TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/26 2004/07/0172

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Veröffentlicht am 26.01.2006
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Index

L66202 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §10 Abs4;
AVG §19 Abs1;
AVG §37;
AVG §41 Abs2;
AVG §42 idF 1998/I/158;
GSGG §11;
GSGG §12;
GSGG §16 Abs1;
GSLG Krnt 1998 §14 Abs2;
GSLG Krnt 1998 §21 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des HG in W, vertreten durch Dr. Arthur Mikesi, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 6. April 2004, Zl. -11-GSLG-90/3-2004, betreffend Neufestsetzung der Anteile der Bringungsgemeinschaft Almaufschließungsweg L (mitbeteiligte Partei: Bringungsgemeinschaft Almaufschließungsweg L, vertreten durch den Obmann EE in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei, deren Mitglied der Beschwerdeführer ist, fasste bei ihrer Vollversammlung vom 25. Februar 2000 den Beschluss, einen Antrag an die Agrarbezirksbehörde V (ABB) auf Neubeanteilung der Weganlage "Almaufschließungsweg L" zu stellen. Nach erfolgter Antragstellung erarbeitete ein von der ABB beigezogener Amtssachverständiger eine Neubeanteilung der Weganlage unter Anwendung des so genannten "Kärntner Schlüssels".

Nach Vorliegen dieser Berechnungsunterlagen lud die ABB die Mitglieder der mitbeteiligten Partei zu einer mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2002. In der Anberaumung der mündlichen Verhandlung wird die Angelegenheit, um die es geht, als "Neubeanteilung, Aufnahme von neuen Mitgliedern" bezeichnet. Neben weiteren Hinweisen beinhaltet die Ladung zur mündlichen Verhandlung folgende Passage:

"Als sonst Beteiligter beachten Sie bitte, dass Einwendungen gegen den Gegenstand der Verhandlung, die nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung der Behörde bekannt gegeben oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung mehr finden und angenommen wird, dass sie dem Gegenstand der Verhandlung zustimmen."

Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten wurde diese Ladung an den Beschwerdeführer persönlich adressiert und ihm durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 14. Mai 2002 zugestellt.

Aus der Verhandlungsschrift über diese mündliche Verhandlung geht hervor, dass der Vater des Beschwerdeführers bei der mündlichen Verhandlung anwesend war; die Anwesenheitsliste weist folgenden Vermerk auf: "Beschwerdeführer, vertreten durch den Vater".

Aus der Verhandlungsschrift geht weiters hervor, dass den anwesenden Parteien die Neubeanteilung am Almaufschließungsweg unter Darlegung der Berechnungsmodalitäten zur Kenntnis gebracht wurde, und dass sich alle anwesenden Grundeigentümer - mit Ausnahme derjenigen, die Einwendungen abgaben - mit der Neubeanteilung einverstanden erklärten. Der Vater des Beschwerdeführers erhob keine Einwände. Die Verhandlungsschrift weist die Unterschrift des Vaters des Beschwerdeführers auf.

Mit Bescheid der ABB vom 17. Februar 2003 wurden unter Spruchpunkt 1. die Anteilsverhältnisse gemäß der Beilage ./A, welche einen integrierenden Bestandteil des gegenständlichen Bescheides bildete, abgeändert; dies wurde auf die Bestimmungen der §§ 14 und 16 des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes vom 6. November 1997, LGBl. Nr. 4/1998 (K-GSLG) gestützt.

Mit Spruchpunkt 2. wurde die Erweiterung des Bringungsrechtes verfügt; Spruchpunkt 3 betrifft den Einkauf in die Bringungsgemeinschaft, mit Spruchpunkt 4 wurden schließlich neue Satzungen für die Verwaltung der Bringungsgemeinschaft erlassen.

Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass am 22. Mai 2002 im Rahmen einer mündlichen Verhandlung die Bringungsrechtseinräumung, die Beanteilung sowie die Einkaufsbeträge erläutert worden seien und sich mit Ausnahme eines näher bezeichneten Mitgliedes alle anwesenden Parteien mit der durch den Amtssachverständigen ausgearbeiteten Beanteilung ausdrücklich einverstanden erklärt hätten. Lediglich bei einigen Grundeigentümern sei eine Anpassung vorzunehmen gewesen. Die bei der Verhandlung nicht anwesend gewesenen Parteien seien nachweislich darüber, über die Beanteilung, die Einkaufsbeträge sowie über die beanspruchten Parzellen informiert worden. Seitens dieser Parteien seien keine Einwendungen erhoben worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er - neben der Rüge von Verfahrensmängeln - vorbrachte, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht ergebe, wie sein Anteil berechnet worden sei. Zwar werde das Gutachten eines Sachverständigen erwähnt, dieses sei jedoch dem Einschreiter niemals zur Stellungnahme übermittelt worden. Auch sei keine Bestandsaufnahme der Liegenschaft des Einschreiters seitens der Behörde bzw. der Bringungsgemeinschaft vorgenommen worden. Aus dem Bescheid ergebe sich lediglich, dass die Anteilsquote des Einschreiters von 1 auf 5,81 erhöht worden sei. Diese Erhöhung könne nicht nachvollzogen werden, weil das von ihm genutzte Almgrundstück ausschließlich landwirtschaftlich genutzt werde. Demnach würde sich eindeutig eine andere Beanteilung, und zwar in der Höhe von 3,12 ergeben.

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung durch, in deren Verlauf der Vorsitzende dem Beschwerdeführer vorhielt, dass dessen Vater als Vertreter des Beschwerdeführers der nun beanstandeten Anteilsabänderung anlässlich der mündlichen Verhandlung der ABB am 22. Mai 2002 zugestimmt hätte und mit seiner Unterschrift dem Übereinkommen über die neue Anteilsquote beigetreten sei. Der Beschwerdeführer meinte dazu, er sei vom Gegenstand der Verhandlung nicht in Kenntnis gesetzt worden und man könne von seinem 73-jährigen Vater ad hoc keine adäquate Reaktion in Bezug auf die geänderten Modalitäten im Zusammenhang mit der Neubeanteilung verlangen. Er habe nämlich seinen Vater mit der betreffenden Vertretung wegen seiner praktischen Unabkömmlichkeit als Lehrer an einer Privatschule in Wien während der nicht unterrichtsfreien Zeit beauftragt. Weiters beanstandete er im konkreten Fall die im bisherigen Verfahren nicht erfolgte exakte Aufschlüsselung über die Neubeanteilung der Mitglieder der Bringungsgemeinschaft.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der ABB vom 17. Februar 2003 gemäß § 1 AgrVG 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Dies wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Bestimmungen der §§ 16 Abs. 4 und 21 Abs. 3 K-GSLG damit begründet, dass eine Neubestimmung (Abänderung) eines Anteilsverhältnisses nach § 16 Abs. 4 K-GSLG dann erfolgen dürfe, wenn sich die für die Festlegung des Anteilsverhältnisses maßgebend gewesenen Umstände geändert hätten. Das bedeute, dass in durch rechtskräftige Bescheide fundierte Rechtspositionen von Mitgliedern einer Bringungsgemeinschaft nur dann und auch nur dann in einem solchen Maß eingegriffen werden dürfe, wenn sich ein solcher Eingriff durch eine entsprechende - zwischenzeitig eingetretene - Änderung der ursprünglichen Umstände rechtfertigen lasse. Es sei nun zutreffender Weise davon auszugehen gewesen, dass die mit Bescheid der ABB vom 11. August 1966 bzw. in den darauf folgenden Bescheiden festgelegten Anteile nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen und die Weganlage von weit mehr als unter Spruchpunkt 1. der betreffenden Bescheide angeführten Personen beansprucht werde. Auf Grund dessen sei eine Neubeanteilung im Sinne der im § 14 Abs. 2 K-GSLG festgelegten Parameter durchgeführt worden, wobei dies in Abstimmung mit der Bringungsgemeinschaft erfolgt sei.

Nach Ausweis der Akten sei in der mündlichen Verhandlung der ABB am 22. Mai 2002 den anwesenden Parteien bzw. deren Vertretern - damit auch dem Vater des Beschwerdeführers als dessen Vertreter - die Neubeanteilung am Weg ausführlich zur Kenntnis gebracht worden und hätten sich alle Anwesenden, so auch der Vertreter des Beschwerdeführers, mit der Neubeanteilung einverstanden erklärt. Daher sei in Bezug auf den Beschwerdeführer keinerlei Beschwer erkennbar.

Zum Vorhalt hinsichtlich der Verletzung des Parteiengehörs werde angesichts der ordnungsgemäßen Ladung zur mündlichen Verhandlung der ABB vom 22. Mai 2002 sowie andererseits angesichts der nachweislichen Ladung zur ordentlichen Vollversammlung der Bringungsgemeinschaft vom 25. Februar 2000 (mit welcher unter Tagesordnungspunkt 8 die Beschlussfassung über die Neubeanteilung anberaumt wurde), festgestellt, dass dieser Vorwurf ins Leere gehe. Im Übrigen habe der Vater des Beschwerdeführers an der besagten Verhandlung teilgenommen und dem erzielten Verhandlungsergebnis ausdrücklich zugestimmt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 4. Oktober 2004, B 744/04-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe § 14 Abs. 2 K-GSLG unrichtig angewandt, weil sie jegliche Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der richtigen Neubeanteilung des Beschwerdeführers unterlassen und in Verkennung der Rechtslage keine Feststellungen dahin getroffen habe, dass der Beschwerdeführer das Almgrundstück ausschließlich landwirtschaftlich in Form von Viehtrieb und Grünlandbewirtschaftung nutze.

Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften meinte der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit abgelehnt und zu Unrecht die Berufung zurückgewiesen statt sie meritorisch zu behandeln. Der Beschwerdeführer sei Partei im gegenständlichen Verfahren und auch berechtigt, gemäß § 45 AVG im Berufungsverfahren Tatsachen zum Verfahrensgegenstand vorzubringen, weil es im Verwaltungsverfahren kein Neuerungsverbot gebe. Außerdem habe der Beschwerdeführer bereits in der Berufung ausgeführt, dass er bis zur Zustellung des Bescheides erster Instanz nicht in Kenntnis des konkreten Verfahrensgegenstandes gewesen sei und seinen Vater nicht bevollmächtigt habe, ihn in der Verhandlung am 22. Mai 2002 vor der erstinstanzlichen Behörde zu vertreten. Aber selbst unter der Annahme, dass der Beschwerdeführer seinen Vater bevollmächtigt hätte, wäre er als Vollmachtgeber berechtigt, im eigenen Namen Erklärungen abzugeben und gingen bei einander widersprechenden Erklärungen des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten die Erklärungen des Vollmachtgebers vor. Schließlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde neuerlich Unterlassung von Ermittlungstätigkeiten, Nichtaufnahme von Beweisen, Ignoranz der klaren Aktenlage und mangelnde Prüfung des Vorliegens einer Vollmacht seines Vaters vor.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Mit Schriftsatz vom 25. März 2005 beantragte der Beschwerdeführer die "Zurückweisung der Gegenschrift wegen Verspätung" bzw. deren Nichthonorierung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des K-GSLG haben folgenden Wortlaut:

"§ 14. (1) ...

(2) Entsteht durch die Einräumung eines Bringungsrechtes gemäß Abs. 1 eine Bringungsgemeinschaft (Abs. 1), so hat die Agrarbehörde im Bescheid nach Abs. 1 auch die Anteilsverhältnisse (§ 16 Abs. 3) festzulegen, sofern hierüber vor der Agrarbehörde nach § 21 Abs. 3 keine Vereinbarung geschlossen wird. Bei der Festlegung des Anteilsverhältnisses ist vom wirtschaftlichen Vorteil der Bringungsanlage auszugehen; auf das Ausmaß und die Kulturgattung der erschlossenen Flächen, die Wegbenützung, die Wegstrecke und den Gebäudestand ist bei der Festlegung insbesondere Bedacht zu nehmen. Im Falle des Abs. 1 hat die Agrarbehörde im Bescheid nach Abs. 1 auch den Namen, den Sitz und den Zweck der Bringungsgemeinschaft festzulegen.

....

§ 16. (1) ...

(3) Das Anteilsverhältnis ist das Ausmaß, in dem das einzelne Mitglied im Verhältnis zu anderen Mitgliedern an der Erfüllung der Aufgaben der Bringungsgemeinschaft teilzunehmen hat.

(4) Wenn sich die für die Festlegung des Anteilsverhältnisses maßgebend gewesenen Umstände geändert haben, so ist in sinngemäßer Anwendung des § 14 Abs. 2 das Anteilsverhältnis neu zu bestimmen.

...

§ 21. (1) ...

(3) Die während des Verfahrens vor der Agrarbehörde abgegebenen Erklärungen und die mit Genehmigung der Agrarbehörde abgeschlossenen Vergleiche bedürfen keiner Genehmigung durch andere Behörden. Solche Erklärungen, Vereinbarungen und Vergleiche können nur mit Zustimmung der Agrarbehörde widerrufen werden. Die Zustimmung ist zu versagen, wenn aus einem solchen Widerruf eine erhebliche Störung der Arbeiten zu besorgen ist."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers "mangels Beschwer" zurückgewiesen. Die belangte Behörde vertritt offenbar - dies ist aus der Zitierung des § 21 K-GSLG im Rechtsquellenteil in Verbindung mit Teilen der Begründung des angefochtenen Bescheides zu schließen - die Ansicht, die ausdrückliche Zustimmung des Vaters des Beschwerdeführers zum Verhandlungsergebnis führe zur Unwiderrufbarkeit der gegenüber der Agrarbehörde abgegebenen Erklärung, weshalb dem Beschwerdeführer, der an diese Erklärung gebunden sei, die Beschwer und damit die Legitimation zur Erhebung der Berufung fehle.

Es war daher vorerst zu prüfen, ob § 21 Abs. 3 K-GSLG im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangt. Vorraussetzung dafür ist, dass die vom Vater des Beschwerdeführers nach dem Inhalt der Verhandlungsschrift abgegebene Zustimmungserklärung Bindungswirkung für den Beschwerdeführer hat. Dies wäre dann der Fall, wenn der Beschwerdeführer bei dieser mündlichen Verhandlung durch seinen Vater vertreten worden wäre.

§ 10 AVG lautet:

"§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) ...

(4) Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten."

Nach dem Inhalt der diesbezüglich unbedenklichen Verhandlungsschrift trat der Vater als Vertreter des Beschwerdeführers auf, ohne Einschränkungen dieser Vertretungsbefugnis bekannt zu geben; die Verhandlungsleiterin ging von einer Vertretung nach § 10 Abs. 4 AVG aus und sah von der Vorlage einer ausdrücklichen Vollmacht ab.

Um eine Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder annehmen zu können, ist es erforderlich, dass der zu Vertretende nachgewiesenermaßen von der Verhandlung persönlich verständigt worden ist, weil nur damit die Prämisse für das "Absehen von einer ausdrücklichen Vollmacht" geschaffen wurde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, 89/07/0077). § 10 Abs. 4 AVG ist nur anzuwenden, wenn die ordnungsgemäße persönliche Verständigung von einer Verhandlung auch die Verhandlung betrifft, in der eine solche Vertretung stattfindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1992, 89/07/0083).

Die Ladung des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung vor der ABB erfolgte ordnungsgemäß durch Hinterlegung. Als Betreff der mündlichen Verhandlung wird "Neubeanteilung, Aufnahme neuer Mitglieder" angegeben.

Der Beschwerdeführer meint nun in der Beschwerde, er habe seinen Vater ersucht, sich anlässlich der mündlichen Verhandlung "zu informieren"; keineswegs habe er ihn aber mit seiner Vertretung beauftragt oder ihn ermächtigt, in seinem Namen Erklärungen abzugeben. Zudem sei er der Ansicht gewesen, Gegenstand der Verhandlung sei die Neuaufnahme von Mitgliedern und deren Beanteilung, nicht aber eine Neubeanteilung aller Mitglieder.

Dem letztgenannten Argument ist zu entgegnen, dass die Wahl des Wortes "Neubeanteilung" im Betreff der mündlichen Verhandlung, sprachlich durch einen Beistrich von der "Aufnahme von Neumitgliedern" getrennt, klar zum Ausdruck bringt, dass es um eine neue Beanteilung der Mitglieder der mitbeteiligten Partei geht. Wäre es nur um die (erstmalige) Beanteilung der Neumitglieder gegangen, wäre die Bezeichnung "Neubeanteilung" fehl am Platz gewesen. Es liegt also - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - Identität zwischen dem bekannt gegebenen Verhandlungsgegenstand und dem Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor.

Das Vorbringen hinsichtlich einer eingeschränkten Vertretung des Beschwerdeführers durch seinen Vater ("nur zur Information") stellt eine Neuerung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof dar. Der Beschwerdeführer hat sich in der Berufung überhaupt nicht zur Bevollmächtigung seines Vaters und im Verfahren vor der belangten Behörde dahingehend geäußert, dass er seinen Vater "mit der betreffenden Vertretung wegen seiner praktischen Unabkömmlichkeit als Lehrer an einer Privatschule in W während der nicht unterrichtsfreien Zeit betraut" habe. Eine inhaltliche Einschränkung traf er dabei nicht. Eine solche Einschränkung ist auch seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung, wonach man von seinem Vater "eine adäquate Reaktion nicht erwarten könne" nicht zu entnehmen.

Es genügt in Bezug auf den im § 10 Abs. 4 AVG bezeichneten Personenkreis, dem der Vater des Beschwerdeführers angehört, das Fehlen von Zweifeln über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis; die Behörde braucht daher zunächst in einem solchen Fall nicht Untersuchungen in der Richtung anzustellen, die auf einen Nachweis einer ausdrücklichen Vollmacht hinauslaufen würden, von der nach § 10 Abs. 4 AVG gerade abgesehen werden kann.

Wurde eine Partei ordnungsgemäß geladen und ist sie selbst bei der Verhandlung nicht erschienen, trat jedoch ein Familienmitglied an ihrer Stelle auf, so müsste die behaupteter Maßen zu Unrecht vertretene Partei hinterher entsprechend gewichtige Gründe für ihre Behauptung dartun, etwa, dass und warum sie selbst nicht an der Verhandlung habe teilnehmen wollen und besagtem Familienmitglied ihre Vertretung überhaupt oder in einer bestimmten Richtung untersagt habe (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1992).

Solche Behauptungen stellte der Beschwerdeführer aber im Verwaltungsverfahren nicht auf und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, die dies nahe legen würden, sodass der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei anlässlich der mündlichen Verhandlung von seinem Vater rechtswirksam vertreten worden, keine Rechtswidrigkeit anhaftet.

Daraus folgt aber, dass dem Beschwerdeführer die von seinem Vertreter abgegebenen Erklärungen während der mündlichen Verhandlung vor der Agrarbehörde zuzurechnen waren. Nach dem Inhalt der Verhandlungsschrift erklärten die anwesenden Mitglieder der Bringungsgemeinschaft (von namentlich bezeichneten Ausnahmen abgesehen) ausdrücklich ihr Einverständnis mit der Neubeanteilung und gaben demnach eine Erklärung im Sinne des § 21 Abs. 3 K-GSLG gegenüber der Agrarbehörde ab (in der ausdrücklichen Erklärung des Einverständnisses liegt der Unterschied zu dem mit hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005, 2004/07/0139, zur vergleichbaren Bestimmung des § 51 der Tiroler Wald- und Weideservituten-Landesgesetz 1952 entschiedenen Fall, in dem von den anwesenden Parteien keine Erklärung abgegeben wurde). Nach § 21 Abs. 3 K-GSLG können aber die während des Verfahrens abgegebenen Erklärungen nur mit Zustimmung der Agrarbehörde widerrufen werden.

Daraus folgt für den Beschwerdeführer, dass er diese ihm zurechenbare Einverständniserklärung seines Vaters im Verfahren vor der Agrarbehörde nicht mehr widerrufen kann, es sei denn, die Zustimmung der Agrarbehörde läge vor. Davon ist allerdings im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Nun hat eine solche - nur unter bestimmten Voraussetzungen rücknehmbare - Erklärung zur Folge, dass keine stichhaltigen materiellen Gründe mehr gegen die Neubeanteilung vorgebracht werden können, was im Ergebnis einem Rechtsmittelverzicht gleich kommt (vgl. dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005).

Die Frage, ob damit die Unzulässigkeit der Erhebung eines Rechtsmittels einhergeht, weil der Bescheid erster Instanz den Beschwerdeführer nicht mehr in Rechten verletzen konnte - in diese Richtung scheint die belangte Behörde zu argumentieren, wenn sie die Berufung "mangels Beschwer" zurückweist - oder ob die Befugnis zur Erhebung eines Rechtsmittel aufrecht bleibt, braucht im vorliegenden Fall aber nicht gelöst zu werden, weil bei keiner der beiden Varianten Rechte des Beschwerdeführers verletzt werden.

Wäre die Erhebung eines Rechtsmittels nicht mehr zulässig gewesen, so verletzte der angefochtene Bescheid, der die Berufung des Beschwerdeführers zurückwies, diesen nicht in Rechten.

Aber auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die Zustimmungserklärung seines Vertreters nicht zur Unzulässigkeit einer Berufungserhebung durch den Beschwerdeführer führte, führt die Zurückweisung seiner Berufung nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hatte zu prüfen, ob eine den Beschwerdeführer bindende Zustimmungserklärung seines Vertreters vorlag. Diese Prüfung hat sie vorgenommen und ist dabei zu einem richtigen Ergebnis gekommen. Der Berufung des Beschwerdeführers konnte daher kein Erfolg beschieden sein. Wenn die Behörde bei einer solchen Sachlage mit einer Zurückweisung anstatt einer Abweisung vorging, dann könnte darin nur ein Vergreifen im Ausdruck liegen, das den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 2004, 2002/06/0203, vom 23. Oktober 2002, 99/12/0039, u.a.).

Ergänzend wird bemerkt, dass es zu einem Verlust der Parteistellung und damit auch des Berufungsrechtes allenfalls hätte kommen können, wenn im vorliegenden Fall die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 AVG eingetreten wären. Davon ist aber schon deshalb nicht auszugehen, weil in der Verständigung über die Anberaumung der Verhandlung - entgegen § 41 Abs. 2 zweiter Satz AVG - nicht auf diese im § 42 AVG vorgesehene Rechtsfolge, nämlich den Verlust der Parteistellung, hingewiesen wurde. Die bloße Anführung von Paragraphenbezeichnungen, hier u. a. des § 42 AVG, oder des Umstandes, dass "Einwendungen nicht berücksichtigt werden können", stellen keine Information über die gemäß § 42 AVG eintretenden Folgen, nämlich den Verlust der Parteistellung, dar (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, 2004/05/0173).

Der Beschwerde ist es daher nicht gelungen, eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Insoweit der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 25. März 2005 beantragt, die Gegenschrift der belangten Behörde "nicht zu honorieren", genügt ein Hinweis auf § 59 Abs. 3 dritter Satz VwGG. Demnach reicht es aus, wenn bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest ein allgemein gehaltener Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz gestellt wird, damit die Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand, Vorlageaufwand und Verhandlungsaufwand sowie die tatsächlich entrichteten Stempelgebühren im gebührenden Ausmaß zuzusprechen sind. Eines Antrages innerhalb der im § 36 Abs. 1 VwGG genannten Frist bedarf es nicht.

Wien, am 26. Jänner 2006

Schlagworte

Amtsbekannte FamilienmitgliederIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004070172.X00

Im RIS seit

19.02.2006

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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