TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/6 2005/09/0083

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Veröffentlicht am 06.11.2006
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/03 Vertragsbedienstetengesetz;
92 Luftverkehr;

Norm

BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
HDG 2002 §12 Abs1 Z4 litb;
HDG 2002 §13 Abs1 Z3 litb;
HDG 2002 §2 Abs1 Z1;
HDG 2002 §50 Z2;
HDG 2002 §51;
HDG 2002 §58;
HDG 2002 §6 Abs1 Z1;
HDG 2002 §6 Abs1;
LVR 1967 §3 Abs1;
LVR 1967 §4 Abs1;
LVR 1967 §4 Abs2;
VBG 1948 §5 Abs1 idF 1999/I/010;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/09/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerden 1. des T in O und 2. des Dr. P in E, beide vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die jeweils sie betreffenden Bescheide des Bundesministers für Landesverteidigung vom 6. Mai 2005, Zl. S91530/13-DiszBW/2005 (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers protokolliert zur hg. Zl. 2005/09/0083, hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers protokolliert zur hg. Zl. 2005/09/0091), betreffend Disziplinarstrafen der Geldbuße, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer ist Stabswachtmeister und wird seit 1. Oktober 2002 mit Sondervertrag als Militärpilot auf Zeit in einer Unteroffiziersfunktion verwendet; er versieht seinen Dienst bei der vierten Staffel des Fliegerregimentes 1.

Der Zweitbeschwerdeführer ist als Brigadier rechtskundiger Offizier des Intendanzdienstes und als Militärperson der Verwendungsgruppe M BO1 Soldat im Dienstverhältnis. Als Leiter der Generalstabsabteilung 1 des Kommandos Luftstreitkräfte obliegen ihm gemäß geltender Dienstanweisung für das Kommando Luftstreitkräfte neben der Wahrnehmung sämtlicher Dienstrechtsangelegenheiten als Dienstbehörde erster Instanz, der Personalführung und Personalentwicklung, dem Vollzug aller besoldungsrechtlichen Angelegenheiten, der Personalbetreuung und der Administration besonderer Vorfälle, auch die Mitwirkung an der Vollziehung der militärluftfahrtrechtlichen Angelegenheiten.

Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesministers für Landesverteidigung als dem zuständigen Disziplinarvorgesetzten wurde der Erstbeschwerdeführer nach Durchführung eines Kommandantenverfahrens schuldig erkannt, er habe am 16. Juni 2004 als verantwortlicher Pilot des Militärflugzeugs PC Y, auf dem Flug von G nach L, Flugnummer ..., dem Zweitbeschwerdeführer zumindest vorübergehend die Steuerung des Flugzeuges überlassen, obwohl er gewusst habe, dass dieser nicht die dafür notwendigen gültigen Ausweise und Berechtigungen habe; er habe dadurch die in § 5 Abs. 1 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 enthaltenen Dienstpflichten verletzt und eine Pflichtverletzung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG 2002 begangen. Der Erstbeschwerdeführer wurde wegen dieser Dienstpflichtverletzung gemäß § 50 Z. 2 HDG 2002 in Verbindung mit § 51 leg. cit. mit einer Geldbuße in der Höhe von EUR 250,-- bestraft.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Zweitbeschwerdeführer nach Durchführung eines Kommandantenverfahrens schuldig erkannt, am 16. Juli 2004 als Passagier des Militärflugzeuges PC Y, auf dem Flug von G nach L, Flugnummer ..., entsprechend dem Angebot des verantwortlichen Piloten, des Erstbeschwerdeführers, zumindest vorübergehend die Steuerung des Flugzeuges übernommen zu haben, obwohl er nicht die dafür notwendigen gültigen Ausweise und Berechtigungen gehabt habe, womit er gegen die in § 43 Abs. 2 BDG genannten Pflichten verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG begangen habe. Der Zweitbeschwerdeführer wurde wegen dieser Dienstpflichtverletzung gemäß § 50 Z. 2 HDG 2002 in Verbindung mit § 51 leg. cit. mit der Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von EUR 800,-- bestraft.

Die belangte Behörde ging in beiden Bescheiden - im Wesentlichen wortgleich - von folgendem Sachverhalt aus:

"Am 16. Juni 2004, von 1221 Uhr bis 1314 Uhr, flog das Militärflugzeug Y, mit der Flugnummer ... von G nach L. Wie bereits beim Hinflug am selben Morgen war StWm T als verantwortlicher Pilot eingeteilt. An Bord befanden sich weiters StWm S als Techniker sowie Bgdr Dr. P, MjrdG Mag. G und M als Passagiere.

Bgdr Dr. P nahm rechts neben dem Piloten am Steuer Platz, StWm S saß auf der rechten Seite hinter ihm, MjrdG G saß hinter dem Piloten und M wurde der hinterste linke Sitz zugewiesen.

Bgdr Dr. P hatte etwa ein Jahr zuvor die gesamte Grundausbildung in Theorie und Praxis für den Flugzeugtyp Y absolviert, war jedoch im letzten Moment nicht zur Prüfung zugelassen worden. Dieser Umstand war bekannt.

Vor dem Abflug fragte StWm T Bgdr P, ob er fliegen bzw. ihn

beim Flug unterstützen wolle.

...

Das Triebwerk wurde vom verantwortlichen Piloten, StWm T,

angelassen.

...

Nach dem Anlassen des Triebwerks führte StWm T gemeinsam mit Bgdr Dr. P die für den Flug notwendigen Checks durch. Ab dem Start hatte Bgdr Dr. P seine Hände am Steuerknüppel und führte gemeinsam mit StWm T die notwendigen Steuerbewegungen aus.

...

Fest steht, dass die beiden Steuerknüppel starr miteinander verbunden sind und daher deren Ruder- und Steuerausschläge jedenfalls synchron verlaufen, sowie dass beim Start sowohl StWm T als auch Bgdr Dr. P die Hände am Steuer hatten. Wer schließlich von den beiden die wesentlichen Steuerimpulse beim Start setzte, ist nicht mit Sicherheit festzustellen.

Bremsen, Seitenrudertrimmung und Spornradverriegelung können beim gegenständlichen Flugzeugtyp nur vom linken Pilotensitz aus bedient werden. Da gerade beim Start Korrekturen der Trimmung und des Seitenruders sowie leichte Bremsungen notwendig sein können, ist nach den übereinstimmenden Angaben von StWm T und Bgdr Dr. P die selbständige Durchführung eines Starts vom rechten Pilotensitz aus unter normalen Umständen nicht möglich.

Während des Streckenflugs nach Langenlebarn haben sich StWm T und Bgdr Dr. P bei der Steuerung des Flugzeuges abgewechselt.

....

Navigation und Funkverkehr wurden von StWm T durchgeführt. Bei der Landung in L führten - wie beim Start in G - wieder beide gemeinsam den Steuerknüppel."

Rechtlich kam die belangte Behörde, ausgehend von diesem Sachverhalt und nach Darstellung der Rechtslage zu dem Ergebnis, der Erstbeschwerdeführer habe am Tattag als verantwortlicher Pilot des bezeichneten Militärflugzeuges auf dem Flug von G nach L dem Zweitbeschwerdeführer zumindest phasenweise die Steuerung des Flugzeuges überlassen, obwohl er gewusst habe, dass dieser nicht die dafür notwendigen gültigen Ausweise und Berechtigungen gehabt habe. Das Steuern eines Flugzeuges sei zweifellos als technisches Bedienen eines Luftfahrzeuges im Sinne des § 3 Abs. 1 Luftverkehrsregeln (LVR 1967) zu werten. Der Erstbeschwerdeführer sei Inhaber eines gültigen Militär-Flugzeugführerscheines und besitze darüber hinaus einen zivilen Berufspilotenschein, sowie diverse zivile Fluglehrberechtigungen. Ihm seien daher die Bestimmungen der LVR 1967 grundsätzlich bekannt. Indem er auf dem gegenständlichen Flug dem Zweitbeschwerdeführer die Steuerung und damit die technische Bedienung der Y vorübergehend überlassen habe, obwohl er gewusst habe, dass diesem die dafür notwendigen Berechtigungen fehlten, habe er als verantwortlicher Pilot ein Verhalten gesetzt, das im Widerspruch zu den luftfahrrechtlichen Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 und 5 Abs. 1 erster Satz LVR 1967 stehe. Die Pflicht des Vertragsbediensteten, die ihm übertragenen Arbeiten und Verrichtungen fleißig und gewissenhaft nach bestem Wissen und Gewissen zu vollziehen, umfasse bei einem Militärpiloten natürlich auch die Beachtung und Einhaltung der luftfahrtrechtlichen Vorschriften. Ein Verstoß gegen die luftfahrtrechtlichen Bestimmungen während der Ausübung der dienstlichen Tätigkeit als Militärpilot stelle daher auch eine Verletzung der in § 5 Abs. 1 erster Satz VBG 1979 enthaltenen Dienstpflichten dar. Zur Verschuldensfrage sei bereits festgestellt worden, dass dem Erstbeschwerdeführer die gegenständlichen luftfahrrechtlichen Bestimmungen auf Grund seiner umfassenden fliegerischen Ausbildung jedenfalls hätten bekannt sein müssen. Er habe zugegeben, dass ihm "mittlerweile klar" geworden sei, dass seine "Vorgangsweise nicht 100 %ig korrekt gewesen sei und den Bestimmungen der Luftverkehrsregeln widerspricht", doch habe er vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Zweitbeschwerdeführer die entsprechende Ausbildung genossen habe und es andererseits schon immer üblich gewesen sei, andere Personen beim Fliegen einzubinden, zum Zeitpunkt der Handlung keinerlei Bedenken gehabt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es in der Vergangenheit öfters vorgekommen sei, dass Passagiere von Militärpiloten eingeladen würden, das Steuern von Militärflugzeugen zu "probieren". Dementsprechend sei es glaubwürdig, dass das Unrechtsbewusstsein des Erstbeschwerdeführers bei seiner Vorgehensweise "nicht besonders stark ausgeprägt" gewesen sei. Andererseits vermöge das rechtswidrige Handeln anderer die vorschriftswidrige Handlung des Erstbeschwerdeführers nicht zu rechtfertigen. Auf Grund der festgestellten Umstände sei davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführer zumindest für möglich gehalten habe, dass er mit seiner Vorgangsweise gegen die einschlägigen luftfahrtrechtlichen Bestimmungen verstoße und damit seine Pflichten als Militärpilot verletze. Er sei auf Grund der bisherigen Praxis "allenfalls davon ausgegangen", dass eine solche Vorgehensweise von den Vorgesetzten geduldet oder zumindest nicht geahndet werde. Er habe damit vorsätzlich seine Dienstpflichten verletzt und eine Dienstpflichtverletzung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG 2002 begangen.

Im zweitangefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde ergänzend fest, der Zweitbeschwerdeführer sei früher Militärpilot gewesen und habe von 1974 bis 1980 den Militär-Flugzeugführerschein mit diversen Berechtigungen, u.a. auch für die SAAB 105 besessen; von 2002 bis 2003 habe er einen gültigen Militärflugschülerausweis gehabt und die theoretische und praktische Grundausbildung für die Y absolviert, sei jedoch zur Prüfung nicht zugelassen worden, weshalb er im gegenständlichen Zeitpunkt weder einen gültigen Militärflugzeugführerschein, noch einen gültigen Militärflugschülerausweis besessen habe. Rechtlich schloss die belangte Behörde daraus, auch dem Zweitbeschwerdeführer hätten die einschlägigen luftfahrtrechtlichen Vorschriften auf Grund seiner Ausbildung als Jurist, seiner langjährigen Tätigkeit als Militärpilot und seines derzeitigen Aufgabenbereiches, nämlich die Mitwirkung an der Vollziehung der militärluftfahrtrechtlichen Angelegenheiten, jedenfalls bekannt sein müssen. Er habe anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben, im Glauben gewesen zu sein, dass nach einer Bestimmung der Flugbetriebsordnung ein Pilot einem Mitfliegenden unselbständige Tätigkeiten überlassen könne, wenn er der Meinung sei, dass dieser entsprechend geschult wäre. Die gegenständliche Vorgangsweise sei vor dem Hintergrund der einschlägigen Vorschriften jedenfalls nicht unkorrekt gewesen. Diese Angaben seien vor dem Hintergrund seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung als Schutzbehauptung zu werten. Auch aus der Flugbetriebsordnung ergebe sich eindeutig, dass alle Besatzungsmitglieder von Militärflugzeugen die jeweils erforderlichen Befähigungen gemäß der Militärluftfahrt-Personalverordnung besitzen müssten, bzw. die erforderliche Ausbildung positiv abgeschlossen haben müssten. Abweichungen seien nur in der abschließenden Phase der einsatznahen Ausbildung zur Erreichung der jeweiligen Befähigung zulässig. Der Zweitbeschwerdeführer habe zwar ein Jahr zuvor an der praktischen und theoretischen Ausbildung an der Y teilgenommen, einen positiven Abschluss dieser Ausbildung habe er jedoch nicht, weil er zur Prüfung nicht zugelassen worden sei. Indem er auf dem gegenständlichen Flug die Einladung des Piloten (des Erstbeschwerdeführers) zur Steuerung der Y angenommen und diese zumindest vorübergehend technisch bedient habe, obwohl er gewusst habe, dass ihm die dafür notwendigen Berechtigungen fehlten, habe er ein Verhalten gesetzt, dass im Widerspruch zu den luftfahrtrechtlichen Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 und 5 Abs. 1 erster Satz LVR 1967 stehe. Der Zweitbeschwerdeführer habe diese Handlungen in seiner Dienstzeit, jedoch nicht in Vollziehung seiner dienstlichen Aufgaben, unternommen, da er bei dem gegenständlichen Flug lediglich Passagier gewesen sei. § 43 Abs. 1 BDG 1979 komme daher in diesem Fall nicht zur Anwendung. Die Handlung weise jedoch einen konkreten Zusammenhang zum Aufgabenbereich des Zweitbeschwerdeführers auf, weil er als rechtskundiger Intendanzoffizier und Leiter der Generalstabsabteilung 1 des Kommandos Luftstreitkräfte nicht nur die für die Vollziehung von Dienstrechtsangelegenheiten zuständig, sondern auch für die ordnungsgemäße Vollziehung der militärluftfahrtrechtlichen Angelegenheiten verantwortlich sei. Die mit dieser Position verbundene Stellung und besondere Vorbildfunktion betreffend die Beachtung und Einhaltung von Rechtsnormen sei mit dem gegenständlichen, den einschlägigen militärluftfahrtrechtlichen Vorschriften widersprechenden Verhalten nicht vereinbar. Er habe vielmehr ein Verhalten gesetzt, das die in § 43 Abs. 2 BDG 1979 normierten Dienstpflichten missachte.

Hinsichtlich der Verschuldensfrage wiederholte die belangte Behörde ihre im erstangefochtenen Bescheid angestellten Überlegungen und kam zum rechtlichen Kalkül, dass auch der Zweitbeschwerdeführer vorsätzlich seine Pflichten verletzt und eine Dienstpflichtverletzung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 HDG 2002 begangen habe.

Sodann folgen in beiden Bescheiden die Erwägungen der belangten Behörde zur Strafbemessung.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in welchen die Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung beider Rechtssachen infolge ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

Beide Beschwerdeführer machen unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die belangte Behörde habe unbegründet gelassen, worauf sie den gegen beide Beschwerdeführer gerichteten Vorwurf eines vorsätzlichen Verhaltens, wenn auch nur in Form des Eventualvorsatzes, stütze, zumal sie selbst Feststellungen dahingehend getroffen habe, dass die von den Beschwerdeführern gepflogene Vorgangsweise von den Vorgesetzten "geduldet oder zumindest nicht geahndet" werde. Der Erstbeschwerdeführer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch ein Generalstabsoffizier mit Magistertitel bei dem Flug anwesend gewesen sei und keine Einwände gegen die inkriminierte Vorgangsweise gemacht habe. Dieses Stillschweigen habe für ihn eine implizite Bestätigung der Zulässigkeit dieser Vorgangsweise bedeutet.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Erstbeschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht einen Verstoß nach § 3 Abs. 1 LVR 1967 angenommen, welche eine technische Schutzvorschrift darstelle, bei deren Zuwiderhandeln zumindest die Möglichkeit einer negativen Auswirkung denkbar sein müsse. Genau dies sei aber nicht der Fall gewesen, weil er als verantwortlicher Pilot durch die feste Verbindung des Steuerknüppels stets die volle und vollständig sichere Kontrolle über das Flugzeug gehabt habe. Hinzu komme, dass der Zweitbeschwerdeführer die vollständige Grundausbildung genossen habe und er selbst ausgebildeter und berechtigter Fluglehrer sei. Nach § 4 Abs. 1 zweiter Satz LVR entscheide der Pilot selbständig über die Führung des Luftfahrzeuges. Dies sei in jedem Zeitpunkt während des Fluges der Fall gewesen. Auch unter diesem Gesichtspunkt verweist der Erstbeschwerdeführer auf die vorhandene Praxis, die selbst Fahrlässigkeit ausschließe. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass er im Zeitpunkt des Vorfalls auch nur die Rechtmäßigkeit des Vorganges angezweifelt und sich über diese Zweifel hinweggesetzt hätte.

Auch der Zweitbeschwerdeführer bestreitet unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit das Vorliegen jeder Schuld, zumal eine den § 3 Abs. 1 LVR 1967 verletzende Handlung durch ihn nicht gesetzt worden sei, da während des gesamten Fluges der Pilot bestimmend und er selbst in willensmäßig und technischer Hinsicht ausschließlich in untergeordneter abhängiger Art tätig geworden sei. Damit habe er eben auch nichts bestimmt und auch nicht "geführt" oder in einem selbständigen Sinne eine "Bedienung" des Flugzeuges vorgenommen. Die selbständige Entscheidung über die Führung des Luftfahrzeuges im Sinne des § 4 Abs. 2 zweiter Satz LVR 1967 habe der Erstbeschwerdeführer als Pilot in concreto nie aufgegeben.

Im Übrigen bekämpfen beide Beschwerdeführer die Strafbemessung, zumal spezial- oder generalpräventive Gründe nicht vorlägen.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihn zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Nach § 5 Abs. 1 erster Satz VBG 1948, in der Fassung BGBl. I Nr. 10/1999, ist der Vertragsbedienstete verpflichtet, die ihm übertragenen Arbeiten und Verrichtungen fleißig und gewissenhaft nach bestem Wissen und Können zu vollziehen.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 1 des Heeresdisziplinargesetzes 2002 - HDG, BGBl. I Nr. 167, sind Soldaten wegen Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten disziplinär zur Verantwortung zu ziehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Luftverkehrsregeln, BGBl. Nr. 56/1967 (LVR 1967), in der Fassung BGBl. II Nr. 138/1999, dürfen Luftfahrzeuge nur von solchen Personen geführt oder technisch bedient werden, die

1. jene gültigen Ausweise und Berechtigungen beziehungsweise -

bei Militärluftfahrern - Befähigungen haben, welche nach den Luftfahrt-Personalvorschriften für ihre Tätigkeiten vorgesehen sind, und die sich

2. gewissenhaft mit den für ihre Tätigkeiten maßgebenden Vorschriften, Verfahren und Bedienungseinrichtungen vertraut gemacht haben.

Nach § 4 Abs. 1 LVR 1967 hat der Pilot den Anordnungen der Flugverkehrskontrollstellen (§ 69) und - bezüglich Ausnahmebereiche - den Anordnungen der Militärflugleitungen Folge zu leisten. Er entscheidet jedoch selbständig über die Führung des Luftfahrzeuges.

Nach Abs. 2 erster Satz dieser Bestimmung hat der Pilot die luftfahrtrechtlichen Vorschriften einzuhalten.

Beide Beschwerdeführer wurden in einem gemäß § 58 HDG abgeführten Kommandantenverfahren zur disziplinären Verantwortung gezogen, wozu im Sinne der §§ 12 Abs. 1 Z. 4 lit. b, 13 Abs. 1 Z. 3 lit. b leg. cit. im Hinblick auf die dienstliche Stellung des Zweitbeschwerdeführers der Bundesminister für Landesverteidigung für beide Beschwerdeführer sachlich zuständig war.

Von beiden Beschwerdeführern wird in ihren Beschwerden in Abrede gestellt, dass der Erstbeschwerdeführer als Pilot zu irgendeinem Zeitpunkt während des bezeichneten Fluges die Steuerung des Luftfahrzeugs an den Zweibeschwerdeführer überlassen hätte, weil er zu keinem Augenblick die Führung desselben aus der Hand gegeben bzw. der Zweitbeschwerdeführer zu irgendeinem Zeitpunkt während des Fluges das Luftfahrzeug allein "technisch bedient" und "geführt" habe.

Die belangte Behörde stellte dazu fest, dass der Erstbeschwerdeführer das Triebwerk der Maschine angelassen, gemeinsam mit dem Zweitbeschwerdeführer die für den Flug notwendigen Checks und während des Fluges gemeinsam mit dem Zweitbeschwerdeführer die erforderlichen Steuerbewegungen durchgeführt habe, sowie dass beide Steuerknüppel starr miteinander verbunden seien und daher deren Ruder- und Steuerausschläge jedenfalls synchron verliefen, wobei bestimmte Manöver ausschließlich vom Pilotensitz aus bedient werden könnten. Navigation und Funkverkehr seien ausschließlich durch den Erstbeschwerdeführer erfolgt.

Ein Zuwiderhandeln gegen die von der belangten Behörde in beiden Fällen als verletzte Norm herangezogene Bestimmung des § 3 Abs. 1 LVR liegt vor, wenn und insoweit ein Luftfahrzeug von anderen Personen als dem ausschließlich zum Führen und technischen Bedienen von Luftfahrzeugen berufenen Personal "geführt" und "technisch bedient" wird. Eine Verletzung dieser Norm setzt nach ihrem Wortlaut daher weder die alleinige Überlassung des Führens oder technischen Bedienens eines Luftfahrzeugs an eine nicht autorisierte Person noch den Eintritt eines Schadens voraus.

Unbestritten ist, dass der Zweitbeschwerdeführer nicht zum Personenkreis der zur Führung und Bedienung des im vorliegenden Fall verwendeten Flugzeugtyps gehört und dem Erstbeschwerdeführer dieser Umstand bekannt war. Wenn in den Beschwerden versucht wird, diesen Umstand durch den Hinweis zu relativieren, der Zweitbeschwerdeführer habe den ganzen Lehrgang zur Führung dieses Militärflugzeugtyps absolviert, lediglich die Prüfung nicht gemacht, ändert das nichts an der Tatsache, dass er damit nicht zu dem in § 3 Abs. 1 LVR genannten Personenkreis zählt. Dass im konkreten Fall eine zumindest zeitweilige gemeinsame bzw. "abwechselnde" Bedienung des Luftfahrzeugs durch die Beschwerdeführer erfolgt ist, wird nicht in Abrede gestellt; auch in diesem Zusammenhang wird lediglich darauf verwiesen, dass der (zum Führen und technischen Bedienen der Maschine allein autorisierte) Pilot niemals die Führung derselben aufgegeben habe und der Zweitbeschwerdeführer daher niemals allein tätig geworden sei. Darauf kommt es aber nicht an, weil § 3 Abs. LVR nicht nur eine gänzliche Überlassung zur alleinigen Führung und technischen Bedienung des Luftfahrzeugs untersagt, sondern das Führen und technische Bedienen durch unautorisierte Personen schlechthin. Insofern handelten beide Beschwerdeführer objektiv gesetzwidrig.

Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass sie in Kenntnis der geltenden Rechtsvorschriften waren. Soweit sie die - auch von der belangten Behörde zugestandene - herrschende Praxis als Entschuldigungsgrund für ihr gesetzwidriges Handeln ins Treffen führen, entgegen zu halten, dass nach insoweit ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die stillschweigende Duldung von Handlungen, die als Dienstpflichtverletzungen zu qualifizieren sind, dann nicht schuldbefreiend wirkt, wenn der Inhalt der verletzten Vorschrift eindeutig und die Rechtswidrigkeit der geduldeten Praxis damit offensichtlich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2004, Zl. 2003/09/0045, mit Hinweis auf Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, S. 43 f, und die dort referierte hg. Judikatur). In den Beschwerdefällen erweist sich die Rechtslage - wie oben dargelegt - als eindeutig, weshalb die von den Beschwerdeführern geltend gemachte - rechtswidrige - Praxis ebenso wenig wie das untätige Verhalten des mitfliegenden höherrangigen Offiziers als Entschuldigungsgrund herangezogen werden kann. Im Rahmen der Strafbemessung wurden diese Umstände jedoch erkennbar berücksichtigt. Die Beschwerde zeigt daher auch keine bei der Strafbemessung unterlaufene Rechtswidrigkeit auf.

Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 6. November 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090083.X00

Im RIS seit

12.12.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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