TE OGH 1979/11/6 9Os90/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zehetmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A und andere wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Markus Ernst B gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 22. Februar 1979, GZ. 24 Vr 1276/78-23, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kellner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Markus Ernst B wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung der den Angeklagten Peter A, Klaus Adolf C und Reinhard D zu Punkt I./ des Schuldspruchs zur Last liegenden Tat als das (gesonderte) Vergehen des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB, sowie demgemäß in dem den Angeklagten Peter A betreffenden Strafausspruch und in den die Angeklagten Klaus Adolf C und Reinhard D betreffenden Aussprüchen nach § 13 JGG aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagten Peter A, Klaus Adolf C und Reinhard D haben durch die in den Punkten I./

und III./ des Schuldspruchs angeführten, sie betreffenden Tathandlungen das Verbrechen des - bei A und C teils versuchten - Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1

und Abs. 2 Z 1, 129 Z 2 und 3 StGB, Peter A und Klaus Adolf C auch nach § 15 StGB, begangen.

Der Angeklagte Peter A wird hiefür sowie für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Urteils zur Last fallende Verbrechen der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 StGB unter Anwendung der §§ 28 und 41 StGB sowie § 11 JGG nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Monaten verurteilt; gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Bei den Angeklagten Klaus Adolf C und Reinhard D wird gemäß § 13 JGG der Ausspruch und die Vollstreckung einer Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben.

Der Berufung des Angeklagten Markus Ernst B wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Markus Ernst B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die jugendlichen Angeklagten Peter A, Klaus Adolf C, Gerhard E, Reinhard D, Markus Ernst B und Leo F wie folgt schuldig erkannt:

1. Peter (Robert) A, Klaus Adolf C und Reinhard D zu Punkt I./ des Schuldspruchs des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB, weil sie am 1. April 1978 in Linz in Gesellschaft als Beteiligte der Camilla G 600 S Bargeld gestohlen haben;

2. Peter A, Markus B und Leo F zu Punkt II./ des Schuldspruchs des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 StGB, weil sie in der Zeit vom 31. März bis zum 7. April 1978 den Roman H zu erpressen versuchten, indem a) Peter A den Genannten aufforderte, ihm 50 S zu geben, widrigenfalls er ihn schlagen und den Lehrern sowie den Eltern mitteilen werde, daß er (H) eine Unterschrift gefälscht habe, b) Markus B dem Genannten eine Ohrfeige versetzte und ihm weitere Mißhandlungen durch Peter A androhte, wenn er den von diesem geforderten Bargeldbetrag nicht leiste, c) Leo F dem Genannten zweimal telefonisch Schläge androhte, wenn er den Betrag von 50 S nicht an A bezahle;

3. Peter A und Klaus C zu Punkt III./

des Schuldspruchs des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 2 und 3 sowie § 15 stGB, und Gerhard E und Reinhard D ebenfalls zu Punkt III./ des Schuldspruchs des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 2 und 3 StGB, weil die Genannten in Gesellschaft als Beteiligte durch Aufbrechen eines Behältnisses bzw. einer sonstigen Sperrvorrichtung, und zwar a) Peter A, Klaus C und Gerhard E am 9. Juli 1978 mindestens 30 S Bargeld einem Verfügungsberechtigten der Zeitung I J und Peter A, Gerhard E sowie Reinhard D am 10. Juli 1978 mindestens 30 S Bargeld Verfügungsberechtigten der Zeitungen I J und K jeweils durch Abbrechen von mit einer Sperrvorrichtung an Zeitungsständern befestigten Geldkassetten und Aufbrechen derselben an Ort und Stelle gestohlen haben, und b) Peter A und Klaus C in der Nacht zum 11. Juli 1978 Zigaretten bzw. einen Bargeldbetrag der Johanna L zu stehlen versuchten, indem sie mit einem Schraubenzieher zwei Zigarettenautomaten zu öffnen suchten.

Dieses Urteil wurde mit Nichtigkeitsbeschwerde nur in Ansehung des Angeklagten Markus Ernst B bekämpft, wobei die von diesem Angeklagten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde (ebenso wie jene seiner gesetzlichen Vertreterin) vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß vom 2. Oktober 1979, GZ 9 Os 90/79-5, zurückgewiesen wurde; mit dem bezeichneten Beschluß wurden im übrigen auch die Berufungen des Angeklagten Peter A und seiner gesetzlichen Vertreter Peter und Friederike A sowie die Berufung der gesetzlichen Vertreterin des Angeklagten Markus Ernst B, Helga B, zurückgewiesen. Im Gerichtstag war somit nur mehr über die Berufung des Angeklagten Markus Ernst B zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil zum Nachteil der Angeklagten Peter A, Klaus Adolf C und Reinhard D mit einer nicht geltend gemachten Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO behaftet ist, die gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen war.

Die bezeichnete Nichtigkeit haftet dem angefochtenen Urteil deshalb an, weil die Angeklagten Peter A, Klaus Adolf C und Reinhard D sowohl wegen des Vergehens des Diebstahls (zu Punkt I./ des Schuldspruchs) als auch wegen wegen des Verbrechens des Diebstahls (zu Punkt III./ des Schuldspruchs) verurteilt wurden. Denn zufolge des § 29 StGB sind alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten Diebstähle, mögen sie auch weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jeder für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Einheit zusammengefaßt. Die gesonderte Annahme eines Vergehens des Diebstahls neben einem Verbrechen des Diebstahls ist daher unzulässig (vgl. ÖJZ-LSK 1978/58).

Es war daher insoweit spruchgemäß zu erkennen.

Hingegen bot die Unterstellung der den Angeklagten A, C, D und E zu Punkt III/a des Schuldspruchs angelasteten Diebstahlstaten sowohl unter die Z 2 als auch unter die Z 3 des § 129 StGB - entgegen einer Anregung der Generalprokuratur - keinen Grund für eine Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StPO. Denn die genannten Angeklagten haben nach den - in der Aktenlage gedeckten - Annahmen des Jugendschöffengerichtes nicht nur die Geldkassetten, sohin Behältnisse, gewaltsam geöffnet (§ 129 Z 2 StGB), sondern zuvor die Kassetten von den Zeitungsständern getrennt, indem sie jene Sperrvorrichtung aufbrachen, mittels welcher die Kassetten an den Zeitungsständern befestigt waren. Erst darnach haben sie die Behältnisse aufgebrochen. Dabei ist das Jugendschöffengericht ersichtlich von der - im übrigen gerichtsnotorischen (vgl. 10 Os 73/79) - Tatsache ausgegangen, daß die Geldkassetten mit einem Metallband am Zeitungsständer befestigt und mit einem Vorhängeschloß derart gesichert sind, daß sie nur durch Aufbrechen dieser Sperrvorrichtung weggenommen werden können. Die gewaltsame Überwindung dieser Schloßsicherung ist aber als Aufbrechen in der Bedeutung der Z 3 des § 129 StGB zu beurteilen (vgl. 10 Os 22/78 und 10 Os 73/79). Bei der infolge der getroffenen Entscheidung in Ansehung der Angeklagten A, C und D erforderlichen Strafneubemessung erachtete der Oberste Gerichtshof beim Angeklagten Peter A - in Anwendung der §§ 41 StGB und 11 JGG - eine Freiheitsstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß als schuldangemessen, wobei diese Strafe - wie dies bereits vom Erstgericht ausgesprochen wurde - gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen war. Bei den Angeklagten Klaus Adolf C und Reinhard D war - gleichfalls in Übereinstimmung mit dem Ersturteil - gemäß § 13 JGG der Ausspruch und die Vollstreckung einer Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufzuschieben.

In Ansehung des Angeklagten Markus Ernst B schob das Erstgericht gemäß § 13 JGG den Ausspruch und die Vollstreckung einer Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig auf. Mit seiner Berufung bekämpft B einerseits die Dauer der Probezeit, deren Herabsetzung (auf zwei Jahre) begehrt wird, und anderseits die Anwendung des § 13 JGG, weil er meint, das Erstgericht hätte sich im Sinne des § 12 Abs. 2

JGG damit begnügen müssen, ihm eine Ermahnung zu erteilen. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Dem Erstgericht ist durchaus beizupflichten, daß es vorliegend schon aus spezialpräventiven Gründen der im Sinn des § 13 Abs. 1 JGG ausgesprochenen (echten) bedingten Verurteilung des Angeklagten B bedarf, um diesem das Verbotene seines Tuns nachdrücklich vor Augen zu führen und ihn so von weiteren Straftaten abzuhalten, womit die von ihm angestrebte bloße Erteilung einer Ermahnung (§ 12 Abs. 2 JGG) nach Lage des Falles hiezu nicht ausreicht. Aber auch für die begehrte Verkürzung der Dauer der - vom Jugendschöffengericht mit 3 Jahren bestimmten - Probezeit ist kein Grund vorhanden. Der unbegründeten Berufung war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02367

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00090.79.1106.000

Dokumentnummer

JJT_19791106_OGH0002_0090OS00090_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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