TE OGH 1988/12/6 15Os4/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Dezember 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof.Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tegischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Siegfried T*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 3. Juni 1987, GZ 9 Vr 519/85-195, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, des Angeklagten Siegfried T*** und seines Verteidigers Dr. Leutgeb zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre herabgesetzt wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) in Urschrift und Ausfertigungen versehentlich mit 4. Juni 1987 datierten angefochtenen Urteil wurde der am 30. Oktober 1943 geborene Weinhauer und Weinhandelsunternehmer Siegfried T*** (zu I.) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie (zu II. und III.) der Vergehen nach § 45 Abs 1 lit a und b WeinG 1961 schuldig erkannt.

Darnach hat er in Pamhagen und anderen Orten

I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Abnehmer seiner Weine durch Täuschung über die Tatsache, daß die von ihm angebotenen Weine durch Zusatz von Fructose, Glycerin, Invertin, diversen Säuren und insbesondere durch die Beimengung von Diethylenglykol (DEG) verkehrsunfähig, auf zumutbare Weise nicht verwertbar und "daher" wertlos waren, zu Handlungen, nämlich zum Ankauf "und überwiegend auch zum Weiterverkauf"

1. verleitet, und zwar von Anfang 1981 bis Sommer 1985 durch die Lieferung von zumindest 848.000 l Wein, insbesondere an die Firmen Lenz M*** Gutsweine KG, Herbert D***, Ing. Karl P*** GmbH, G***-S*** GmbH, Helmut O*** GmbH, Julius

M*** AG (über diese auch an R. B***'s Nachfolger),

Weinkellerei amt STIFT R***, Andreas O*** GmbH und Adolf M*** KG (Schaden zusammen 12,245.120 S; lt UAS 26 allerdings nur 12,228.160 S); sowie

2. zu verleiten versucht, und zwar zwischen Anfang März 1985 und Ende April 1985 durch die Lieferung von 99.380 l

"St. Margarethner Spätlese 1983" an die Firma Andreas O*** GmbH und von 49.770 l "Burgenländische Spätlese" an die Firma Otto P*** GmbH (beabsichtigter Schaden zusammen 2,278.833 S); wodurch die Getäuschten "oder andere, namentlich nicht bekannte weitere Zwischenhändler bzw. Verbraucher" an ihrem Vermögen um einen 100.000 S übersteigenden Betrag teils (zu 1.) geschädigt wurden sowie teils (zu 2.) geschädigt werden sollten und wobei er den (teils versuchten) schweren Betrug in der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; und II. zu nicht mehr feststellbaren Zeiten zwischen Anfang 1981 und Sommer 1985 vorsätzlich weitere, von Punkt I. nicht umfaßte (im Urteilsspruch näher bezeichnete) Weine in einer Gesamtmenge von 677.773,3 l, die für den Verkehr bestimmt waren, durch Zusatz von Fructose, Glycerin, Invertin, diversen Säuren und insbesondere durch die Beimengung von Diethylenglykol (DEG) oder durch Verschnitt mit diethylenglykolhältigen Weinresten verfälscht (§ 42 Abs 1 WeinG 1961) sowie

III. diese verkehrsunfähigen Weine (§ 44 Abs 1 lit c - richtig: lit e - WeinG 1961) zum Verkauf bereitgehalten.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den Schuldspruch (I.) wegen Betruges hat der Angeklagte, gestützt auf § 281 Abs 1 Z 1, 4, 5 und 10 StPO, Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen, deren Ausführung durch den Verteidiger auch ein Rechtsgutachten über "zentrale Anfechtungsgründe im Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 4. Juni 1987, 9 Vr 519/85, Hv 14/86" enthält.

Entgegen der von der Generalprokuratur vertretenen Auffassung entspricht eine derartige Geltendmachung von Beschwerdegründen durch den Verteidiger - die dieser durch einen fachkundigen Berater als auf das angefochtene Urteil gemünzte Einwände des Beschwerdeführers ausarbeiten ließ, sodaß von einer Umgehung des (der Vermeidung formell verfehlter Beschwerden und eines überflüssigen Erledigungsaufwandes dienenden) Verteidigermonopols bei der Ausführung von Nichtigkeitsbeschwerden durch eine eigene Eingabe des Angeklagten (RZ 1971, 13; 15 Os 42/88) oder von einer bloßen Bezugnahme auf frühere Schriftsätze, wie insbesondere auf Beschwerdeausführungen in einem früheren Rechtsgang, oder auf Rechtsmittelschriften anderer Angeklagter (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 34, 42 zu § 285; 9 Os 3/87) keine Rede sein kann - im Geist eines "fair trial" (vgl. Mayerhofer-Rieder Nebengesetze2 E 12 zu Art. 6 MRK) sehr wohl den prozessualen Erfordernissen einer unmittelbaren Beschwerdeausführung im Sinne des § 285 Abs 1 StPO. Auch bei einer darnach gebotenen Mitberücksichtigung der solcherart erhobenen, auf eine Beurteilung des gesamten Tatverhaltens bloß als Vergehen nach dem Weingesetz abzielenden Mängel- (Z 5) und Rechtsrügen (Z 10) kommt jedoch der Nichtigkeitsbeschwerde keine Berechtigung zu.

Zum Schuldspruch laut Punkt I.1. nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß der Angeklagte die dort bezeichnete Mindest-Weinmenge, die er mit durchschnittlich 1,5 Gramm DEG pro Liter versetzt hatte, an Händler verkaufte, indem er ihnen diese Kosistenz, bei deren Kenntnis sie das Getränk nicht gekauft hätten, verschwieg; daß der tatgegenständliche "DEG-Wein" mangels Konsumenteninteresses oder sonst zumutbarer Verwertungsmöglichkeit für die Käufer wertlos war; daß letztere demzufolge durch den Ankauf einen Vermögensschaden in voller Höhe des Kaufpreises erlitten, den sie im Wege des Weiterverkaufs auf Zwischenhändler oder Konsumenten überwälzten; daß dem Beschwerdeführer die Wertlosigkeit des Produkts bewußt war; und daß er dementsprechend durch dessen Verkauf die Erwerber mit Bereicherungstendenz vorsätzlich schädigte. In prozessualer Hinsicht handelt es sich bei diesem Schuldspruch um die (mit Bezug auf § 260 Abs 1 Z 1 StPO zulässige) pauschale Aburteilung einer unbestimmten Zahl von Betrugstaten bestimmter Art zu Lasten von zum Teil unbekannten Geschädigten, durch die alle vom Angeklagten im Tatzeitraum realisierten, der individualisierenden Tatenbeschreibung entsprechenden Fakten erfaßt und abgegolten sind (vgl. EvBl 1986/123 ua), wobei die Schadenshöhe folgerichtig nicht aus einer Summierung der Schäden aus einzelnen Straftaten resultiert, sondern global ermittelt wurde.

Daraus erhellt zunächst, daß ein Wegfall oder eine umfängliche Reduzierung einzelner, im Urteil demonstrativ konkretisierter Fakten am Substrat der - in der Beschwerde treffend als "Globalschuldspruch" bezeichneten - Verurteilung gar nichts zu ändern vermöchte, sodaß (unter Z 4 und 5 erhobene) Einwände in bezug auf die Feststellung der Schädigung bestimmter Händler oder Händlergruppen oder auf die Höhe speziell ihres Schadens unter diesem Aspekt keine für die Schuldfrage oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes entscheidenden Tatsachen betreffen. Konkrete Feststellungen zu jedem einzelnen Betrugsfall hält der Beschwerdeführer allerdings auch aus Gründen des materiellen Rechts, und zwar zur Prüfung der Schadens-Frage, für erforderlich: darauf wird im folgenden zurückzukommen sein.

Jedenfalls verfehlt ist die insoweit primäre - eine im Schrifttum (Bertel, AnwBl. 1987, 325 ff) vertretene Meinung in weiten Teilen nahezu wörtlich wiedergebende - Beschwerdeansicht (Z 10), daß auch ein mit DEG versetzter Wein unter Bedacht auf seine trotzdem gegebene Verkäuflichkeit dann den dafür bezahlten Preis wert sei, wenn er den darnach berechtigten geschmacklichen Erwartungen der Konsumenten entspreche: nicht auf die faktische Verkäuflichkeit schlechthin oder auf die Befriedigung allein der Geschmackserwartungen der Endverbraucher kommt es bei der Frage nach dem wirtschaftlichen Wert eines Produktes an, sondern vielmehr - ohne Rücksicht auf das objektive Vorliegen einer Gesundheitsgefährlichkeit einerseits sowie auf eine rechtliche Verkehrsunfähigkeit andererseits - auf Angebot und Nachfrage bei Kenntnis von dessen wahrer Kosistenz.

Dazu aber hat das Schöffengericht mängelfrei festgestellt, daß ein verkehrswertbegründendes Konsumenteninteresse nach mit Glykol versetztem Wein - anders als etwa nach gleichfalls rechtlich verkehrsunfähigem Suchtgift (vgl. JUS 1988/44/26

= 15 Os 83/87) - zur Tatzeit nicht bestand.

Zur "Trinkbarkeit" und zu einer "Verkäuflichkeit" von "DEG-Wein", die auf dem Verschweigen gerade jenes (für den Nichtbestand einer Verbrauchernachfrage sehr wohl entscheidenden) Konsistenzmangels beruht, steht diese Konstatierung - unbeschadet der Frage, ob durch die Verfälschung sogar der Charakter des Ausgangsproduktes als Wein verändert wurde oder nicht - keineswegs in einem logischen oder empirischen Widerspruch (Z 5); indem er sie - mit der Behauptung, das Erstgericht habe als Tatsachen-Substrat für die rechtliche Annahme einer völligen wirtschaftlichen Wertlosigkeit des vom Schuldspruch erfaßten Weines lediglich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. S*** verwiesen - übergeht, bringt der Beschwerdeführer die Mängelrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Die nunmehr legale Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung des verfälschten Weines im gerichtlichen Einziehungsverfahren - als Kriterium für den allfälligen Eintritt (nur) eines Differenzschadens - jedoch stand den getäuschten Erwerbern von vornherein gar nicht zur Verfügung. Angesichts der die rechtliche Beurteilung von "DEG-Wein" als generell wirtschaftlich wertlos tragenden Tatsachen-Prämissen des regelmäßigen Fehlens eines wertbegründenden Verbraucherinteresses an jedem solchen Getränk hinwieder - derzufolge sich Konstatierungen zur Ermittlung eines etwaigen bloßen Differenzschadens erübrigten (vgl. JUS 1988/44/26) - erweist sich aber auch jene andere Beschwerdeauffassung (Z 10) als nicht stichhältig, wonach immerhin DEG-Beimengungen von weniger als einem Gramm pro Liter nicht mit einer völligen Wertlosigkeit des dergestalt verfälschten Weines verbunden seien; ausschließlich ganz minimale, bloß spurenweise DEG-Anteile - wie sie im vorliegenden Fall (als durch einen Verschnitt mit unverfälschtem Wein bedingt) in einer Größenordnung von etwa 0,005 g/l konstatiert wurden, können selbst unter diesem Gesichtspunkt außer Betracht bleiben (vgl. JUS 1988/44/26). Die insoweit pauschale Bezugnahme auf eine gegenteilige Lehrmeinung (Burgstaller, RZ 1987, 26 ff) ist mangels Substantiierung einer über die bisher dargelegten Argumente hinausgehenden sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.

Soweit sich die Beschwerdekritik (Z 4, 5 und 10) an der globalen Ermittlung des Betrugs-Schadens mit dem Preis einer (Mindest-)Weinmenge, die durch die Verwendung des gesamten im Tatzeitraum angekauften Glykols (abzüglich des DEG-Gehalts in den nicht dem Schuldspruch laut Punkt I.1. unterzogenen Weinmengen) zu einer durchschnittlichen Beimengung von 1,5 g/l bestimmt wird, gegen die damit verbundene Einbeziehung auch von Wein mit einem DEG-Gehalt von weniger als einem Gramm pro Liter in die Berechnung richtet, indem sie Feststellungsmängel über den jeweiligen DEG-Anteil des vom Schuldspruch konkret erfaßten Weines moniert, geht sie daher ebenfalls fehl.

Denn für die Tatbestandsmäßigkeit des inkriminierten Verhaltens (in bezug auf die Herbeiführung eines Vermögensschadens) ist die konkrete DEG-Konzentration (innerhalb des relevierten Rahmens) nach dem Gesagten ohne Belang, und in Ansehung der Schadens-Höhe wird die allfällige (ungerechtfertigte) Einbeziehung bloß spurenweise verfälschten Weines in die Berechnung im Weg der Annahme eines durchschnittlichen DEG-Anteils unzweifelhaft durch den Ansatz eines relativ hohen Durchschnitts - der dementsprechend (bei einer vorgegebenen bestimmten Gesamtmenge an Glykol) zur Feststellung einer vergleichsweise geringen Menge schadenverursachenden "DEG-Weines" führt - bei weitem überkompensiert.

Die Zugrundelegung eines (für den Beschwerdeführer demgemäß günstigen) Beimengungs-Durchschnittswertes in der (nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens eher großen) Höhe von 1,5 g DEG pro Liter Wein hinwieder läßt im Hinblick auf nach der Aktenlage konkret aktuelle Maximal-Zusätze von 1,3 bis 1,6 g/l (UAS 22, 25) keineswegs jeglichen Bezug zu im vorliegenden Fall relevanten Verfahrensergebnissen vermissen, sodaß insoweit von einer willkürlichen oder gar fiktiven Annahme (Z 5) nicht gesprochen werden kann. Soweit der Angeklagte dementgegen darauf verweist, daß die durchschnittliche DEG-Beimengung zu in der Bundesrepublik Deutschland beanstandeten, von ihm gelieferten Weinen nur mit 0,6 g/l ermittelt wurde, ficht er bloß (zudem zu seinem Nachteil) im Rahmen der Mängelrüge unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an. Die Behauptung einer (ersichtlich gemeint: in bezug auf die Anwendung des Zweifelsgrundsatzes) absurden Auswirkung der bekämpften Methode zur Ermittlung der Gesamtmenge des vom Beschwerdeführer verkauften "DEG-Weines" trifft jedenfalls mit Rücksicht auf die dargelegte Unerheblichkeit der hier in Betracht kommenden Intensität der konkreten DEG-Beimengungen für die Schuldfrage nicht zu.

Auch die geltendgemachten Begründungsmängel (Z 5) zur Konstatierung der Mindestmenge des vom Angeklagten im Tatzeitraum angekauften DEG mit 1.500 kg liegen nicht vor.

Mit den einzelnen vom Beschwerdeführer hervorgehobenen, freilich damit aus dem textlichen Zusammenhang gelösten Passagen aus der Aussage des Zeugen Gerhard F***, auf die sich die bemängelte Feststellung in erster Linie stützt (UAS 16 f, 36), mußte sich das Erstgericht im Sinne einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht in allen Details auseinandersetzen. Die in Rede stehende, ohnedies bloß die nach den Angaben des Zeugen sich ergebende Mindestmenge annehmende Konstatierung ist darnach jedenfalls gedeckt und die dagegen erhobenen Einwände erweisen sich solcherart lediglich als in diesem Rahmen unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung.

Bezüglich des Beginnes der für die Berechnung dieser Mindestmenge von angekauftem DEG maßgebenden Dauer des Tatzeitraumes hat das Erstgericht ohnehin berücksichtigt, daß aus der Rechnung der Firma N***'s Enkel von Anfang 1981 allein der Bezug von DEG nicht beweisbar ist; nähere Erörterungen über jene Rechnung waren daher entbehrlich: auch insoweit versucht der Beschwerdeführer nur nach Art und Zielsetzung einer Schuldberufung die von den Tatrichtern angenommene Überzeugungskraft des verwerteten Beweismaterials in Zweifel zu ziehen.

Kein Widerspruch (Z 5) besteht zwischen den Urteilsannahmen, daß der Angeklagte mit den Weinchemikern Dipl.Ing. Otto N*** und Mag. Otto N*** frühestens im Jahre 1982 in Verbindung getreten ist (UAS 11), jedoch mit der von diesen propagierten Verwendung von DEG bereits im Jahre 1981 begonnen hat, denn das Erstgericht läßt offen, ob eine derartige Manipulationsmöglichkeit dem Angeklagten infolge direkter (persönlicher) Beratung durch die Genannten oder auf andere (mittelbare) Weise bekannt geworden ist (UAS 12). Schließlich gehen auch die unter Bezugnahme auf DEG-Mengen in den konkret beanstandeten Weinen und auf den Umfang des eigenen Geständnisses des Angeklagten sowie auf das Fehlen einer vernünftigen Motivation zur DEG-Beimengung in zum Inlandsverkauf bestimmten Weinen erhobenen Beschwerdeeinwendungen fehl, weil auch damit kein formeller Begründungsmangel dargetan, sondern abermals bloß unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter geübt wird.

Ist sohin die Zugrundelegung der vom Angeklagten im Tatzeitraum angekauften DEG-Menge von zumindest 1.500 kg und einer durchschnittlichen Beimengung von 1,5 g DEG pro Liter Wein bei der Ermittlung der Mindestmenge des von ihm verkauften "DEG-Weines" als Ansatz für die Schadensberechnung rechtlich und faktisch unbedenklich, dann betreffen auch sämtliche geltend gemachten Verfahrens- (Z 4) und Begründungsmängel (Z 5) in bezug auf den DEG-Gehalt von konkret beanstandetem Wein und dessen Ursachen keine entscheidungswesentlichen Umstände.

Gleiches gilt für die Beschwerdeeinwände gegen die Feststellung der im vorliegenden Fall insoweit unerheblichen Beimengung anderer Chemikalien durch den Beschwerdeführer in den hier interessierenden Wein und für die (lediglich eine nachträgliche Schadensgutmachung bedeutende) Rücknahme einzelner von den Käufern bereits bezahlter Lieferungen.

Mit Recht allerdings rügt der Angeklagte, daß das Schöffengericht bei der weiteren Schadensberechnung durchwegs auf den höheren Export-Durchschnittspreis des von ihm verkauften Weines abstellt, obwohl es annahm, daß er einen erheblichen Teil seines Umsatzes im Inland tätigte, und daß es selbst bei der Heranziehung des durchschnittlichen Exportpreises auf die regelmäßige Nichtbeanstandung der teureren Sorten nicht Bedacht nahm. Dieser Berechnungsmangel berührt allerdings die hier maßgebende Wertgrenze (§ 147 Abs 3 StGB aF) nicht und wird daher lediglich bei der Berücksichtigung der Schadenshöhe im Rahmen der Berufung zu korrigieren sein.

Nicht stichhältig sind ferner die vom Angeklagten vorgebrachten Argumente gegen die Annahme seines Schädigungs- und Bereicherungs-Vorsatzes.

Dadurch, daß sich ein Verkäufer von "DEG-Wein" an Händler auf das Gelingen des von letzteren geplanten gewinnbringenden Weiterverkaufs an Endverbraucher sowie auf deren (täuschungsbedingte) Zufriedenheit mit dem (ihren Konsistenz-Erwartungen in Wahrheit nicht entsprechenden) Produkt verläßt, wird sein - auf dem Wissen von dessen wirtschaftlicher Wertlosigkeit, die aus dem Fehlen eines Konsumenteninteresses resultiert, beruhender - Schädigungsvorsatz in bezug auf das Vermögen des jeweiligen Ersterwerbers ebensowenig in Frage gestellt (Z 10) wie sein auf die Entgegennahme des Entgelts für die wertlose Ware bezogener tatbestandsmäßiger Bereicherungsvorsatz. Dementsprechend kann auch die Geltendmachung von Begründungsmängeln (Z 5) in Ansehung des vom Schöffengericht als erwiesen angenommenen Zertifikaten-Handels des Beschwerdeführers sowie seiner dafür maßgebend gewesenenen Motivation als keine entscheidenden Tatsachen betreffend auf sich beruhen. Dessen Wissen von der Wertlosigkeit des "DEG-Weines" aber hat das Erstgericht, der gegen diese Konstatierung erhobenen Mängelrüge zuwider, in tatsachenmäßiger Beziehung (wie schon gesagt) aus seinem Bewußtsein vom Nichtbestehen eines verkehrswertbegründenden Verbraucherinteresses an jenem Produkt abgeleitet und nicht, wie er vermeint, aus dessen rechtlicher Verkehrsunfähigkeit, aus der Aussage des Zeugen F*** oder aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S***; die darauf abgestellten Beschwerdeeinwände gehen daher ins Leere.

Das dem Vorwurf einer Täuschung seiner Geschäftspartner über die wahre Konsistenz des ihnen verkauften "DEG-Weines" entgegengehaltene Argument des Angeklagten (sachlich Z 10), daß ein DEG-Zusatz "von nur 1,5 g/l und knapp darüber" die "Qualität" des Produkts unberührt lasse, ist deswegen nicht zielführend, weil es das Verschweigen der durch diese Verfälschung herbeigeführten wirtschaftlichen Wertlosigkeit des Kaufobjektes außer Betracht läßt. Die Feststellung einer konkludenten Zusicherung allseitiger Mängelfreiheit aber liegt der bekämpften Annahme ohnedies nicht zugrunde, sodaß die dagegen erhobene Rüge (sachlich Z 5) mangels Bezugnahme auf den tatsächlichen Urteilsinhalt einer gesetzmäßigen Ausführung entbehrt. Die in der Tat für sich allein mißverständliche Wendung hinwieder, es könne "dahingestellt bleiben, ob bei Verkauf der angeführten Weine in der Bundesrepublik Deutschland in dem einen oder anderen Fall überhaupt eine Täuschung der deutschen Geschäftspartner" stattgefunden habe, weil eine solche "jedenfalls" bei den Konsumenten der wertlosen Weine eingetreten sei (UAS 28), steht mit den ihr vorausgehenden und nachfolgenden Feststellungen über die inkriminierte Täuschung eben dieser Geschäftspartner nach ihrem Sinngehalt deswegen nicht im Widerspruch (Z 5), weil sie sich, im Zusammenhang mit den unmittelbar vorher angestellten Überlegungen verstanden, erkennbar nur auf die aus rechtlichen Erwägungen (vgl. EvBl 1987/36, 12 Os 172/86, JUS 1988/44/26 ua) inaktuelle Eventual-Annahme bezieht, der - recht besehen bereits im Vermögen der Käufer (Händler) eingetretene - Betrugsschaden könnte als erst bei den (durch seine Überwälzung auf sie) letztlich damit belasteten Endverbrauchern entstanden angesehen werden (vgl. 15 Os 83/87). Die vom Beschwerdeführer relevierten Konsequenzen einer bloß die Letztverbraucher irreführenden Täuschung können daher unerörtert bleiben.

Ausdrücklich als erwiesen angenommen schließlich hat das Erstgericht auch eine Kausalität der in Rede stehenden Täuschung der Händler für deren Kaufentschluß (UAS 38); von dahingehenden Feststellungsmängeln (Z 10) kann daher keine Rede sein. Eine Beweisaufnahme dazu aber hat der Angeklagte gar nicht beantragt, sodaß er zu einer insoweit inhaltlich geltend gemachten Verfahrensrüge (Z 4) nicht legitimiert ist.

Zu den Fakten I.2. a und b wurde dem Beschwerdeführer deshalb nur versuchter Betrug angelastet, weil die Verkäufe noch vor der jeweiligen Bezahlung des Kaufpreises storniert wurden (UAS 24, 31 f). Bei diesen Taten konnten die Menge des verkauften wertlosen Weines und des ihm beigemengten DEG (mit 0,6 bis 0,9 g/l) sowie zum Teil auch die Höhe des konkret vereinbarten Preises ermittelt werden, sodaß hier die Problematik einer (beim Faktum I.1. bekämpften) globalen Berechnung des (angestrebten) Schadens nicht aktuell ist. Die Einwände gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Wertlosigkeit auch dieses "DEG-Weines" jedoch (Z 10) schlagen aus den schon zuvor dargelegten Erwägungen gleichfalls nicht durch. Ins Leere hinwieder geht der Beschwerdeeinwand (sachlich Z 10), daß beim Faktum I.2.b kein Schaden entstand: wurde doch der Angeklagte eben darum nur des versuchten Betruges schuldig erkannt. Der Vorwurf der "Aktenwidrigkeit" in Ansehung der zum Schuldspruchfaktum I.2.a festgestellten Liefermenge und des (beabsichtigten) Schadens zum Nachteil der Andreas O*** GmbH schließlich trifft gleichfalls nicht zu. Abgesehen davon, daß ein solcher Anfechtungsgrund die vom Beschwerdeführer gar nicht behauptete unrichtige Wiedergabe einer Aussage, Urkunde oder eines anderen Beweismittelinhalts voraussetzen würde (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 185 ff zu § 281 Abs 1 Z 5), finden die bekämpften Urteilsannahmen in den Ergebnissen der sicherheitsbehördlichen Erhebungen (S 397/III, ON 69 = Beilage 12 zu ON 144) volle Deckung und werden durch die unsubstantiierte Bezugnahme auf den Beweisantrag ON 171 und damit vorgelegte "Analysezeugnisse" nicht in Frage gestellt.

Gleichermaßen versagen auch die nicht faktenbezogenen Verfahrensrügen (Z 1).

Aus der Verurteilung des Angeklagten wegen Verbrechens des Betruges durch Verkauf von wertlosem "DEG-Wein" an die im Spruch namentlich genannten bzw. unbekannt gebliebene Weinhändler hatte die Schöffin Theresia L*** als Ehegattin des davon jedenfalls nicht betroffenen Weinhauers Hannes L***, von dem der Angeklagte nach dem vom Sachverständigen Dr. B*** geäußerten Verdacht allenfalls Prädikatsweinzertifikate gekauft hat, einen (unmittelbaren) Schaden (oder Nutzen) nicht zu erwarten. Sie war daher von der Wirksamkeit als Richter in dieser Strafsache keineswegs ausgeschlossen (§ 68 Abs 1 Z 3 StPO).

Mit der Behauptung, daß "der Familie L*** (aus dem genannten Grund) ein Finanzstrafverfahren droht", macht der Beschwerdeführer vielmehr der Sache nach - ebenso wie mit dem Hinweis auf eine geschäftliche Konkurrenzsituation - eine bloße Befangenheit der Schöffin geltend, wozu allerdings in der Prozeßordnung ausschließlich deren Ablehnung (§ 72 StPO) vorgesehen ist, für die das Verfahren in den §§ 73 bis 74 a StPO geregelt wird. Demzufolge kann ein dahingehendes Begehren überhaupt nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde sein. Die eine Unmöglichkeit rechtzeitiger Ablehnung relevierende gegenteilige Beschwerdeauffassung findet im Gesetz keine Stütze. Eine sinngemäße Anwendung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes jedoch kommt mit Rücksicht auf die taxative Aufzählung der für das schöffengerichtliche Verfahren geltenden Nichtigkeitsgründe in den §§ 281, 281 a StPO nicht in Betracht (10 Os 211/84; JUS 1988/44/27 = 15 Os 9, 10/88).

Soweit der Beschwerdeführer schließlich diesen Nichtigkeitsgrund auch darin erblickt, daß der Untersuchungsrichter Dr. R*** nach der Geschäftsverteilung des Landesgerichtes Eisenstadt zu seiner Verhaftung nicht zuständig gewesen sei, ist er darauf zu verweisen, daß aus diesem Nichtigkeitsgrund nur Mängel in der Besetzung des erkennenden Gerichtes geltend gemacht werden können. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 148 zweiter Strafsatz StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe, wobei es das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die mehrfache Qualifikation des Betruges, den weit über der höchsten Wertgrenze liegenden Schaden und den langen Deliktszeitraum als erschwerend, hingegen das zu den Vergehen nach dem Weingesetz abgelegte Teilgeständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel und daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd wertete. Mit seiner dagegen gerichteten Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe an. Sein Begehren ist zum Teil begründet.

Zu den zutreffend aufgezählten Strafbemessungsgründen kommt noch als mildernd hinzu, daß der Angeklagte einen Teil des angerichteten Schadens durch Rücknahme des manipulierten Weines gutgemacht hat (UAS 27). Im übrigen war eine nicht unbeträchtliche Reduzierung des von Punkt I.1. erfaßten Gesamtschadens zu berücksichtigen, weil bei der Schadensberechnung - wie schon in Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde dargetan - zu Unrecht ausschließlich vom Export-Durchschnittspreis ausgegangen worden ist (obwohl vielfach auch im Inland "DEG-Weine" verkauft worden sind) und auch dabei vom Erstgericht nicht beachtet wurde, daß die teureren Weine des Angeklagten nicht beanstandet wurden und daher deren (höhere) Preise nicht in die Durchschnittsberechnung hätten einbezogen werden dürfen. Diese Umstände rechtfertigen eine Reduktion der Strafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß, deren bedingte Nachsicht jedoch nach dem anzuwendenden alten Recht (§ 43 Abs 2 StPO aF; Art. XX Abs 1 StRÄG 1987) nicht in Betracht kommt.

Anmerkung

E16741

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00004.88.1206.000

Dokumentnummer

JJT_19881206_OGH0002_0150OS00004_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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