TE OGH 1992/12/16 13Os104/92

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Veröffentlicht am 16.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Rzeszut und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dipl.Ing.Tamara K***** und andere wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146 ff StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Dipl.Ing.Tamara K***** und Ewa B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 2.März 1992, GZ 29 Vr 274/90-75, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Generalanwältin Dr.Bierlein als Vertreterin der Generalprokuratur, der Angeklagten Dipl.Ing.Tamara K***** und ihres Verteidigers Dr.Leeb, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Ewa B***** zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ewa B***** wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung der zu Punkt B des Schuldspruches bezeichneten Tat als gewerbsmäßig begangener Betrug nach dem § 148, erster Fall, StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Ewa B***** wird für die ihr auf Grund des unberührt gebliebenen Teiles des Schuldspruches weiterhin zur Last fallende strafbare Handlung des Verbrechens des schweren Betruges als Beteiligte nach den §§ 12 (dritter Fall), 146, 147 Abs. 3 StGB nach der zuletzt angeführten Gesetzesstelle zu einer

Freiheitsstrafe von einem Jahr

verurteilt.

Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ewa B***** wie auch jene der Angeklagten Dipl.Ing.Tamara K***** verworfen.

Der Berufung der Angeklagten Dipl.Ing.Tamara K***** wird nicht Folge gegeben.

Die Angeklagte Ewa B***** wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 20.Juni 1946 geborene Dipl.Ing.Tamara K***** (Punkt A./) und die am 27.September 1961 geborene Ewa B***** (Punkt B./) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148, erster Fall, StGB - Ewa B***** als Beteiligte nach dem § 12, dritter Fall, StGB - schuldig erkannt.

Dem Inhalt des Schuldspruchs zufolge hat Dipl.Ing.Tamara K***** im einverständlichen Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Petr B***** zwischen Jänner 1988 und 31.Jänner 1990 in L***** als verantwortliche Geschäftsführerin des von der A***** K***** GesmbH betriebenen Beherbergungsbetriebes "Taverne" gewerbsmäßig (§ 70 StGB) in 29 Fällen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Beamte des Bundesministeriums für Inneres durch Verrechnung nicht erbrachter Leistungen für zur Betreuung zugewiesene Asylwerber, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Auszahlung von Beherbergungs- und Verpflegskosten sowie von Heizkostenbeiträgen in der Höhe von insgesamt 642.369 S, mithin zu Handlungen verleitet, welche die Republik Österreich an ihrem Vermögen um diesen Betrag schädigten (Punkt A./ des Urteilssatzes). Ewa B***** wird zur Last gelegt, dadurch zu den strafbaren Handlungen der Angeklagten Dipl.Ing.Tamara K***** und des abgesondert verfolgten Petr B***** beigetragen zu haben, daß sie als deren "Vertreterin" die "auswärts arbeitenden Asylwerber vom Zeitpunkt der jeweiligen Kontrollen und monatlichen Taggeldauszahlungen telefonisch verständigte" (Punkt B./ des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpfen die beiden Angeklagten mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, wobei sie jeweils die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und 10, Dipl.Ing.Tamara K***** zudem jenen der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO geltend machen.

Nur der Beschwerde der Angeklagten Ewa B***** kommt teilweise Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten

Dipl.Ing.Tamara K*****:

Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), das Gericht gebe für die die herangezogene Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung nach dem § 148, erster Fall, StGB tragenden Feststellungen keine Begründung, es führe "nicht einmal ansatzweise aus", wie es zu diesen Annahmen gelange, übergeht die Ausführungen des Urteils dazu (vgl. US 21 f, 42 unten/43 oben) und entbehrt damit einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO3, § 281 ENr. 26).

Soweit die Angeklagte in diesem Zusammenhang eine Undeutlichkeit bzw. Widersprüchlichkeit der Urteilsgründe darin erblickt, daß ihr in Ansehung der subjektiven Merkmale des Betruges (bloß) "bedingter" bzw. "direkter" Vorsatz angelastet worden wäre, ein solcher aber "keinesfalls die vom Erstgericht angenommene Gewerbsmäßigkeit begründen" könne, geht sie abermals nicht von allen Urteilsfeststellungen aus. Das Urteil enthält nämlich Feststellungen über die Verwirklichung des Betruges (lediglich) mit bedingtem (§ 5 Abs. 1 StGB) Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz (US 23 iVm US 42) und davon unabhängig Konstatierungen über absichtliches Handeln in bezug auf die Erschließung einer ständigen Erwerbsquelle (US 21 f, 42 f), weshalb dem Urteil der vermeintliche Begründungsmangel - auch in Form von weiters relevierten "Scheingründen" - nicht anhaftet.

Die Behauptung der Mängelrüge, es fehle jegliche nachvollziehbare Begründung für die ziffernmäßig angeführten Schadensbeträge, übersieht, daß die Tatrichter die bekämpften Konstatierungen insbesondere auf die als taugliches Beweismittel beurteilten Erhebungen der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich im Zusammenhalt mit den für glaubwürdig erachteten Aussagen der betroffenen Asylwerber als Zeugen über die Zeiträume ihrer Abwesenheit gestützt haben (US 6 f, 23 ff, iVm ON 2, 16/I, ON 21/II, ON 22/III, ON 23/IV, AS 495 ff/V, 3 ff/VI). Indem die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen sohin das gesamte Tatsachensubstrat der Entscheidung sowie die darauf bezogene Beweiswürdigung einfach negiert, bringt sie den formellrechtlichen Nichtigkeitsgrund auch hier nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Schließlich versagt auch der unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit erhobene Vorwurf der Mängelrüge, der Schöffensenat habe es unterlassen, die zwischen der Angeklagten (als Geschäftsführerin der die Gastwirtschaft "Taverne" betreibenden Firma A***** K***** GesmbH) und dem Bundesministerium für Inneres geschlossene Vereinbarung (AS 5 ff/IV) "in irgendeiner Weise auszulegen. Denn das Erstgericht gibt zunächst den wesentlichen Vertragstext wieder (vgl. US 7 f) und verweist insbes. darauf, daß der Passus, das Bundesministerium für Inneres sei unverzüglich davon zu verständigen, wenn Asylwerber die Leistungen länger als drei Tage nicht in Anspruch nehmen, der Angeklagten bekannt gewesen sei (US 8 und 42). Damit bedurfte es im gegebenen Zusammenhang, der Auffassung der Angeklagten zuwider, angesichts des klaren Wortlautes des relevierten Vertragstextes keiner weiteren Erläuterung bzw. Auslegung desselben.

Gleichermaßen sind die weitwendigen Beschwerdeargumente der Angeklagten zur Tatsachenrüge (Z 5 a), mit denen sie insbesondere (erneut) die dem Urteil zugrunde gelegte Höhe der Schadenssumme sowie die den subjektiven Bereich betreffenden Tatsachenfeststellungen bekämpft, im Lichte der gesamten Aktenlage zur Gänze ungeeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der tatrichterlichen Beweiswürdigung in wesentlichen Punkten aufkommen zu lassen.

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die erstrichterlichen Konstatierungen zum Schadensumfang mit der (an sich neuen) Behauptung, daß rechtsrichtig von den im angefochtenen Urteil angenommenen (ausgezählten) "Bruttobeträgen" die von der A***** K***** GesmbH nachträglich abgeführten Umsatzsteuerbeiträge (10 % bzw. 20 %) in Abzug zu bringen gewesen wären. Damit wird aber, wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme, der sich der Oberste Gerichtshof anschließt, aufzeigt , nur ein unter dem Gesichtspunkt der (vom Erstgericht ohnehin - wenn auch aus anderen Gründen - angenommenen - US 21) Schadensgutmachung (und damit bloß für die Strafzumessung) relevanter Umstand geltend gemacht. Davon abgesehen würde selbst bei Reduktion des Gesamtschadens in der von der Angeklagten angestrebten Höhe (wobei nur am Rande bemerkt sei, daß nach den einschlägigen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes für Umsätze aus Betrieben der gegenständlichen Art lediglich 10 % Umsatzsteuer zu entrichten sind - § 10 Abs. 2 Z 5 UStG 1972) die hier maßgebliche Wertgrenze des § 147 Abs. 3 StGB (wie die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Subsumtionsrüge ohnedies selbst erkennt) nach wie vor überschritten.

Der daran anknüpfende, der Sache nach gleichfalls ausschließlich auf rechtliche Überlegungen gestützte Einwand, daß die A***** K***** GesmbH nach dem in Rede stehenden Vertragsinhalt (Punkt 4./ der Vereinbarung - AS 6/IV) Anspruch auf Zahlung der entsprechenden Teilbeiträge durch die Republik Österreich für die Beherbergung und Verpflegung der Gäste im Ausmaß der ersten drei Tage ihrer Abwesenheit gehabt und die Angeklagte somit die hiefür vom Staat erbrachten (Teil-)Zahlungen zu Recht bezogen habe, schlägt - wie die Generalprokuratur weiters zutreffend ausführt - schon deshalb fehl, weil der relevierte Punkt des Vertragstextes bloß die Verpflichtung zur Meldung der voraussichtlichen Abwesenheit von Asylwerbern für die Dauer von mehr als drei Tagen festlegt, jedoch nichts über allfällige Ansprüche auf die (nach den erstrichterlichen Urteilsannahmen seitens der Angeklagten ohne entsprechende Gegenleistung, dolos erwirkten) Zahlungen durch den Vertragspartner aussagt. Vielmehr ergibt sich - wie der Vollständigkeit halber bemerkt wird - aus Punkt 3 der Vereinbarung, daß jede Unterlassung der Erbringung der Leistung des Beherbergungsbetriebes in natura den Entfall des Anspruches auf das entsprechende Entgelt zur Folge hat (AS 6/IV).

Die in der Beschwerde hervorgehobene Anzeigepflicht künftiger Absenzen von Gästen steht daher in keinem Zusammenhang mit der vom Schöffensenat mängelfrei aus sämtlichen Verfahrensergebnissen abgeleiteten Annahme der betrügerischen Herauslockung aller dem Urteil zugrunde gelegten Geldzuwendungen (einschließlich jener, die für die ersten Tage der Absenz der Gäste in Rechnung gestellt wurden).

Die Generalprokuratur weist auch zutreffend in ihrer Stellungnahme zur Tatsachenrüge darauf hin, daß die zur Frage des Bereicherungsvorsatzes angestellten Überlegungen über den unabhängig von der Anzahl der im Gasthaus untergebrachten Asylwerber entstandenen Aufwand für Heiz- und sonstigen Beherbergungskosten nur einen nebensächlichen Umstand betreffen. Der Angeklagten wird nämlich inhaltlich des Schuldspruches nicht eine Vermögensvermehrung durch Einsparungen, sondern die (angestrebte und in der Folge tatsächlich erwirkte) Bereicherung durch den Erhalt von Geldzahlungen zur Last gelegt, für die kein entsprechendes Äquivalent an die zur Tatzeit abwesenden Gäste geleistet wurde.

Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang den Aussagen der Zeugen Maria S***** und Mario E***** unter punktueller Betrachtung einzelner Passagen ihrer Bekundungen einen anderen Bedeutungsinhalt zu unterlegen versucht, als es den (ausreichend begründeten) erstgerichtlichen Annahmen entspricht, verfällt sie einmal mehr in eine (nach wie vor unzulässige) Bekämpfung der erstgerichtlichen Feststellungen nach Art einer Schuldberufung.

Gleiches gilt für die Bezugnahme in der Rüge (nominell Z 5 a, subsidiär Z 5) auf die Aussage der Zeugin Eveline S*****, indem die Angeklagte auf unwesentliche Angaben zurückgreift und daraus für sie günstigere Schlußfolgerungen gezogen wissen will.

Schließlich handelt es sich bei der Behauptung der Beschwerdeführerin, in einem Irrtum über das Bestehen eines Anspruches auf Entgelt für die ersten drei Tage der Abwesenheit von Asylwerbern verfangen gewesen zu sein, großteils - abgesehen vom Faktum 20 des Schuldspruches - um ein neues und daher unbeachtliches Vorbringen; hat sich die Angeklagte doch während des gesamten Verfahrens dahin verantwortet, von der Absenz der Gäste nicht informiert gewesen zu sein (vgl. insbesondere AS 392 ff/V); lediglich in Ansehung der Angehörigen der Familie B***** (Faktum 20) gestand die Angeklagte ihr Wissen um deren Auszug aus dem Beherbergungsbetrieb zu und behauptete, den in Rede stehenden Vertragstext dahin verstanden zu haben, zur Verrechnung der vereinbarten Leistungen während der ersten drei Tage der Abwesenheit berechtigt gewesen zu sein. Diese Tatversion wurde vom Erstgericht jedoch auf Grund der übrigen Beweisergebnisse mit denkmöglicher und lebensnaher Begründung für widerlegt erachtet (US 34 f), sodaß die Angeklagte auch insoweit keinen schwerwiegenden Zweifel an der Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken vermag.

Inwiefern sich aus dem in einer (gegenüber dem Flüchtlingslager Traiskirchen abgegebenen) Stellungnahme der Beschwerdeführerin enthaltenen "Zugeständnis" der Abwesenheit der Familie B***** (AS 108 f/II) erhebliche Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes in entscheidenden Belangen ergeben sollen, wird in der Tatsachenrüge nicht nachvollziehbar dargestellt: Abgesehen davon, daß diese (durch zahlreiche Beschwerden von Asylanten veranlaßte) Mitteilung keine der Vertragsverpflichtung entsprechende Meldung gegenüber dem Bundesministerium für Inneres bedeutet, läßt die Angeklagte die ihr angelastete dolose Verrechnung von Beiträgen für diese Familie trotz (zugestandener) Kenntnis ihres auswärtigen Aufenthaltes während vieler Monate unberücksichtigt.

Erneut einen unerheblichen Aspekt releviert sie schließlich, wenn sie (der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a bzw. jenem der Z 10) Feststellungen über die Zahl der gleichzeitig vom Gasthof "Taverne" abwesenden Asylwerber vermißt. Die daran anknüpfenden Überlegungen zur Frage der Kenntnis der Angeklagten vom Aufenthalt der Gäste außerhalb des Beherbergungsbetriebes gehen von hypothetischen Annahmen aus und vermögen daher weder unter dem Gesichtspunkt eines materiellen Nichtigkeitsgrundes noch unter jenem der (insoweit nominell subsidiär herangezogenen) Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO durchzuschlagen.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO behauptet die Angeklagte zunächst, daß eine Bereicherung iS des § 146 StGB gar nicht erfolgt sein konnte, weil es nicht strafbar sei, Leistungen für die nicht im Beherbergungsbetrieb anwesenden Personen in Rechnung zu stellen. Dies sei bloß als (allfällige) Verletzung zivilrechtlicher Verpflichtungen zu beurteilen.

Dieses Vorbringen zielt nur auf eine für die Angeklagte günstigere Interpretation des in Rede stehenden Vertragsinhaltes ab, bezieht sich aber nicht - wie es zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung einer Rechtsrüge erforderlich ist - auf den konstatierten Urteilssachverhalt, sondern gelangt nur in Umwertung der Verfahrensergebnisse (und nicht auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes) zur Folgerung, die Beschwerdeführerin hätte auch Ansprüche auf Leistungen in Ansehung abwesender Asylwerber gehabt. Abgesehen davon ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß die allfällige Anfechtbarkeit eines Geschäftes dessen Beurteilung als Betrug nicht ausschließen würde (vgl. Leukauf-Steininger StGB3, RN 48 zu § 146).

Die von der Angeklagten weiters ins Treffen geführte - angebliche - Leistungsbereitschaft in bezug auf abwesende Gäste vermag an der rechtlichen Beurteilung der nach den erstrichterlichen Urteilsannahmen durch Verrechnung nicht erbrachter Leistungen verwirklichter Betrugshandlungen nichts zu ändern.

Das Vorliegen eines Irrtums, den die Angeklagte im Rahmen der Rechtsrüge neuerlich behauptet, wurde vom Erstgericht - wie schon ausgeführt - einerseits (soweit ein solcher - zum Faktum 20 - bereits in der Hauptverhandlung behauptet wurde) mit tragfähiger Begründung verneint, sodaß sich die Beschwerde in diesem Umfang nicht am Urteilssachverhalt orientiert. Im übrigen geht dieses Vorbringen abermals in unzulässiger Weise von einer Konstellation aus, auf die sich die Angeklagte bisher nicht berufen hat und die auch durch die Verfahrensergebnisse nicht indiziert ist, sodaß die Rüge insoweit erneut nicht dem Gesetz gemäß dargestellt wird.

Die im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) relevierte Frage der Schadensberechnung (Abzug der Umsatzsteuer) wurde bereits im Zuge der Erledigung der Tatsachenrüge behandelt.

Das Vorbringen der Angeklagten zur Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit entbehrt einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil es die Urteilsausführungen übergeht, denen zufolge die mittellose Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem gleichfalls finanziell unbemittelten Komplizen Petr B***** den Gasthof "Taverne" nur durch Fremdfinanzierung erwerben konnte, die Rückzahlung der hiefür aufgenommenen - umfangreichen - Kredite nur aus Einnahmen des genannten Beherbergungsbetriebes möglich war, die Angeklagte ferner umgehend nach Eintreffen der ersten Asylwerber im Beherbergungsbetrieb dolos verrechnete Leistungen seitens der Republik Österreich zu erlangen beabsichtigte und in der Folge auch tatsächlich fortlaufend erhielt (US 21, 22, 42). Das Erstgericht konnte aus dem festgestellten Tatverhalten der Angeklagten sohin frei von Rechtsirrtum die bekämpfte gewerbsmäßige Tendenz ableiten und den Sachverhalt der Qualifikation des § 148, erster Fall, StGB unterstellen.

Die im gegebenen Zusammenhang auf das Vorliegen (bloß) bedingten Vorsatzes der Angeklagten bezüglich der Erschließung einer fortlaufenden Einnahmsquelle abstellenden Beschwerdeeinwände gehen an den unmißverständlichen Urteilsfeststellungen über die insoweit angenommene Vorsatzstufe der Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) vorbei.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Dipl.Ing.Tamara K***** war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten

Ewa B*****:

Das Schwergericht der Mängelrüge (Z 5) liegt in der Behauptung, daß die tatsächlichen Annahmen über die dieser Angeklagten angelasteten Beteiligungshandlungen (im Sinne der Täterschaftsform des § 12, dritter Fall, StGB) mit entscheidenden Begründungsmängeln behaftet wären.

Ein Widerspruch im Ausspruch über entscheidende Tasachen liegt nach Ansicht der Beschwerdeführerin deshalb vor, weil im Urteilstenor und auch in den Gründen nur allgemein gehaltene Feststellungen über ihren Tatbeitrag getroffen wurden, konkrete Feststellungen bei Wiedergabe der einzelnen Tathandlungen aber nur im Faktum 1 vorgenommen wurden.

Der Einwand versagt, weil sich unter der gebotenen Gesamtbetrachtung des Spruches und der Entscheidungsgründe in hinlänglicher Weise die in der physischen und psychischen Unterstützung der Komplizen gelegenen Tathandlungen der Angeklagten B***** ergeben. Darnach war sie als für die Unterbringung und Verpflegung Verantwortliche von Anfang an in das deliktische (und in der Folge auch tatplangemäß ausgeführte) Vorhaben der unmittelbaren (Mit-)Täter Dipl.Ing.K***** und Petr B***** (zu welchem sie ein enges persönliches Naheverhältnis unterhielt und als dessen "rechte Hand" sie galt) "eingeweiht", beriet neu eintreffende Flüchtlinge, ermunterte sie zur Aufnahme auswärtiger "Schwarzarbeiten" und nahm regelmäßig Kontakt mit den abwesenden Gästen vor der Ankunft von Beamten des Bundesministeriums für Inneres auf, um sie zeitgerecht zur (vorübergehenden) Rückkehr zu veranlassen (US 8 ff, 23, 43).

Von einem inneren Widerspruch des Ausspruches über entscheidende Tatsachen, der nur dann vorläge, wenn die im Urteil festgestellten Umstände nach den Gesetzen logischen Denkens nicht nebeneinander bestehen könnten (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr. 101, 101 a zu § 281 Z 5), kann daher ebensowenig die Rede sein wie von einer (die tatsächlichen Annahmen des Erstgerichtes im Unklaren lassenden) Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe.

Gleichermaßen geht der Einwand von Begründungsfehlern des Erstgerichtes in Ansehung der subjektiven Tatseite in bezug auf den Betrugsvorwurf fehl. Denn mit dem Hinweis, daß die Angeklagte in das deliktische Vorhaben eingeweiht war und die im Urteil näher beschriebenen (vgl. US 23) Tathandlungen mit "Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz" setzte (US 23), hat das Schöffengericht sämtliche im § 146 StGB geforderten Vorsatzkomponenten unmißverständlich sowie logisch und empirisch nachvollziehbar auch in bezug auf die Beschwerdeführerin aus dem äußeren Tatgeschehen abgeleitet, welches zuvor hinlänglich beschrieben und erörtert wurde.

Da sich die Beschwerdeführerin solcherart über die tatsächlichen Feststellungen hinwegsetzt und unter Bezugnahme auf ihre eigene (leugnende) - vom Erstgericht als widerlegt erachtete - Verantwortung "Beweisergebnisse" für die Annahme ihres Wissens um die betrügerischen Malversationen der Mittäter und ihrer Mitwirkung daran vermißt, versucht sie bloß, die Verfahrensergebnisse in einem anderen, für sie günstigeren Sinn zu werten. Sie bringt damit den geltend gemachten formell-rechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zu einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Auch die auf den § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützte Rechtsrüge, die - wie schon die Angeklagte Dipl.Ing.K***** - den (im Gesetz gar nicht verlangten) Eintritt einer Bereicherung bestreitet, versagt aus den bereits zur Nichtigkeitsbeschwerde der Mitangeklagten dargelegten Gründen.

Die unter dem Aspekt von Feststellungsmängeln gegen den der Beschwerdeführerin angelasteten Bereicherungsvorsatz geltend gemachten Einwände entbehren abermals einer gesetzmäßigen Ausführung, weil die Beschwerdeführerin damit die Richtigkeit des der Entscheidung zugrunde gelegten (und in rechtlicher Hinsicht zur Beurteilung ausreichenden) Tatsachensubstrates bestreitet.

Schließlich versagt auch die Subsumtionsrüge (Z 10), soweit die Angeklagte die Beurteilung eines Teiles der Fakten (bloß) als Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 286 StGB anstrebt. Geht doch auch dieses Vorbringen über die mit dem Urteilsspruch eine untrennbare Einheit bildenden Entscheidungsgründe hinweg, die in Ansehung sämtlicher Fakten einen für die Tatverübung ursächlichen Zusammenhang (auch) zwischen dem unterstützenden Verhalten der Beschwerdeführerin und dem Herauslocken der Geldzuwendungen annehmen (abermals US 8 ff, 23, 43). Diese überwiegend als intellektuelle Beihilfe anzusehende Mitwirkung der Angeklagten wurde vom Erstgericht rechtsrichtig als sonstiger Tatbeitrag im Sinne des § 12, dritter Fall, StGB gewertet, für den jede die Tatbestandsverwirklichung erleichternde bzw. fördernde Hilfestellung bzw. jedes Hintanhalten von Hindernissen vor dem oder im Ausführungsstadium genügt (vgl. Leukauf-Steininger aaO RN 44, 45, 47 zu § 12).

Somit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde dieser Angeklagten im bisher behandelten Umfang ebenfalls teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Im Ergebnis berechtigt ist die Beschwerde der Ewa B***** allerdings, soweit sie sich nominell aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 (richtig aus jenem der Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO gegen die rechtliche Beurteilung ihres Verhaltens als gemäß dem § 148, erster Fall, StGB qualifizierter gewerbsmäßiger Betrug wendet:

Nach den hiefür maßgeblichen Urteilsfeststellungen hat die Angeklagte B***** in der Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) gehandelt, ihren beiden Komplizen eine fortlaufende Einnahme zu erschließen (US 23, 43).

Die Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung betrifft (als strafsatzerhöhender Umstand) ausschließlich die Schuld (§ 14 Abs. 2 StGB), ist also ein subjektives Tatbestandsmerkmal (vgl. mwN Leukauf-Steininger aaO RN 17 zu § 14; RN 6 a, 7 zu § 70; Foregger-Serini-Kodek aaO Erl. III zu § 70; Fabrizy in WK Rz 18, 20 zu § 14), sodaß sie im Falle des Zusammenwirkens mehrerer Tatbeteiligter nur denjenigen belastet, in dessen Person sie als (zusätzliches) subjektives Merkmal vorliegt; das Anstreben einer fortlaufenden Einnahme (nur) für einen Dritten genügt nicht.

Damit ist das angefochtene Urteil aber bezüglich der Angeklagten Ewa B***** in Ansehung der Annahme der Qualifikation nach dem § 148, erster Fall, StGB mit einem Subsumtionsfehler im Sinne der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, der die teilweise Kassation des Urteils erforderlich macht.

Insoweit kommt der Beschwerde der Genannten Berechtigung zu.

Demnach war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ewa B***** das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, bezüglich dieser Angeklagten in der rechtlichen Qualifikation der Betrugstat nach dem ersten Fall des § 148 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und in diesem Umfang gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen.

Bei der infolgedessen vorzunehmenden Neubemessung der Strafe war von den vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollständig aufgezählten Strafzumessungsgründen auszugehen. Die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe entspricht beim nach wie vor maßgeblichen Strafrahmen des § 147 Abs. 3 StGB und bei Berücksichtigung der nur untergeordneten Beteiligung dieser Angeklagten an der Tat sowie vergleichender Abwägung ihrer Strafwürdigkeit der personalen Komponente der Schuld und dem Unrechtsgehalt der Tat.

Im Hinblick auf den bisher ordentlichen Lebenswandel dieser Angeklagten und ihre soziale Integration war anzunehmen, daß die bloße Androhung der Vollziehung allein genügen werde, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Auch bedarf es nicht der Vollstreckung der Strafe, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken, sodaß die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen war (§ 43 Abs. 1 StGB).

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte Dipl.Ing.Tamara K***** nach dem § 147 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren. Bei deren Bemessung wurde der bisherige ordentliche Lebenswandel, der Umstand, daß der Republik Österreich letztlich kein Schaden entstanden ist und das vor der Gendarmerie zum Faktum A/20 des Urteilssatzes abgelegte Geständnis mildernd gewertet, erschwerend hingegen das Zusammentreffen von insgesamt 29 strafbaren Handlungen der selben Art und der lange Deliktszeitraum.

Der Berufung, mit der diese Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Soweit die Berufungswerberin davon ausgeht, daß die Straftat nur beim Versuch geblieben sei, übergeht sie den Urteilssachverhalt. Nach Lage des Falles kann auch davon keine Rede sein, daß sie die Taten nur unter Einwirkung des abgesondert verfolgten Petr B***** begangen hat und daran nur in untergeordneter Weise beteiligt war; dagegen sprechen vor allem die Urteilsfeststellung über die gemeinsame Planung und Ausführung der Tat (vgl. insbes. US 21). Die verhängte Freiheitsstrafe entspricht der Schuld der Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Tat und nimmt auch auf die Täterpersönlichkeit gebührend Bedacht. Ihre Herabsetzung war daher nicht angebracht.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E30401

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0130OS00104.920001.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19921216_OGH0002_0130OS00104_9200010_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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