TE OGH 1983/3/1 9Os169/82

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.03.1983
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jackwerth als Schriftführer in der Strafsache gegen Susanne A und Erich Ernst B, und andere wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Angeklagten Susanne A gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 24. Februar 1982, GZ 30 Vr 1743/

81-54, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, die Berufung des Angeklagten Erich Ernst B sowie die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft bezüglich der Angeklagten Erich Ernst B und Susanne A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, nach Verlesung der Rechtsmittelschriften und nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher zu Recht erkannt:

Spruch

I/ Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt I/C des Urteilssatzes, soweit dieser den Angeklagten Erich Ernst B betrifft, und demgemäß auch im Strafausspruch hinsichtlich dieses Angeklagten aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Erich Ernst B ist schuldig, er hat am 13. Juli 1981 in Linz zur Ausführung der zu Punkt I/B des erstgerichtlichen Urteilssatzes beschriebenen Straftat der Ina Bibiana C dadurch beigetragen, daß er die Genannte zwecks widerrechtlicher Realisierung des vinkulierten Sparbuchs der Eva D zur Filiale E der X begleitete und vor dem Lokal auf sie wartete, während sie sich die Spareinlage in Höhe von 169.080 S vom abgesondert verfolgten Klaus I ausbezahlen ließ. Erich Ernst B hat hiedurch das Verbrechen der Untreue als Beteiligter nach §§ 12, 153 Abs 1 und Abs 2

zweiter Fall StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm nach den unberührt gebliebenen Teilen des Urteils weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich das Vergehen des versuchten schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12, 15, 146, 147 Abs 2 StGB (Punkt I/A des Urteilssatzes), das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 299 Abs 1 StGB (Punkt I/D des Urteilssatzes) und das Vergehen des unberechtigten Erwerbs und Besitzes von Suchtgift nach § 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG (Punkt I/E des Urteilssatzes) nach §§ 28, 153 Abs 2 zweiter Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Die den Angeklagten Erich Ernst B betreffenden Entscheidungen über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens und die Anrechnung der Vorhaften werden aus dem Ersturteil übernommen. II/ Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten Susanne A, letztere zur Gänze, verworfen.

III/ Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Susanne A wird teilweise Folge gegeben und der Ausspruch über die bedingte Nachsicht der über die genannte Angeklagte verhängten Freiheitsstrafe aus dem angefochtenen Urteil ausgeschaltet; im übrigen wird dieser Berufung sowie der Berufung der Angeklagten Susanne A nicht Folge gegeben.

IV/ Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Erich Ernst B werden mit ihren den genannten Angeklagten betreffenden Berufungen auf die zu I/ getroffene Entscheidung verwiesen.

V/ Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Susanne A und Erich Ernst B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (unter anderen) 1. die am 23. Oktober 1960 geborene Verkäuferin Susanne A des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 dritter Fall StGB (Punkt I/C) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (Punkt I/D) sowie 2. der am 3. Mai 1960 geborene Speditionsarbeiter Erich Ernst B des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB als Beteiligter gemäß § 12

zweiter Fall StGB (Punkt I/A), des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 dritter Fall StGB (Punkt I/C), des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (Punkt I/D) und des Vergehens des unberechtigten Erwerbs und Besitzes von Suchtgift nach § 16 Abs 1 Z 2

SuchtgiftG (Punkt I/E) schuldig erkannt und hiefür jeweils nach §§ 28, 164

Abs 3 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, wobei die über Susanne A verhängte Strafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Von weiteren Anklagevorwürfen, nämlich in Richtung des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB und in Richtung des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG, wurde Susanne A gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (Punkte II/A und B). Das Schöffengericht stellte dabei im wesentlichen folgenden urteilsrelevanten Sachverhalt fest:

Am 9. Juli 1981 verrichtete der (abgesondert verfolgte) Jugendliche Markus J in einem Schwesternheim in Linz Aushilfsarbeiten, wobei er neben verschiedenen Wertsachen aus dem Zimmer der Eva D zwei Sparbücher an sich nahm, und zwar ein Prämiensparbuch, ausgestellt von der X in Linz, das einen Einlagestand von 12.000 S auswies, auf das aber bereits 20.000 S eingezahlt worden waren, und ein auf Eva D lautendes, mit Losungswort versehenes Sparbuch mit einer Einlage von 169.090 S. Diese Sparbücher zeigte er nach Abschluß der Arbeiten dem Erich Ernst B und dessen Freundin Susanne A, worauf gemeinsam beschlossen wurde, zunächst den auf dem Prämiensparbuch erliegenden Geldbetrag an sich zu bringen. Sie begaben sich daher zur Hauptanstalt der X, wo J das Prämiensparbuch zur Einlösung vorlegte, jedoch an die Filiale Gruberstraße, die das Sparbuch ausgestellt hatte, verwiesen wurde. J, A und B fuhren hierauf dorthin, wo zunächst J neuerlich die Einlösung des Sparbuchs versuchte. Da ihm aber bedeutet wurde, das auf einen Frauennamen ausgestellte Sparbuch könne nur von der Besitzerin eingelöst werden, begab er sich zu den vor der Filiale wartenden Komplizen B und A, worauf die beiden Burschen das Mädchen überredeten, die Rolle der aus dem Sparbuch Berechtigten zu spielen. Susanne A tat dies und hätte - nicht zuletzt wegen des bevorstehenden Schalterschlusses, der die Bankbeamten zu Flüchtigkeiten veranlaßte - auch Erfolg bei ihrem Plan gehabt.

Sie besann sich jedoch noch vor Leistung der für die Auszahlung nötigen Unterschrift eines Besseren, ließ sich das Sparbuch mit der Erklärung zurückgeben, sie würde sich die Angelegenheit wegen des drohenden Prämienverlusts nochmals überlegen und verließ die Sparkassenfiliale. Ihrer Einwirkung auf J und B ist es zuzuschreiben, daß weitere Realisierungsversuche unterblieben und das Sparbuch schließlich verbrannt wurde (S 373 bis 375, 377 d.A). Vom zweiten Sparbuch machte B am 11. Juli 1981

seiner Bekannten Ina Bibiana C und deren Freund Robert K Mitteilung und erzählte ihnen, daß er das Geld infolge der Vinkulierung nicht abheben könne. Hierauf erklärte sich C bereit, ihm das Losungswort zu beschaffen, zumal die mit ihr befreundete Christine L bei der X angestellt war. C suchte daher L auf und überredete diese, das Losungswort zu eruieren; bei diesem Gespräch war auch der in der Filiale E der X als Kassenangestellter beschäftigte Freund der L, der abgesondert verfolgte Klaus I, anwesend, der in den Plan eingeweiht wurde und seine Mitwirkung bei der Realisierung des Sparbuchs zusagte, weshalb die Geldabhebung auch in der genannten Filiale bei ihm erfolgen sollte. Am nächsten Tag (13. Juli 1981) fragte L tatsächlich das Losungswort aus der EDV-Anlage ab und gab es telefonisch an C bekannt, worauf diese sogleich B informierte und sich in dessen Begleitung zur Filiale E zwecks Realisierung des Sparbuchs begab; die Rolle I erwähnte sie dabei gegenüber B allerdings nicht. Während B vor der Filiale wartete, legte C an der Kassa, an der I seinen Dienst versah, das Sparbuch unter Angabe des Losungsworts zur Realisierung vor, worauf ihr I, da eine Sperre des Sparbuchs noch nicht erfolgt war, das gesamte Guthaben (bis auf einen Restbetrag von 10,-- S), somit 169.080 S ausbezahlte. Unmittelbar darnach begaben sich C und B in die Wohnung des B, die er gemeinsam mit A bewohnte, und teilten das Geld auf. Es erhielten aus der Beute C für sich und ihren Freund K 75.500 S, B 40.000 S und A (die zu diesem Zeitpunkt an ihrem Arbeitsplatz war) 35.000 S; den Rest erhielten L und I. Auch das zweite Sparbuch wurde daraufhin von B verbrannt (S 375 bis 377 d.A).

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Schöffengericht die mehrfachen Abhebungsversuche hinsichtlich des Prämiensparbuchs durch J und A als einheitliche Tat, billigte jedoch der Angeklagten A strafaufhebenden Rücktritt vom Versuch (des schweren Betrugs) zu und gelangte deshalb hinsichtlich dieser Angeklagten insoweit zu einem Freispruch (Punkt II/A), während es den Angeklagten B, der sich um das Unterbleiben der Tat nicht bemüht hatte, der Beteiligung am versuchten schweren Betrug schuldig erkannte (Punkt I/A). Hinsichtlich des vinkulierten Sparbuchs beurteilte es das Verhalten des Angeklagten B, abweichend von der in Richtung des schweren Betrugs (nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB) erhobenen Anklage (ON 44), ebenso wie jenes der Angeklagten A jeweils als Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 StGB (Punkt I/C). Darüber hinaus erkannte es sowohl B als auch A der Urkundenunterdrückung (nach § 229 Abs 1 StGB) schuldig (Punkt I/D).

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten Susanne A und die Staatsanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen. A wendet sich damit nur gegen den Schuldspruch wegen Hehlerei; der öffentliche Ankläger bekämpft hingegen den Freispruch der Susanne A vom Vorwurf des versuchten schweren Betruges und den Schuldspruch der Genannten wegen Hehlerei, soweit dieser nur hinsichtlich eines Betrages von 35.000 S (und nicht auch wegen weiterer, unter Anklage gestellter 40.000 S) erfolgte, sowie weiters den Schuldspruch des Angeklagten Erich Ernst B wegen Hehlerei, wobei geltend gemacht wird, daß das festgestellte Verhalten des Genannten bei der Realisierung des vinkulierten Sparbuchs als Beteiligung an der Vortat zu beurteilen sei.

Rechtliche Beurteilung

I/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Susanne A:

Die Angeklagte macht in Ansehung ihres Schuldspruchs wegen Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 dritter Fall StGB (Punkt I/C) Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 8 StPO mit der Begründung geltend, daß ihr die Anklagebehörde sowohl in der Anklageschrift als zunächst auch in der Hauptverhandlung nur das Vergehen nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB (Verhehlung von 75.000 S) angelastet und (unter Berücksichtigung der übrigen Anklagevorwürfe) nur ihre Bestrafung nach § 147 Abs 2 StGB beantragt habe, während die Anklage in Richtung § 164 Abs 3 dritter Fall StGB 'ohne ersichtlichen Zusammenhang' erst nach mehrmaliger Schließung und Wiedereröffnung des Beweisverfahrens nach bereits erfolgter Urteilsberatung ausgedehnt wurde, worauf das Gericht, ohne die Angeklagte zur Anklageausdehnung zu hören, wiewohl ihre Tat dadurch (entgegen der bezüglichen Erklärung des Staatsanwalts) einer strengeren Strafdrohung unterfiel, sogleich das offensichtlich schon vor der Ausdehnung der Anklage beschlossene Urteil verkündete; ihre Verurteilung nach § 164 Abs 3 dritter Fall StGB sei demnach unter überschreitung der Anklage erfolgt.

Dieses Vorbringen vermag den behaupteten Nichtigkeitsgrund nicht zu begründen.

Von einer Anklageüberschreitung kann nämlich nur dann gesprochen werden, wenn ein Schuldspruch sich auf eine Tat erstreckt, die nicht von der - sei es vor der Hauptverhandlung, sei es während dieser - erhobenen Anklage erfaßt war.

Davon kann aber vorliegend keine Rede sein, weil die angeklagte Tat, dh jenes historische Ereignis, an dem nach Ansicht des Anklägers eine bestimmte Person in strafrechtlich relevanter Weise beteiligt war, mit jener Tat übereinstimmt, wegen welcher der Schuldspruch erfolgte. In der rechtlichen Beurteilung dieser Tat war aber das Schöffengericht an die Auffassung des Anklägers nicht gebunden (§ 262 letzter Satz StPO). Daher durfte es, unabhängig von einer allfälligen Modifikation oder 'Ausdehnung' der Anklage, auch eine in der Anklage nicht angeführte Qualifikation als gegeben annehmen und solcherart die Tat einem strengeren Strafsatz unterstellen, ohne dadurch die Anklage zu überschreiten (Mayerhofer/ Rieder StPO Nr 6, 20 und 21 zu § 281 Z 8). Selbst wenn daher die Anklage in der Hauptverhandlung nicht 'ausgedehnt' worden wäre, läge somit in der Anwendung des § 164 Abs 3

dritter Fall StGB keine Urteilsnichtigkeit iS der Z 8 des § 281 Abs 1 StPO Umso weniger kann dies vorliegend der Fall sein, weil der Ankläger die Anklage gegen die Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung ohnedies in Richtung § 164 Abs 3 dritter Fall StGB ausgedehnt hat (S 363 d.A).

Daß dies erst nach mehrmaliger Schließung und Wiedereröffnung des Beweisverfahrens erfolgte und daß sich der Senat darnach nicht mehr zu einer (neuerlichen) Urteilsberatung zurückzog (vgl S 363/364 d. A), vermag weder den geltendgemachten noch einen anderen Nichtigkeitsgrund darzustellen.

Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang aber der Sache nach eine Verletzung der Vorschrift des § 262 StPO behauptet, so übersieht sie, daß ein Verstoß gegen diese Bestimmung nicht mit Nichtigkeit bedroht ist (ÖJZ-LSK 1977/340;

1978/222). Im übrigen hatte laut dem Hauptverhandlungsprotokoll (S 363 unten) der Verteidiger ohnedies Gelegenheit zur Stellungnahme (SSt 19/107; 20/99), sodaß auch unter dem Gesichtspunkt der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen ist.

II/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Aus dem Nichtigkeisgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO wendet sich die Staatsanwaltschaft zunächst gegen den Freispruch der Angeklagten Susanne A vom Vorwurf des versuchten schweren Betruges (Punkt II/A), indem sie die Abweisung des Beweisantrags auf Vernehmung der Bankangestellten Gerda M und Klaus N (S 347, 356, 358 d.A) rügt und meint, es sei dadurch der Anklagebehörde verwehrt worden, nachzuweisen, daß die ursprünglichen Angaben der Angeklagten A vor der Polizei, (nur) wegen des erhöhten Risikos (somit nicht freiwillig) die Bank noch vor Ausfolgung und Quittierung des Geldbetrags verlassen zu haben, den Tatsachen entsprochen haben. Entgegen dem Vorbringen der Staatsanwaltschaft sind jedoch durch die Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrags Rechte der Anklagebehörde nicht beeinträchtigt worden. Strafaufhebender Rücktritt vom Versuch kommt dem Täter zugute, wenn er freiwillig, also frei von psychischem oder physischem Zwang die Ausführung der Tat aufgibt; der Rücktrittsentschluß muß aus einem autonomen Motiv erwachsen, das jedoch nicht ethisch wertvoll zu sein braucht. Der Täter, der die Vollendung der Tat noch für möglich hält, muß aus eigenem Antrieb hievon abstehen, doch brauchen hiefür nicht ausschließlich innere Erwägungen maßgebend zu sein, auch äußere Umstände können mitbestimmend sein (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar2 § 16 RN 2, 3 und 4). Für die Ermittlung des Motivs, aus dem Susanne A die Tatausführung aufgegeben bzw verhindert hat, war aber - nach Lage des Falles -

durch die Einvernahme der beantragten Zeugen nichts zu gewinnen. Sieht man davon ab, daß, wie sich aus einer telefonischen Anfrage des Vorsitzenden (S 356 d.A) ergeben hat, Unterlagen über den Vorfall in der Bank nicht existieren, so hätten die Bediensteten der Bank, worauf auch im abweislichen Zwischenerkenntnis zutreffend Bezug genommen wird (S 358 d.A), keine verläßlichen Aufschlüsse darüber geben können, aus welchem Grund Susanne A ihr deliktisches Verhalten letztlich aufgegeben hat; Gegenteiliges wurde auch im Beweisantrag nicht behauptet. Das Schöffengericht war daher insoweit allein auf die Angaben der Angeklagten A angewiesen. Wenn es dabei von deren Darstellung in der Hauptverhandlung ausging, bei noch möglich scheinender Tatvollendung (vgl die Aussage des Zeugen O S 361 d.A) den Grund für den Rücktritt nicht in der Angst vor dem Risiko, sondern in der auf Gewissensbisse zurückzuführenden inneren Umkehr erblickte und solcherart die Freiwilligkeit bejahte, so stellt sich dies als ein Akt der allein den Tatrichtern zustehenden freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) dar.

Die Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrags vermag daher vorliegend eine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO nicht zu bewirken.

Unbegründet ist aber auch der unter Berufung auf die Z 7 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Einwand, daß im angefochtenen Urteil in bezug auf den Schuldspruch der Angeklagten A 'keine Entscheidung darüber enthalten' sei, weshalb ihr nicht auch der weitere, für B bestimmte und in der gemeinsamen Wohnung aufbewahrte Geldbetrag von 40.000 S als verhehlt zugerechnet wurde. Wie sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils in Verbindung mit dessen Spruch (Punkt I/C), die insoweit eine Einheit bilden, ergibt, hat das Schöffengericht der Angeklagten A nur das Ansichbringen und Verheimlichen eines Betrags von 35.000 S angelastet, während es in Ansehung der weiteren 40.000 S auf Grund der Verfahrensergebnisse annahm, daß dieser Betrag sogleich dem Angeklagten B zukam, und zwar unbeschadet allfälliger Verwahrung des Geldes in der gemeinsamen Wohnung (S 376 d. A), sodaß er der Angeklagten A nicht anzulasten ist. Formal hätte das Erstgericht insoweit zwar einen (Teil-)Freispruch zu fällen gehabt (vgl Mayerhofer/Rieder StPO Nr 64a zu § 259); inhaltlich des Urteils hat es aber über die gesamte Anklage (Punkt B/ des Anklagetenors ON 44) abgesprochen, sodaß dem angefochtenen Urteil der Nichtigkeitsgrund der Z 7 des § 281 Abs 1 StPO nicht anhaftet (vgl Mayerhofer/Rieder aaO Nr 8, 9 zu § 281 Z 7).

Im Recht ist die Staatsanwaltschaft jedoch, soweit sie aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO - vermengt mit den gleichfalls ziffernmäßig geltendgemachten Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 7 der zitierten Gesetzesstelle - den Schuldspruch des Angeklagten Erich Ernst B wegen Hehlerei (Punkt I/C) bekämpft und die Verurteilung des Genannten wegen Beteiligung (§ 12 StGB) an der Vortat anstrebt. Hehlerei (als Fall einer Nachtäterschaft) setzt voraus, daß der Täter nicht (schon) an der Vortat als Beteiligter (im Sinne des § 12 StGB) mitgewirkt hat (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar2 § 164 RN 4 und die dort zit Judikatur). Gerade dies trifft aber - wie die Staatsanwaltschaft zutreffend aufzeigt - nach den Feststellungen des Schöffengerichtes auf Erich Ernst B in Ansehung der widerrechtlichen Realisierung des vinkulierten Sparbuchs der Eva D zu, weil er an dieser Straftat von vornherein als Beitragstäter im Sinne des § 12 StGB mitgewirkt hat. Wer sich nämlich in Kenntnis des Tatplans mit dem Täter zum Tatort begibt und sich dort zum Eingreifen bereit hält oder jedenfalls dadurch den anderen im Tatentschluß bestärkt, ohne selbst Ausführungshandlungen zu setzen, beteiligt sich im Sinne der zitierten Gesetzesstelle an fremder Tat; er trägt hiedurch zur Tat des anderen in ihrer individuellen Erscheinungsform kausal bei und fördert solcherart die fremde Tat (ÖJZ-LSK 1977/87; 1976/206; Leukauf/Steininger aaO § 12 RN 36 bis 40 und die dort zit weitere Judikatur). Nach den Konstatierungen des Schöffengerichts (S 375/376 d.A) hat der Angeklagte B den Tatplan in seinen wesentlichen Merkmalen gekannt, mithin gewollt, daß das vinkulierte Sparbuch widerrechtlich realisiert und solcherart die Einlage zum eigenen bzw zum Vorteil seiner Komplizen und demgemäß zum Schaden der Berechtigten erlangt wird, und er hat sich mit Ina Bibiana C sodann zum Tatort begeben, dort auf sie gewartet, während sie sich widerrechtlich die Einlage auszahlen ließ, und sie sodann in seine Wohnung begleitet, um die Aufteilung der Beute vorzunehmen. Daß er die genauen Umstände, unter welchen die Realisierung des Sparbuchs erfolgte, nicht wußte, weil ihm die Rolle des Klaus I nicht bekannt war, ändert daran nichts, weil er die geförderte Tat jedenfalls soweit kannte, als es um die widerrechtliche Schädigung fremden Vermögens ging, ohne daß es ihm darauf angekommen wäre, diese nur durch eine bestimmte Art strafbaren Verhaltens zu bewirken; Abweichungen in der Vorstellung eines Tatbeteiligten über den konkreten Ablauf der Tat sind aber (als unwesentlich) so lange unbeachtlich, als die Differenz zwischen den Lebenskonkreta und dem vorgestellten Verlauf keine andere rechtliche Bewertung zu seinen Gunsten erfordert (vgl SSt 45/27). Da sohin - wie die Anklagebehörde zutreffend aufzeigt - das festgestellte Verhalten des Angeklagten Erich Ernst B rechtsrichtig als Beteiligung an der Untreue nach §§ 12, 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB zu beurteilen ist und die Konstatierungen des Schöffengerichtes ausreichen, um sogleich in der Sache selbst zu erkennen, war das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des genannten Angeklagten zu Punkt I/C des erstgerichtlichen Urteilssatzes aufzuheben und spruchgemäß zu erkennen.

Bei der hiedurch notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe nach dem höheren Strafsatz des § 153 Abs 2 StGB waren die fünf einschlägigen Vorstrafen, der überaus rasche Rückfall nach der zu 14 Vr 95/80 des Kreisgerichtes Wels ausgesprochenen, im Schuld- und Strafausspruch wegen §§ 6

(nunmehr § 12) Abs 1, 9 (nunmehr § 16) Abs 1 SuchtgiftG schon am 21. Mai 1981 in Rechtskraft erwachsenen Vorverurteilung (13 Os 35/81), das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, die Tatwiederholung beim Suchtgiftdelikt sowie der Umstand erschwerend, daß der Angeklagte B als einer der Urheber der von den Mitangeklagten bei der Realisierung des vinkulierten Sparbuches begangenen Untreuehandlungen anzusehen ist. Mildernd war hingegen das Geständnis, die Schadensgutmachung hinsichtlich der Beteiligung an der Untreue und der Umstand, daß es beim Betrugsfaktum beim Versuch geblieben ist.

Unter Berücksichtigung des nicht unerheblichen Unrechtsgehaltes der Taten, der Täterpersönlichkeit des Angeklagten B und des Gewichts der zahlreichen Erschwerungsumstände liegen die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 41 Abs 1 Z 4 StGB nicht vor und es war daher die Freiheitsstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren auszumessen. Der Umstand, daß bei den für die Strafzumessung bestimmenden Vermögensdelikten letztlich kein (dauernder) Schaden entstanden ist, rechtfertigt trotz der einschlägigen Vorstrafen noch die Verhängung einer nur 6 Monate über der gesetzlichen Untergrenze liegenden Freiheitsstrafe. Die Wirkungslosigkeit der bisherigen Verurteilungen, der rasche Rückfall und die erkennbare Tendenz zur Begehung immer schwererer Delikte schliessen eine qualifiziert günstige Prognose, die zur Anwendbarkeit des § 43 Abs 2 StGB erforderlich wäre, geradezu aus, weshalb eine bedingte Strafnachsicht nicht in Frage kommt.

Zu den Berufungen:

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte Susanne A nach §§ 28, 164 Abs 3 StGB eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten und wertete hiebei als erschwerend die Begehung der Tat trotz eines (teilweise noch) anhängigen Strafverfahrens und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art. Als mildernd wurde hingegen das Geständnis, das Alter unter 21 Jahren und die Schadensgutmachung bei der Hehlerei in Betracht gezogen und trotz der drei Jahre zurückliegenden Vorstrafe nach § 9 SuchtgiftG die Strafe bedingt nachgesehen, wobei der rechtskräftige Teil des zu 14 Vr 95/80 des Kreisgerichtes Wels ergangenen Schuldund Strafausspruches offensichtlich außer Acht gelassen wurde. Die Angeklagte strebt mit ihrer Berufung entweder die Herabsetzung der Freiheitsstrafe oder aber deren Umwandlung in eine Geldstrafe an, während die Staatsanwaltschaft die Erhöhung der Freiheitsstrafe unter gleichzeitiger Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht beantragt.

Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt teilweise Berechtigung zu.

Wenn die Angeklagte A über die vom Erstgericht bereits gewürdigten Strafmilderungsumstände hinaus für sich ins Treffen führt, zum Tatzeitpunkt gearbeitet zu haben und nur durch eine verlockende Gelegenheit an dieser Tat in untergeordneter Weise beteiligt worden zu sein (§ 34 Z 6 und 9 StGB), ist ihr entgegenzuhalten, daß sie ebenso wie der Angeklagte B maßgeblichen Anteil am Entwerfen des Tatplans hatte, wie die vom abgesondert verfolgten Markus J entzogenen Sparbücher gewinnbringend verwertet werden können. Hiezu wurde sie aber nicht durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet, vielmehr ergriff sie die sich im Gespräch mit Markus J zufällig ergebende Möglichkeit, widerrechtlich zu Geld zu kommen, anstatt, wie von einem rechtstreuen Menschen zu erwarten wäre, den Jugendlichen zur Rückstellung der Sparbücher zu animieren oder aber (nach übernahme der Sparbücher) dies selbst zu tun. Der Umstand, daß die Berufungswerberin bei der Abhebung des Geldbetrages von 169.080,-- S nicht unmittelbar mitgewirkt hat, findet in der Unterstellung ihres Verhaltens unter den (milderen) Tatbestand der Hehlerei nach § 164 Abs 3 StGB Ausdruck und kann nicht noch einmal (als untergeordnete Beteiligung) strafmildernd gewertet werden. Es besteht daher kein Grund, die Freiheitsstrafe zu mildern oder in eine Geldstrafe umzuwandeln.

Wenngleich die Staatsanwaltschaft richtig auf das kriminogene Suchtgiftmilieu hinweist, in dem sich die Angeklagte A nach dem Inhalt dieses und der Vorstrafakten bewegt, kann dies allein noch nicht zur Begründung eines höheren Strafausmaßes herangezogen werden, wenngleich auch die Berufungswerberin äußerst rasch nach der Verhängung einer nicht unbeträchtlichen Freiheitsstrafe zu 14 Vr 95/80

des Kreisgerichtes Wels rückfällig wurde. Es ist nämlich im Berufungsverfahren darauf Bedacht zu nehmen, daß Susanne A mit dem zum gegenständlichen Schuldspruch im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Urteil des Landesgerichtes Linz vom 8. Juni 1982, GZ 29 Vr 244/82-25, wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1, Z 1 und 2 SuchtgiftG zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 60 Tage Freiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt wurde und bei gemeinsamer Aburteilung eine 10 Monate übersteigende Freiheitsstrafe nicht verhängt worden wäre, sodaß unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsregel des § 40 StGB die vom Erstgericht verhängte, nunmehr als Zusatzstrafe anzusehende Freiheitsstrafe als schuldangemessen zu werten ist, weshalb auch zur Erhöhung der Freiheitsstrafe kein Anlaß gefunden wurde. Allerdings wäre - und insoweit ist der Staatsanwaltschaft beizupflichten - bei gemeinsamer Aburteilung gerade wegen des raschen Rückfalls nach zweimaliger Vorverurteilung wegen mehrerer Suchtgiftdelikte (auch wenn zu 4 U 74/79 des Bezirksgerichtes Vöcklabruck tatsächlich gemäß § 13 JGG von der Verhängung einer Strafe aeg%sehen worden war) eine bedingte Strafnachsicht nicht mehr gewährt worden, weshalb in diesem Umfang der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben war.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte B und der öffentliche Ankläger - dieser soweit sie sich auf den Angeklagten B bezieht - auf die in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft erfolgte Neubemessung der Strafe zu verweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00169.82.0301.000

Dokumentnummer

JJT_19830301_OGH0002_0090OS00169_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten