TE OGH 1988/1/21 13Os5/88

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Veröffentlicht am 21.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Jänner 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mitterhöfer als Schriftführers in der Strafsache gegen Wolfgang F*** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen die Annahme der Rechtskraft der Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien vom 19. Juli 1984, GZ. 2 U 1048/84-3, und die darauf beruhenden Verfahrensvorgänge erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Die Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien gegen Wolfgang F*** vom 19. Juli 1984, GZ. 2 U 1048/84-3, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. wurde nach zwei vergeblichen Zustellversuchen (7. und 8. August 1984) beim Postamt hinterlegt. Das Gerichtsstück wurde nicht behoben. Die Generalprokuratur geht in ihrer gemäß § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Beschwerde davon aus, daß auf Grund von erst im Jahr 1987 im Auftrag des Oberlandesgerichts Wien angestellten Erhebungen angenommen werden müsse (bzw. zumindest nicht widerlegt werden könne), daß der Beschuldigte wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig (im Sinn des § 17 Abs. 3 ZustellG.) vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen und die hinterlegte Sendung beheben konnte. Damit erweise sich die abermalige Zustellung der Strafverfügung als notwendig.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand einer Anfechtung nach § 33 Abs. 2 StPO. ist eine Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes, ein gesetzwidriger Beschluß oder Vorgang eines Strafgerichts. Gemäß § 292 StPO. hat der Oberste Gerichtshof, wenn er die zur Wahrung des Gesetzes erhobene Beschwerde gegründet findet, zu erkennen, daß das Gesetz verletzt worden sei. Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Annahme der Rechtskraft der Strafverfügung vom 19. Juli 1984, weil das Strafbezirksgericht Wien nicht beachtet habe, daß die Zustellung der Strafverfügung nicht wirksam gewesen sei (so der Antrag der Generalprokuratur in seinem wesentlichen Teil).

Entscheidend ist sonach die Frage, ob die Annahme der Wirksamkeit des Zustellvorgangs (und als Folge die Konstatierung des Eintritts der Rechtskraft: ON. 3 S. 26) eine "Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes" war (§ 33 Abs. 2 StPO.) oder ob es sich hiebei um eine Frage der schlichten Tatsachenabwägung (Beweiswürdigung) handelte. Die Prüfung der Akten ergab die Entscheidung im letzteren Sinn. Das Strafbezirksgericht Wien und das Beschwerdegericht, die sich mit dem vorliegenden Sachverhalt mehrfach befaßt haben und die Ordnungsmäßigkeit des Zustellvorgangs nach ständiger Rechtsprechung von Amts wegen zu prüfen hatten, sind auf Grund des Akteninhalts zulässig von einer begründeten Hinterlegung der Strafverfügung ausgegangen (zuletzt ON. 26). Eine neuerliche Zustellung wurde ausdrücklich abgelehnt (erstinstanzlicher - rechtskräftiger - Beschluß vom 2. Jänner 1987 S. 97). Von einer gemäß § 17 ZustellG. wirksamen Hinterlegung ist übrigens auch der Verurteilte Wolfgang F*** in seinem Antrag ON. 11 S. 44 (wörtlich) ausgegangen und hat folgerichtig dort die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist (§ 462 Abs. 2 StPO.) begehrt (was allerdings abgewiesen wurde).

Fraglich konnte nur noch sein, ob die im November und Dezember 1987 veranstalteten nachträglichen Erhebungen ON. 35 bis 38 die Hinterlegung der Strafverfügung als unwirksam in der Bedeutung des § 17 Abs. 3 ZustellG. erkennen lassen. Davon kann aber nicht gesprochen werden. Weder die Aussage des Zeugen Egon T*** (der sich im August 1984 "fast" jeden Tag in dem von Wolfgang F*** gepachteten Haus in Seewalchen aufhielt) noch die Aussage der Zeugin Ursula F*** (die eine ununterbrochene Abwesenheit ihres Ehegatten von der Wiener Wohnung im Hinterlegungszeitraum nicht bezeugen kann) ist geeignet, die Annahme der Wirksamkeit des Zustellvorgangs zu widerlegen. Nur eine solche Widerlegung ließe aber in der Annahme der Rechtskraft der Strafverfügung eine Verletzung des Gesetzes (§ 80 StPO. in Verbindung mit § 17 Abs. 3 ZustellG.) erblicken. Was hier verbleibt, ist lediglich eine der Rüge wegen Gesetzwidrigkeit entzogene Abwägung (Würdigung) faktischer Verhältnisse. Die Beschwerde mußte daher verworfen werden.

Anmerkung

E12697

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0130OS00005.88.0121.000

Dokumentnummer

JJT_19880121_OGH0002_0130OS00005_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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