TE OGH 1991/3/19 11Os2/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Paulin als Schriftführerin in der Strafsache gegen K***** K***** W***** und K*****-H***** W***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 2.Oktober 1990, GZ 12 Vr 761/89-53, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, sowie der beiden Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** K***** W***** wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich dieses Angeklagten, sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch hinsichtlich des Angeklagten K*****-H***** W***** im Ausspruch, die Angeklagten hätten den Diebstahl laut Punkt A/ des Urteilssatzes durch Eindringen in das von G***** V***** bewohnte Burschenzimmer im Wohnhaus der V*****-A***** mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel begangen, in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung dieses Diebstahls (auch) als Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach § 129 Z 1 StGB sowie in den Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

K***** K***** W***** wird für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB gemäß § 127 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Monaten verurteilt.

K*****-H***** W***** wird für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB gemäß § 127 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 (sechs) Monaten verurteilt. Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft werden aus dem Ersturteil übernommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** K***** W***** wird im übrigen, jene des Angeklagten K*****-H***** W***** zur Gänze verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die beiden Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am ***** 1968 geborene K*****-H***** W***** und der am ***** 1966 geborene K***** (richtig:) K***** W***** wurden (A/) des Verbrechens des Diebstahls (zu ergänzen: durch Einbruch) nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und (B/) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, K*****-H***** W***** überdies (C/) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB und K***** K***** W***** (D/) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Beide Angeklagten bekämpfen den Schuldspruch wegen Diebstahls durch Einbruch, der Angeklagte K*****-H***** W***** auch jenen wegen Sachbeschädigung, mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden.

Nach den bekämpften Schuldsprüchen haben K*****-H***** W***** und K***** K***** W***** im "bewußt gemeinsamen" (gemeint: bewußten und gewollten) Zusammenwirken als unmittelbare Täter

A/ am 20.Juli 1989 in Zeltweg dem Arbeitskollegen G***** V***** einen Bargeldbetrag von 500 S durch Eindringen in dessen Burschenzimmer Nr 62 im Wohnhaus der V*****-A*****, mit dem von G***** V***** in ihrem Zimmer vergessenen, zurückgelassenen und von ihnen gefundenen, sohin widerrechtlich erlangten Schlüssel mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen;

B/ am 25.Juli 1989 in Kindberg an einer fremden Sache einen Schaden in der Höhe von 10.997 S herbeigeführt, indem sie von dem Personenkraftwagen Marke Peugeot 309 des G***** V***** mit dem amtlichen Kennzeichen ***** den linken Außenspiegel herunterrissen und die Lackierung der Motorhaube und der linken Wagenseite mit einem harten Gegenstand zerkratzten. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

K***** K***** W*****:

Dieser Beschwerdeführer gründet seine Anfechtung auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und 10 (bei den Beschwerdezitaten "Z 5 a" und "Z 10 a" handelt es sich ersichtlich um Schreibfehler) StPO.

Der Mängelrüge (Z 5) und der auf die Z 9 lit a gestützten Rechtsrüge zuwider läßt die Urteilsbegründung keineswegs offen, ob die Angeklagten den Geldbetrag von 500 S aus dem Besitz des G***** V***** durch Diebstahl oder durch "Ausborgen" erlangten. Die Urteilspassage, wonach die beiden Angeklagten gegenüber G***** V***** "den Diebstahl bzw das Ausborgen des Betrages von 500 S in Abrede" stellten (S 222), zeigt sich im Sinnzusammenhang lediglich als Erfassung eines nach der Tat stattgefundenen Gesprächs, nicht aber als undeutlicher Ausspruch darüber, auf welche Weise das Geld in den Besitz der Angeklagten kam, welche Frage dabei überhaupt nicht erörtert wird. An anderer Stelle konstatiert das Erstgericht die Vorgangsweise der Angeklagten als "stehlen" (S 225) bzw als "Diebstahl" (S 223), womit zweifelsfrei klargestellt ist, daß es dabei nicht von einer Darlehensaufnahme ausging. Damit kann aber von der behaupteten Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe keine Rede sein. Was im Rahmen der Mängelrüge sonst noch gegen die der Beurteilung des Diebstahls als Einbruch nach § 129 Z 1 StGB zugrundeliegenden Aussprüche über die Durchführung der Geldwegnahme unter Verwendung eines Zimmerschlüssels des G***** V***** vorgebracht wird, kann auf sich beruhen, weil insoweit der Subsumtionsrüge (Z 10) Berechtigung zukommt:

Nach den Urteilsfeststellungen vergaß G***** V***** den Schlüssel zu seiner Unterkunft in den von beiden Angeklagten bewohnten Räumen. Mit dem solcherart in ihren Besitz gekommenen Schlüssel öffneten die Angeklagten die versperrte Türe des von G***** V***** benützten Wohnraums und stahlen dort Bargeld im Betrag von 500 S.

Rechtliche Beurteilung

Einen Diebstahl durch Einbruch nach § 129 Z 1 StGB begeht ua, wer in einen abgeschlossenen Raum mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel eindringt. Das Gesetz stellt ausschließlich auf die widerrechtliche Erlangung des Gewahrsams an dem verwendeten Schlüssel und nicht auf die Widerrechtlichkeit des Gebrauchs zum Aufschließen ab. Widerrechtlich erlangt ist ein Schlüssel aber nur dann, wenn ihn der Täter eigenmächtig an sich gebracht hat, sei es daß er ihn dem Berechtigten (allenfalls nach Auffinden in einem Versteck) weggenommen, sei es, daß er ihn abgenötigt oder herausgelockt hat. Ein im Gewahrsamsbereich des Täters vergessener Schlüssel (welcher infolge aufrechten Gewahrsams im rechtlichen Sinn gar nicht "gefunden" werden kann) wird jedoch mangels eigenmächtigen Zutuns (ebenso wie ein tatsächlich gefundener Schlüssel) nicht widerrechtlich erlangt (RZ 1983/50; EvBl 1984/87; JBl 1986, 402; NRsp 1988/219 = 13 Os 47/88).

Durch den (rechtswidrigen) Gebrauch des ohne diesbezügliche Rechtsverletzung in ihren Besitz gelangten Schlüssels haben demnach die Angeklagten die Voraussetzungen der herangezogenen Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 1 StGB nicht erfüllt. In diesem Punkt war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** K***** W***** Folge zu geben und die Beurteilung der Diebstahlstat nach der strengeren Strafbestimmung wegen Einbruchs aufzuheben, wobei sich diese Entscheidung gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch auf den Schuldspruch gegen den Angeklagten K*****-H***** W***** zu erstrecken hatte, welcher diesen Subsumtionsirrtum unbekämpft ließ.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

K*****-H***** W*****:

Soweit sich die von diesem Beschwerdeführer allein erhobene Tatsachenrüge (Z 5 a) gegen die Feststellung einer Schlüsselbenützung beim Diebstahl richtet, betrifft sie einen - wie dargelegt - für die richtige materiellrechtliche Beurteilung unerheblichen Umstand. Diesbezüglich genügt der Hinweis auf die zu Gunsten des Angeklagten K*****-H***** W***** ergriffene Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StPO.

Darüber hinaus aber bietet das am gesamten Akteninhalt überprüfte, auf eine Aufwertung der Beweiskraft der Verantwortungen der Angeklagten ausgerichtete weitere Beschwerdevorbringen keine Grundlage für (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen, deren tatrichterliche Feststellung auf einer eingehenden Abwägung sowohl der Angaben der Angeklagten als auch der für glaubwürdig erachteten Aussage des Zeugen G***** V*****, der die Angeklagten bei der Beschädigung seines Personenkraftwagens beobachtete, beruht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*****-H***** W***** war daher zu verwerfen.

Zur Strafbemessung:

Bei der durch den kassatorischen Teil dieser Entscheidung notwendig gewordenen Strafneubemessung nach § 127 StGB waren bei beiden Angeklagten die zahlreichen einschlägigen (bei K*****-H***** W***** formal die Voraussetzungen für die Strafschärfung bei Rückfall gemäß § 39 StGB erfüllenden) Vorstrafen und das Zusammentreffen dreier Vergehen erschwerend, mildernd hingegen das Teilgeständnis und bei K*****-H***** W***** überdies die Begehung der Taten vor Vollendung des 21. Lebensjahres (§ 34 Z 1 StGB). Davon ausgehend erweisen sich unter Mitberücksichtigung, daß die von K***** K***** W***** allein zu verantwortende Körperverletzung (Fußtritte gegen den Kopf des Opfers) relativ schwer wiegt, das Vorleben des K*****-H***** W***** dafür aber mehr belastet ist, die ausgesprochenen Freiheitsstrafen als schuld- und unrechtsangemessen wie auch im Verhältnis zueinander als ausgewogen. Die Verhängung von Geldstrafen kam infolge der Wirkungslosigkeit der bisher ausgesprochenen Strafen bei beiden Angeklagten nicht mehr in Betracht.

Mag auch regelmäßig mit der Aufhebung des Strafausspruchs dem (hier unbekämpften) erstgerichtlichen Beschluß auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht gemäß § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO formal der Boden entzogen sein (11 Os 77,78/89), so konnte doch im konkreten Fall angesichts der im Ergebnis unveränderten Entscheidungsgrundlage seine Kassierung und unmittelbar nachfolgende Wiederherstellung als überflüssiger Formalakt entfallen (15 Os 106/89, 13 Os 24/90).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E25530

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00002.91.0319.000

Dokumentnummer

JJT_19910319_OGH0002_0110OS00002_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten