TE OGH 1987/3/4 9Os5/87

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Veröffentlicht am 04.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.März 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eduard Harald F*** wegen Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 17.November 1986, GZ 18 a Vr 1496/86-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Ofner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (weiteren) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Eduard Harald F*** gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt worden war, weil er am 5.April 1986 in Bregenz die Michaela W*** durch Schläge gegen den Kopf und in die Nierengegend sowie Würgen am Hals, also mit Gewalt gegen ihre Person widerstandsunfähig gemacht und sie in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht hat, ist vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 11.Februar 1987, GZ 9 Os 5/87-7, schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen worden.

Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung war demnach nur noch über die Berufung des Angeklagten zu entscheiden, mit der er eine Herabsetzung der über ihn nach § 201 Abs 1 StGB verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren anstrebt.

Bei der Bemessung dieser Strafe hatte das Schöffengericht sechs einschlägige Vorstrafen des Angeklagten (darunter auch eine wegen Sachbeschädigung allein) sowie das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen im Sinne des § 39 StGB als erschwerend gewertet; als mildernd hingegen keinen Umstand angenommen. Die Berufung ist unbegründet.

Die Erfüllung der formellen Voraussetzungen des § 39 StGB bildet zwar für sich allein keinen besonderen Erschwerungsgrund, doch verleiht sie jenem, daß der Angeklagte schon wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist (§ 33 Z 2 StGB), besonderes Gewicht. In dieser Hinsicht aber hat das Erstgericht mit Recht jedenfalls die (ua) wegen Körperverletzung, Nötigung und gefährlicher Drohung über den Angeklagten bisher verhängten (fünf) Vorstrafen als erschwerend gewertet. Denn in Anbetracht des auch dem Verbrechen der Notzucht nach § 201 StGB inhärenten Elements der (physischen oder psychischen) Gewalt gegen die Person beruhten sie auf der gleichen schädlichen Neigung, weil sie gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet waren (§ 71 StGB). Dem Erstgericht ist auch beizupflichten, daß selbst eine (bloße) Sachbeschädigung in Relation zur Notzucht (als Gewaltdelikt) auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen und damit "einschlägig" sein kann, weil sich darin unter Umständen gleichermaßen der Charaktermangel ungehemmter Aggressionsbereitschaft manifestiert. Ob dies allerdings bei der (einen) Vorverurteilung des Angeklagten (allein) wegen § 125 StGB zutraf, konnte und durfte das Erstgericht ohne Kenntnis des näheren Sachverhalts nicht abschließend beurteilen; es mag dies vorliegend als für die Bemessung der Strafe unmaßgeblich dahingestellt sein. Denn es belasten schon die wegen der erwähnten Delikte gegen Leib und Leben sowie Freiheit innerhalb der Rückfallsverjährungsfrist von 5 Jahren verbüßten Freiheitsstrafen (§ 39 StGB) und die übrigen (nicht in diese fallenden) Vorverurteilungen des Angeklagten wegen Körperverletzung dessen Vorleben so schwer, daß eine entsprechend strengere Strafsanktion gerechtfertigt ist.

Daß der Angeklagte bei der Tat infolge Alkohol- und Haschischgenusses nur vermindert zurechnungsfähig war, vermag bei Abwägung mit dem nach den Umständen darum begründeten Vorwurf (§ 35 StGB) nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen, war ihm doch einerseits auf Grund seiner bisherigen kriminellen Erfahrungen bekannt, daß er unter Alkoholeinfluß zu Straftaten neigt, und ist andererseits der Genuß von Suchtgift schon an sich vorwerfbar (vgl. § 16 Abs 1 SuchtgiftG).

Der Umstand, daß Michaela W*** erst drei Tage nach der Tat einen Arzt aufsuchte und Anzeige erstattet hat, ist - den Berufungsausführungen zuwider - nicht darauf zurückzuführen, daß sie "der ganze Vorfall nicht schwer belastet haben kann", sondern darauf, daß sie vor dem Angeklagten Angst hatte (US 5 unten). Entgegen dem mündlichen Vorbringen des Verteidigers im Gerichtstag kann auch weder das Alter des zur Tatzeit bereits 21-jährigen (vgl. § 34 Z 1 StGB) Berufungswerbers noch die Tatsache als mildernd gewertet werden, daß er seinem Opfer persönlich bekannt war; spricht doch letztere eher gegen ihn, da Michaela W*** gerade deshalb kaum Vorsicht gegen die Tat hat gebrauchen können (§ 32 Abs 3 aE StGB).

Demgegenüber ist vielmehr zusätzlich als erschwerend zu berücksichtigen, daß der Angeklagte nach seiner am 16.September 1985 erfolgten Entlassung aus der letzten (wegen Gewalttaten verhängten) Freiheitsstrafe bereits am 5.Februar 1986 rückfällig geworden und darum wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 7.Oktober 1986, GZ 22 b E Vr 961/86-17, zu einem Monat Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, woraus sich zudem ergibt, daß er das hier verfahrensgegenständliche Sexualverbrechen während der Anhängigkeit eines Strafverfahrens begangen hat. Jene zwischenzeitige Verurteilung steht zwar zur vorliegenden im Verhältnis des § 31 Abs 1 StGB, doch selbst unter Bedachtnahme darauf konnte sich der Oberste Gerichtshof mit Rücksicht auf die erwähnten erschwerenden Umstände, denen kein einziger Milderungsgrund gegenübersteht, nicht bestimmt finden, die vom Schöffengericht verhängte Freiheitsstrafe zu ermäßigen.

Demnach mußte auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Da sein Rechtsmittel erfolglos war, hat der Angeklagte auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen (§ 390 a StPO).

Anmerkung

E10199

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0090OS00005.87.0304.000

Dokumentnummer

JJT_19870304_OGH0002_0090OS00005_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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