TE OGH 1980/6/10 9Os62/80

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Veröffentlicht am 10.06.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Anton A wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 148 (erster Fall) StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. März 1980, GZ. 22 Vr 3269/79-79, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Steininger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt II des Schuldspruchs sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Anton A ist schuldig, im Sommer 1977 in Innsbruck ein Gut, das ihm von der Firma Fritz B anvertraut worden ist, nämlich ein Zentralsteuergerät im Wert von 4.380 S, sich mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Er hat hiedurch das Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB. begangen und wird hiefür sowie für die ihm laut den aufrecht gebliebenen Schuldsprüchen I und III des Ersturteils zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 148 (erster Fall) StGB.

sowie das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB., nach § 147 Abs. 3 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. September 1933 geborene Installateur Anton A des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147

Abs. 3, 148 erster Fall StGB., des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 3 StGB. und des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB.

schuldig erkannt.

Mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch wegen des (in 22 Fällen begangenen) Verbrechens des schweren (und) gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 148 (erster Fall) StGB. (Punkt I. des Urteilssatzes) hinsichtlich des - für die Annahme eines 100.000 S übersteigenden Gesamtschadens aus den Betrügereien (§ 147 Abs. 3 StGB.) ausschlaggebenden - Faktums 4 sowie den Schuldspruch wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 3 StGB. (Punkt II. des Urteilssatzes); darnach wird ihm zur Last gelegt, daß er in Innsbruck (zu I.4) in der Zeit zwischen Dezember 1977 und April 1978 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Amalia C durch das Verschweigen einer bereits bestehenden anderen Lebensgemeinschaft bzw. Ehe und durch die Zusage der Rückzahlung binnen weniger Monate zur Gewährung von Darlehen verleitete, wodurch sie an ihrem Vermögen einen Schaden von 81.200 S erlitt, und (zu II.) im Sommer 1977 mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung der Sache unrechtmäßig zu bereichern, ein Zentralsteuergerät im Wert von 4.380 S der Firma Fritz B unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm als Arbeiter von der genannten Firma aufgetragene Arbeit geschaffen worden war, wegnahm.

Rechtliche Beurteilung

Die Urteilsannahmen zum Betrugsfaktum I.4. bezeichnet der Beschwerdeführer - mit Bezugnahme auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. - als widersprüchlich und 'aktenwidrig', weil in den Entscheidungsgründen über den Inhalt des bezüglichen Urteilstenors hinausgehend eine von ihm der Amalia C gemachte ausdrückliche Zusage, mit ihr die Ehe zu schließen oder doch eine Lebensgemeinschaft zu begründen, konstatiert werde, wofür aber keine Beweisgrundlage - nicht einmal eine dahin lautende Behauptung der genannten Zeugin - vorhanden sei. Dieser Einwand betrifft jedoch keine entscheidende Tatsache: Für die Beurteilung des in Rede stehenden Tatverhaltens als Betrug kommt es nämlich nicht darauf an, ob der Angeklagte der Geschädigten den Abschluß einer Ehe oder die Aufnahme einer Lebensgemeinschaft mit ihr versprochen hat; umsoweniger darauf, ob sie hiedurch zur Darlehensgewährung motiviert wurde. Entscheidend ist hier vielmehr nur das -

mit Schädigungsvorsatz verbundene - Vortäuschen des Willens und der Fähigkeit des Angeklagten, die als Darlehen empfangenen Beträge vereinbarungsgemäß zurückzuzahlen, und der hierüber bewirkte Irrtum der Geschädigten, der nach den insoweit unbekämpften Urteilsannahmen (S. 329 und 339) für den Schadenscharakter ihrer Handlungsweise auch kausal war (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2 RN 24 zu § 146 StGB.; RZ. 1977/125).

In Ansehung des wegen Diebstahls ergangenen Schuldspruchs hingegen, den der Beschwerdeführer aus beiden von ihm relevierten Nichtigkeitsgründen mit dem Ziel einer Beurteilung der betreffenden Tat als Veruntreuung anficht, kommt schon seiner Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.) Berechtigung zu:

Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte, wenngleich ohne Gewerbebrechtigung, 'als eigener Unternehmer' im Auftrag der Firma Fritz B 'auf eigene Rechnung' gegen Zahlung eines vereinbarten Werklohnes bestimmte (Heizungs-) Installationsarbeiten in einem Institutsgebäude der Universität Innsbruck durchzuführen; aus dem ihm von der Firma B zu diesem Zweck zur Verfügung gestellten Material eignete er sich das in Rede stehende Zentralsteuergerät an, um es für einen seiner Privatkunden zu verwenden. Nun kann zwar auch ein (durch Werkvertrag beauftragter) Subunternehmer ebenso wie ein 'Pfuscher' Subjekt eines nach § 127 Abs. 2 Z. 3

StGB. qualifizierten Diebstahls sein, wenn er unter Ausnützung der durch die aufgetragene Arbeit geschaffenen besonderen Gelegenheit seinen (mittelbaren oder unmittelbaren) Auftraggeber bestiehlt (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2

RN 85 und 88 zu § 127 StGB.; Bertel im Wiener Kommentar, RN 67 zu § 127 StGB.); Voraussetzung hiefür ist aber, daß die betreffende widerrechtliche Sachzueignung überhaupt als Diebstahl (§ 127 Abs. 1 StGB.) zu beurteilen ist, der Täter also die faktische Verfügungsgewalt über die entzogene Sache erst durch Gewahrsamsbruch erlangt. Wer hingegen Sachen entzieht, die bereits in seinen ausschließlichen Gewahrsam gegeben und ihm bloß anvertraut waren, macht sich einer Veruntreuung schuldig (vgl. EvBl. 1979/215; RZ. 1978/114; ÖJZ-LSK. 1976/195). Ein solcher ausschließlicher Gewahrsam des Täters ist zwar bei Materialien, die ein Arbeiter zu den ihm aufgetragenen Verrichtungen unter ständiger Aufsicht des Arbeitgebers am (jeweiligen) Arbeitsplatz zu verwenden hat, in der Regel nicht gegeben (vgl. Leukauf-Steininger a.a.0., RN 21 bis 24 zu

§ 127

StGB. und die dort angeführte Judikatur), wohl aber bei einem (keiner solchen ständigen Aufsicht unterliegenden) Subunternehmer in bezug auf das von seinem Auftraggeber beigestellte Arbeitsmaterial (Bertel a.a.O. RN 26, 28 und 30 zu § 127 StGB.; RN 3 zu § 133 StGB.). Letzteres trifft im vorliegenden Fall jedoch zu, weil ein (fortbestehender) Obergewahrsam (im dargelegten Sinn) der Firma B an den dem Angeklagten zur Verwendung bei den ihm übertragenen Installationsarbeiten übergebenen Gegenständen, zu denen das Zentralsteuergerät gehörte,vom Erstgericht nicht festgestellt wurde und nach den bezüglichen Verfahrensergebnissen auch nicht konstatiert werden konnte (vgl. S. 258, 281, 319). Der Angeklagte hat daher die der ihm oblegenen Verwendungspflicht zuwiderlaufende Zueignung des ihm anvertraut gewesenen Gerätes richtigerweise nicht als (Dienst-) Diebstahl, sondern als Veruntreuung zu verantworten. Ausgehend von der dem Urteil (wie schon der Anklage unbekämpft zugrundegelegten Annahme eines 5.000 S nicht übersteigenden Wertes der zugeeigneten Sache (S 273: 4.380 S ohne Mehrwertsteuer; vgl. aber SSt. 46/44) erweist schon ein Vergleich der entsprechenden Strafdrohungen des § 127 Abs. 2 StGB. einerseits und des § 133 Abs. 1 StGB. andererseits, daß das Urteil im Schuldspruch wegen Vergehens des Diebstahls zum Nachteil des Angeklagten mit dem von ihm zutreffend geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. behaftet ist. Es war mithin seiner Beschwerde

insoweit Folge zu geben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. spruchgemäß zu erkennen.

Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die zwölf einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten wegen Vermögensdelikten sowie eine Vorstrafe wegen des Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB. und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, als mildernd hingegen das Geständnis. Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungsgründe und angesichts dessen, daß die letzte Verurteilung des Angeklagten wegen eines Vermögensdeliktes schon rund 15 Jahre zurückliegt, entspricht eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten sowie der Täterpersönlichkeit des Angeklagten.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02676

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00062.8.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19800610_OGH0002_0090OS00062_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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