, kann keine Rede sein.

Sachgemäßes Abwägen der vorliegenden Strafzumessungsgründe, bei B unter Berücksichtigung der mit dem vorerwähnten Urteil des Landesgerichtes Innsbruck über ihn verhängten Strafe und der ihr zugrundeliegenden Tat (§ 31, 40 StGB), führt zu dem Ergebnis, daß das Erstgericht die über die Angeklagten C und B verhängten Strafen zu gering ausgemessen hat. In Stattgebung der bezüglichen Berufung der Anklagebehörde waren diese Freiheitsstrafen demnach auf das im Spruch bezeichnete schuldangemessene Maß zu erhöhen. Der Angeklagte B war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01471

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00096.78.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19780927_OGH0002_0100OS00096_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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