TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/4 2006/09/0055

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Veröffentlicht am 04.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §118 Abs1 Z4;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §44 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Finanzen gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 11. Jänner 2006, Zl. 139/9-DOK/05, betreffend Einstellung eines Disziplinarverfahrens (mitbeteiligte Partei: S in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Freispruches hinsichtlich des Vorwurfes, die Mitbeteiligte habe in der Zeit zwischen 13. September 1996 und 13. November 2003 während der Dienstzeit, jedoch ohne dienstliche Veranlassung, somit unbefugt, auf ihr zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben zugängliche Daten des Abgabeninformationssystems zugegriffen, die namentlich genannte Abgabepflichtige betroffen hätten, für die nicht die Mitbeteiligte, sondern das Finanzamt 4/5/10 zuständig sei und habe dadurch gegen die Dienstpflichten des § 44 Abs. 1 BDG 1979, wonach der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsrechtlich nichts anderes bestimmt sei, zu befolgen habe, verstoßen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Begründung

Die Mitbeteiligte war vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 2001 Betriebsprüferin beim Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk, davon seit 2. März 1995 mit der Zusatzfunktion einer Gruppenleiterstellvertreterin, danach übte sie bis 30. September 2004 die Funktion einer Gruppenleiterin der Betriebsprüfungsabteilung bei diesem Finanzamt aus.

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen leitete mit Beschluss vom 17. November 2004 gegen die mitbeteiligte Partei ein Disziplinarverfahren ein,

"weil der Verdacht besteht, sie habe schuldhaft

1. in der Zeit zwischen 13. September 1996 und 13. November 2003 während der Dienstzeit, jedoch ohne dienstliche Veranlassung, somit unbefugt, auf ihr zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben zugängliche Daten des Abgabeninformationssystems" (in der Folge: AIS) "zugegriffen, die zwei" (betreffend den Abfragezeitraum und die Namen näher umschriebene) "Abgabepflichtige betrafen, für die sie nicht zuständig war, für die beide das Finanzamt Wien 4/5/10 zuständig war und ist, mit deren Wissen und Zustimmung,

und

2. als Ergebnis der zu 1. getätigten Abfragen beratende Auskünfte in steuerlichen Angelegenheiten erteilt, dabei insbesondere auch an der Erstellung von Abgabenerklärungen mitgewirkt habe.

(Die Mitbeteiligte) habe dadurch gegen die Dienstpflichten des § 43 Abs. 1 BDG 1979, wonach der Beamte verpflichtet ist,

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen,

des § 43 Abs. 2 BDG 1979, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt,

des § 44 Abs. 1 BDG 1979, wonach der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen hat, und

des § 56 Abs. 2 BDG 1979, wonach der Beamte unter anderem keine Nebenbeschäftigung ausüben darf, die die Vermutung der Befangenheit hervorruft,

verstoßen

und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91

BDG 1979 begangen."

Die Mitbeteiligte habe im genannten Zeitraum regelmäßig Abfragen von Daten von zwei namentlich genannten Abgabenpflichtigen aus dem AIS getätigt, bei denen es sich um Bekannte bzw. Freunde der Mitbeteiligten handle.

Die Behörde erster Instanz zitierte fünf der Zahl nach näher umschriebene Erlässe des Bundesministers für Finanzen, die auf die Unzulässigkeit nicht dienstlich veranlasster Abfragen hinweisen.

Die dagegen erhobene Berufung wurde von der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom 30. März 2005 abgewiesen.

Die Behörde erster Instanz entschied mit Disziplinarerkenntnis vom 6. Oktober 2005 folgendermaßen:

"(Die Mitbeteiligte) ist schuldig, ihre Dienstpflichten dadurch schuldhaft verletzt zu haben, dass sie

1. in der Zeit zwischen 13. September 1996 und 13. November 2003 während der Dienstzeit, jedoch ohne dienstliche Veranlassung, somit unbefugt, auf ihr zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben zugängliche Daten des AIS zugegriffen hat, die zwei" (betreffend den Abfragezeitraum und die Namen näher umschriebene) "Abgabepflichtige betrafen, für die sie nicht zuständig war, für die beide das Finanzamt Wien 4/5/10 zuständig war und ist,

und unter Verwendung dieser Daten beratende Auskünfte in steuerlichen Angelegenheiten erteilt und insbesondere an der Erstellung von Abgabenerklärungen mitgewirkt zu haben.

(Die Mitbeteiligte) hat dadurch gegen die Dienstpflichten

-

des § 43 Abs. 1 BDG 1979, wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen,

-

des § 43 Abs. 2 BDG 1979, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt,

-

des § 44 Abs. 1 BDG 1979, wonach der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen hat,

verstoßen

und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen habe.

Hingegen wird (die Mitbeteiligte) vom Vorwurf, sie habe gegen die Dienstvorschriften

des § 56 Abs. 2 BDG 1979, wonach der Beamte keine Nebenbeschäftigung ausüben darf, die Vermutung der Befangenheit hervorruft,

freigesprochen.

(Die Mitbeteiligte) wird hiefür gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 mit einer Geldbuße in Höhe von 1.065,60 Euro bestraft."

Dass die vorgeworfenen Abfragen getätigt wurden, sei durch die Analyse des Abfrageverhaltens der Mitbeteiligten im AIS erwiesen. In fünf näher bezeichneten Erlässen sei darauf hingewiesen worden, dass Abfragen ohne dienstliche Veranlassung nicht zulässig seien und dienstrechtliche und disziplinarrechtliche Folgen haben können.

Der dagegen erhobenen Berufung der Mitbeteiligten gab die belangte Behörde Folge und sprach die Mitbeteiligte von den gegen sie erhobenen disziplinären Vorwürfen gemäß § 126 Abs. 2 iVm § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 frei. Die wesentliche Begründung lautet:

"Zur rechtlichen Würdigung ist festzuhalten, dass auszuschließen ist, dass die Beschuldigte durch ein und dasselbe Verhalten mehrere Dienstpflichten verletzt hat. Bei einem Handlungsablauf kann nämlich immer nur eine Dienstpflichtverletzung zur Last gelegt werden (VwGH 17.11.2004, 2001/09/0035), der 'besondere' Pflichtenverstoß gegen § 44 Abs. 1 BDG darf nicht zusätzlich als Verletzung der Allgemeinen Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG angelastet werden (VwGH 17.11.2004, 2001/09/0035). In einem Fall der Idealkonkurrenz zwischen dem Vorwurf der Verletzung einer Allgemeinen Dienstpflicht einerseits und einer besonderen Dienstpflicht andererseits ist ausschließlich die 'besondere' Pflichtverletzung anzulasten (VwGH 17.11.2004, 2001/09/0035).

Im gegenständlichen Disziplinarverfahren war daher lediglich zu prüfen, ob die Beschuldigte durch das ihr hinsichtlich der von ihr getätigten Datenzugriffe sowie der Erteilung der oa. Auskünfte bzw. Hilfestellungen für Dr. G und H angelastete Fehlverhalten Dienstpflichtverletzungen nach § 44 Abs. 1 BDG begangen hat.

Hinsichtlich der Zugriffe der Beschuldigten auf die Daten der oa. Steuerpflichtigen ist der Rechtsmeinung der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde insofern zu folgen, dass diese Zugriffe entgegen den oa. Erlässen des Bundesministers für Finanzen erfolgten. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Schutzzweck der oa. Erlässe primär die Wahrung des Steuergeheimnisses vor unberechtigten Zugriffen bzw. das Aufspüren 'schwarzer Schafe' in der Finanzverwaltung ist, die unerlaubte Nebenbeschäftigungen ausüben. Im gegenständlichen Fall hat die Beschuldigte durchaus mit dem Einverständnis der oa. Steuerpflichtigen auf deren Daten zugegriffen. Diese Vorgangsweise der Beschuldigten war offensichtlich primär von Hilfsbereitschaft gegenüber den Steuerpflichtigen H und Dr. G geprägt. Dem Verhalten der Beschuldigten ist dabei ein entsprechend geringerer Unrechtsgehalt zuzubilligen.

Bei der Beurteilung der disziplinären Relevanz des Fehlverhaltens der Beschuldigten ist auch auf den insbesondere an die Dienstbehörden gerichteten Erlass des Bundesministers für Finanzen, GZ BMF-320700/0002-I/20/2004, Bedacht zu nehmen, der seit 1. Jänner 2005 generell anzuwenden ist.

In diesem Erlass wird wörtlich ausgeführt:

'Zuständigkeit und Verantwortung

Die Beurteilung des Sachverhalts und die Veranlassung allfälliger Maßnahmen obliegt dem Leiter/der Leiterin der Dienstbehörde.

Es ist Aufgabe der Regionalmanager, in ihrem Wirkungsbereich für eine einheitliche Beurteilung zu sorgen.

Für die Beurteilung durch die Dienstbehörden sind dienstlich unbegründete Datenzugriffe erst nach Ergehen der einschlägigen Erlässe - also ab dem Jahr 2001 unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist - maßgeblich.'

Aus dieser Regelung folgt klar, dass den Dienstbehörden die Ahndung unberechtigter Datenzugriffe durch Mitarbeiter der Finanzverwaltung erst ab dem 1.1.2001 nahe gelegt wird und zuvor getätigten Abfragen keine dienst- bzw. disziplinarrechtliche Relevanz seitens des Ressorts beigemessen wird. Entsprechend dazu ist hinsichtlich der seitens der Beschuldigten vor dem 1.1.2001 getätigten AIS-Zugriffe zwar von einem Fehlverhalten ihrerseits auszugehen, dem jedoch kein hoher Unrechtsgehalt beizumessen ist. Es ist dabei auch im Sinne einer Gleichbehandlung der Beamten des Ressorts dem Umstand Rechnung zu tragen, dass im Sinne des oa. Erlasses nunmehr unberechtigte AIS-Zugriffe, die vor dem 1.1.2001 gesetzt wurden, nicht mehr disziplinär geahndet werden sollen. Eine Schlechterstellung von Beamten, deren Verhalten vor Inkrafttreten dieses Erlasses gesetzt wurde, ist jedenfalls zu vermeiden.

Hinsichtlich der im gleichen oa. Erlass geregelten Filterkriterien für die Logfileauswertung im Zeitraum ab 1.1.2001 ist zu berücksichtigen, dass die rechtswidrigen Zugriffe der Beschuldigten hinsichtlich der Daten der oa. Steuerpflichtigen in einem Zeitraum von weniger als 36 Monaten (35 Monate hinsichtlich der Daten des Dr. G, 31 Monate hinsichtlich H) gesetzt wurden. Damit wird hinsichtlich des zu prüfenden Tatzeitraumes von einem Verhalten auszugehen sein, das nunmehr nicht den Filterkriterien für die Logfileauswertung entspricht, da hiefür neben den Zugriffen auf dieselbe Steuernummer und der Zahl der Zugriffe auf einen Zeitraum von 36 Monaten abgestellt wird. Entsprechend dazu ist ebenfalls im Lichte der Filterkriterien von einem geringeren Unrechtsgehalt der Verfehlungen der Beschuldigten auszugehen. Weiters ist der Beschuldigten zuzubilligen, dass ihr Fehlverhalten nicht aus verwerflichen Motiven, sondern, wie bereits ausgeführt, lediglich aus Gründen der Hilfsbereitschaft gesetzt wurde und zu keinen wie immer gearteten Schäden oder nachteiligen Folgen für die Finanzverwaltung geführt hat. Der Beschuldigten ist auch seit nunmehr über zwei Jahren nach Beendigung der rechtswidrigen AIS-Zugriffe ihr Wohlverhalten zu Gute zu halten, sodass eine disziplinäre Ahndung ihres Fehlverhaltens nicht notwendig erscheint, um die Beschuldigte von weiteren Verfehlungen abzuhalten. Insgesamt war daher vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 118 Abs. 1 Z 4 BDG auszugehen und die Beschuldigte unter Anwendung dieser Bestimmung iVm § 126 Abs. 2 BDG freizusprechen (sinngemäß dazu VwGH 18.3.1998, 97/09/0011, DOK 15.9.2005, GZ 75/11-DOK705).

Es ist aber festzuhalten, dass der oa. Erlass des Bundesministers für Finanzen, GZ 66.1009/30-V 1/6/00, dahingehend zu verstehen ist, dass Auskünfte bzw. damit verbundene Datenzugriffe lediglich durch den zuständigen Sachbearbeiter bzw. Angehörige des zuständigen Referates oder Mitarbeiter des IC erfolgen sollen, und dass eine über das Übliche hinausgehende Servicierung von Steuerpflichtigen durch Beamte der Finanzverwaltung hintanzuhalten ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Disziplinaranwaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung - gegen den angefochtenen Bescheid in seiner Gesamtheit gerichtete Beschwerde erwogen:

§ 118 BDG lautet auszugsweise:

"(1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

...

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken."

Vorweg verweist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0147, weil der dem genannten Erkenntnis zu Grunde liegende Sachverhalt dem hier zu beurteilenden betreffend die objektive Tatseite (sowohl im Hinblick auf die unbefugten Abfragen aus dem AIS als auch deren Weiterverwendung) im Wesentlichen gleicht.

Darüber hinaus ist Folgendes zu ergänzen:

Zwar verkennt die belangte Behörde, dass sie den Bescheid der Behörde erster Instanz nicht nur im Hinblick auf die Begehung einer Dienstpflichtverletzung nach § 44 Abs. 1 BDG zu prüfen gehabt hätte, weil der Schuldspruch der Behörde erster Instanz nicht nur die Missachtung von Weisungen durch Zugriffe auf Daten aus dem AIS umfasste, für die die Mitbeteiligte nicht zuständig war (insoweit läge ein Verstoß gegen die Dienstpflicht des § 44 Abs. 1 BDG vor), sondern auch darüber hinausgehend den Vorwurf enthielt, durch Verwendung dieser Daten Auskünfte erteilt zu haben (insoweit läge allenfalls ein Verstoß gegen die Dienstpflichten des § 43 Abs. 1 BDG vor). Daher handelt es sich um keinen Fall einer Idealkonkurrenz durch "ein und dasselbe Verhalten", sondern um die Wertung verschiedener vorgeworfener Dienstpflichtverletzungen. Dies verhilft der Beschwerde im gegenständlichen Fall aber betreffend den Vorwurf, unter Verwendung dieser Daten Auskünfte erteilt zu haben, aus den im bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0147, genannten Gründen nicht zum Erfolg.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Fall - im Einklang mit der im zitierten Erkenntnis vom 22. Februar 2006 ausgeführten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes - davon ausgegangen ist, dass betreffend die Abfragen aus dem AIS Weisungsverstöße gegeben seien und die objektive Tatseite des § 44 Abs. 1 BDG erfüllt sei.

Es mag auf sich beruhen, ob die Voraussetzungen des § 118 Abs. 4 BDG im Hinblick darauf, dass die Abfragen der Mitbeteiligten "offensichtlich primär von Hilfsbereitschaft gegenüber den Steuerpflichtigen H und G geprägt" gewesen seien, vorliegen. Denn die Einstellung erfolgte aus den Gründen des § 118 Abs. 4 BDG, die belangte Behörde hat aber nicht begründet, warum die gemäß § 118 Abs. 4 BDG kumulativ (arg. "und überdies") für die Einstellung des Disziplinarverfahrens notwendige Voraussetzungen des Fehlens der Notwendigkeit, der Verletzung derartiger Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken (generalpräventive Wirkung), erfüllt sein sollte. Die belangte Behörde hat zwar das Fehlen von Gesichtpunkten der Spezialprävention (und zwar mit über zwei Jahre währendem Wohlverhalten) begründet, jedoch nicht das Fehlen von Gesichtpunkten der Generalprävention.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher hinsichtlich des Freispruches vom Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung durch nicht dienstlich veranlasste Abfragen aus dem AIS in dem im Bescheid der Behörde erster Instanz umfassten (Gesamt-)Zeitraum mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er im spruchgemäßen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Hingegen war die Beschwerde aus den im bereits zitierten Erkenntnis vom 22. Februar 2006 genannten Gründen im Umfang des Freispruchs betreffend den Vorwurf der Weiterwendung der abgefragten Daten (samt Erteilung von Auskünften und Erstellung von Abgabenerklärungen) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Für das fortgesetzte Verfahren weist der Verwaltungsgerichtshof auf die im mehrfach genannten Erkenntnis vom 22. Februar 2006 unter c) enthaltenen Ausführungen hin. Wien, am 4. September 2006

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006090055.X00

Im RIS seit

10.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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