TE OGH 1980/5/22 12Os73/80

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Veröffentlicht am 22.05.1980
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Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mohr als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter A wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB. über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 14. November 1978, GZ. 24 Vr 1052/75-24, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Günter A, AZ. 24 Vr 1052/75 des Landesgerichtes Linz, wegen § 127 Abs. 1 und 2

Z. 1 StGB. wurde durch den Beschluß vom 14. November 1978, GZ. 24 Vr 1052/75-24, mit dem die dem Angeklagten Günter A mit dem am 25. August 1975 gefällten Urteil, das am 16. Dezember 1975 in Rechtskraft erwachsen ist, gemäß § 13 Abs. 1 JGG. bestimmte Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 13 Abs. 2 JGG. verletzt. Dieser Beschluß und alle sich darauf gründenden Verfügungen werden aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag der Staatsanwaltschaft Linz vom 8. November 1978, die dem Günter A bestimmte Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern, wird abgewiesen.

Von der Verhängung einer Strafe zum Urteil vom 25. August 1975, GZ. 24 Vr 1052/75-11, wird endgültig abgesehen (§ 46 Abs.6 JGG.).

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 25. August 1975, GZ. 24 Vr 1052/75-11, bestätigt mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975, 12 0s 140/75, wurde der am 17. November 1958 geborene, also damals jugendliche Günter A eines am 13. Februar 1975 gemeinsam mit einem weiteren Angeklagten begangenen Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB. schuldig erkannt; der Ausspruch über die hiedurch verwirkte Strafe wurde im Sinne des § 13 Abs. 1 JGG. auf eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben. Während des Laufes dieser Probezeit wurde Günter A zu U 457/78 des Bezirksgerichtes Linz wegen einer am 6. Februar 1978 begangenen Körperverletzung angezeigt. Obgleich die oben bezeichnete Verurteilung durch das Landesgericht Linz aktenkundig war, beantragte der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz am 29. März 1978 weder formell eine gesonderte Führung vom vorgenannten Verfahren gemäß § 57 StPO., noch gemäß § 56 StPO.

eine Vereinigung beider Verfahren und damit die Abtretung an das Landesgericht Linz, sondern lediglich die Bestrafung des Günter A wegen Vergehens nach § 83 Abs. 2 StGB.

Am 25. April 1978 erging, ohne daß von Amts wegen formell gemäß dem § 57 Abs. 1 StPO. eine abgesonderte Verfahrensführung verfügt worden war, gegen Günter A eine Strafverfügung, mit der er wegen des genannten Vergehens zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen a S 50, im Nichteinbringungsfall 15 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt wurde. Die Strafverfügung wurde am 3. Juni 1978

rechtskräftig (16 U 457/78-2).

Von dieser neuerlichen Verurteilung, die innerhalb der am 16. Dezember 1978 endenden Probezeit erfolgt war, wurde das Landesgericht Linz am 27. September 1978 verständigt; die vom Gericht zur Antragstellung bzw. Äußerung aufgeforderte Staatsanwaltschaft Linz beantragte am 8. November 1978, vom Widerruf abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (24 Vr 1052/75-22). Diesem Antrag entsprach das Landesgericht Linz mit Beschluß vom 14. November 1978 (24 Vr 1052/75-24). Der Beschluß wurde der Staatsanwaltschaft am 20. November 1978 und am 21. November 1978 (durch Hinterlegung) dem Verurteilten zugestellt. Er ist unangefochten rechtskräftig geworden.

Am 11. Oktober 1979 wurde dem Landesgericht Linz eine weitere Verurteilung des Günter A durch das Bezirksgericht Linz, und zwar vom 24. Juli 1979, wegen Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB. mitgeteilt und bei diesem Anlaß vom Gericht eine Maßnahme gemäß § 33 Abs. 2 StPO. gegen den vorerwähnten Beschluß vom 14. November 1978 angeregt.

Rechtliche Beurteilung

Die durch das Landesgericht Linz als Jugendschöffengericht mit Beschluß vom 14. November 1978, GZ. 24 Vr 1052/75-24, verfügte Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Die Möglichkeit einer nachträglichen Verlängerung der Probezeit, wie sie im Absatz 2 des § 13 JGG. 1949, BGBl. 272/1949, bis zum Höchstmaß von fünf Jahren vorgesehen war, besteht nicht mehr. § 13 Abs. 2 JGG. 1961 bestimmt lediglich, daß dann, wenn sich innerhalb der Probezeit zeigt, daß die Besserung sonst nicht erzielt werden kann, die Strafe auszusprechen und zu vollziehen ist. Ferner werden in dieser Gesetzesstelle bestimmte Voraussetzungen festgelegt, unter welchen auch nach Ablauf der Probezeit noch ein derartiger Strafausspruch und Vollzug zulässig ist. Das Landesgericht Linz hätte daher mangels entsprechender gesetzlicher Möglichkeit den Antrag des öffentlichen Anklägers, die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern, abweisen müssen. Die gesetzwidrige Verlängerung der Probezeit hat sich zum Nachteil des Günter A ausgewirkt. Denn ein von ihm in der Zeit zwischen dem 16. Dezember 1978

und dem 16. Dezember 1980, sohin schon nach Ablauf der gesetzlich zulässigen (dreijährigen) Probezeit gesetzter Anlaß zu einem Vorgehen nach dem § 46 Abs. 4 JGG. läge noch innerhalb der durch den Beschluß vom 14. November 1978

bestimmten Probezeit und könnte die Festsetzung und den Vollzug der Strafe nach sich ziehen. Ebenso würde solcherart das Ende der sechsmonatigen Frist des § 13 Abs. 2, zweiter Satz, JGG. rechtswidrig um zwei Jahre erstreckt (vgl. hiezu EvBl. 1975/250). Es war daher auf Grund der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E02610

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00073.8.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19800522_OGH0002_0120OS00073_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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