TE OGH 1989/6/28 14Os70/89 (14Os71/89)

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Veröffentlicht am 28.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Lachner, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Paul G*** und Cäcilia G*** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 18. Juli 1986, GZ 13 U 1400/85-8, und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 12. Februar 1987, AZ 4 Bl 31/87, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer des Verurteilten Paul G***, jedoch in Abwesenheit der Verurteilten Cäcilia G***, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Urteile des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 18. Juli 1986, GZ 13 U 1400/85-8, und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 12. Februar 1987, AZ 4 Bl 31/87, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 114 Abs. 1 StGB.

Diese Urteile und alle darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen werden aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Marianne T*** brachte am 11. September 1985 beim

Bezirksgericht Klagenfurt (AZ 13 U 1400/85) eine Privatanklage gegen Paul G*** und Cäcilia G*** wegen übler Nachrede ein, weil die Genannten in ihrer gegen sie erhobenen Besitzstörungs- und Unterlassungsklage (AZ 7 C 390/85 des Bezirksgerichtes Klagenfurt) behauptet hatten, die Privatanklägerin übe in ihrer Eigenschaft als Hausbesorgerin ein Terrorregime gegenüber den Kindern der Wohnungseigentümergemeinschaft Fischlstraße 15 in Klagenfurt aus. In der erwähnten Besitzstörungsklage war dazu vorgebracht worden, daß Kinder von Marianne T*** angeschrien, verjagt und bedroht würden, und die Beklagte am 5. April 1985 dem Sohn der Kläger einen Ball weggenommen und sodann dessen Rückgabe verweigert habe. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 18. Juli 1986, GZ 13 U 1400/85-8, wurden Paul G*** und Cäcilia G*** schuldig erkannt, im April 1985 Marianne T*** durch die (im Besitzstörungsverfahren aufgestellte) Behauptung der Ausübung eines Terrorregimes gegenüber Kindern der Wohnungseigentümerschaft in einer für Dritte wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft und Gesinnung geziehen und hiedurch das Vergehen der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 StGB begangen zu haben.

Die dagegen von Paul G*** und Cäcilia G*** erhobene Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe blieb erfolglos (Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 12. Februar 1987, AZ 4 Bl 31/87, ON 13 in 13 U 1400/85 des Bezirksgerichtes Klagenfurt).

Rechtliche Beurteilung

Die bezeichneten Urteile des Bezirksgerichtes Klagenfurt und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht verletzen, wie der Generalprokurator zutreffend in der gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde aufzeigt, das Gesetz in der Bestimmung des § 114 Abs. 1 StGB.

Wird durch eine nach § 111 StGB tatbestandsmäßige Handlung ein Recht ausgeübt, so ist die Tat gemäß § 114 Abs. 1 StGB ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt der betreffenden Äußerung gerechtfertigt, es sei denn, daß die Angaben bewußt wahrheitswidrig gemacht wurden. Deshalb trifft den in Rechtsausübung (oder Rechtspflichterfüllung) handelnden Täter - um diesbezüglich Straflosigkeit zu erlangen - nicht die Verpflichtung, den Wahrheitsbeweis oder den Beweis des guten Glaubens zu erbringen. Vielmehr obliegt es dem Ankläger, dem Beschuldigten ein Handeln wider besseres Wissen nachzuweisen (Leukauf-Steininger, StGB2 RN 4; Foregger im Wiener Kommentar Rz 6 jeweils zu § 114 StGB; SSt 48/97 = EvBl. 1978/126 = RZ 1978/35 = ÖJZ-LSK 1978/118, 119; SSt 51/12). Für die Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens nach § 111 Abs. 1 StGB ist im vorliegenden Fall daher entscheidend, ob die von den Verurteilten in ihrer gegen die Privatanklägerin erhobenen (Besitzstörungs- und Unterlassungs-)Klage zur Begründung ihres Begehrens vorgebrachte (ehrverletzende) Behauptung bewußt wahrheitswidrig erhoben wurde, weil ihnen andernfalls der (von amtswegen zu prüfende) Rechtfertigungsgrund des § 114 Abs. 1 StGB zuzubilligen wäre. Hiezu fehlen jedoch Feststellungen, sodaß eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht möglich ist. Das Urteil erster Instanz ist somit zum Nachteil der Verurteilten mit Feststellungsmängeln im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b (§ 468 Abs. 1 Z 4) StPO behaftet, die das Berufungsgericht gemäß § 477 Abs. 1 StPO von amtswegen hätte wahrnehmen müssen.

Verjährung ist nicht eingetreten, weil ab Rechtskraft eines über die Tat gefällten verurteilenden Erkenntnisses für die Dauer von dessen Bestand eine Aufhebung der Strafbarkeit durch Verjährung ausgeschlossen ist (nochmals SSt 51/12; ebenso RZ 1980/67). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E17639

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00070.89.0628.000

Dokumentnummer

JJT_19890628_OGH0002_0140OS00070_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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