TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2005/05/0262

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2006
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO NÖ 1996 §37 Abs1 Z1;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Mag. D in W, vertreten durch Dr. Christian Harisch, Mag. Franz J. Teufl, Mag. Bernhard Wimmer und Dr. Sonja Schindlholzer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hofhaymerallee 42, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 9. Juni 2005, Zl. Senat-AM-04-0212, betreffend Übertretung der Niederösterreichischen Bauordnung (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 381,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 22. September 2004 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als eines der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organe (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der D.-GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft im Tatzeitraum vom 17. Mai 2004 bis 6. August 2004 ein Bauwerk, nämlich das Objekt 1 des Fachmarktzentrums in G., W.-Straße 44, Geschäftsteil der D.- GmbH mit der Bezeichnung "F.-Outlet", somit ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben, welches ohne rechtskräftige Baubewilligung errichtet worden sei, durch das Offenhalten des Geschäftslokales und die Durchführung von Verkaufstätigkeiten benützt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 1 der NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Beschwerdeführer die Zahlung von EUR 250,-- auferlegt.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, gegen ihn seien wegen des gegenständlichen Objektes bereits mehrere Verwaltungsstrafverfahren anhängig gemacht worden. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10. Februar 2003 sei über ihn wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 4 BO eine Geldstrafe verhängt worden, wobei der Tatort sich auch auf das Objekt 1 bezogen habe. Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten sei in diesem Strafverfahren davon ausgegangen, dass mit Ausnahme des Geschäftslokales J. die sonstigen Bauteile des Objektes 1 nicht durch eine Baubewilligung gedeckt seien und daher die Zurverfügungstellung dieser Teile an einen Dritten der Verwaltungsstrafnorm nach § 37 Abs. 1 Z 1 BO unterliege. Auf Grund seiner Berufung habe der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich mit Bescheid vom 10. Mai 2004 ausgesprochen, dass die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht gegeben sei. Er habe daher davon ausgehen können, dass keine Verwaltungsübertretung vorliege, wenn er die gegenständlichen Teile des Objektes 1 durch die D.-GmbH benützen lasse. Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten habe ihre in mehreren Verwaltungsstrafverfahren vertretene Rechtsmeinung geändert und sei nunmehr der Auffassung, dass überhaupt keine Baubewilligung vorliege. Sie sehe jetzt eine Verwaltungsübertretung nicht mehr nach § 14 Z 4 BO, sondern nach § 14 Z 1 BO als gegeben an. Selbst wenn diese Rechtsauffassung zutreffen sollte, könne dem Beschwerdeführer als Rechtsunterworfenem nicht zugemutet werden, dass er von sich aus die richtige Gesetzesauslegung kenne, obwohl die erstinstanzliche Strafbehörde jahrelang eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten habe. Es könne ihm keinesfalls vorgeworfen werden, fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt zu haben, sodass für eine Bestrafung die subjektive Tatseite fehle. Selbst wenn Strafbarkeit gegeben wäre, wäre die verhängte Geldstrafe von EUR 2.500,-- wesentlich überhöht. Ein äußerst geringes Verschulden des Beschwerdeführers könnte nur darin erblickt werden, dass er nicht von Vornherein die richtige Rechtslage erkannt habe. Eine Ermahnung bzw. die Verhängung einer bedingten Geldstrafe oder einer Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens sei ausreichend.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung der Berufung keine Folge und verpflichtete den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von EUR 500,--. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, anlässlich einer baubehördlichen Überprüfungsverhandlung am 19. Dezember 1997 sei unter anderem festgestellt worden, dass das Objekt 1 sowohl in geänderter Lage als auch mit geänderten Abmessungen hergestellt worden sei, sodass die Abstände zum Geh- und Radweg und von der W.- Straße nur mehr 3,50 m bzw. 3,24 m anstelle der bewilligten Abstände von 8,40 m bzw. 8,11 m betragen würden. Das Objekt 1 sei - wie sich auch aus einem Erhebungsbericht der Feuerwehr vom 1. Juli 2004 ergeben habe - mit einer Breite von 18 m bei allen Geschäftsbereichen anstelle der bewilligten 15 m hergestellt worden. Dadurch sei eine Vergrößerung der insgesamt überbauten Fläche von 1.359,06 m2 auf 1.678,41 m2 erfolgt. Eine nachträgliche Baubewilligung sei lediglich für den Bereich des Verkaufslokales J., nicht aber für den restlichen Baukörper erteilt worden. Die Abweichungen des tatsächlich errichteten Gebäudes gegenüber dem Einreichplan seien vom Beschwerdeführer im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung außer Streit gestellt worden. Diese seien auch anlässlich der Überprüfungsverhandlung am 19. Dezember 1997 durch den Zeugen W. festgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe auch bestätigt, dass im Tatzeitraum die D.-GmbH das gegenständliche Objekt genutzt habe. Das Objekt 1 sei in einem Zug hergestellt und nicht erst nachträglich geändert worden. Es sei von einem rechtlichen "aliud" auszugehen, wenn ein Gebäude errichtet werde, das in seinen Ausmaßen und damit auch in seiner Situierung von der erteilten Baubewilligung abweiche. Die Baubewilligung werde nämlich für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass eine Abweichung hievon eine neuerliche Baubewilligung erfordere. Der Beschwerdeführer habe daher als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ den Tatbestand des § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 1 BO erfüllt. Soweit sich der Beschwerdeführer auf den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. Mai 2004 stütze, sei auszuführen, dass in diesem Verfahren dem Beschwerdeführer als verantwortlichem Organ der S.-GmbH & Co KEG angelastet worden sei, dass diese Gesellschaft als Vermieterin den Verantwortlichen der M.-GmbH die Benützung des gegenständlichen Objektes vorsätzlich erleichtert habe. Im nunmehrigen Verfahren werde ihm jedoch nicht die Vermietung durch die S.-GmbH & Co KEG, sondern die Benützung des Objektes durch die D.-GmbH angelastet. Bei dem vorigen Verfahren wäre eine Strafbarkeit nur bei Vorsatz gegeben gewesen, während im nunmehrigen Fall betreffend die Benützung des nicht bewilligten Objektes bereits bei fahrlässigem Handeln eine Strafbarkeit gegeben sei. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung selbst zugegeben, er sei immer bemüht gewesen, mit der Gemeinde eine Bereinigung der Situation herbei zu führen. Daraus sei zu schließen, dass ihm die nicht gesetzeskonforme Benützung des gegenständlichen Geschäftslokales bekannt gewesen sei, weshalb er zumindest fahrlässig gehandelt habe. Bei der Strafbemessung sei die erstinstanzliche Behörde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer über ein Einkommen von EUR 1.500,-- monatlich verfüge und für fünf Personen sorgepflichtig sei. Zu Erschwerungs- oder Milderungsgründen habe sich die erstinstanzliche Behörde nicht geäußert. Dem Beschwerdeführer komme der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit zugute. In Anbetracht des vom Beschwerdeführer angegebenen Einkommens von EUR 40.000,-- bis EUR 50.000,-- netto jährlich, eines beträchtlichen Vermögens in Form eines Einfamilienhauses, von drei Baugründen sowie von Anteilen an verschiedenen Gesellschaften und von Sorgepflichten für lediglich zwei Kinder sei die verhängte Geldstrafe von EUR 2.500,-- auch im Hinblick auf den festgestellten Tatzeitraum von fast drei Monaten angemessen. Von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers könne nicht gesprochen werden, zumal ihm bewusst gewesen sei, dass das gegenständliche Objekt nicht im genehmigten Ausmaß und daher konsenslos errichtet worden sei. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Errichtung des gegenständlichen Objektes handelsrechtlicher Geschäftsführer der St.-Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, der Mitgesellschaft der S.-GmbH & Co KEG gewesen, welcher die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Objektes 1 erteilt worden sei. Als handelsrechtlichem Geschäftsführer und damit als Verantwortlichem hätte dem Beschwerdeführer auffallen müssen, dass das Objekt in geänderter Weise gebaut worden sei, zumal bei einer Vergrößerung der verbauten Fläche wie im gegenständlichen Fall um 300 m2 auch höhere Baukosten haben anfallen müssen. Dass sich diese durch die Erweiterung der Flächen erhöht hätten, sei vom Beschwerdeführer im Zuge seiner Vernehmung zumindest für möglich erachtet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, der Sachverhalt sei in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig. Hätte die belangte Behörde sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, dass ein bereits gegen ihn geführtes Verwaltungsstrafverfahren mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom 10. Mai 2004 eingestellt worden sei, berücksichtigt, wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass er nicht mit einer neuerlichen Bestrafung habe rechnen können, sodass ein entschuldbares Verhalten vorliege, und hätte die Strafe aufgehoben bzw. bedingt ausgesprochen oder niedriger angesetzt. Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 96/06/0065, führt der Beschwerdeführer aus, dass ein Beschuldigter nur dann wegen desselben Sachverhaltes fortlaufend bestraft werden könne, wenn es eine Bestimmung wie § 23 Abs. 4 des Salzburger Baupolizeigesetzes (in der Folge: BauPolG) gebe. § 23 Abs. 4 des BauPolG stelle ausdrücklich darauf ab, dass der strafbare Tatbestand erst mit Rechtskraft der erforderlichen Bewilligung oder mit Beseitigung der baulichen Anlage ende. Dem Wortlaut des § 37 BO sei hingegen zu entnehmen, dass der strafbare Tatbestand mit der Benützung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne rechtskräftige Baubewilligung erfüllt sei. Diese Bestimmung normiere nicht den Fortbestand der Strafbarkeit wie § 23 Abs. 4 BauPolG, weshalb eine wiederkehrende Bestrafung des Beschwerdeführers jedenfalls ausscheide. Dies gelte auch für den Fall, dass der Beschwerdeführer bereits wegen desselben Sachverhaltes verfolgt und dieses Strafverfahren eingestellt worden sei.

Die hier relevanten Bestimmungen der BO lauten auszugsweise:

"§ 14

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:

1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;

...

4. die Abänderung von Bauwerken, wenn die Standsicherheit tragender Bauteile, der Brandschutz oder die hygienischen Verhältnisse beeinträchtigt, ein Widerspruch zum Ortsbild (§ 56) entstehen oder Rechte nach § 6 verletzt werden könnten;

...

§ 37 BO

Verwaltungsübertretungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet, wer

1. ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben (§ 14) ohne rechtskräftige Baubewilligung ausführt oder ausführen läßt oder ein so errichtetes oder abgeändertes Bauwerk benützt,

...

(2) Übertretungen nach

Abs. 1 Z. 1, 5 und 10 sind mit einer Geldstrafe von EUR 365,- bis zu EUR 7.300,-, zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen,

..., Abs. 1 Z. 4, 6 und 9 mit einer Geldstrafe bis zu Euro 730.-,

zuglich für den Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 3 Tagen

zu bestrafen."

Die hier maßgebenden Bestimmungen des VStG lauten auszugsweise:

"Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

...

Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Absehen von der Strafe

§ 21. (1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

..."

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes legte die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer angesprochenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom 10. Mai 2004, Zl. Senat-AM-03-0020, vor. Mit diesem Bescheid ist ein erstinstanzliches Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10. Februar 2003, mit dem über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe wegen Beihilfe zu einer Übertretung des § 37 Abs. 1. Z 1 iVm § 14 Z 4 BO verhängt worden war, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt worden, dass dem Beschwerdeführer mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis angelastet worden sei, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der S.-GmbH & Co KEG zu verantworten, dass diese Gesellschaft den beiden verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen der M.-GmbH die Benützung eines ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführten bewilligungspflichtigen Bauvorhabens (Abänderung eines Bauwerks gemäß § 14 Z 4 BO) durch das Zurverfügungstellen eines Geschäftslokales im Rahmen eines Mietvertrages vorsätzlich erleichtert habe. Die Bewilligungspflicht der als Abänderung zu wertenden Abweichungen von der ursprünglichen Baubewilligung sei von der erstinstanzlichen Behörde damit begründet worden, dass durch die geänderten Abstände zur W.-Straße und zum Geh- und Radweg dem derzeitigen Bebauungsplan und dem Ortsbild widersprochen würde und eine Beeinträchtigung des Brandschutzes entstehen könne. Da den behördlichen Feststellungen nicht einmal vage eine Umschreibung des Ortsbildes im Umfeld des gegenständlichen Objektes zu entnehmen sei, könne nicht beurteilt werden, ob das Ortsbild durch die geänderten Abstände zur W.- Straße und zum Geh- und Radweg beeinträchtigt werden könne. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung habe auch nicht geklärt werden können, ob das tatsächlich errichtete Objekt größer dimensioniert sei als das bewilligte. Es sei daher zu prüfen, ob die geänderten Abstände zum Nachbarobjekt geeignet seien, den Brandschutz zu beeinträchtigen. Der tatsächliche Abstand beider Gebäude voneinander sei aber auch keiner behördlichen Verfolgungshandlung zu entnehmen, weshalb eine Spruchkorrektur ausscheide.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, sein Verhalten sei entschuldbar gewesen, da er nach der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom 10. Mai 2004 nicht mit einer neuerlichen Bestrafung habe rechnen können, kommt keine Berechtigung zu. Der oben wiedergegebenen Begründung dieses Bescheides lässt sich entnehmen, dass in dem damaligen Strafverfahren u.a. nicht abschließend geklärt werden konnte, ob das - auch hier gegenständliche - Objekt größer als bewilligt ausgeführt wurde. Somit ergibt sich aber auch, dass in dem damaligen Strafverfahren gerade die hier maßgebliche Frage, ob für das gegenständliche Objekt auf Grund von Abweichungen von der ursprünglichen Bewilligung eine neuerliche Baubewilligung iSd § 14 Z 1 BO erforderlich gewesen wäre, ausdrücklich offen blieb. Die in der Beschwerde geforderte Berücksichtigung dieses Verwaltungsstrafverfahrens für die Beurteilung des Verschuldens des Beschwerdeführers kommt daher schon deshalb nicht in Betracht.

Im nunmehr vorliegenden Fall wurden im Übrigen die festgestellten Abweichungen des tatsächlich errichteten Objektes gegenüber dem Einreichplan im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer selbst außer Streit gestellt. Der belangten Behörde kann somit nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss kam, dass das gegenständliche Objekt in seinen Ausmaßen und damit auch in seiner Situierung von der dafür erteilten Baubewilligung um die festgestellten Maße abweicht, weshalb von einem rechtlichen "aliud" auszugehen ist. Da die Baubewilligung für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt wird, ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass die gegenständlichen Abweichungen eine neuerliche Baubewilligung nach § 14 Z 1 BO erfordert hätten (vgl. z.B. das auch von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/1517).

Von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers kann schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Beschwerdeführer die Ausführungen der belangten Behörde, er sei zum Zeitpunkt der Errichtung des Objektes 1 handelsrechtlicher Geschäftsführer der St.-Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der S.-GmbH & Co KEG, gewesen, welcher die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Objektes 1 erteilt worden sei, nicht bestreitet. Es kann somit aber nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde folgerte, der Beschwerdeführer hätte zumindest wissen müssen, dass das Objekt 1 abweichend von der dafür erwirkten Baubewilligung errichtet worden ist. Die belangte Behörde hat daher zu Recht nicht gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Strafe abgesehen.

Wenn der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 96/06/0096, vermeint, dass eine "wiederkehrende" Bestrafung nicht zulässig sei, weil § 37 BO anders als § 23 Abs. 4 BauPolG nicht den Fortbestand der Strafbarkeit normiere, vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheid aufzuzeigen. Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis ist schon deshalb nicht vergleichsweise heranziehbar, weil es die Errichtung einer Lagerhalle ohne für die Errichtung erforderliche Bewilligung betraf. Im gegenständlichen Beschwerdefall wird aber die Benützung eines Objektes, welches ohne Baubewilligung errichtet wurde, angelastet. Außerdem wurde in dem genannten Erkenntnis vom 25. April 1996 ausgeführt, dass an sich nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 BauPolG der dort strafbare Tatbestand mit der Beendigung der Bauführung abgeschlossen wäre. Abs. 4 des § 23 BauPolG normiere jedoch ausdrücklich den Fortbestand der Strafbarkeit. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung liege somit der strafbare Tatbestand der Ausführung einer baulichen Maßnahme ohne Vorliegen einer Baubewilligung solange vor, bis entweder eine rechtskräftige Baubewilligung vorhanden oder die bauliche Anlage abgetragen worden sei. Hingegen kann im vorliegenden Beschwerdefall nicht zweifelhaft sein, dass sich das Tatbild des von der Behörde herangezogenen Tatbestandes nach dem Wortlaut nicht in der Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes erschöpft (arg.: "benützt oder benützen lässt"), es sich somit um ein Dauerdelikt handelt. Die Verwaltungsübertretung des § 37 Abs. 1 Z 1 2. Halbsatz BO ist für verschiedene Zeiträume daher so lange strafbar, solange der inkriminierte Zustand andauert (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1975, Zl. 1252/74, zur NÖ BO 1969 und Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 7. Auflage, Seite 501 FN 3).

Der Beschwerdeführer rügt schließlich die Strafbemessung der belangten Behörde. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzgemäß Gebrauch gemacht worden ist. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet wäre, nur die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, Zl. 2000/09/0059). Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass die Erwägungen der belangten Behörde zur Strafhöhe den genannten Anforderungen nicht entsprechen und zu einem gesetzwidrigen Ergebnis geführt haben. Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung insbesondere dem Verschulden des Beschwerdeführers die gebotene Bedeutung beigemessen.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Juni 2006

Schlagworte

ErmessenAllgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005050262.X00

Im RIS seit

25.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten