Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Februar 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Helige als Schriftführers in der Strafsache gegen Eva Maria A wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Jugendschöffengerichtes vom 19.Oktober 1983, GZ 8 Vr 611/83-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schwind und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Stöger, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem freisprechenden Teil und demzufolge auch in dem die Angeklagte Eva Maria A betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Eva Maria A ist schuldig, sie hat am 19.März 1983
in Braunau im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der strafunmündigen Sonja B mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Friedrich C unter der Vorspiegelung der Verfügungsberechtigung über das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen O 120.148, somit durch Täuschung über Tatsachen zum Ankauf dieses Motorfahrrads um einen Betrag von 2.800 S, sohin zu einer Handlung verleitet, die Friedrich C an seinem Vermögen schädigte, wobei ein 5.000 S nicht übersteigender Schade in der Höhe von 2.800
S eintrat.
Eva Maria A hat hiedurch das Vergehen des Betruges nach dem § 146 StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihr weiters zur Last liegenden Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 StGB, der Unterschlagung nach dem § 134 Abs. 2 StGB und des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB gemäß dem § 127 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 11
JGG sowie des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Monaten verurteilt.
Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die Kostenentscheidung wird aus dem angefochtenen Urteil übernommen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. die am 31.August 1966 geborene, sohin jugendliche Angeklagte Eva Maria A der Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 StGB, der Unterschlagung nach dem § 134 Abs. 2 StGB und des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt, hingegen von dem (in der Richtung des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB erhobenen) weiteren Anklagevorwurf, im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der strafunmündigen Sonja B am 19.März 1983 in Braunau mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Friedrich C durch die Vorspiegelung eines verfügungsberechtigten Eigentümers des Motorfahrrades (des Othmar D) mit dem pol. Kennzeichen O 120.148, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zum Ankauf dieses Motorfahrrades um einen Betrag von
2.800 S, demnach zu einer Handlung verleitet zu haben, die ihn an seinem Vermögen schädigte, wobei ein Schaden in der Höhe von 2.800 S eingetreten sei, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Nach den diesem Freispruch zugrundeliegenden Urteilsfeststellungen hatte die Angeklagte Eva Maria A am 19.März 1983 in Braunau gemeinsam mit der strafunmündigen Sonja B das auf der Straße unversperrt abgestellte Motorfahrrad des Othmar D mit dem pol. Kennzeichen O 120.148 unbefugt in Gebrauch genommen. Bei einer Tankstelle erkundigte sich der an einem Kauf dieses Motorfahrrades interessierte Friedrich C, wer Eigentümer dieses Fahrzeuges sei, worauf Sonja B behauptete, es gehöre ihr. Die Angeklagten A und Sonja B kamen sodann überein, das Motorfahrrad dem Friedrich C zu verkaufen. Im Zuge der Verkaufsverhandlungen, an denen sich auch die Angeklagte A beteiligte, wurde schließlich ein Kaufpreis von 2.800 S ausgehandelt, den Friedrich C sogleich erlegte. Diesen Betrag teilten die Angeklagten A und Sonja B unter sich auf. Auf die Aufforderung des bei diesem Kauf gutgläubigen Friedrich C, ihm am nächsten Tag die Fahrzeugpapiere zu dieser Tankstelle zu bringen, war B zum Schein eingegangen. Das von Friedrich C gekaufte Motorfahrrad wurde von ihm vorläufig bei dieser Tankstelle zurückgelassen, weil er dort die für den nächsten Tag vereinbarte übergabe der dazugehörigen Fahrzeugpapiere erwartete. Das Fahrzeug wurde in der Folge von der Gendarmerie sichergestellt und dem Fahrzeugeigentümer Othmar D wieder ausgefolgt (vgl. S 23 und 35 d. A).
Friedich C erlitt sohin durch die Bezahlung von 2.800 S für das vorerwähnte Motorfahrrad einen Schaden in dieser Höhe. Zur subjektiven Tatseite stellte das Erstgericht fest, daß sich beide Mädchen, sohin auch die Angeklagte A, bewußt waren, daß sie - entgegen dem von ihnen erweckten Anschein - die für die Anmeldung des Fahrzeuges bei der Bezirkshauptmannschaft erforderlichen Fahrzeugpapiere (die sie nicht besaßen) dem Friedrich C nicht aushändigen konnten (S 130 d.A).
Obgleich zufolge dieser Urteilsfeststellungen auch die Angeklagte A, insbesondere durch ihre Mitwirkung an den Verkaufsverhandlungen, bei denen der Anschein erweckt wurde, Sonja B sei über dieses Motorfahrrad (das in Wahrheit vorher von ihr gemeinsam mit der Angeklagten A unbefugt in Gebrauch genommen worden war; vgl. den bezüglichen Schuldspruch der Angeklagten A wegen Vergehens nach dem § 136 Abs. 1 StGB, Punkt A 2 lit. b des Urteilssatzes) verfügungsberechtigt, Friedrich C täuschte und das Erstgericht zudem der Sache nach von einem damals auch bei der Angeklagten A insoweit vorgelegenen Schädigungsvorsatz ausging, als sie sich beim Verkauf des Motorfahrrades bewußt war, daß Friedrich C (mangels Verfügbarkeit der Kraftfahrzeugpapiere) das Fahrzeug bei der Behörde nicht anmelden konnte und demnach für eine vom Erwerber vorgesehene Verwendung im öffentlichen Verkehr nicht in Betracht kam, verneinte es ein strafbares Verhalten der Angeklagten A in Richtung des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB. Dies mit der Begründung, daß Friedrich C für den von ihm als Kaufpreis hingegebenen Betrag von 2.800 S ein entsprechendes Äquivalent, nämlich das Motorfahrrad (mit einem dem vorerwähnten Geldbetrag jedenfalls entsprechenden Wert) erhalten habe, sodaß bei ihm kein Vermögensschaden im Sinn eines effektiven Verlustes an Vermögenssubstanz eingetreten, seine Vermögenslage vielmehr gleichgeblieben sei (S 137 d.A).
Rechtliche Beurteilung
Diesen Freispruch der Angeklagten Eva Maria A vom Anklagevorwurf des Betruges bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt:
Die sich offenbar an der Judikatur zu erschlichenen Warenbestellungen (vgl. Leukauf-Steininger 2 , § 147 StGB, RN 28) orientierende Argumentation im Ersturteil, daß Friedrich C (objektiv) keinen Vermögensschaden erlitten habe, ist hier schon deshalb unhaltbar, weil im vorliegenden Fall überhaupt kein Austausch vermögenswerter Leistungen vorlag: Friedrich C erwarb an dem von der Angeklagten A und der strafunmündigen Sonja B unter falschen Vorspiegelungen 'verkauften' Fahrzeug kein Eigentum (§ 367 ABGB) und erhielt daher kein seine Vermögenssubstanz erhöhendes Wertobjekt, hinsichtlich dessen für ihn eine Verfügungs- oder Verwertungsmöglichkeit bestanden hätte. C traf somit - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt -
tatsächlich ein Vermögensschade in voller Höhe des als 'Kaufpreis' hingegebenen Betrages von 2.800 S.
In subjektiver Beziehung ging das Erstgericht ersichtlich - hier insoweit in übereinstimmung mit der Verantwortung der Beschwerdegegnerin und ihrer in der Hauptverhandlung als Zeugin vernommenen strafunmündigen Komplizin Sonja B (vgl. S 106, 107, 114 und 115
d. A) - ohnehin davon aus, daß auch die Beschwerdegegnerin beim 'Verkauf' des Motorfahrrades an Friedrich C mit Schädigungsvorsatz handelte. Ergibt sich doch aus dem im Ersturteil festgestellten, auch bei Eva Maria A vorgelegenen Bewußtsein, daß der von ihnen '(herein)gelegte' (vgl. Zeugin B, S 115 d.A) Käufer das Fahrzeug mangels Verfügbarkeit der Fahrzeugpapiere bei der Behörde nicht zur Anmeldung bringen konnte, der Sache nach auch ihre (zumindest laienhafte) Kenntnis von dem einem rechtsgültigen Eigentumserwerb durch diesen Käufer entgegenstehenden Hindernis. Dies läßt sich auch dem Eingeständnis der Angeklagten in der Hauptverhandlung entnehmen, demzufolge sie schon beim 'Verkauf' des Motorfahrrades nicht angenommen habe, daß Friedrich C Eigentümer des Fahrzeuges werden könne (S 107 d.A).
Die Angeklagte Eva Maria A verantwortet demnach angesichts dieser im Ersturteil enthaltenen Urteilsfeststellungen (zur objektiven und subjektiven Tatseite) das Vergehen des Betruges nach dem § 146 StGB. Es war sohin der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das in seinem schuldigsprechenden Teil unberührt zu bleiben hatte, in seinem freisprechenden Teil und demzufolge auch in dem die Angeklagte Eva Maria A betreffenden Strafausspruch aufzuheben und gemäß dem Par 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst spruchgemäß zu erkennen. Bei der Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof die Wiederholung des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen und der Diebstähle, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und die teilweise führende Tatbeteiligung (bei den Delikten nach dem § 136 Abs. 1 StGB) als erschwerend; als mildernd fanden demgegenüber das Geständnis, die vernachlässigte Erziehung und die untergeordnete Beteiligung an der Unterschlagung sowie am Betrug Berücksichtigung. In sorgfältiger Abwägung dieser Strafzumessungsgründe erschienen unter weiterer Bedachtnahme auf die derzeit nicht ungünstige (vgl. S 86, 96 und 116) Zukunftsprognose (neuerlich) eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten tat- und tätergerecht sowie die bedingte Nachsicht dieser Strafe sachlich gerechtfertigt.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E04472European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00215.83.0215.000Dokumentnummer
JJT_19840215_OGH0002_0110OS00215_8300000_000