TE OGH 1981/9/21 10Os150/81

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Veröffentlicht am 21.09.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gerstberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Juni 1981, GZ 3 b Vr 10.467/80-24, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günter A des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in der Zeit vom 31. März bis zum 30. August 1980

in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der C durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Urkunden zur Auszahlung von insgesamt 21.000 S Bargeld an ihn verleitete, durch die zunächst das bezeichnete Institut um diesen Betrag am Vermögen geschädigt worden sei, indem er zehn Schecks seiner Schwester Roswitha A, auf denen er deren Unterschrift als Ausstellerin und Kontoinhaberin nachgeahmt hatte, zur Einlösung vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5 sowie 'Z 9, Z 10' (der Sache nach Z 9 lit c) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Schuldspruch kommt im Ergebnis insoweit Berechtigung zu, als er mit der Rechtsrüge (Z 9 lit c) die Urteilsannahme bekämpft, der aus der Tat entstandene Schaden sei vorerst im Eigentum der Bank eingetreten und (nur) darum habe er den Betrug nicht im Familienkreis (§ 166 StGB) begangen. Denn eine im Strafrecht regelmäßig gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise in bezug auf den Begriff Vermögen (vgl JBl 1980, 605, EvBl 1981/7, ÖJZ-LSK 1981/10 uam; Leukauf-Steininger, Komm2, RN 33 zu § 146 StGB, Kienapfel, BT II, RN 83, 89 zu den Allg.Vorbem., RN 119, 121, 133 zu § 146) zeigt, daß bei der Einlösung falscher Schecks aus einem tatsächlich vorhandenen Guthaben die damit verbundene effektive Einbuße an Vermögenssubstanz nach dem normalen Verlauf der Dinge jedenfalls zunächst (und nach Maßgabe der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zumeist auch auf Dauer) den Kontoinhaber trifft, dessen Vermögen (an Buchgeld) durch die grundsätzlich prompt erfolgende Abbuchung der betreffenden Passivpost in äkonomisch sogleich wirksamer Weise (zumindest vorübergehend) um den betrügerisch herausgelockten Betrag geschmälert wird, sodaß - unbeschadet der formaljuristischen Eigentumsverhältnisse daran (aA allerdings JBl 1980, 666 = ÖJZ-LSK 1980/161) - er es ist, der, solcherart für einen wirtschaftlich nicht ganz bedeutungslosen Zeitraum um die Verfügungsmacht über einen Teil seines effektiv vorhanden gewesenen Vermögens gebracht, den Schaden erleidet; nur dann, wenn zur Tatzeit auf dem Konto kein Guthaben vorhanden ist, der ausgezahlte Scheckbetrag also auch aus wirtschaftlicher Sicht von Anfang an nicht aus den Mitteln des Kontoinhabers stammt, tritt der Schaden tatsächlich primär und unmittelbar im (wirtschaftlichen) Vermögen der Bank ein (ÖJZ-LSK 1981/89, 120). Die allfällige spätere Überwälzung eines derartigen Betrugsschadens in die eine oder in die andere Richtung hin aber ist für die Tatbestände nach § 146 StGB gleichwie nach § 166 StGB ebensowenig von Belang wie eine etwa irrige Vorstellung des Täters darüber, zu wessen (jedenfalls rechtswidrigem) Nachteil er (vorerst oder letztlich) gereichen werde.

Für die Beurteilung, ob der Schaden aus dem vom Angeklagten begangenen Betrug im Vermögen der C (§§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2

StGB) oder in dem seiner Schwester (§§ 166, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB) eingetreten, die strafbare Handlung dementsprechend von Amts wegen (§ 2 Abs 3 StPO) oder nur auf (ein hier nicht vorliegendes) Verlangen der Verletzten (§ 166 Abs 3 StGB, § 2 Abs 2 StPO) zu verfolgen und darnach im gegebenen Fall - in dem für die Anwendung des § 223

StGB wegen der Spezialität des § 147 Abs 1 Z 1 StGB jedenfalls, also auch bei einer zusätzlichen Wirksamkeit des § 166 StGB, kein Raum ist (vgl ÖJZ-LSK 1980/158, 1979/124 ua) - die nach dem Gesetz erforderliche Anklage erhoben wurde oder nicht (§ 281 Abs 1 Z 9 lit c StPO), ist es demnach von entscheidender Bedeutung, ob das Konto der Roswitha A bei der bezeichneten Bank zu den jeweiligen Tatzeiten gedeckt oder überzogen war; dazu hat das Erstgericht aber keine Feststellungen getroffen. Dieser (auf unrichtiger Rechtsansicht beruhende) Feststellungsmangel (Z 9 lit c) macht eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, sodaß nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens bedarf.

Anmerkung

E03347

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00150.81.0921.000

Dokumentnummer

JJT_19810921_OGH0002_0100OS00150_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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