TE Vfgh Erkenntnis 2008/6/9 B64/07

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Veröffentlicht am 09.06.2008
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

Tir GVG 1996 §2 Abs1, §5 Abs1 litd, §6 Abs1 lita

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchdie Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung einesderivativen Eigentumserwerbs (Aufsandungserklärung iZm einemKaufvertrag)

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Kaufvertrag vom 25. Juni 1952 erwarb der

(zwischenzeitig verstorbene) Schwiegervater der Beschwerdeführerin eine näher bezeichnete, neu zu bildende Teilfläche im Ausmaß von 260 m² aus dem als Freiland gewidmeten Grundstück Nr. 516/1 des Grundbuches Alpbach; eine Verbücherung des Eigentumserwerbes unterblieb. Die betreffende Teilfläche befindet sich nach den Angaben der Beschwerdeführerin seither im (außerbücherlichen) Eigentum ihrer Familie (nach dem Tod des Schwiegervaters sei das Eigentum an dessen Sohn, ihren Gatten, übergegangen, von dem sie das Grundstück im Jahr 1982 gekauft habe).

2. Mit Eingabe vom 5. Jänner 2005 zeigte die Beschwerdeführerin die am 3. Jänner 2005 zwischen ihr und der beteiligten Partei (dem bücherlichen Eigentümer der Liegenschaft) erstellte Aufsandungsurkunde über die lastenfreie Abschreibung der in Rede stehenden (neu vermessenen) Teilfläche von 259 m² aus dem Grundstück der beteiligten Partei und die Zuschreibung dieser Teilfläche zum (angrenzenden) Grundstück der Beschwerdeführerin der Grundverkehrsbehörde zur Genehmigung an; sie stützte sich auf den Rechtstitel des angeführten Kaufvertrages aus dem Jahre 1952.

Im grundverkehrsbehördlichen Verfahren gab die beteiligte Partei (der bücherliche Eigentümer) an, die in Rede stehende Fläche nach wie vor mit seinem geschlossenen Hof - durch Mähen - zu bewirtschaften und diese dringend zu benötigen, weil sie unmittelbar mit einem ertragreichen Feld zusammenhänge. Die Beschwerdeführerin habe inzwischen gegen seinen Willen Maßnahmen zur Einzäunung der Teilfläche ergriffen.

(Erst) im Zuge des Berufungsverfahrens führte die Beschwerdeführerin ohne nähere Substantiierung auch den Rechtstitel der Ersitzung der Teilfläche ins Treffen und behauptete, dass die Fläche nicht landwirtschaftlich genutzt werde; darüber hinaus wurde vorgebracht, dass es sich um eine nicht genehmigungspflichtige Restfläche iSd §5 Abs1 litd Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Folgenden: TGVG) handle, die von der Beschwerdeführerin als Ziergarten und Parkplatz genutzt werde.

3. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 22. November 2006 versagte die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung (im Folgenden: LGVK) dem angezeigten Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Gestützt auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (u.a. auf ein Sachverständigengutachten und Lichtbilder) stellte die Behörde fest, dass es sich bei der Fläche um ein landwirtschaftlich nutzbares und genutztes Grundstück iSd §2 Abs1 TGVG handle, das von der beteiligten Partei regelmäßig gemäht und im Rahmen ihres landwirtschaftlichen Betriebes sowohl zur Futtergewinnung als auch als Zufahrtsweg genutzt werde. Die Abschreibung der Fläche aus dem geschlossenen Hof des Übergebers und dessen Zuschreibung zu dem mit einem Ferienhaus bebauten Grundstück der Beschwerdeführerin - die über keinen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb verfüge - zwecks Verwendung als Autoabstellplatz ziehe massive agrarstrukturelle Nachteile nach sich und widerspreche dem §6 Abs1 lita TGVG.

Durch das seitens der Beschwerdeführerin veranlasste Einzäunen des Grundstückes sei zudem der besondere Versagungsgrund des §7 Abs1 litb TGVG gegeben, weil der beteiligten Partei die Zufahrtsmöglichkeit zur angrenzenden Liegenschaft genommen werde.

Auf Grund der keinesfalls geringen Größe der Liegenschaft, deren Lage (direkte Angrenzung an das landwirtschaftlich genutzte Grundstück der beteiligten Partei) und Ausgestaltung als mähbare Wiese mit Futterertrag für eine Großvieheinheit über dreizehn Tage könne nicht von einem gemäß §5 Abs1 litd TGVG genehmigungsfreien Rechtserwerb an einer Restfläche ausgegangen werden.

Nur ergänzend wies die belangte Behörde darauf hin, dass eine grundverkehrsbehördliche Genehmigungspflicht unabhängig davon bestehe, ob als Titel des Rechtserwerbes der in Rede stehende Kaufvertrag aus dem Jahr 1952 (dem im Übrigen gemäß §31 Abs2 TGVG die rückwirkende Rechtsunwirksamkeit drohe) oder die behauptete Ersitzung angesehen werde.

4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz erachtet sich die Beschwerdeführerin für verletzt, weil die belangte Behörde in Willkür indizierender Weise angenommen habe, es handle sich bei der Grundstücksfläche um eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft. Das als Entscheidungsgrundlage herangezogene Gutachten des (von der Beschwerdeführerin im Verfahren abgelehnten) landwirtschaftlichen Amtssachverständigen (der mit Blick auf seine Ausführungen nicht vor Ort gewesen sein könne) weise gravierende Widersprüche auf und sei nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde habe es ferner unterlassen, einen Augenschein durchzuführen. Mangels Vornahme eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens sei die Behörde nicht in der Lage gewesen, alle Gründe und Gegengründe einander gegenüber zu stellen und abzuwägen. Willkür liege auch vor, weil sich die Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin über das Vorliegen einer Restfläche iSd §5 Abs1 litd TGVG nicht befasst und den in diesem Zusammenhang gestellten Antrag übergangen habe. Auf der Grundstücksfläche könne nämlich kein Gewinn erwirtschaftet werden; diese sei für die landwirtschaftliche Nutzung völlig unbedeutend.

Überdies wird die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK (ebenfalls) mit der Begründung geltend gemacht, dass die belangte Behörde trotz entsprechender Antragstellung keinen Lokalaugenschein durchgeführt und es unterlassen habe, den Sachverständigen zur mündlichen Berufungsverhandlung zur Klärung von Widersprüchen im Gutachten zu laden.

Schließlich bringt die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Behauptung der Ersitzung der in Rede stehenden Fläche (unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 11.777/1988) vor, dass dem Landesgesetzgeber die Kompetenz zur Einführung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht für originäre Eigentumserwerbe (als Teilbereich des Zivilrechtswesens) fehle, weil die Erlassung von Rechtsvorschriften im Bereich des Zivilrechtswesens gemäß Art10 Abs1 Z6 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sei. Die dem Landesgesetzgeber eingeräumte Kompetenz beschränke sich auf den Bereich der Genehmigungspflicht für zweiseitige Rechtsgeschäfte; die Bestimmung des §4 Abs2 litb TGVG sei daher verfassungswidrig.

5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. 61 idF LGBl. 85/2005, lauten:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§1

Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für den Erwerb von Rechten

a) an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken,

b) an Baugrundstücken und

c) an sonstigen Grundstücken, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist.

(2) [...]

§2

Begriffsbestimmungen

(1) Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke sind Grundstücke, die ganz oder teilweise im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werden. Als land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke gelten weiters Grundstücke, die zwar nicht im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, aber doch in einer für die Land- oder Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werden. Als land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke gelten ferner Grundstücke, die zwar in anderer Weise als für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke verwendet werden, die aber vor nicht mehr als zwanzig Jahren im Sinne des ersten Satzes genutzt wurden und noch so beschaffen sind, daß sie ohne besondere Aufwendungen wieder der Nutzung im Sinne des ersten Satzes zugeführt werden können. Durch die Aussetzung der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung eines bisher im Sinne des ersten Satzes genutzten Grundstückes verliert dieses nicht die Eigenschaft als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück. Als land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke gelten auch Grundstücke mit land- oder forstwirtschaftlichen Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden sowie solche Gebäude selbst, wenn nur diese Gegenstand eines Rechtserwerbes sind. Die Bezeichnung eines Grundstückes im Grundsteuer- oder Grenzkataster ist für dessen Beurteilung als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück nicht maßgebend. Baugrundstücke (Abs3) gelten nicht als land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke.

(2) - (6) [...]

[...]

2. Abschnitt

Rechtserwerbe an land- oder
forstwirtschaftlichen Grundstücken

§4

Genehmigungspflicht

(1) Der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfen Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der folgenden Rechte an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken zum Gegenstand haben:

a) den Erwerb des Eigentums;

b) - h) [...]

(2) Der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfen weiters:

a)

jede Teilung von landwirtschaftlichen Grundstücken, sofern hiefür nicht bereits nach Abs1 die Genehmigung erforderlich ist;

b)

jeder originäre Erwerb des Eigentums an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken.

§5

Ausnahmen von der Genehmigungspflicht

(1) In folgenden Fällen bedarf es nicht der Genehmigung nach §4:

a) - c) [...]

d) beim Rechtserwerb an Grundstücken, die auf Grund ihrer Beschaffenheit, ihrer Lage oder ihrer geringen Größe für die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes wirtschaftlich nicht von Bedeutung sind, sofern die vorgesehene Verwendung nicht im Widerspruch zu den Zielen der örtlichen Raumordnung steht;

              e)              [...]

(2) [...]

§6

Genehmigungsvoraussetzungen

(1) Die Genehmigung nach §4 darf nur erteilt werden, wenn

a) der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht,

              b)              - d) [...]

(2) - (9) [...]

§7

Besondere Versagungsgründe

(1) Unter Berücksichtigung der Interessen nach §6 Abs1 lita ist die Genehmigung nach §4 insbesondere zu versagen, wenn zu besorgen ist, daß

a)

Grundstücke einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder der ihrer Beschaffenheit entsprechenden land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden, es sei denn, daß Grundstücke zur Erfüllung von Aufgaben in einem öffentlichen Interesse, das jenes nach §6 Abs1 lita überwiegt, benötigt werden;

b)

unwirtschaftlich kleine Grundstücke entstehen, die Arrondierung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gestört oder die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken verhindert oder zumindest erheblich erschwert wird, es sei denn, daß der Rechtserwerb der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben im Sinne der lita dient;

              c)              - h) [...]

(2) Die Genehmigung für die Teilung von landwirtschaftlichen Grundstücken ist insbesondere zu versagen, wenn dem geplanten Vorhaben erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstehen, insbesondere wenn unwirtschaftlich kleine Grundstücke entstehen würden.

[...]

10. Abschnitt

Zivilrechtliche Bestimmungen, Klagerecht des
Landesgrundverkehrsreferenten

§31

Zivilrechtliche Wirkung der Verkehrsbeschränkung

(1) Solange der entsprechende rechtskräftige Bescheid nach §24 Abs1 oder §25 Abs1 oder die entsprechende Bestätigung nach §25a Abs1 oder 2 nicht vorliegt, darf das zugrunde liegende Rechtsgeschäft bzw. der zugrunde liegende Rechtsvorgang nicht durchgeführt werden, insbesondere darf das Recht nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Die Parteien sind jedoch an das Rechtsgeschäft gebunden.

(2) Wird für einen Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung oder Bestätigung versagt oder wird nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Ablauf der im §23 Abs1 festgelegten Frist das Rechtsgeschäft oder der Rechtsvorgang der Grundverkehrsbehörde nach §23 angezeigt, so wird das Rechtsgeschäft bzw. der Rechtsvorgang rückwirkend rechtsunwirksam.

(3) Wird für einen Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung oder Bestätigung versagt, so hat die Grundverkehrsbehörde auf dem Original der Urkunde über das Rechtsgeschäft oder den Rechtsvorgang dies mit der Feststellung zu vermerken, dass das Rechtsgeschäft bzw. der Rechtsvorgang rückwirkend rechtsunwirksam geworden ist."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet, ist ihr Folgendes zu entgegnen:

Der Gerichtshof geht davon aus, dass Gegenstand des grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsverfahrens (nur) der in Rede stehende (auf die Aufsandungserklärung iZm dem Kaufvertrag gegründete) - derivative - Eigentumserwerb ist; die LGVK stützte ihre Entscheidung daher im Kern auf die Vorschriften der §§4 Abs1 lita, 5 Abs1 litd und 6 Abs1 lita TGVG, ohne als (weitere) Rechtsgrundlage die Bestimmung des §4 Abs2 litb TGVG (iVm §6 leg.cit.) heranzuziehen (die nach Lage des Falles auch nicht heranzuziehen war - vgl. auch VfSlg. 10.925/1986).

Eines Eingehens auf die Beschwerdeausführungen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des §4 Abs2 litb TGVG bedarf es mithin schon mangels Präjudizialität nicht.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Rechtsvorschriften sind weder in der Beschwerde vorgebracht noch beim Verfassungsgerichtshof hervorgerufen worden (vgl. zu §4 Abs1 lita TGVG zB VfGH 12.6.2007, B2995/05; zu §5 Abs1 litd TGVG zB VfSlg. 17.757/2006, VfGH 25.2.2008, B906/06; zu §6 Abs1 lita TGVG zB VfSlg. 17.858/2006, VfGH 29.2.2008, B114/06).

Die Beschwerdeführerin ist sohin nicht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

2. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:

2.1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die Beschwerdeführerin nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Ein derart schwerer Fehler ist der belangten Behörde nicht vorzuwerfen:

2.2. Hinsichtlich der zunächst strittigen Frage, ob ein landwirtschaftliches Grundstück iSd §2 Abs1 TGVG vorliegt, genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Frage der Qualifikation eines Grundstückes als landwirtschaftliches (zB VfSlg. 17.316/2004, 17.857/2006) zu verweisen. Auch im vorliegenden Fall ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die Grundstücksfläche als eine landwirtschaftliche im Sinne des §2 Abs1 TGVG eingestuft hat, weil die anhand nachvollziehbar verwerteter Verfahrensresultate getroffene Feststellung der Bewirtschaftung des nach Lage (Zufahrtsmöglichkeit zu der angrenzenden landwirtschaftlichen Liegenschaft der beteiligten Partei) und Beschaffenheit schlüssig als keineswegs unbedeutend angesehenen Grundstücksteiles durch (wie von der Beschwerdeführerin eingeräumt) Abmähen zwecks Futtergewinnung eine geradezu typische landwirtschaftliche Nutzung darstellt. Aus dem von der Behörde eingeholten Sachverständigengutachten ergibt sich ebenfalls, dass der Grundstücksteil als mittels Traktor bearbeitbare, nur wenig Neigung aufweisende Grünlandfläche einzustufen sei, aus der trotz des geringen Ausmaßes bei pfleglicher Bewirtschaftung ein für den bäuerlichen Kleinbetrieb der beteiligten Partei wirtschaftlich bedeutsamer Futterertrag erzielt werden könne.

2.3. Auch hat sich die Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin über das Vorliegen einer Restfläche iSd §5 Abs1 litd TGVG hinlänglich auseinandergesetzt: Sie hat in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt, dass sie auf Grund der Nutzung der Fläche zur Futtergewinnung sowie als Zufahrtsweg zu der angrenzenden landwirtschaftlichen Liegenschaft der beteiligten Partei nicht von einer für die Nutzung im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes des grundbücherlichen Eigentümers wirtschaftlich unbedeutenden Restfläche iSd §5 Abs1 litd TGVG ausgegangen ist (S 6 des Bescheides).

2.4. Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen weist das Gutachten des Amtssachverständigen ebenfalls keine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifenden Mängel auf. Der Sachverständige hat die Bewirtschaftungs-, insbesondere die Ertragsmöglichkeiten der in Rede stehenden Fläche und deren Bedeutung als Zufahrtsmöglichkeit zum angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstück nachvollziehbar und unter Berücksichtigung einer am 4. Mai 2006 durchgeführten örtlichen Erhebung dargestellt. Mit Blick auf die der Behörde vorliegenden Pläne und Lichtbilder des Grundstückes konnte - zumindest aus verfassungsrechtlicher Sicht - ein Lokalaugenschein unterbleiben. Die von der Beschwerdeführerin sowohl unter Aspekten des Gleichheitsgrundsatzes als auch unter dem Blickwinkel des Rechtes auf ein faires Verfahren ins Treffen geführten Ermittlungsfehler liegen nicht vor.

2.5. Angesichts des unbestrittenen Umstandes, dass der Rechtserwerb eine Grundfläche betrifft, die von der beteiligten Partei nach wie vor gemäht, d.h. im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird, und diese Fläche einen wichtigen Zufahrtsweg zu ihrer landwirtschaftlichen Liegenschaft darstellt, während die Beschwerdeführerin die Verwendung des Erwerbsgrundstückes als Ziergarten und Parkplatz anstrebt, ist die Annahme agrarstruktureller Nachteile iSd §6 Abs1 lita TGVG jedenfalls - worauf es hier allein ankommt - vertretbar. Der belangten Behörde kann unter dem Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes nicht entgegengetreten werden, wenn sie - gestützt auf die Ergebnisse des aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandenden Ermittlungsverfahrens und nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - zur Auffassung gelangt, dass das Rechtsgeschäft - gesamthaft betrachtet - den öffentlichen Interessen iSd §6 Abs1 lita TGVG zuwiderläuft.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Ob der angefochtene Bescheid aber in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall (vgl. §28 Abs7 TGVG) - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 15.278/1998, 17.878/2006, 17.994/2006 mwN).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches,Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B64.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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