TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/30 2003/03/0155

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Veröffentlicht am 30.05.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
95/02 Maßrecht Eichrecht;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
MEG 1950 §13 Abs2 Z2;
MRK Art3;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GE in E, vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Victor-Keldorfer-Straße 1 (Hellbrunner Straße 7a), gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Salzburg vom 25. März 2003, Zl UVS- 3/13.187/12-2003, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit der Beschwerdeführer damit einer Übertretung nach § 99 Abs 1 lit b und § 5 Abs 2 StVO 1960 für schuldig befunden wurde, einschließlich des diesbezüglichen Strafausspruchs und der damit zusammenhängenden Vorschreibung des Ersatzes der Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe 1.) sich am 13. Dezember 2000 um 3 Uhr 10 in Salzburg, Wachzimmer Gnigl, trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet worden sei, dass er sich beim vorangehenden Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, und 2.) am 13. Dezember 2000, um 2 Uhr 40 in Salzburg, Linzer Bundesstraße und Aignerstraße, einen nach dem Kennzeichen bestimmten PKW gelenkt und dabei als Lenker die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz von 20 km/h überschritten.

Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1.) § 99 Abs 1 lit b und § 5 Abs 2 StVO 1960 und zu 2.) § 20 Abs 2 StVO 1960 übertreten. Er wurde zu 1.) gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO 1960 mit einer Geldstrafe von EUR 1.170,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 384 Stunden), und zu

2.) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 mit einer Geldstrafe von EUR 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) bestraft.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Beschwerdeführer habe sich in der Nacht vom 12. Dezember auf den 13. Dezember 2000 bei seiner Schwester in E bei einer Feier befunden. Am 13. Dezember 2000 sei der Beschwerdeführer um

2.30 Uhr mit seinem PKW durch die Stadt Salzburg (B 1 Linzer Bundesstraße, Fürbergstraße, Aigner Straße) in Richtung seiner Wohnung in G heimgefahren. Im Zuge dieser Fahrt sei er dem Meldungsleger aufgefallen, der mit seinem Dienstfahrzeug auf der B 1 Richtung stadtauswärts gefahren sei. Dieser habe das Fahrzeug des Beschwerdeführers im Bereich Langwied-Obuskehre mit offensichtlich überhöhter Geschwindigkeit entgegenkommen gesehen, daraufhin sofort sein Dienstfahrzeug gewendet und sei dann über die Linzer Bundesstraße Richtung stadteinwärts bis in die Aigner Straße in einem Abstand von etwa 30 m nachgefahren. Der Meldungsleger habe dabei am Tachometer seines Dienstfahrzeuges eine Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h festgestellt. Der Meldungsleger sei dem Beschwerdeführer bis in den Bahnhof Aigen nachgefahren, dort sei der Beschwerdeführer in eine Straße eingebogen und stehen geblieben. Der Meldungsleger habe dann beim Beschwerdeführer eine Verkehrskontrolle durchgeführt und diesem die von ihm festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung vorgehalten. Dabei habe er beim Beschwerdeführer Alkoholisierungssymptome (Geruch von alkoholischen Getränken) festgestellt, woraufhin er den Beschwerdeführer aufgefordert habe, mit ihm ins Wachzimmer Gnigl zu fahren, um dort einen Alkomattest durchzuführen. Der Beschwerdeführer habe sich zunächst damit einverstanden erklärt und den Meldungsleger im Dienstwagen in das genannte Wachzimmer begleitet. Als der Beschwerdeführer und der Meldungsleger ins Wachzimmer gekommen seien, sei der Alkomat noch nicht betriebsbereit gewesen, der Beschwerdeführer habe im Parteienraum des Wachzimmers Platz genommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich neben dem Meldungsleger auch noch weitere Beamte im Wachzimmer befunden. Der Beschwerdeführer habe dann ersucht, eine Mundspülung vornehmen zu können, was der die Amtshandlung leitende Meldungsleger abgelehnt habe. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er die Toilette aufsuchen müsste, was ihm der Beamte gestattet habe. Nachdem der Beschwerdeführer von der Toilette wieder in den Parteienraum zurückgekommen sei, habe er sich in kurzen Abständen von wenigen Minuten ein zweites und ein drittes Mal auf die Toilette begeben, offensichtlich um doch eine Mundspülung durchzuführen. Im Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer die Toilette zum dritten Mal aufgesucht habe, habe der Alkomat auf Betriebsbereitschaft geschaltet, woraufhin ihm der Meldungsleger und ein weiterer Beamter zur Toilette gefolgt seien. Der Meldungsleger habe den Beschwerdeführer aufgefordert, wieder in den Parteienraum zu gehen, um dort den Alkomattest durchzuführen. Der Beschwerdeführer sei dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen und habe die Toilette nicht verlassen wollen. Er habe sich direkt am Waschbecken der Toilette festgehalten und offensichtlich eine weitere Mundspülung durchführen wollen. Daraufhin sei er von den Beamten unter Anwendung von Körpergewalt bei passivem Widerstand seinerseits vom Toilettenbereich durch den Gang in den Parteienraum gezogen worden. In diesem Zusammenhang sei dem Beschwerdeführer ein Schlag ins Gesicht im Bereich des linken Auges versetzt worden. Durch diesen Schlag habe der Beschwerdeführer eine Verletzung, wie man sie landläufig als "blaues Auge" bezeichnet, erlitten. Nachdem er von den Beamten in den Parteienraum gezogen worden sei, habe der Meldungsleger den Beschwerdeführer nochmals aufgefordert, den Alkomattest durchzuführen. Letzterer sei aber bei seiner Weigerung geblieben, woraufhin der Meldungsleger die Amtshandlung gegen 3 Uhr 10 für beendet erklärt und den Beschwerdeführer aufgefordert habe, das Wachzimmer zu verlasen. Der Beschwerdeführer habe erwidert, dass er nicht gehen wollte und sei im Wachzimmer sitzen geblieben. Er sei dann unter Anwendung von Körpergewalt von Beamten an den Armen gepackt und aus dem Wachzimmer hinausgezogen worden. Später sei der Beschwerdeführer wieder in das Wachzimmer eingelassen und dort vom Amtsarzt untersucht worden. In diesem Zusammenhang habe er gegen 4.50 Uhr über Veranlassung des Amtsarztes einen Alkomattest abgelegt, der ein gültiges Messergebnis mit dem Atemalkoholgehalt von 0,54 mg/l ergeben habe.

Die belangte Behörde habe in ihrem Bescheid vom 11. Dezember 2001 die Auffassung vertreten, dass der Beschwerdeführer bei der gewaltsamen Zurückbeförderung von der Toilette in den Parteienraum durch einen Schlag ins Gesicht am linken Auge verletzt worden sei, was als Verletzung seines nach Art 3 EMRK gewährleisteten Rechts, keiner erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, zu qualifizieren sei. (Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit hg Beschluss vom 19. Dezember 2006, Zl 2006/03/0233, abgelehnt.)

Eine Weigerung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, liege nach § 5 Abs 2 StVO auch dann vor, wenn der Betreffende einer solchen an ihn gerichteten und auch von ihm verstandenen Aufforderung tatsächlich keine Folge leiste bzw durch Setzung von Handlungen die Durchführung des Tests möglich mache. Nach den der Behörde amtsbekannten Verwendungsbestimmungen des gegenständlichen Alkomaten verlange eine gültige Alkomatmessung, dass innerhalb einer Wartezeit von 15 min vor der Messung vom Probanden keine Handlungen gesetzt würden, die das Messergebnis möglicherweise beeinflussen könnten. Darunter fielen auch die Einnahme von Speisen, Getränken oder Medikamenten, die Verwendung von Mundsprays, Rauchen oder auch die Durchführung von Mündspülungen. Der Beschwerdeführer habe selbst eingestanden, eine Mundspülung durchgeführt zu haben. Sein dreimaliger Toilettengang innerhalb kürzester Zeit deute eindeutig darauf hin, dass er damals offensichtlich versucht habe, das Messergebnis der unmittelbar bevorstehenden Alkomatmessung durch Durchführung von Mundspülungen in seinem Sinn zu beeinflussen. Nach Angabe des Meldungslegers sei ihm die Durchführung einer Mundspülung ausdrücklich untersagt worden, der Beschwerdeführer sei aber trotzdem immer wieder auf die Toilette gegangen. Dieses Verhalten und seine Weigerung in der Toilette, in den Parteienraum zurück zu kommen, um den Alkomattest durchzuführen, stellen für sich genommen schon eine Verweigerung des Alkomattests dar. Der Beamte hätte bereits zu diesem Zeitpunkt, als sich der Beschwerdeführer bereits zum dritten Mal in der Toilette befunden und trotz Aufforderung zur Ablegung des Alkomattests nicht in den Parteienraum habe gehen wollen, die Amtshandlung für beendet erklären und von einer Verweigerung eines Alkomattests ausgehen können.

Indem er aber trotzdem durch Stellen eines neuerlichen Begehrens die Amtshandlung fortgesetzt habe, sei die Verweigerung im Bereich der Toilette für den Beschwerdeführer noch nicht strafbar gewesen, dieser hätte den Test auch noch im Parteienraum ablegen können. Dass dabei zwischenzeitlich - wie erwähnt von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. Dezember 2001 festgestellt -

eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem nach Art 3 EMRK gewährleisteten Recht erfolgt sei, mache die fortgesetzte Aufforderung, den Alkomattest abzulegen, nicht rechtswidrig. Es seien auch keine Umstände hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer durch den ihm versetzten Schlag auf das linke Auge körperlich nicht mehr in der Lage gewesen wäre, den Alkomattest tatsächlich durchzuführen. Vielmehr habe er eineinhalb Stunden später einen Alkomattest mit einem gültigen Messergebnis abgelegt. Ein Recht auf Durchführung eines Alkomattests in Anwesenheit des Rechtsanwalts des Probanden sei nicht vorgesehen, weshalb auch als Verweigerung zu werten sei, wenn der Proband (wie der Beschwerdeführer) darauf beharre, den Alkomattest nur im Beisein seines Rechtsanwalts durchführen zu wollen.

Die Strafbarkeit des Beschwerdeführers nach § 5 Abs 2 StVO 1960 sei jedenfalls zu dem Zeitpunkt eingetreten, als der Beamte im Parteienraum nach Weigerung des Beschwerdeführers, in das Gerät zu blasen bzw seinem Beharren, den Test nur in Anwesenheit seines Rechtsvertreters durchführen zu wollen, um 3 Uhr 10 die Amtshandlung für beendet erklärt und den Beschwerdeführer aufgefordert habe, das Wachzimmer zu verlassen. Daran könne die von einem näher genannten Zeugen gemachte Wahrnehmung, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt, als er aus dem Wachzimmer befördert worden sei, wiederum eine Bereitschaft, den Alkotest abzulegen geäußert habe ("er wolle jetzt doch blasen"), nichts ändern, da zu diesem Zeitpunkt die Amtshandlung bereits beendet worden sei. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer über Veranlassung des Amtsarztes gegen 4.50 Uhr dann doch noch einen Alkomattest abgelegt habe, vermöge an der besagten Verweigerung nichts zu ändern.

Das Nachfahren in dem Dienstfahrzeug und das Ablesen des Tachometers sei grundsätzlich ein gültiges Beweismittel zur Ermittlung der Höhe der gefahrenen Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeugs. Wesentlich sei, dass diese Nachfahrt über eine längere Strecke in einem wesentlich gleichbleibenden Abstand erfolge. Im vorliegenden Fall sei nach der glaubwürdigen Aussage des Meldungslegers die Nachfahrt über eine längere Strecke im Stadtgebiet Salzburg erfolgt, wobei der Beamte angegeben habe, einen Sicherheitsabstand von etwa 30 m eingehalten zu haben. Die belangte Behörde hege keinen Zweifel, dass der langjährige Beamte eine entsprechende Erfahrung im Nachfahren und dieser Art der Geschwindigkeitsermittlung aufweise. Im Übrigen sei vorliegend ohnehin eine entsprechende Messtoleranz berücksichtigt worden, zumal der Meldungsleger bei der Nachfahrt eine Geschwindigkeitsüberschreitung von bis zu 30 km/h am Tachometer seines Dienstfahrzeugs festgestellt habe, dem Beschwerdeführer aber lediglich eine Geschwindigkeitsübertretung von 20 km/h vorgeworfen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Zur Übertretung nach § 5 Abs 2 iVm § 99 Abs 1 lit b StVO 1960:

§ 5 Abs 2 und § 99 Abs 1 lit b StVO 1960 lauten in ihrer vorliegend maßgeblichen Fassung wie folgt:

"§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

...

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.

ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2.

als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen."

"§ 99 Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer

Geldstrafe ... zu bestrafen,

...

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

..."

Aus dem Zusammenhang der Bestimmung des § 5 Abs 2 StVO 1960 mit der in § 99 Abs 1 lit b StVO 1960 getroffenen Regelung ergibt sich, dass die Weigerung der verdächtigen Person iSd § 5 Abs 2 zweiter Satz leg cit, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, eine Verwaltungsübertretung bildet, wobei der objektive Tatbestand bereits mit der Weigerung, sich dem Test zu unterziehen, vollendet ist (vgl aus der hg Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 30. April 2003, Zl 2001/03/0043, und vom 27. Februar 2007, Zl 2007/02/0019).

Wird nach einer erstmaligen Aufforderung zum Alkotest, der der Betroffene nicht Folge leistet, die Amtshandlung nicht für beendet erklärt, sondern diese durch Stellen eines neuerlichen Begehrens fortsetzt, so stellt sich dies nach der hg Rechtsprechung als ein einheitliches Tatgeschehen dar. Dies bedeutet, dass der Betroffene, solange die Amtshandlung nicht abgeschlossen wurde, den Test ablegen kann, ohne sich strafbar zu machen. Tut er dies nicht, so verantwortet er die Verwaltungsübertretung (vgl etwa die Erkenntnisse vom 2. März 1994, Zl 93/03/0170, und vom 11. Oktober 2000, Zl 2000/03/0172).

Nach der hg Rechtsprechung zu § 5 Abs 2 StVO 1960 räumt diese Bestimmung dem Betroffenen ferner nicht das Recht ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen er bereit wäre, den Alkomattest vorzunehmen; er hat vielmehr die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen. Wenn derartigen zumutbaren Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich dem besagten Test zu unterziehen (vgl aus der hg Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 25. September 1991, Zl 91/02/0028, vom 28. April 2004, Zl 2003/03/0252, und vom 10. September 2004, Zl 2001/02/0241).

Die belangte Behörde hat die Tatzeit mit 3.10 Uhr am 13. Dezember 2000 angenommen. Sie ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die Amtshandlung mit der neuerlichen Aufforderung an den Beschwerdeführer, den Alkomattest abzulegen, fortgesetzt wurde. Die Verweigerung der Ablegung des Alkomattestes im Bereich der Toilette sei deshalb noch nicht strafbar gewesen, Strafbarkeit sei vielmehr erst nach der weiteren Weigerung mit der Erklärung der Amtshandlung als beendet eingetreten. Diese Einschätzung beruht aber auf einem Rechtsirrtum: Denn wie die belangte Behörde mit Bescheid vom 11. Dezember 2001 festgestellt hat, wurde der Beschwerdeführer durch einen Schlag ins Gesicht und eine dadurch entstandene Verletzung am linken Auge in seinem nach Art 3 EMRK gewährleisteten Recht, keiner erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt. Nach einer solchen Misshandlung war es aber dem Beschwerdeführer nicht mehr zumutbar, der Anordnung, sich nunmehr dem Alkomattest zu unterziehen, Folge zu leisten. Die fortgesetzte Amtshandlung stellt somit keine weitere auf die Ablegung des Alkomattests gerichtete Aufforderung an eine im Sinne des § 5 Abs 2 StVO 1960 verdächtige Person dar, weshalb die diesbezügliche Weigerung des Beschwerdeführers nicht strafbar war. Damit aber nahm die belangte Behörde auch die Tatzeit unzutreffend mit dem Zeitpunkt der Beendigung der weiteren Aufforderung an.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1 lit b und § 5 Abs 2 StVO 1960 für schuldig befunden wurde, einschließlich des diesbezüglichen Strafausspruchs und der damit zusammenhängenden Vorschreibung des Ersatzes von Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2. Zur Übertretung nach § 20 Abs 2 StVO 1960:

Das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen der Geschwindigkeit von dessen Tachometer stellt grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar. Voraussetzung hiefür ist jedoch, dass das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, die lange genug sind, um die Einhaltung etwa derselben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können. Eine Beobachtungsstrecke von ca 100 m wird für ausreichend erachtet (vgl das hg Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl 91/03/0061). Bei einem entsprechenden Ausmaß der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung kommt dem Umstand, dass der Tachometer des Dienstfahrzeugs nicht geeicht war, keine Bedeutung zu (vgl aus der hg Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 15. Mai 1990, Zl 89/02/0162, und vom 20. Juli 2004, Zl 2002/03/0195). Die belangte Behörde hat ihren Feststellungen betreffend die Messstrecke und den dabei eingehaltenen Fahrzeugabstand die schlüssigen und glaubwürdigen Aussagen des Meldungslegers zugrunde gelegt. Ein gegen die Glaubwürdigkeit des Meldungslegers gerichtetes konkretes Vorbringen wird in der Beschwerde nicht erstattet. Bei dieser Sachlage ist für den Beschwerdeführer mit der Rüge, die maßgeblichen Feststellungen seien durch das Beweisverfahren nicht gedeckt, nichts zu gewinnen. Der Meldungsleger fuhr seinen Angaben zufolge dem Beschwerdeführer in einem Abstand von etwa 30 m über die im angefochtenen Bescheid angegebene Strecke nach. Dass es sich bei dieser Strecke um eine kurze Distanz gehandelt hätte, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht. Der Einwand des Beschwerdeführers, ihm sei lediglich eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in der Höhe von 20 km/h zur Last gelegt worden, während der Meldungsleger eine Überschreitung von bis zu 30 km/h angegeben habe, geht fehl, ergibt sich doch diese Differenz aus der von der Behörde zugunsten des Beschwerdeführers in Anschlag gebrachten Messtoleranz. Im Übrigen kann es angesichts der vom Meldungsleger wahrgenommenen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um immerhin 30 km/h dahinstehen, ob der Tachometer des Dienstfahrzeugs geeicht war. Die Behauptung, es hätte (unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf aus 1987) eine höhere Messtoleranz berücksichtig werden müssen, verfängt schon deshalb nicht, weil nicht einmal ansatzweise ausgeführt wird, welche konkreten technisch-fachlichen Überlegungen bzw Berechnungen dem erwünschten Abzugswert zugrunde lägen. Auf dem Boden des Gesagten gelingt es der Beschwerde nicht, eine Rechtswidrigkeit betreffend die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung aufzuzeigen.

Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO 1960 haftet dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde diesbezüglich gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 30. Mai 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete StVOFeststellen der Geschwindigkeit"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2003030155.X00

Im RIS seit

05.07.2007

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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