TE OGH 1991/2/14 12Os13/91

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Veröffentlicht am 14.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Februar 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmuth H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148 (höherer Strafsatz) und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20.November 1990, GZ 12 b Vr 11831/85-218, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der 51-jährige kaufmännische Angestellte Helmuth H***** wurde (zu A I und II) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148 (höherer Strafsatz) und § 15 StGB, teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, (zu B) des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG und (zu C) des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren sowie gemäß § 22 Abs. 1 FinStrG gesondert nach § 33 Abs. 5 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 1,8 Millionen S (im Nichteinbringungsfall zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) und zu einer weiteren Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Nach dem Schuldspruch hat Helmuth H*****

A/ von 1982 bis 1985 gewerbsmäßig und meist unter Benützung verfälschter Rechnungskopien als Beweismittel sowie unter Vortäuschung zweier abgabepflichtiger Firmen (Christine F***** GesmbH und D***** Electronics HandelsGesmbH) und diesen angefallener Umsatzsteuerguthaben Finanzbeamte zur Auszahlung tatsächlich nicht zustehender Umsatzsteuerrückvergütungen verleitet bzw zu verleiten versucht (eingetretener und beabsichtigter Gesamtschaden: über 9,5 Millionen S), wobei er teilweise (nämlich bei der Faktengruppe A I) nur als Gehilfe (des Jeans Peter B*****) fungierte;

B/ vom 8.August 1983 bis 2.Mai 1985 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen der Firma B***** Dokumentations GesmbH eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Gutschriften in der Höhe von insgesamt 7,093.395,06 S) bewirkt und dies auch für gewiß gehalten und zugleich dadurch

C/ durch Vorlage verfälschter Rechnungskopien an die Finanzbehörden zur Geltendmachung von Vorsteuerguthaben verfälschte Beweismittel in einem Verwaltungsverfahren gebraucht.

Die Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO; mit Berufung ficht er die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe an, wobei er jedoch weder im Rahmen der Ausführungen des Rechtsmittels noch in dessen Anträgen erklärt, ob er die nach dem Strafgesetzbuch oder die nach dem Finanzstrafgesetz verhängte Freiheitsstrafe bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Kein Begründungsmangel (Z 5) findet sich im Urteil zur (nicht getroffenen) Feststellung, wer die dem Finanzamt vorgelegten Rechnungskopien verfälscht hat. Hält doch das Schöffengericht, trotz schwerer Verdachtsmomente gegen den Angeklagten, diesen der diesbezüglichen Täterschaft nicht für überführt (US 17). Im übrigen hätte die geforderte Konstatierung auch gar keine entscheidende Tatsache betroffen. Denn einerseits hat der Angeklagte im Rahmen seiner Beitragstäterschaft auch die Verfälschung des von ihm unterstützten unmittelbaren Täters (B*****) zu vertreten und andrerseits verlangt die von der Beschwerde angesprochene Qualifikation des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB lediglich die Benützung eines verfälschten Beweismittels, nicht aber auch dessen Herstellung durch den Betrüger. Zum festgestellten Vorsatz des Gebrauchs der verfälschten Beweismittel wiederum gebricht es nicht an konkreten, im Urteil genannten Gründen, welche sich auch dazu sehr eingehend mit dem Verhalten und der Persönlichkeit des Angeklagten sowie seinem Zusammenspiel mit anderen in die Malversationen involvierten Personen befassen (S 24 ff). Der von der Beschwerde hiezu allein zitierte Schlußsatz dieser Urteilsausführungen (S 28), daß sohin der Verfälschungs- und Gebrauchsvorsatz "auf der Hand" liege, stellte damit keine Scheinbegründung dar, sondern ist das zusammengefaßte Ergebnis der vorangehend ausführlichen Beweiswürdigung. Wieweit aber andere Personen noch an den strafbaren Handlungen des Angeklagten beteiligt waren, ist für dessen Schuldspruch irrelevant, weshalb dies - wie die Beschwerde zutreffend zitiert - das Erstgericht teilweise offen ließ. Unrichtig ist jedoch die Beschwerdebehauptung, daß nur auf Grund der verlesenen Aussage des B***** die Feststellungen der Täterschaft des Angeklagten getroffen wurden, wozu es genügt, auf die umfassend im Urteil erörterten weiteren Beweise zu verweisen. Ein Rekurs auf den Zweifelsgrundsatz aber ("in dubio pro reo") zeigt keinen formellen Nichtigkeitsgrund auf.

Der Schuldspruch nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG (wobei Abs. 3 nur die jeweilige Tatvollendung beschreibt = LSK 1984/97 ua) gründet sich nicht nur darauf, daß der Angeklagte die Verkürzung von Umsatzsteuer "für gewiß gehalten hat" (s § 33 Abs. 2 letzter Halbsatz FinStrG und § 5 Abs. 3 StGB) - was übrigens eine vom Beschwerdeführer geforderte Erörterung eines bloß bedingten Vorsatzes (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB) ausschließt - sondern auch darauf, daß der Angeklagte dies ebenso vorsätzlich unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch zu Unrecht geltend gemachte Abgabengutschriften bewirkt hat. Aber auch zum Betrug wird der direkte Vorsatz des Angeklagten (§ 5 Abs. 1 erster Halbsatz StGB) genannt und festgestellt (US 3, 14), was abermals eine Erörterung eines etwaigen bloß bedingten Vorsatzes ausschließt. Diese tatsächlich getroffenen Konstatierungen über den jeweiligen Vorsatz hätte die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ihren Ausführungen zugrundelegen müssen, nicht aber ihre eigenen gesonderten Überlegungen, ob bei einem weisungsgebundenen Angestellten mit der Vorbildung und der Position des Angeklagten ein vorsätzliches Vorgehen überhaupt möglich ist. Zu der nochmals im Rahmen dieser Ausführungen (inhaltlich als Begründungsmangel: Z 5) behaupteten mangelnden Klarheit über die Täterschaft desjenigen, der

die Beweismittel verfälscht hat, welche der Angeklagte in der Folge vorsätzlich gebrauchte, sei auf die diesbezügliche Antwort zur Mängelrüge verwiesen. Ebensowenig zeigt aber die Beschwerde prozeßordnungsgemäß einen Rechtsfehler im Ersturteil auf, wenn sie nicht vom konstatierten Vorsatz, verfälschte Beweismittel zu gebrauchen, ausgeht, sondern dafür - mangels Klarheit über den Fälscher - "keine Anhaltspunkte" findet. Weiters nicht prozeßordnungsgemäß, weil nicht von den Feststellungen ausgehend, sind jene Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 10), welche sich gegen die Annahme gewerbsmäßiger Betrugsbegehung wenden, sich dabei jedoch nicht auf Urteilskonstatierungen (S 22) stützen, sondern auf eigene Überlegungen zu den zeitlichen Abständen zwischen den einzelnen Betrugsfakten und zu dem sonstigen Einkommen des Angeklagten. Der Hinweis, eine sorgfältige Vorbereitung einer Tat allein könne deren Gewerbsmäßigkeit nicht begründen, ist völlig urteilsfremd, weil aus ganz anderen Umständen die Absicht des Angeklagten, sich durch wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, erschlossen und festgestellt wurde (US 31).

Damit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt, weshalb sie bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bzw § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a StPO zurückzuweisen war.

Dieses Schicksal teilt die Berufung des Angeklagten. Wurde doch über ihn mehr als eine einzige Freiheitsstrafe verhängt und erklärt er in seinem Rechtsmittel nicht, gegen welche dieser Freiheitsstrafen sich seine Berufung richtet. Die diesbezüglich bisher vom Obersten Gerichtshof in Anspruch genommene Kompetenz zur formellen Berufungsentscheidung durch Zurückweisung gemäß §§ 294 Abs. 2 und 4, 296 Abs. 2 StPO wurde nämlich durch die Neuregelung des § 285 i StPO nF nicht berührt (12 Os 36/88).

Anmerkung

E25092

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:012OS000013.91005.0214.000

Dokumentnummer

JJT_19910214_OGH0002_012OS000013_9100500_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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