TE OGH 1988/12/20 11Os161/88 (11Os162/88)

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Veröffentlicht am 20.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt K*** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 und 4 (erster Fall) StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 28.Juli 1988, AZ 4 Bl 169/88, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren 3 U 167/87 des Bezirksgerichtes Völkermarkt wurde durch den im Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 28.Juli 1988, AZ 4 Bl 169/88, enthaltenen Ausspruch, daß der Privatbeteiligte Josef B*** schuldig ist, dem Angeklagten Kurt K*** gemäß dem § 390 a (Abs. 1) StPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen, das Gesetz in dieser Bestimmung verletzt.

Text

Gründe:

Auf Grund des vom öffentlichen Ankläger gestellten Strafantrages erkannte das Bezirksgericht Völkermarkt mit Urteil vom 28. April 1988, GZ 3 U 167/87-19, Kurt K*** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 und 4 (erster Fall) StGB schuldig und verurteilte ihn (nach dem ersten Strafsatz des § 88 Abs. 4 StGB) zu einer - gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehenen - Geldstrafe, nach dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens sowie gemäß dem § 369 Abs. 1 StPO zur Bezahlung eines Schmerzengeld-(teil)betrages von 500 S an den Privatbeteiligten Josef B***.

Der gegen den letzteren Ausspruch erhobenen Berufung des Angeklagten gab das Landesgericht Klagenfurt mit dem Urteil vom 28. Juli 1988, AZ 3 Bl 169/88 (ON 25 der erstgerichtlichen Akten), dahin Folge, daß dieser Ausspruch aufgehoben und der Privatbeteiligte Josef B*** gemäß dem § 366 Abs. 2 StPO mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Zugleich erkannte das Berufungsgericht den Privatbeteiligten schuldig, "dem Angeklagten gemäß § 390 a StPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen".

Unter ausdrücklichem Hinweis auf diesen Kostenausspruch bestimmte das Bezirksgericht Völkermarkt mit Beschluß vom 26. September 1988, GZ 3 U 167/87-30, auf Antrag des Verteidigers (ON 28 dA) dessen (vom Privatbeteiligten zu ersetzenden) Kosten für die Berufung, die Beteiligung an der Berufungsverhandlung und für den Kostenbestimmungsantrag mit 3.646,40 S.

Rechtliche Beurteilung

Anlaß für die stattgebende Entscheidung über die Berufung des Angeklagten gegen das Adhäsionserkenntnis war der Umstand, daß durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 9.Mai 1988, AZ 4 a R 37/88, im Zivilverfahren 27 Cg 164/87 des Landesgerichtes Klagenfurt für alle zivilrechtlichen Ansprüche des Privatbeteiligten gegen den Angeklagten nachträglich ein Exekutionstitel erwirkt worden war. Die Berufungsentscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt steht zwar in der Hauptsache mit dem Gesetz im Einklang, weil auf die in der Berufung geltend gemachte Neuerung Bedacht zu nehmen war (Mayerhofer-Rieder2 ENr. 22-23 zu § 295 StPO; RZ 1983/61 uva):

Solcherart wird das Bestehen zweier verschiedener Exekutionstitel in Ansehung eines und desselben privatrechtlichen Anspruches, woraus Einwendungen gegen ihn in einem allfälligen Exekutionsverfahren resultieren könnten (§ 35 EO iVm § 374 StPO), vermieden. Dem in sinngemäßer Anwendung des § 366 Abs. 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesenen Gläubiger erwächst hiedurch kein Nachteil, weil er die Kosten der Privatbeteiligung als Hauptanspruch selbständig einklagen kann (Mayerhofer-Rieder2 ENr. 18 zu § 393 StPO ua). Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht verstößt jedoch im Kostenausspruch gegen das Gesetz. Denn im Fall des Schuldspruches eines Angeklagten trifft den Privatbeteiligten nur bei Erfolglosigkeit eines von ihm ergriffenen Rechtsmittels eine Kostenersatzpflicht (§ 390 a Abs. 1, zweiter Satz, StPO iVm §§ 389, 260 Abs. 1 Z 5 StPO). Im vorliegenden Fall wurde jedoch vom Privatbeteiligten ein Rechtsmittel nicht erhoben; lediglich der Angeklagte hatte das Entschädigungserkenntnis mit Berufung angefochten. Richtigerweise wären daher dem schon in erster Instanz gemäß dem § 389 StPO zum Kostenersatz verpflichteten Angeklagten auch die durch sein, wenngleich erfolgreiches Rechtsmittel verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen gewesen (§ 390 a Abs. 1, erster Satz, StPO). Ein solcher Ausspruch kann im Verfahren nach dem § 292 StPO zum Nachteil des Angeklagten nicht nachgeholt werden. Es war aber die Gesetzwidrigkeit des Unterbleibens des Ausspruches über die Verpflichtung des Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gemäß dem § 390 a Abs. 1 StPO und der Verpflichtung des Privatbeteiligten zum Kostenersatz festzustellen. Dem Begehren der Generalprokuratur, dieser Entscheidung auch konkrete Wirkung zuzuerkennen, konnte nicht entsprochen werden, weil solcherart die durch die rechtskräftige Beendigung des Verfahrens geschaffene Lage zum Nachteil des Angeklagten verändert würde. Über die von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher gemäß dem § 292 StPO wie im Spruch zu erkennen.

Anmerkung

E16489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00161.88.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19881220_OGH0002_0110OS00161_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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