TE OGH 1979/9/6 12Os88/79

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Veröffentlicht am 06.09.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stach als Schriftführer in der Strafsache gegen Alois A wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Notzucht nach den §§ 201 Abs 1, 15 StGB und anderen strafbaren Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 19. April 1979, GZ 11 b Vr 228/78-82, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Ingeborg Alder, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30. März 1955 geborene Kraftfahrzeugmechaniker Alois A des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Notzucht nach den §§ 201 (Abs 1) und 15 StGB (Punkte I. und II. des Urteilssatzes), des Verbrechens des Zwanges zur Unzucht nach dem § 203 Abs 1 StGB (Punkt III. des Urteilssatzes), des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 (Abs 1) StGB (Punkt IV. des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der schweren

Körperverletzung nach den §§ 83 (Abs 1), 84 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach dem § 83 (Abs 1) StGB (Punkt V. des Urteilssatzes) schuldig erkannt, weil er zu I.) und II.):

Personen weiblichen Geschlechts mit Gewalt gegen ihre Person und durch gegen sie gerichtete Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben I.) widerstandsunfähig machte und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbrauchte, und zwar 1.) im Herbst 1977 im Gemeindegebiet von Poysdorf Hedwig B dadurch, daß er gegen ihren Willen mit seinem PKW. auf einen Feldweg fuhr, die beiden Türen verriegelte, ihr beide Hände nach rückwärts bog, in Rückenlage sodann Arme und Beine, letztere an den Knöchelgelenken, fesselte und sie gewaltsam entkleidete;

2.) Mitte November 1977 im Gemeindegebiet von Hohenau Marion C dadurch, daß er gegen ihren Willen in einen Feldweg fuhr, ihr die rechte Hand auf den Rücken zurückbog, sie ständig mit Schlägen bedrohte und sie schließlich gewaltsam entkleidete;

3.) am 20. März 1978 im Gemeindegebiet von Mistelbach Silvia D dadurch, daß er mit seinem PKW. gegen ihren Willen auf den Truppenübungsplatz fuhr, die Türen des PKW.

verriegelte, ihr Schläge versetzte und sie weiter mit Schlägen bedrohte, ihr gewaltsam die Hose und die Bluse auszog, ihr die Hände auf den Rücken zurückbog und ihr mit einer glimmenden Zigarette zwei Brandwunden an der linken Brust zufügte;

II.) widerstandsunfähig zu machen und sie in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen versuchte, und zwar 1.) im Oktober 1976 in Wilfersdorf Erna E dadurch, daß er gegen ihren Willen mit seinem PKW. in einen Feldweg fuhr, sie mit Schlägen bedrohte, ihr tatsächlich mehrere Schläge versetzte, durch welche sie leichte Verletzungen erlitt, ihr die Bluse aufriß, ihr den Büstenhalter vom Leib riß, sie an den Brüsten betastete und ihren Geschlechtsteil zu betasten suchte, während er ständig die Durchführung eines Geschlechtsverkehres von ihr forderte;

2.) im Frühjahr 1977 in Mistelbach Anita F dadurch, daß er mit ihr auf einen Feldweg fuhr, die Türen seines PKW.

verriegelte, sie gewaltsam entkleidete, ihr die Beine auseinanderdrückte und mit seinem Glied in ihre Scheide einzudringen suchte;

zu III.):

am 20. Dezember 1977 im Gemeindegebiet von Siebenhirten Brigitte G mit Gewalt gegen ihre Person bzw. durch gegen sie gerichtete Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, nämlich dadurch, daß er gegen ihren Willen in einen Feldweg einbog, ihr (zumindest) einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch sie leicht verletzt wurde, sie auszuziehen suchte, ihr weitere Schläge androhte und sie zwang, sein Glied in den Mund zu nehmen, widerstandsunfähig machte und in diesem Zustand zur Unzucht, und zwar zu einem Mundverkehr, mißbrauchte;

zu IV.):

Personen mit Gewalt und durch gefährliche Drohungen zu Handlungen oder Unterlassungen nötigte, und zwar 1.) durch Drohungen mit dem Umbringen bzw. mit weiteren Schlägen zur Unterlassung der Anzeige hinsichtlich der von ihm an ihnen begangenen Sittlichkeitsdelikte a) im Herbst 1977 im Gemeindegebiet von Poysbrunn Hedwig B und b) am 20. März 1978 im Gemeindegebiet von Mistelbach Silvia D, 2.) am 4. Februar 1978 in Neusiedl an der Zaya Susanne H dadurch, daß er ihr mit der Faust ins Gesicht schlug und sie an den Haaren zerrte, ihm in die Herrentoilette zu folgen;

zu V.):

am 4. Februar 1978 in Neusiedl an der Zaya 1.) Otto I durch einen Faustschlag ins Gesicht und Fußtritte (vorsätzlich) am Körper verletzte, wobei die Tat einen Bruch des linken Unterkiefers, verbunden mit einem Bluterguß, sohin eine an sich schwere Verletzung, nach sich zog;

2.) nachgenannte Personen am Körper (vorsätzlich) leicht verletzte, und zwar a) Gottfried J, indem er ihm durch einen Schlag mit einer Coca-Colaflasche auf den Hinterkopf eine blutende Platzwunde zufügte;

b) Susanne H, indem er ihr durch den zu Punkt IV.) 2.) bezeichneten Faustschlag eine Platzwunde an der Unterlippe zufügte. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteiilt. Überdies wurde er gemäß dem § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Aussprüche über die Strafe und die Anstaltseinweisung ficht er mit Berufung an. Mit dem als Berufungsausführung gegen die Anstaltseinweisung gedachten Vorbringen bekämpft der Beschwerdeführer jedoch keine Ermessensentscheidung, sondern macht Begründungsund Feststellungsmängel geltend.

Keinem der Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.

Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO rügt der Beschwerdeführer in Bekämpfung seines Schuldspruchs laut dem Punkt I.) 1.) des Urteilssatzes (primär) die gegen seinen Widerspruch erfolgte Verlesung der Angaben der Hedwig B vor der Gendarmerie. Die Verfahrensrüge versagt.

Gemäß dem § 252 vorletzter Absatz StPO sind Aufzeichnungen über Angaben von Auskunftspersonen vor der Gendarmerie, auch wenn sie in Form von Niederschriften erfolgen (wie andere für die Sache bedeutsame Urkunden und Schriftstücke), in der Hauptverhandlung zwingend zu verlesen; zu ihrer Verlesung bedarf es daher - anders als bei jener der Protokolle über gerichtliche Vernehmungen von Zeugen - nicht des Vorliegens der Voraussetzungen des (im gegebenen Zusammenhang zu Unrecht zitierten / vgl. S. 461/462 und 480 d.A. /) § 252 Abs 1

StPO (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, Nr. 88 ff. zu § 252 StPO).

Eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten ist aber auch in der Unterlassung einer gerichtlichen Vernehmung der in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Zeugin Hedwig B - allenfalls im Rechtshilfeweg - nicht zu erblicken. Der Beschwerdeführer erklärte zwar in der der Urteilsfällung vorangegangenen Hauptverhandlung anläßlich seines Widerspruchs gegen die Verlesung des bezüglichen Gendarmerieprotokolls, daß auf gerichtliche Einvernahme der Hedwig B zumindest im Rechtshilfeweg 'bestanden' werde, stellte (bzw. wiederholte) jedoch selbst keinen diesbezüglichen Antrag (vgl. S. 462 d.A.), über den das Erstgericht ein Zwischenerkenntnis zu fällen gehabt hätte. Damit fehlt es für eine erfolgreiche Geltendmachung der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO schon an der formellen Voraussetzung eines in der Hauptverhandlung gestellten, (unter Angabe des Beweisthemas) entsprechend begründeten und vom Gericht nicht oder abschlägig erledigten Antrages, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß das Erstgericht in der vertagten Hauptverhandlung vom 5. Oktober 1978 dem Antrag des öffentlichen Anklägers auf Vernehmung der Zeugin Hedwig B im Rechtshilfeweg stattgegeben hatte (S. 344 d.A.).

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen ist dem Erstgericht beizupflichten, daß ein persönliches Erscheinen der Zeugin zur Hauptverhandlung nicht bewerkstelligt werden konnte und von deren Vernehmung vor dem Rechtshilferichter in der Bundesrepublik Deutschland, durch welche die vom Beschwerdeführer gewünschte Unmittelbarkeit der Zeugenaussage nicht erreicht worden wäre, eine weitere Klärung des Sachverhaltes nicht zu erwarten gewesen wäre (vgl. S. 480 d.A.).

Ob und inwieweit die in der Hauptverhandlung verlesenen Angaben der Hedwig B vor der Gendarmerie (vgl. S. 83 f. d.A.) aber als Beweise verwertbar waren und - in Verbindung mit den übrigen Verfahrensergebnissen - für einen Schuldspruch des Angeklagten ausreichen, hatte das Gericht gemäß dem § 258 Abs 2 StPO nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Soweit der Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit dieser das Schuldspruchfaktum I.) 1.) betreffenden Angaben in Zweifel zieht, bekämpft er in unzulässiger und demnach unbeachtlicher Weise die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes, ohne formelle Begründungsmängel des Urteils im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO aufzeigen zu können.

Unter ausdrücklicher Anrufung dieses (letztgenannten) Nichtigkeitsgrundes bezeichnet der Beschwerdeführer das Urteil in Ansehung der übrigen Schuldsprüche als mangelhaft begründet, weil es sich vor allem mit den verschiedenen Angaben von Zeugen und - seiner Meinung nach - darin enthaltenen Widersprüchen nicht auseinandersetze, sondern im wesentlichen nur die Ergebnisse des Vorverfahrens den Feststellungen zugrundelege.

Die Mängelrüge ist unbegründet.

Das Erstgericht erachtete die Verantwortung des Angeklagten, der sämtliche ihm angelastete Tathandlungen, ausgenommen das Schuldspruchfaktum V.) 1.), leugnete und hinsichtlich der inkriminierten Sittlichkeitsdelikte (teilweise) ein Einverständnis der betroffenen Mädchen und Frauen in einen Geschlechtsverkehr behauptete, auf Grund der Verfahrensergebnisse für widerlegt. Es schenkte hiebei insbesondere den Zeugenaussagen dieser Mädchen und Frauen, die den Angeklagten belasteten und ihre Angaben vor der Gendarmerie im wesentlichen auch in der Hauptverhandlung aufrecht hielten, vollen Glauben und folgerte daraus, daß in Ansehung der Schuldspruchfakten I.) 1.) bis 3.) die Opfer infolge der brutalen Vorgangsweise des Angeklagten widerstandsunfähig (im Sinne des § 201 Abs 1

StGB) waren.

Hiebei war das Erstgericht nicht verpflichtet, diese Zeugenaussagen im Detail zu erörtern und sich bei ihrer Würdidigung mit allen nach Auffassung des Beschwerdeführers wesentlichen Gesichtspunkten und gegen ihre Glaubwürdigkeit (nachträglich) vorgebrachten Einwänden zu befassen; denn nach der Vorschrift des Gesetzes (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) besteht die bezügliche Aufgabe des Gerichtes darin, die Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen und dabei die entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen, die es als erwiesen annimmt, und die Gründe anzuführen, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme geführt haben. Dieser Begründungspflicht hat das Erstgericht jedoch voll entsprochen, weshalb eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht vorliegt.

Im übrigen übersieht der Beschwerdeführer, daß das Gericht nach dem Gesetz (§ 258 Abs 2 StPO) die Beweismittel in Ansehung ihrer Beweiskraft nicht nur einzeln, sondern auch in ihrem inneren Zusammenhalt zu prüfen und, wie schon erwähnt, über die Frage, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist, letztlich nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden hat. Keine oder eine nur unzureichende Begründung läge nur vor, wenn das Erstgericht für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben hätte, aus denen sich nach den Denkgesetzen und nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründenden Tatsachen entweder überhaupt nicht ziehen ließe oder die aus den ermittelten Prämissen gezogenen Schlußfolgerungen soweit hergeholt wären, daß das Urteil mit logischen Mängeln behaftet wäre. Davon kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein. Das Vorbringen, mit den der Beschwerdeführer die Unglaubwürdigkeit der ihn belastenden Zeugenaussagen nachzuweisen sucht, erschöpft sich vielmehr im wesentlichen in einer unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der schlüssig und sohin zureichend begründeten Beweiswürdigung des Erstgerichtes.

Im einzelnen ist den auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten - der Sache nach zum Teil auch Feststellungsmängel geltendmachenden - Beschwerdeausführungen unter Bedachtnahme auf das oben Gesagte noch zu erwidern:

Zum Schuldspruchfaktum I.) 2.):

Bei seinen bezüglichen Feststellungen folgte das Erstgericht ersichtlich den Angaben der Marion C vor der Gendarmerie (vgl. S. 97 ff. d.A.), weil sich diese (rund ein Jahr später) in der Hauptverhandlung an verschiedene Einzelheiten des Vorfalles nicht mehr erinnern konnte (vgl. S. 321, 460 d. A.). Divergenzen zwischen ihren ursprünglichen Angaben vor der Gendarmerie und ihrer Zeugenaussage in der Hauptverhandlung, die aus mangelnder Erinnerungsfähigkeit der Zeugin resultieren (und Nebenumstände betreffen), bedurften daher in den Urteilsgründen keiner ausdrücklichen Erörterung.

Zum Schuldspruchfaktum I.) 3.):

Zu Unrecht vermißt der Beschwerdeführer Ausführungen in den Urteilsgründen zur Frage, worin die Drohungen des Angeklagten bestanden hätten. Nach den Urteilsfeststellungen (vgl. S. 475 d.A.) bedrohte der Angeklagte die Zeugin Silvia D, nachdem er ihr bereits mehrfach Gewalt angetan hatte, mit Faustschlägen, wenn sie nicht auf den Rücksitz komme.

Daß Silvia D sodann dieser Aufforderung nachkam und, nachdem sie dort schließlich den Geschlechtsverkehr über sich ergehen ließ, in weiterer Folge, wie das Erstgericht annahm, einen Mundverkehr erfolgreich abwehren konnte, steht zu den übrigen dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes nicht im (logischen) Gegensatz, sodaß auch von einem Nichtigkeit begründenden inneren Widerspruch des Urteils nicht gesprochen werden kann.

Zum Schuldspruchfaktum II.) 1.):

Nach den Urteilsfeststellungen beschränkten sich die Tathandlungen des Angeklagten gegenüber Erna E keineswegs in bloßen Zudringlichkeiten; sie bestanden vielmehr in Gewaltakten, wie insbesondere im Versetzen von (leichte Verletzungen nach sich ziehenden) Schlägen, im Aufreißen der Bluse und im Wegreißen des Büstenhalters (vgl. S. 469, 475 d.A.), woraus das Erstgericht - im Hinblick darauf, daß diese Tathandlungen (in bezug auf den Tatbestand der Notzucht) bereits Ausführungshandlungen darstellten - rechtlich zutreffend das Vorliegen eines strafbaren Versuches im Sinne des § 15 Abs 2 StGB ableitete. Die weitere Annahme, wonach der Angeklagte Erna E im Zuge seiner Gewalttätigkeiten auch mit Schlägen bedrohte, findet - der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider - in deren Angaben vor der Gendarmerie und vor dem erkennenden Gericht ausreichende Deckung (vgl. S. 94, 335 und 459 d.A.). Ferner wurde als erwiesen angenommen, daß der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet war, den Widerstand der Erna E mit Gewalt zu brechen, sie widerstandsunfähig zu machen und mit ihr dann einen Geschlechtsverkehr auszuüben, sowie daß nur ihre heftige Gegenwehr und ihre Geschicklichkeit, die es ihr ermöglichte, aus dem Auto zu flüchten, dieses Vorhaben vereitelten (vgl. S. 476 d.A.). Damit befaßte sich das Erstgericht auch hinreichend mit der Frage, warum der Angeklagte von einer Fortsetzung seines Vorhabens Abstand genommen hat, und verneinte - rechtsrichtig - eine Freiwilligkeit seiner Abstandnahme von der Deliktsvollendung.

Zum Schuldspruchfaktum II.) 2.):

Hiezu stellte das Erstgericht u.a. fest, daß der Angeklagte Anita F, nachdem er ihre Kleider vom Leib gerissen hatte, die Beine auseinanderdrückte bzw. dies versuchte, um nach Brechung ihres Widerstandes einen Geschlechtsverkehr durchzuführen. Ob der Angeklagte dabei bereits Anstalten machte, mit seinem Glied in die Scheide des Mädchens einzudringen, ist unerheblich; eine Nichtigkeit bewirkende Aktenwidrigkeit, die dem bezüglichen - im Urteilsspruch enthaltenen - Ausspruch des Gerichtes im Hinblick auf anders lautende Angaben der Anita F anhaften soll, liegt daher schon deshalb nicht vor, weil die gerügte Feststellung keine entscheidungswesentliche Tatsache betrifft.

Dem - an sich zutreffenden - Beschwerdeeinwand, die in den Urteilsgründen enthaltene Annahme, der Angeklagte habe Anita F auch mit dem Umbringen bedroht, sei in den Verfahrensergebnissen, insbesondere in den Angaben des Opfers selbst nicht gedeckt (vgl. S. 146, 340 d.A.), ist entgegenzuhalten, daß dem Angeklagten bei diesem Notzuchtsversuch inhaltlich des (letztlich maßgeblichen) Urteilsspruches ohnedies nur Tatbegehung in Form tatsächlich ausgeübter Gewalt und nicht auch durch gefährliche Drohung angelastet wird; auch insoweit liegt daher eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht vor.

Im übrigen gelangte das Erstgericht hier in freier Beweiswürdigung zur Überzeugung, daß der Angeklagte den Widerstand der Anita F gegen die Durchführung eines Geschlechtsverkehres mit Gewalt brechen und diese widerstandsunfähig machen wollte, ihm es aber infolge der heftigen Gegenwehr des Mädchens nicht gelang, ihren Willen zu brechen (vgl. S. 476 d.A.), weshalb in Ansehung dieses Faktums von einer freiwilligen Aufgabe seines Vorhabens gleichfalls nicht die Rede sein kann.

Zum Schuldspruchfaktum III.):

Bei der Annahme, der Angeklagte habe Brigitte G durch Versetzen zumindest eines Schlages mit dem Handrücken und durch Androhung weiterer Schläge zu einem Mundverkehr gezwungen (vgl. S. 477 d.A.), stützte sich das Erstgericht (ersichtlich) auf die Zeugenaussage der Genannten, sie habe keinen anderen Ausweg gesehen, weil der Angeklagte immer wieder ihr Gesicht zu seinem Geschlechtsteil drückte und ihr androhte, er werde sie vergewaltigen, d.h. trotz ihrer (behaupteten) Regelblutung einen Geschlechtsverkehr erzwingen, und sie dann aus dem Auto 'schmeißen' (vgl. S. 337, 457 d.A.). Damit erübrigten sich weitere Ausführungen im Urteil über Anzahl und Intensität der Schläge oder über den genauen Wortlaut der Drohungen.

Zum Schuldspruchfaktum IV.) 2.):

Die Feststellung des Erstgerichtes, der Angeklagte habe Susanne H durch Versetzen eines Schlages ins Gesicht und durch Zerren an den Haaren zum Betreten der Herrentoilette (vorsätzlich) genötigt (S. 470 d.A.), ist in der als Urteilsgrundlage dienenden Zeugenaussage der Genötigten gedeckt (vgl. S. 33 in ON. 9, 179, 327 und 455 d.A.). Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt eines dieser Urteilsfeststellung anhaftenden Begründungsmangels darzutun versucht, er habe nicht mit Nötigungsvorsatz gehandelt, ist seine Beschwerde überdies nicht zu seinem Vorteil ausgeführt. Denn im Hinblick auf die weitere Annahme, der Angeklagte habe Susanne H in der Herrentoilette festgehalten, bis es ihr gelang, ihn in den Finger zu beißen, worauf der Angeklagte von ihr abließ, läge ihm diesfalls der mit strengerer Strafe bedrohte Tatbestand der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs 1 StGB

zur Last.

Zum Schuldspruchfaktum V.) 2.) a):

Hiezu stellte das Erstgericht fest, daß der Angeklagte den Gottfried J durch einen Schlag mit einer leeren Coca-Cola-Flasche auf den Kopf vorsätzlich (leicht) verletzte.

Ob dies im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung geschah oder, wie das Erstgericht annahm, weil sich Gottfried J dem Angeklagten entgegenstellte, ist unerheblich; in beiden Fällen ist der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt.

So gesehen bedurfte es im Urteil keiner besonderen Erörterung der Bekundung des Zeugen J, dem Schlag des Angeklagten sei (auch) ein 'Hin- und Herstoßen' vorausgegangen (S. 333, 455 d.A.).

Zum Schuldspruchfaktum V.) 1.):

In diesem Zusammenhang wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, er habe dem Otto I (lediglich) einen Fußtritt und nicht mehrere Fußtritte versetzt, nur gegen einen vom Erstgericht angenommenen Erschwerungsumstand, wonach er auf den bereits von ihm mit Fausthieben niedergestreckten Otto I noch (mehrfach) eingetreten habe, mithin weder gegen die Unterstellung der Tat unter das Gesetz, noch gegen die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes, sondern nur gegen einen bloß im Rahmen der Berufung relevierbaren Mangel der Strafbemessung. Mit seinem übrigen Vorbringen zu diesem Schuldspruchfaktum bekämpft der Beschwerdeführer im wesentlichen abermals nur in unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die schlüssige erstgerichtliche Beweiswürdigung.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 10 StPO macht der Beschwerdeführer geltend, die festgestellten Tatsachen rechtfertigten nur bei der gegen Hedwig B gerichteten Tathandlung eine Unterstellung unter den Tatbestand der Notzucht nach dem § 201 Abs 1 StGB, wogegen in den übrigen Fällen nur Nötigung zum Beischlaf (§ 202 Abs 1 StGB) - zum Teil in der Erscheinungsform eines Versuches - bzw. Nötigung zur Unzucht (§ 204 Abs 1 StGB) anzunehmen sei. Der Rechtsrüge kommt Berechtigung nicht zu.

Richtig ist, daß Notzucht und Zwang zur Unzucht nur bei Widerstandsunfähigkeit der betroffenen Frau vorliegen, während Nötugung zum Beischlaf und Nötigung zur Unzucht das Vorliegen eines solchen Zustandes nicht voraussetzen, und daß von Widerstandsunfähigkeit nur bei einer extremen Lage der Hilflosigkeit gesprochen werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. LSK 1975/42 bis 44, 1976/237 u.a.) ist Widerstandsunfähigkeit aber dabei nicht nur dann gegeben, wenn dem Opfer weiterer Widerstand schlechthin unmöglich ist, sondern auch dann, wenn ein solcher aussichtslos wäre und dem Opfer nicht zugemutet werden kann.

Bei Prüfung, ob ein derartiger Zustand als gegeben anzunehmen ist, muß auch darauf Bedacht genommen werden, daß bei fortgesetzten Angriffen insbesondere die seelischen Kräfte der betroffenen Person derart erlahmen können, daß sie schließlich aus psychischen Gründen außerstande ist, weiteren Widerstand zu leisten, und sich (nur) deshalb dann mehr oder weniger widerstandslos dem Angreifer fügt. In subjektiver Hinsicht muß der Vorsatz des Täters auf das Herbeiführen einer Widerstandsunfähigkeit des Opfers und auf die gänzliche Ausschaltung ihres Willens gerichtet sein; strebt der Täter hingegen nur an, den seinem Vorhaben entgegenstehenden Willen der Frau zu beugen, will er also erreichen, daß sie letztlich in den außerehelichen Beischlaf oder in den verlangten Unzuchtsakt einwilligt, dann entspricht sein Vorsatz der inneren Tatseite einer Nötigung.

Im vorliegenden Fall gelangte das Erstgericht zur Überzeugung, daß der Angeklagte rohe körperliche Gewalt und (wiederholte) Drohungen angewendet hat, um den Widerstand seiner Opfer - mit Ausnahme der Silvia D durchwegs noch sehr junge Mädchen - zu brechen und daß sich diese - in den Fällen des vollendeten Delikts - mit all ihren Kräften so lange wehrten, bis ihre physische und psychische Widerstandskraft von dem erheblich älteren und auch körperlich überlegenen Angeklagten gebrochen war. Es zog hiebei auch die äußeren Umstände der Taten in Betracht, die jeweils zur Nachtzeit an entlegenen Orten und (zum Teil) unter Verriegelung der defekten Beifahrertüre gesetzt wurden. Hinsichtlich der schon älteren Silvia D verwies das Erstgericht auf die besondere Brutalität des Angeklagten, nämlich das wiederholte Ansetzen einer brennenden Zigarette auf die Brust, das auch zu Brandwunden der Mißhandelten führte.

Aus all diesen, in freier richterlicher Beweiswürdigung getroffenen Urteilsannahmen leitete das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht zutreffend ab, daß bei den vollendeten Deliktshandlungen weitere Gegenwehr der Opfer keinerlei Aussicht auf Erfolg versprochen hätte, sondern diese lediglich der Gefahr weiterer Mißhandlungen und allenfalls sogar ernsterer Verletzungen ausgesetzt hätte, der Angeklagte mithin - vorsätzlich - die Widerstandsunfähigkeit seiner Opfer herbeigeführt hat, und auch bei den unternommenen Notzuchtsversuchen sein Vorsatz darauf gerichtet war, den Widerstand der betreffenden Mädchen gegen die Durchführung eines Geschlechtsverkehres mit Gewalt zu brechen und sie widerstandsunfähig zu machen, was ihm nur deshalb nicht gelang, weil diese in einer stärkeren physischen und psychischen Verfassung waren. Die Unterstellung seiner Tathandlungen unter die Tatbestände der teils vollendeten, teils versuchten Notzucht nach den §§ 201 Abs 1 und 15 StGB und des Zwanges zur Unzucht nach dem § 203 Abs 1 StGB erfolgte demnach frei von Rechtsirrtum.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich die Verwirklichung des an Susanne H begangenen Tatbestandes der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB - neben der einer Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB - bestreitet, mangelt es der Rechtsrüge schon an der gesetzmäßigen Ausführung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes;

diese läßt nämlich die Urteilsannahme unberücksichtigt, wonach der Angeklagte Susanne H, nachdem er ihr durch einen Schlag ins Gesicht eine stark blutende Platzwunde an der Unterlippe zugefügt hatte, (auch) durch Reißen an den Haaren zum Betreten der Herrentoilette nötigte.

In Bekämpfung des Ausspruchs seiner Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach dem § 21 Abs 2 StGB macht der Beschwerdeführer (wenn auch - wie vorstehend angeführt - im Rahmen der Berufungsausführung) der Sache nach Begründungs- und Feststellungsmängel geltend.

Er bestreitet eine Tatbegehung unter dem Einfluß einer seelischen (oder geistigen) Abartigkeit höheren Grades, da seiner Auffassung nach nur eine außergewöhnliche sexuelle Perversion, nicht aber Triebstärke allein eine solche darstelle.

Auch mit diesem Beschwerdeeinwand vermag der Beschwerdeführer nicht durchzudringen. Bei seinem Ausspruch, daß der Angeklagte die ihm angelasteten Sittlichkeitsdelikte, ohne zurechnungsunfähig zu sein, unter dem Einfluß einer seelischen Abartigkeit von höherem Grad begangen hat, folgte das Erstgericht einerseits den Gutachten der dem Verfahren beigezogenen gerichtspsychiatrischen Sachverständigen Primarius Dr. K, Dr. L und Univ.DoZDr.M, denen Mängel oder Widersprüche im Sinne der §§ 125, 126 StPO nicht anhaften. Darnach handelt es sich beim Angeklagten um eine charakterlich beträchtlich abartige, triebstarke Persönlichkeit mit mangelnder Kontaktfähigkeit, hoher sexueller Konflikts- und Aggressionsbereitschaft. Andererseits stützte sich das Schöffengericht auf verschiedene eigene Äußerungen des Angeklagten in der Hauptverhandlung, die seinem persönlichen Eindruck nach die Beurteilung der gerichtspsychiatrischen Sachverständigen erhärteten (vgl. S. 478 ff. d.A.). Dem Ausspruch, daß beim Angeklagten eine seelische Abartigkeit von höherem Grad vorliegt, auf welche die Tatbegehung zurückzuführen ist, haftet sohin weder ein Begründungsmangel noch ein Rechtsirrtum an.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 201 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB - wie bereits erwähnt - eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sprach gemäß dem § 21 Abs 2 StGB die Einweisung des Genannten in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend:

das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die zahlreichen Sexualangriffe, die besondere Brutalität (in einzelnen Fakten wie die Fesselung der Hedwig B und die Zufügung von Brandwunden an der Brust bei Silvia D), die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafe wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 2 StGB und die brutale Vorgangsweise auch gegen Otto I, den der Angeklagte auch noch zu einem Zeitpunkt trat, als er bereits infolge Fausthiebe niedergestreckt war; als mildernd berücksichtigte das Erstgericht hingegen ein 'Faktengeständnis im Faktum I' und die geistige Abnormität des Angeklagten.

Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte - wie gleichfalls schon erwähnt - sowohl das Strafausmaß als auch die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Der Berufung kommt in keinem Punkte Berechtigung zu. Das Schöffengericht stellte nämlich, abgesehen davon, daß der Umstand, daß zwei Taten beim Versuch blieben (Urteilsfakten II.) 1. und 2.), zusätzlich als Milderungsgrund (im Sinne des § 34 Z 13 StGB) anzunehmen gewesen wäre, die Strafzumessungsgründe richtig fest.

Die vom Berufungswerber zusätzlich reklamierten Milderungsgründe des - behaupteten - (schlechten) Lebenswandels der Opfer bzw. das 'Milieu der Beteiligten', des Alters des Berufungswerbers (mit 21 1/2 bis 23 Jahren zu den einzelnen Tatzeiten) und der Motive zur Begehung der Vergehen der Körperverletzung wurden mangels gesetzlicher Grundlage vom Erstgericht zutreffend nicht angenommen. Auf der Basis der vom Erstgericht festgestellten, durch den Milderungsumstand nach dem § 34 Z 13 StGB ergänzten Strafzumessungsgründe und der übrigen, im § 32 StGB normierten (allgemeinen) Grundsätze für die Strafbemessung erscheint die verhängte Freiheitsstrafe angemessen.

Wie bereits bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt, wurde das gesamte, gegen die Anstaltseinweisung gerichtete Vorbringen als - wenn auch erfolglose - Ausführung von Nichtigkeitsgründen aufgefaßt. Eine Ermessensentscheidung im Zusammenhang mit der Anstaltseinweisung, nämlich die Gefährlichkeitsprognose, wurde mit der Berufung nicht angefochten. Aus den vorstehend aufgezeigten Gründen war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02207

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00088.79.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19790906_OGH0002_0120OS00088_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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