TE Vfgh Erkenntnis 2004/10/1 G1/04

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Veröffentlicht am 01.10.2004
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EMRK Art7
EuRAG 2000 §9 ff
RAO §21c
Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.98 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat Art11

Leitsatz

Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit und keine Verletzung des Gleichheitssatzes durch das Verbot der sogenannten "Sternsozietät" in der Rechtsanwaltsordnung; öffentliches Interesse an der vorbeugenden Hintanhaltung von Interessenkonflikten sowie der Absicherung des Verbots der Doppelvertretung durch dieses für Anwälte geltende Verbot der Zugehörigkeit zu mehreren beruflichen Zusammenschlüssen; keine Inländerdiskriminierung; gleichheitskonforme Auslegung der Geltung der geprüften Bestimmung auch für grenzüberschreitende Zusammenschlüsse geboten

Spruch

Der erste und der zweite Satz des §21c Z8 Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868, in der Fassung BGBl. I Nr. 27/2000, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B417/03 eine Beschwerde gegen ein Berufungserkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (OBDK) anhängig, mit dem der Berufung der Beschwerdeführer gegen ein Disziplinarerkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien keine Folge gegeben wurde. Den Beschwerdeführern wurde darin im Wesentlichen zur Last gelegt, dass sie entgegen der Vorschrift des '21c Z8 RAO in einem Gesellschaftsverhältnis in Österreich zueinander gestanden sind, während der Erstbeschwerdeführer gleichzeitig einer anderen Rechtsanwaltsgesellschaft in Österreich angehört hat.

2. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §21c Z8 RAO entstanden. Der Gerichtshof leitete daher mit Beschluss vom 11. Dezember 2003 von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des ersten und zweiten Satzes der zitierten Bestimmung ein.

3. §21c Z8 Rechtsanwaltsordnung, RGBl. 96/1868, in der Fassung BGBl. I Nr. 27/2000 (RAO), lautet (der in Prüfung gezogene Teil ist hervorgehoben):

"8. Rechtsanwälte dürfen keinem weiteren beruflichen Zusammenschluss in Österreich angehören. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch vorsehen, dass ein Rechtsanwalt die Rechtsanwaltschaft auch außerhalb der Gesellschaft ausüben darf. Die Beteiligung von Rechtsanwalts-Gesellschaften an anderen Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in Österreich ist unzulässig."

Diese Bestimmung erhielt ihre derzeit geltende Fassung durch das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung, BGBl. I Nr. 27/2000.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (59 BlgNR, 21. GP) zu diesem Bundesgesetz führen zur Änderung des §21c RAO folgendes aus:

"Mit der neuen Z1 lita wird der Kreis der Rechtsanwalts-Gesellschafter insoweit erweitert, als er in Hinkunft nicht nur inländische Rechtsanwälte, sondern auch Rechtsanwälte aus dem EU- und EWR-Raum umfasst. Damit wird in Umsetzung des Art11 Abs5 der RL 98/5/EG einerseits die Vergesellschaftung von in Österreich niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten (untereinander und mit inländischen Rechtsanwälten) ermöglicht, darüber hinaus aber auch die Vergesellschaftung 'über die Grenze' zwischen inländischen Rechtsanwälten und Anwälten aus dem EU- und EWR-Raum, die sich nicht in Österreich niederlassen.

In Hinblick auf die Erweiterung des Kreises der Rechtsanwalts-Gesellschafter wird in der Z8 klargestellt, dass sich das bereits derzeit bestehende Verbot der Bildung von sog. 'Sternsozietäten' nur auf das Inland bezieht."

4. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Einleitungsbeschluss vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist und er die in Prüfung gezogene Bestimmung anzuwenden hätte.

5. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof Bedenken in mehrfacher Hinsicht:

5.1. Im Hinblick auf die Erwerbsausübungsfreiheit:

5.1.1. Der Gerichtshof zog in Zweifel, ob die ersten zwei Sätze des §21c Z8 RAO dem verfassungsgesetzlich normierten Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) entsprechen. Eine Regelung, die für Rechtsanwälte eine Beschränkung der Ausübung ihres Berufes in Gesellschaften vorsehe, greife in das durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht ein (Hinweis auf VfSlg. 16120/2001). Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkt, nur zulässig, wenn sie durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sei (VfSlg. 10179/1984, 12578/1990, 12677/1991). Auch gesetzliche Regelungen, die nicht den Erwerbsantritt, sondern die Berufsausübung beschränken, seien auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen und müssten dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeute, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Dem Gesetzgeber stehe jedoch bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Erwerbsantritt beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (vgl. VfSlg. 11558/1987, 11853/1988, 12379/1990, 12481/1990, 13704/1994).

Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze hatte der Gerichtshof Zweifel, ob hinreichende öffentliche Interessen für eine Regelung bestehen, die es Rechtsanwälten untersagt, zum Zweck ihrer Berufsausübung mehr als einer Gesellschaft anzugehören. Die Möglichkeit, ihren Beruf im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auszuüben, hätten Rechtsanwälte bereits aufgrund der früheren Rechtslage (vgl. Lohsing-Braun, Österreichisches Anwaltsrecht2 [1950], 32 f). Die Beachtung des Berufsrechts liege immer in der persönlichen Verantwortung des einzelnen Rechtsanwalts, der im Einzelfall jeweils eigenständig (bei sonstiger disziplinarrechtlicher Sanktion) darauf zu achten habe, dass er Interessenkollisionen bei der Vertretung von Mandanten vermeidet (vgl. §10 Abs1 RAO, §13 RL-BA 1977) oder die Verschwiegenheit zugunsten seiner Mandanten wahrt (§9 Abs2 RAO) und insgesamt seinen Standespflichten nachkommt. Die zusätzliche Maßnahme in Gestalt des Verbots mehrfacher Gesellschaftszugehörigkeit gemäß §21c Z8 RAO schien dem Verfassungsgerichthof daher bei der Regelung der Berufsausübung der Rechtsanwälte nicht durch ein öffentliches Interesse geboten.

5.1.2. Selbst unter der Annahme, dass das Verbot mehrfacher Zusammenschlüsse im öffentlichen Interesse liege, bezweifelte der Verfassungsgerichtshof, ob die Regelung in §21c Z8 RAO in sich sachlich ist. §21c Z8 RAO bestimme zwar, dass sich ein Rechtsanwalt, der seinen Beruf in einer Gesellschaft ausübt, keiner weiteren Gesellschaft anschließen darf. Der zweite Satz der zitierten Bestimmung ermögliche es einem solchen Anwalt jedoch, die Rechtsanwaltschaft neben seiner Tätigkeit in der Gesellschaft "auch außerhalb der Gesellschaft" auszuüben. Angesichts des Umstandes, dass die Standespflichten vom Anwalt stets zu beachten sind, ohne Unterschied, ob die Tätigkeit des Anwalts innerhalb oder außerhalb der Gesellschaft erfolgt, hielt der Gerichtshof die Interessenlage in beiden Fällen für gleich und konnte daher vorläufig nicht erkennen, inwiefern eine Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft nur als Einzelanwalt erlaubt sein könnte, nicht aber im Rahmen einer weiteren Gesellschaft.

5.2. Im Lichte des verfassungsgesetzlich normierten Gleichheitssatzes (Art7 B-VG) hatte der Verfassungsgerichtshof folgende Bedenken:

5.2.1. Der Gerichtshof verwies auf den Wortlaut des §21c Z8 RAO, wonach ein Rechtsanwalt, der zum Zweck der Berufsausübung einer Gesellschaft angehört, "in Österreich" keiner weiteren Gesellschaft ("Zusammenschluss") angehören darf. Diese Regelung lässt es dagegen ausdrücklich zu, dass sich ein Anwalt, wenn er fallweise oder dauernd im Ausland tätig werden will, im Ausland einer weiteren Gesellschaft zur Berufsausübung anschließt und gleichzeitig seine Zugehörigkeit zu seiner Gesellschaft in Österreich beibehält.

Die in Prüfung gezogene Bestimmung der RAO führe daher dazu, dass sich österreichische Rechtsanwälte, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union tätig werden wollen, dort zulässigerweise einer zusätzlichen Gesellschaft zur Berufsausübung anschließen können, obwohl sie bereits in Österreich einer Gesellschaft angehören. Ebenso sei es zulässig, dass Rechtsanwälte aus Staaten der Europäischen Union in Österreich einer Gesellschaft zur Berufsausübung beitreten, obwohl sie gleichzeitig an einer anderen Gesellschaft ("Zusammenschluss") in ihrem Herkunftsstaat beteiligt sind.

Die Rechtslage bewirke daher, dass die mehrfache Zugehörigkeit eines Rechtsanwalts zu zwei (oder mehreren) Gesellschaften in gewissen Fällen erlaubt ist. Derselbe Sachverhalt sei jedoch untersagt, wenn es sich - wie in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Fall - um zwei Gesellschaften "in Österreich" handelt. Österreichische Rechtsanwälte würden daher durch §21c Z8 RAO beim Beitritt zu einer weiteren Gesellschaft unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob es sich bei der weiteren Gesellschaft um eine Gesellschaft im Inland oder eine im Ausland handelt. Da der Verfassungsgerichtshof keine sachlichen Gründe erkennen konnte, die eine solche unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden, nahm er an, dass die in Prüfung gezogene Regelung gegen Art7 B-VG verstößt.

5.2.2. Dieselbe bedenkliche Ungleichbehandlung ergab sich für den Verfassungsgerichtshof aber auch für jene Rechtsanwälte, die zwar nicht selbst einer zweiten Gesellschaft beitreten wollen, in deren Gesellschaft sich jedoch ein Mitgesellschafter befindet, der seinerseits einer zweiten Gesellschaft angehört. Wie der der Beschwerde zugrundeliegende Fall zeigt, richtet sich das in §21c Z8 RAO enthaltene Verbot der Mehrfachzugehörigkeit nicht nur gegen jenen Rechtsanwalt, der unmittelbar selbst eine Zugehörigkeit zu mehreren Gesellschaften verwirklicht, sondern auch gegen jene Rechtsanwälte, die einen Kollegen in ihre Gesellschaft aufnehmen, der bereits zumindest einer anderen Gesellschaft angehört. Diese Rechtsanwälte werden unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob ihr neuer Mitgesellschafter bereits einer inländischen Rechtsanwaltsgesellschaft angehört (diesfalls greift das Verbot), oder ob ihr neuer Mitgesellschafter Gesellschafter einer Gesellschaft im Ausland ist (dieser Fall wird von §21c Z8 RAO privilegiert).

Auch in dieser Hinsicht erblickte der Verfassungsgerichtshof daher in §21c Z8 RAO eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung einer Gruppe (österreichischer) Anwälte gegenüber einer anderen Gruppe (österreichischer) Anwälte.

6. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegentritt und beantragt, die in Prüfung gezogenen Sätze des §21c Z8 RAO nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, da dies erforderlich erscheine, um die der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes Rechnung tragende Neuregelung vorzunehmen.

6.1. In der Sache hält die Bundesregierung den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes folgendes entgegen:

"1. Allgemeines zum Zweck der in Prüfung gezogenen Regelung:

1.1. §21c wurde mit der Novelle BGBl. Nr. 474/1990 in die Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO) eingefügt. Unmittelbarer Anlass für diese Neuregelung war das am 1. Jänner 1991 in Kraft getretene Erwerbsgesellschaftengesetz (EGG), BGBl. Nr. 257/1990, in dessen Gefolge auch die eingetragene Erwerbsgesellschaft für den Anwaltsstand 'fruchtbar' gemacht werden sollte (Graff, Neues im Anwaltsrecht, AnwBl 1990, 355). In §21c RAO wurden dabei jene Erfordernisse aufgestellt, die bei Gesellschaften zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft jederzeit, das heißt also sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft (§1a RAO) wie auch nachher während deren Bestandes, erfüllt sein müssen (AB 1380 BlgNR XVII. GP 8). Dabei wurde es für notwendig erachtet, die gleichzeitige Zugehörigkeit eines Rechtsanwalts zu mehreren Gesellschaften, also etwa auch zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Rechtsanwalts-Partnerschaft, auszuschließen.

Dem lag in erster Linie die Überlegung zu Grunde, dass im Interesse der Ordnungsgemäßheit der Rechtspflege jederzeit sicherzustellen ist, dass der Rechtsanwalt unabhängig, ausschließlich seiner Partei verpflichtet und verschwiegen ist. Würde man dem Rechtsanwalt uneingeschränkt 'Mehrfachbeteiligungen' an verschiedenen Gesellschaften ermöglichen, könnte der einzelne Anwalt - auch völlig unbeabsichtigt - in Konflikt mit diesen Grundsätzen des anwaltlichen Selbstverständnisses und den Erfordernissen eines fairen Verfahrens nach Art6 EMRK geraten. Gemäß §9 Abs1 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Es ist dies einer der unverrückbaren Grundbausteine des anwaltlichen Standesrechts und eines fairen Verfahrens. Dieser Pflicht würde der Rechtsanwalt nicht mehr genügen können, wenn es ihm erlaubt wäre, Parteien mit gegenläufigen Interessen zu beraten und zu vertreten.

1.2. Hier ist insbesondere zu beachten, dass der Rechtsanwalt gemäß §10 Abs1 RAO verpflichtet ist, die Vertretung oder auch nur die Erteilung eines Rates abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in der selben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat. Ebenso darf er nach der genannten Bestimmung nicht beiden Teilen in dem nämlichen Rechtsstreit dienen oder Rat erteilen. Diese Bestimmungen schützen das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandanten, sollen aber auch sicherstellen, dass schon nach außen hin jeder Anschein einer Befangenheit des Rechtsanwalts und Zweifel an der ausschließlichen Wahrung der Interessen seines Mandanten verlässlich verhindert werden (vgl. auch §45 Abs4 RAO für die Vertretung in Verfahrenshilfesachen). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das österreichische anwaltliche Berufsrecht die materielle und formelle Doppelvertretung verbietet.

Derartige Unvereinbarkeitsregeln wegen Befangenheit können sich aber nicht nur auf die Person des Rechtsanwalts allein beziehen, sie sind auch auf die Gesellschaft zu erstrecken, der er angehört. Zum Inhalt des Begriffes der 'Befangenheit' nach der RAO greift der VwGH (Zl. 2000/10/0019, E. 27.3.2004, VwSlg 15382 A/2000) auf die Bedeutung, die diesem Begriff allgemein nach den Verfahrensgesetzen (vgl. zB §72 StPO, §19 JN, §7 AVG) - wenngleich es dort um die Befangenheit von Gerichtspersonen bzw. Verwaltungsorganen geht - insofern zurück, als auch diesem Befangenheitsbegriff das Element der Hemmung des pflichtgemäßen (sachlichen) Handelns durch psychologische Motive zugrunde liegt. Die Regelung des §45 Abs1 und 4 RAO soll gewährleisten, dass der zur Verfahrenshilfevertretung bestellte Rechtsanwalt an der Wahrnehmung seiner Pflichten gegenüber dem Vertretenen - insbesondere der Pflicht, die Rechte der Partei mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten (vgl. §9 Abs1 i.V.m. §16 Abs2 erster Satz RAO) - nicht durch psychologische Motive gehemmt ist. Ebenso soll verhindert werden, dass derselbe Anwalt in zwei gleichzeitig anhängigen Rechtssachen einmal als Vertreter der einen Partei, das andere Mal als Vertreter ihres Gegners auftritt, weil durch dieses gleichzeitige Aufscheinen in der Öffentlichkeit das eine Mal für und das andere Mal gegen ein und dieselbe Person das Vertrauen der rechtsuchenden Bevölkerung erschüttert wird und es überdies zu einer Interessenkollision kommen kann (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission vom 8. Mai 1995, 10 Bkd 1/95 u.v.a.).

Könnten sich Anwälte an mehreren Gesellschaften zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft beteiligen, wären entsprechende Kollisionen und damit Doppelvertretungen kaum noch auszuschließen und oft auch gar nicht ohne weiteres vorab zu erkennen. Die solcherart gerade im Interesse des Klienten zu beachtende Unabhängigkeit des Rechtsanwalts wäre insoweit nicht mehr ausreichend gesichert.

Dies möge anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden:

Rechtsanwalt Y gehört den Rechtsanwaltsgemeinschaften A und C an. Rechtsanwalt X gehört den Rechtsanwaltsgesellschaften A und B an. Will der Rechtsanwalt Y ein Mandat im Rahmen der Gesellschaft C übernehmen, kann er durch eine Prüfung innerhalb der Gesellschaften A und C eine unvereinbare Vertretung ausschließen. Da er allerdings gemeinsam mit Rechtsanwalt X der Gesellschaft A angehört, müsste er auch eine Überprüfung der Mandate der Gesellschaft B (der der Rechtsanwalt X ja auch angehört) vornehmen. Es wäre nämlich nicht hinnehmbar, dass sich die Rechtsanwälte X und Y in einer Rechtssache als jeweils gegnerische Anwälte gegenüberstehen, während sie gemeinsam (auch) der Gesellschaft A angehören. Diese Überprüfung der Unvereinbarkeit ist nicht durchführbar, weil für die Gesellschafter der Gesellschaft B keinerlei Auskunftspflicht gegenüber einer anderen Gesellschaft oder deren Rechtsanwälten besteht. Diese mangelnde Auskunftspflicht ist durch die Verschwiegenheitspflicht bedingt und verbietet es, die Mandanten der einen Gesellschaft der anderen Gesellschaft bekannt zu geben. Als Folge dessen wäre die Einhaltung der Prüfungsmechanismen nicht mehr möglich. Daher können keine Vorkehrungen zur Verhinderung von Interessenkollisionen getroffen werden, die dann im Nachhinein offenbar würden, wenn die Rechtsanwälte X und Y vor Gericht oder in außergerichtlichen Verhandlungen das erstemal aufeinander treffen. Auch dann bliebe unklar, welcher der beiden sein Mandat wegen Interessenkollision niederlegen müsste.

Durch eine Häufung derartiger Vorfälle würde das Vertrauen in die Rechtspflege und die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte in einem so kleinen Land wie Österreich immer mehr in Zweifel gezogen werden. Den Rechtsanwalt persönlich für die Beachtung der Berufspflichten verantwortlich zu machen, wäre bei dieser Ausgangslage auch nicht mehr adäquat.

1.3. Vor allem ist das öffentliche Interesse an der weitestmöglichen Hintanhaltung potentieller Interessenkollisionen im Rahmen der Verfahrenshelferbestellung zu beachten. Rechtsanwälte, die Mitglieder in so genannten 'Sternsozietäten' sind, können in Ansehung eines viel größeren Personenkreises (nämlich aller potentiellen Verfahrensgegner des gesamten Klientenkreises [samt Angehörigen und Tochterunternehmen, etc.] aller Sozietäten und deren Rechtsanwaltspartnern) in Interessenkollisionen stehen. Durch die Zulassung von 'Sternsozietäten' würde sich daher das Risiko von Kollisionen, die eine Umbestellung des ursprünglich von der Rechtsanwaltskammer aus der Liste ausgewählten und bestellten Verfahrenshelfers notwendig machen, potenzieren und zu enormen Verfahrensverzögerungen (und damit zu einer erheblichen Verlängerung der betroffenen Gerichtsverfahren) und auch zu einem erheblichen Verwaltungsmehraufwand für die notwendigen Umbestellungen führen. Überdies würde der betroffene Klientenkreis bei im Regelfall ausschließlich in Österreich tätigen 'Sternsozietäten' und 'Anwaltskonzernen' immer unübersichtlicher und die Gefahr immer größer, dass der eine Vertretung ausschließende Anschein der Befangenheit des Rechtsanwalts (auch diesem) erst nachträglich bekannt wird, was uU zu Ersatzansprüchen führen, jedenfalls aber das bestehende System der Verfahrenshelferbestellung in der Öffentlichkeit massiv in Misskredit bringen würde. Damit wäre auch den Verfahrensgarantien des 'Fair Trial' beim Zugang zum Recht nicht mehr Genüge getan. Im Übrigen wäre zu befürchten, dass sich die Belastung durch Verfahrenshilfeleistungen völlig unproportional von den Mitgliedern von 'Sternsozietäten' weg auf die Einzelanwälte verlagern und diese unverhältnismäßig (und damit wohl gleichheitswidrig) beschweren bzw. ebenfalls in eine 'Sternsozietät' drängen würde. Gerade in einem nicht so bevölkerungsreichen Land wie Österreich verlangt daher das öffentliche Interesse an einem funktionierenden System der Verfahrenshilfegewährung, der Bildung einiger weniger Anwaltskonglomerate auf gesetzlicher Ebene vorzubeugen.

1.4. §21c Z8 erster Satz RAO steht ferner auch in unmittelbarem Zusammenhang mit der in §9 Abs2 RAO normierten Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts. Danach ist der Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner Partei gelegen ist, verpflichtet. Er hat im gerichtlichen und sonstigen behördlichen Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften das Recht[,] sich auf diese Verschwiegenheit zu berufen. Könnten sich Anwälte nun an mehreren Gesellschaften zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft beteiligen, wäre die Problematik, die es schon heute beim Wechsel von einer Sozietät in die andere in Bezug auf die Verschwiegenheit und das Verbot der Verwertung von Kenntnissen, die in der einen Kanzlei erworben worden sind und für die andere Kanzlei nützlich sein könnten, in viel stärkerem Maß und zudem nicht nur zeitlich versetzt, sondern zeitgleich gegeben. Solche Konstellationen gilt es nicht nur im Interesse der Klienten zu verhindern, vielmehr liegt es auch im Interesse des einzelnen Rechtsanwalts, solche in vielen Fällen wohl unausweichlich drohenden Interessenkollisionen zu vermeiden. Das Auswerten von erworbenen Kenntnissen kann nämlich nicht nur eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht darstellen, ohne dass eine Kollision vorliegt, sondern selbstredend auch in Doppelvertretung geschehen.

1.5. Die Novellierungen des §21c Z8 erster Satz RAO haben an diesen Zielsetzungen grundsätzlich nichts geändert. §21c Z8 erster Satz RAO in der Fassung BGBl. I Nr. 71/1999 sah - ebenso wie die Stammfassung dieser Bestimmung - vor, dass Rechtsanwälte 'nur einer Gesellschaft angehören' dürfen. Die auf Grund der Novellierung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 27/2000 nunmehr in Geltung stehende Fassung der in Prüfung gezogenen Bestimmung ordnet an, dass Rechtsanwälte 'keinem weiteren beruflichen Zusammenschluss in Österreich angehören' dürfen. Dahinter steht weiterhin vor allem die Absicht, die Bildung der erwähnten 'Sternsozietäten' zu verhindern. Vermieden werden sollen 'mehrstöckige' Gesellschaften und die damit auch verbundene Gefahr von Abhängigkeiten und Einflussnahmen. Entsprechende berufsrechtliche Sondervorschriften sind notwendig, um den Grundprinzipien der freiberuflichen Anwaltschaft, nämlich der möglichst unabhängigen und persönlichen Berufsausübung sowie dem Vertrauensverhältnis zum Mandanten, auch bei der Berufsausübung durch (Kapital-)Gesellschaften Rechnung zu tragen (ErläutRV 1638 BlgNR XX. GP).

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch in Deutschland aus vergleichbaren Gründen eine nahezu identische Regelung über den Ausschluss der Berufstätigkeit von Rechtsanwälten in weiteren beruflichen Zusammenschlüssen besteht. Nach §59e Abs2 dBRAO ist es den Gesellschaftern 'untersagt, ihren in der Rechtsanwalts-Gesellschaft ausgeübten Beruf in einem weiteren beruflichen Zusammenschluss auszuüben'. Ebenso wie in Österreich ist den Gesellschaftern aber die Übernahme von Einzelmandaten oder Einzelaufträgen nicht verwehrt (Feuerich/Braun, BRAO5 Rz 7 zu §59e).

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz:

Die in §21c Z8 erster Satz RAO normierte Beschränkung des Verbots auf Österreich ist darin begründet, dass die Beteiligung eines österreichischen (oder in Österreich niedergelassenen europäischen) Rechtsanwalts an einem weiteren beruflichen Zusammenschluss im Ausland - auf Grund der unterschiedlichen Mandantenkreise im In- und Ausland - bedeutend weniger konfliktträchtig ist. Im Binnenmarkt - und in Österreich jedenfalls auch im Verhältnis zu dem in diesem Zusammenhang in erster Linie in Betracht kommenden deutschen Markt - sind sowohl die Anzahl der grenzüberschreitend am Markt tätigen Rechtsanwälte als auch der grenzüberschreitend Rechtsdienstleistungen in Anspruch nehmende Mandantenkreis bisher relativ eingeschränkt geblieben, sodass die Gefahr der (zufälligen) Überschneidung der Mandantenkreise inländischer und ausländischer Rechtsanwaltsgesellschaften um ein Vielfaches geringer ist als bei mehreren österreichischen Rechtsanwaltsgesellschaften; bei letzteren ist daher die Gefahr von zufälligen Kollisionen (Doppelvertretungen) um ein Vielfaches größer.

Im Bereich der Verfahrenshilfe ist die Gefahr einer Interessenkollision aufgrund der Beteiligung an ausländischen Gesellschaften noch geringer, da niedergelassene europäische Rechtsanwälte, unabhängig davon, ob sie einem beruflichen Zusammenschluss im Ausland angehören oder nicht, in Österreich jedenfalls nicht zum Verfahrenshelfer bestellt werden können (§13 Z3 EuRAG).

Wenn ein in Österreich niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in einer (ersten) österreichischen Rechtsanwaltsgesellschaft aufgenommen werden soll, so spricht die derzeitige Rechtslage nicht dagegen (§13 EuRAG stellt ihn dem österreichischen Rechtsanwalt gleich). Will er einer weiteren vsterreichischen Rechtsanwaltsgesellschaft beitreten, so gilt auch in diesem Fall dieselbe Regelung (Verbot) wie für einen inländischen Rechtsanwalt. Es kommt dabei zu keiner Ungleichbehandlung zwischen inländischen und in Österreich niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten. Ob ein niedergelassener europäischer Rechtsanwalt weiterhin einer Rechtsanwaltsgesellschaft im Ausland angehören darf, ist nach dessen nationalem Recht zu beurteilen. Ein österreichischer Rechtsanwalt hat nach den Bestimmungen der RAO jedenfalls die Möglichkeit, sich neben seiner Beteiligung an einer inländischen Anwaltsgesellschaft an einem derartigen beruflichen Zusammenschluss im Ausland (oder auch an mehreren) zu beteiligen, soweit dies das ausländische Recht zulässt. Auch eine Inländerdiskriminierung ist in diesem Fall daher nicht gegeben.

Bei der Ausübung der Rechtsanwaltschaft als Einzelanwalt stellen sich die im Zusammenhang mit 'Mehrfachbeteiligungen' an verschiedenen Gesellschaften verbundenen Probleme hingegen gerade nicht. Ausgehend davon räumt §21c Z8 zweiter Satz RAO dem Rechtsanwalt-Gesellschafter die Möglichkeit einer solchen Tätigkeit ausdrücklich ein. Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass ein Rechtsanwalt, wenn er als Einzelanwalt ein Mandat übernehmen soll, nie mit sich selbst in Konkurrenz treten wird, sondern jeden Fall genau auf eine Interessenkollision prüfen kann (weil ihm der eigene Mandantenkreis und der seiner Gesellschaft zugänglich sind); überdies ist der potentielle Mandantenkreis eines Einzelanwalts um zumindest die Hälfte, gegebenenfalls sogar um ein Vielfaches geringer als der eines Zusammenschlusses von zwei oder mehreren Rechtsanwälten. Zu beachten ist dabei ferner, dass natürlich auch der als (österreichischer oder niedergelassener europäischer) Einzelanwalt tätige Rechtsanwalt nur einem einzigen beruflichen Zusammenschluss in Österreich angehören darf. Die Absicht des Gesetzgebers war es, dass der einer Rechtsanwaltsgesellschaft angehörende Rechtsanwalt (gemeint wohl im Einzelfall) auch selbst als Anwalt vertreten kann, ohne dass diesbezüglich die Rechtsanwaltsgesellschaft auftritt.

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass aus der Sicht der Bundesregierung eine Reihe von rechtlichen Gründen dafür vorliegen, die es im gegebenen Zusammenhang rechtfertigen, 'inländische' gegenüber 'gemeinschaftsrechtlichen' Sachverhalten unterschiedlich zu regeln. Die verfahrensgegenständliche Regelung ist daher nach Ansicht der Bundesregierung bereits aus diesem Grunde verfassungskonform.

Davon abgesehen ist die Bundesregierung aber auch der Ansicht, dass ganz grundsätzlich nicht jede von einem gemeinschaftsrechtlichen Standard abweichende innerstaatliche Regelung unter dem Aspekt der 'Inländerdiskriminierung' automatisch verfassungsrechtlich problematisch ist. Vielmehr muss es dem Gesetzgeber möglich sein, seine rechtspolitischen Ordnungsvorstellungen im Sinne der Wahrung öffentlicher Interessen innerhalb der ihm grundsätzlich gesetzten Schranken (siehe dazu unten 3.) zu verwirklichen (siehe dazu etwa: Holoubek, 'Inländerdiskriminierung' im Wirtschaftsrecht, in:

Aicher/Holoubek/Korinek, Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht, Wien 2000, 159 ff, 182).

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung:

Eine Beschränkung der Freiheit der Erwerbsbetätigung ist nach der im Prüfungsbeschluss zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zulässig, sofern sie durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. Beschränkungen der Berufsausübung müssen bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein.

Das öffentliche Interesse an der in Prüfung gezogenen Regelung liegt in der insbesondere für die Gewährleistung von fairen Gerichtsverfahren unerlässlichen Vermeidung von Interessenkollisionen bei der anwaltlichen Berufsausübung und - damit einhergehend - in der Aufrechterhaltung eines funktionierenden Systems der Verfahrenshilfe. Im Einzelnen darf dazu auf die Ausführungen zu Punkt 1. verwiesen werden.

Die Regelung ist auch, wie ebenfalls aus den obigen Ausführungen hervorgeht, zur Erreichung dieses Ziels geeignet, da sie sicherstellt, dass Rechtsanwälte nicht in einer auch für sie selbst unüberschaubaren Weise mit einer Vielzahl von Mandanten mittelbar (über dritte Gesellschaften, denen die eigenen Partner angehören) in Beziehung stehen und so in (vor allem im Hinblick auf das Doppelvertretungsverbot problematische) Interessenkollisionen geraten.

Die Beschränkung ist ferner erforderlich und adäquat: Das Verbot geht nicht über das zur Zielerreichung unbedingt Notwendige hinaus; weder die selbständige Berufsausübung als Einzelanwalt außerhalb der Gesellschaft noch die Zugehörigkeit zu einer oder mehreren weiteren Rechtsanwaltsgesellschaften im Ausland werden untersagt. Der Eingriff bezieht sich damit lediglich auf einen einzelnen Aspekt der Erwerbstätigkeit, ohne die Berufsausübung als solche ernstlich zu behindern; dem steht das öffentliche Interesse an der Wahrung des Vertrauens in die Rechtspflege, am Funktionieren der Verfahrenshilfegewährung und an der Effektivität der anwaltlichen Vertretung im Rahmen eines fairen Verfahrens gegenüber.

Dass die Regelung in sich sachlich ist, wurde in den Ausführungen zum Regelungszweck und zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz bereits dargelegt.

Die Bestimmung des §21c Z8 RAO hat nach Auffassung der Bundesregierung ihren unverzichtbaren Platz in einem ausgewogenen Gefüge von Garantien, die einen fairen Zugang zum Recht, das Vertrauen in eine faire Vertretung und die Unabhängigkeit des einzelnen Rechtsanwalts und der einzelnen Rechtsanwaltsvereinigung sicherstellen sollen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Parteien ihre Rechtsauffassung näher dargelegt haben.

1. Die Bundesregierung brachte in der mündlichen Verhandlung vor, der Zweck des Verbots liege unter anderem in der Absicherung des für Anwälte geltenden Verbots der Doppelvertretung (§10 Abs1 RAO), welches einen "Grundpfeiler" des anwaltlichen Selbstverständnisses darstelle. Das Verbot der Doppelvertretung stehe in einem engen Zusammenhang mit dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten, welches schon dann beeinträchtigt sei, wenn der Rechtsanwalt auch nur den Anschein von Befangenheit vermittle. Durch das Verbot der Doppelvertretung werde sichergestellt, dass die Tätigkeit für einen früheren Mandanten bei der Übernahme eines neuen Mandats nicht zu Interessenkonflikten führt.

Zur Frage des Verfassungsgerichtshofes, welche Maßnahmen nach den bestehenden Standesauffassungen von einer Rechtsanwalts-Gesellschaft verlangt werden, um Interessenkollisionen und Doppelvertretungen zu vermeiden, erklärte die Bundesregierung:

Zur Einhaltung des Verbots der Doppelvertretung sei es für einen Rechtsanwalt erforderlich, vor Übernahme eines neuen Mandats regelmäßig die (Un)Vereinbarkeit mit bestehenden Mandaten zu verifizieren (sog. "Klienten-Gegner-Check"). Die Bundesregierung wies darauf hin, dass die Rechtslage und die Standesauffassung dahin gingen, dass ein Rechtsanwalt innerhalb seiner Gesellschaft alle anderen Mitgesellschafter mit den von ihm vertretenen Interessen "infiziere". Das heißt, im Fall einer Rechtsanwaltsgesellschaft müsse sich diese Überprüfung im Sinne des "Klienten-Gegner-Checks" auch auf alle Mandate aller übrigen Gesellschafter beziehen, weil eine unzulässige Doppelvertretung auch dann gegeben sei, wenn ein Rechtsanwalt ein Mandat übernimmt, das den Interessen von Mandanten eines seiner Mitgesellschafter zuwiderläuft. Innerhalb einer Rechtsanwalts-Gesellschaft müsse daher zur Einhaltung des Doppelvertretungsverbots ein Austausch von Informationen über die Namen der Mandanten und den Gegenstand der jeweiligen Causa stattfinden. Sollte der Fall eintreten, dass Rechtsanwälte nicht mehr nur einer einzigen Rechtsanwalts-Gesellschaft angehören, bestünde die Gefahr, dass die Einhaltung des Doppelvertretungsverbots wesentlich erschwert würde, weil ein gesellschaftsübergreifender "Klienten-Gegner-Check" zu einem Konflikt mit den Verschwiegenheitspflichten der in einer Gesellschaft tätigen Rechtsanwälte führen würde, zumal Informationen über die Klienten an Rechtsanwälte außerhalb der Gesellschaft weitergegeben werden müssten. Es käme überdies zu einer Vernetzung verschiedener Rechtsanwaltsgesellschaften, die zu Intransparenz führen und eine Überprüfung der einzuhaltenden Standesregeln unterlaufen würde.

Weiters stellte der Verfassungsgerichtshof die Frage, wie häufig der Fall eintrete, dass Rechtsanwälte im Inland zwei Gesellschaften angehören und wie häufig es vorkomme, dass zwei Rechtsanwalts-Gesellschaften über die Staatsgrenzen hinweg miteinander verbunden sind. Die Bundesregierung führte aus, dass derzeit 48 Anwälte aus dem EU-Ausland in Österreich niedergelassen seien, wovon fünf in inländische Rechtsanwalts-Gesellschaften eingetreten seien. Fälle von doppelter Gesellschaftszugehörigkeit seien weder der Bundesregierung noch dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag bekannt geworden.

Der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages wurde vom Verfassungsgerichtshof bei der mündlichen Verhandlung als Auskunftsperson befragt. Seinen Ausführungen zufolge sei es bestehende Standesauffassung, dass die Gesellschafter einer Rechtsanwalts-Gesellschaft ein Kontrollsystem benützen, um allfällige Interessenkonflikte bei der Übernahme neuer Mandate anhand einer systematischen Kontrolle der übernommenen Mandate erkennen zu können. Üblicherweise erfolge diese Kontrolle mittels eines EDV-Systems.

Auf die Frage, ob eine solche systematische Kontrolle auch gesellschaftsübergreifend wahrgenommen werden könnte (zB im Fall zweier Gesellschaften, an denen ein Rechtsanwalt gleichzeitig beteiligt ist), führte der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages aus, dass mit einem solchen "gemeinsamen" Kontrollmechanismus zwischen zwei Gesellschaften zwingend ein Informationsaustausch unter den Gesellschaften einher gehen müsste, sodass die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht beeinträchtigt sei. Voraussetzung für eine solche "gemeinsame" Kontrolle sei, dass alle Klienten ihre Zustimmung zum Austausch der für die Kollisionskontrolle erforderlichen Informationen erteilen. Damit bestünde jedoch nach Auffassung des Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages die Gefahr, dass die Einhaltung zweier wesentlicher Erfordernisse des Standesrechts gefährdet würde:

Einerseits wäre die Feststellung nicht mehr möglich, ob tatsächlich eine Interessenkollision vorliegt, anderseits wäre die Verschwiegenheitspflicht betroffen.

Die Beschwerdeführer im Verfahren zu B417/03 traten den Ausführungen der Bundesregierung und des Vertreters des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages entgegen. Die Aufhebung des Verbots der Zugehörigkeit zu mehreren Gesellschaften würde nicht dazu führen, dass die Verschwiegenheitspflicht oder das Doppelvertretungsverbot beseitigt wären. Es sei im Rahmen der verfügbaren technischen Möglichkeiten auch für miteinander "vernetzte" Gesellschaften überprüfbar, ob die Übernahme von neuen Mandaten mit bereits bestehenden in Widerspruch stehe. Die zur Kollisionskontrolle verwendeten Systeme werden auch bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen eingesetzt. Es sei daher nicht einzusehen, warum für Gesellschaften innerhalb Österreichs ein Verbot der doppelten Zugehörigkeit gelte. Im Übrigen werden Informationen über einen Mandanten auch dann an andere Anwälte weitergegeben, wenn der Rechtsanwalt sich für eine bestimmte Causa durch einen anderen Anwalt substituieren lässt. Auch in Fällen der Offenlegung von Daten über einen Mandanten gegenüber einem anderen Rechtsanwalt gelte (nach außen) die Verschwiegenheitspflicht. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Verschwiegenheitspflicht im Fall von Doppelmitgliedschaften eingeschränkt werde.

Der Vertreter der OBDK als im Verfahren zu B417/03 belangte Behörde betonte die besondere Bedeutung des Verbots der Doppelvertretung für das Standesrecht der Rechtsanwälte, die sich auch darin äußere, dass dieses Verbot im Unterschied zu anderen Standesvorschriften nicht im Verordnungs-, sondern im Gesetzesrang stehe. Er wies darauf hin, dass §21c Z8 RAO keine Unterscheidung zwischen österreichischen und europäischen Rechtsanwälten treffe. Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts diene dem Schutz der rechtsuchenden Bevölkerung und sei ein unverrückbares Instrument einer demokratischen Rechtsordnung. Eine besondere Schwierigkeit bei einer doppelten Gesellschaftszugehörigkeit ergebe sich daraus, dass die Überwachung zur Verhinderung von Interessenkollisionen nicht mehr administrierbar sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Das Gesetzesprüfungsverfahren hat nicht ergeben, dass die vorläufige Annahme des Gerichtshofes, er habe die in Prüfung gezogene Bestimmung anzuwenden, unzutreffend wäre. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Zur Beurteilung des Verbots im Lichte der Erwerbsausübungsfreiheit (Art6 StGG):

Das Verbot, einem "weiteren Zusammenschluss" anzugehören, greift in die Erwerbsausübungsfreiheit ein. Wie sich im verfassungsgerichtlichen Verfahren ergeben hat, bezweckt die Regelung eine vorbeugende Hintanhaltung der Gefahr von Interessenkonflikten und die Absicherung des Verbots der Doppelvertretung, dessen Einhaltung für das Treueverhältnis zwischen Anwalt und Klient und für das Bild der Anwaltschaft im Allgemeinen für wesentlich erachtet wird (§10 Abs1 RAO; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des Doppelvertretungsverbots vgl. VfSlg. 13842/1994).

Dem Gesetzgeber kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn er die Gewährleistung dieser Ziele als im öffentlichen Interesse gelegen ansieht. Bei der Regelung der Berufsausübung steht dem Gesetzgeber ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern. Dennoch müssen auch Ausübungsregelungen bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein (vgl. VfSlg. 11558/1987 mwH, 11991/1989, 11853/1988, 12379/1990, 12481/1990, 13330/1993, 13704/1994, 16324/2001 u.a.). Angesichts der grundsätzlichen Zulässigkeit der Berufsausübung im Rahmen von Rechtsanwalts-Gesellschaften und der Möglichkeit, die Rechtsanwaltstätigkeit zusätzlich (als einzelner Rechtsanwalt) auch außerhalb der Gesellschaft auszuüben, ist der mit §21c Z8 RAO verbundene Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit noch als zulässig anzusehen. Der Gesetzgeber durfte in vertretbarer Weise davon ausgehen, dass das Verbot zum vorbeugenden Schutz vor Interessenkonflikten geeignet ist, weil es das - bei mehrfacher Gesellschaftszugehörigkeit steigende - Risiko von Kollisionen der Mandanteninteressen in Grenzen hält. Das Verbot ist auch erforderlich: Die Kollision von Mandanteninteressen bei miteinander "vernetzten" Gesellschaften durch "gesellschaftsübergreifende" Kontrollmechanismen ist wesentlich schwerer vermeidbar, weil eine solche Kontrolle mit Einschränkungen der anwaltlichen Verschwiegenheit verbunden wäre, deren Schutz der Gesetzgeber ebenso als im öffentlichen Interesse gelegen betrachtet. Insgesamt ist das Verbot angesichts der geringen Schwere des Eingriffs im Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen auch nicht unangemessen.

2.2. Zur Vereinbarkeit des §21c Z8 RAO mit dem Gleichheitssatz:

Der Verfassungsgerichtshof hatte vorläufig das Bedenken, dass §21c Z8 RAO aufgrund seines Wortlauts, wonach "Rechtsanwälte keinem weiteren beruflichen Zusammenschluss in Österreich" angehören dürfen, zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führe, weil zwar die Mehrfachzugehörigkeit bei zwei Gesellschaften "in Österreich" verboten sei, hingegen die gleichzeitige Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft in Österreich und einer im Ausland (grenzüberschreitend) zulässig und damit privilegiert sei.

Die Bundesregierung wandte in ihrem Schriftsatz dagegen zunächst ein, die Regelung sei deshalb nicht diskriminierend, weil sie österreichische Rechtsanwälte nicht anders behandle als europäische Rechtsanwälte. Nach ihrer Auffassung liege daher keine Diskriminierung von Inländern vor.

Dieser Einwand widerlegt nicht die Bedenken des Gerichtshofs:

Eine Ungleichbehandlung von inländischen gegenüber ausländischen Rechtsanwälten wurde vom Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluss nicht angenommen. Die Ungleichbehandlung erblickte der Gerichtshof nur darin, dass rein innerstaatliche Zusammenschlüsse anders behandelt werden als grenzüberschreitende - ungeachtet der Staatsangehörigkeit der beteiligten Personen. Daher ist auch der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Hinweis der Bundesregierung auf das Erkenntnis VfSlg. 14202/1995 insofern nicht zielführend, weil sich dieses Erkenntnis (zum Verbot eines zweiten Kanzleisitzes) auf die Frage einer "Inländerdiskriminierung", dh. der Benachteiligung von Österreichern gegenüber Ausländern bezieht. Das Vorliegen einer solchen Diskriminierung verneinte der Gerichtshof darin mit dem Hinweis, dass die Regelung

"... in gleicher Weise für österreichische Rechtsanwalts-Gesellschaften und für solche, die in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens mit Ausnahme Österreichs [...] ansässig sind [gelte]".

Dasselbe gilt - unbestritten - für §21c Z8 RAO, weshalb der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluss keine Bedenken in diese Richtung geäußert hatte. Die vorläufigen Bedenken bezogen sich ausschließlich auf die Privilegierung der (anscheinend erlaubten) grenzüberschreitenden "Sternsozietät" gegenüber der (verbotenen) rein innerstaatlichen "Sternsozietät".

Der Verfassungsgerichtshof ist allerdings zu der Auffassung gelangt, dass sein vorläufiges Bedenken bei verfassungskonformer Interpretation des §21c Z8 RAO nicht aufrecht zu erhalten ist. Der Vorschrift ist im Zweifel kein Inhalt zu unterstellen, der sie gleichheitswidrig erscheinen lässt. Das Verbot, "keinem weiteren beruflichen Zusammenschluss in Österreich" anzugehören, ist

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gleichheitskonform - so auszulegen, dass es sich auch auf grenzüberschreitende Zusammenschlüsse erstreckt: Es ist so zu interpretieren, dass sich ein Rechtsanwalt, wenn er bereits einem beruflichen Zusammenschluss - sei es im Inland oder im Ausland - angehört, für seine Tätigkeit in Österreich "keinem weiteren beruflichen Zusammenschluss in Österreich", dh. nicht einer anderen Gesellschaft, anschließen darf. Damit gilt für einen Rechtsanwalt, der in Österreich einer Rechtsanwalts-Gesellschaft angehört, dass er

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will er einer anderen Gesellschaft (im Ausland) beitreten - aus der österreichischen Rechtsanwalts-Gesellschaft austreten muss, weil er sonst "einem weiteren Zusammenschluss in Österreich angehören würde". Bei dieser Auslegung ist einem in Österreich tätigen Rechtsanwalt die Zugehörigkeit zu einem zusätzlichen Zusammenschluss verboten, auch wenn nur einer der Zusammenschlüsse ein "Zusammenschluss in Österreich" ist. So bewirkt die Regelung keine gleichheitswidrige Diskriminierung, weil damit grenzüberschreitende "Sternsozietäten" gegenüber rein innerstaatlichen "Sternsozietäten" nicht unsachlich bevorzugt werden.

Einer solchen gleichheitskonformen Auslegung steht auch der von der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte völkerrechtliche Grundsatz der Beschränkung der innerstaatlichen Regelungskompetenz auf das Staatsgebiet (Territorialitätsprinzip) nicht entgegen.

Der impliziten Annahme der Bundesregierung, dass der innerstaatliche Gesetzgeber für die Regelung der Zulässigkeit von "Sternsozietäten" keine Kompetenz hätte, wenn der Rechtsanwalt zugleich einer in- und einer ausländischen Gesellschaft angehört, kann nicht gefolgt werden: Schon angesichts des Zwecks der Regelung, nämlich des Schutzes der Klienten, besteht ein hinreichender Bezugspunkt zum Inland (Schutzprinzip). Im Übrigen haben sowohl österreichische als auch ausländische Rechtsanwälte, die gemäß den §§9 ff. EuRAG bei einer österreichischen Rechtsanwaltskammer in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragen sind, einen hinreichenden persönlichen Bezug zum österreichischen Recht. Zur Regelung der Zugehörigkeit solcher Rechtsanwälte zu einer zweiten Gesellschaft (im Inland und im Ausland) ist der österreichische Gesetzgeber daher nicht von vornherein unzuständig.

Auch die Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, ABl. 1998 L 77, S. 36, steht dieser gleichheitskonformen Auslegung nicht entgegen:

Art 11 Z2 dieser Richtlinie normiert zwar, dass jeder Mitgliedstaat "zwei oder mehr Rechtsanwälten", die "ein und derselben Gruppe angehören ... und unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung in seinem Gebiet tätig sind, die Möglichkeit des Zugangs zu einer Form der gemeinsamen Berufsausübung" bieten soll. Der Inhalt dieser Vorschrift erschöpft sich aber darin, dass die Gesellschafter einer ausländischen Rechtsanwalts-Gesellschaft in Österreich auch eine weitere - personenidente - (inländische) Gesellschaft gründen dürfen (arg. "ein und derselben Gruppe"). Damit verlangt die Richtlinie lediglich den Zugang zu einer Gesellschaftsform im Inland, nicht aber die Zulässigkeit der Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu zwei Zusammenschlüssen mit unterschiedlicher personeller Zusammensetzung. Insofern steht die Richtlinie dem §21c Z8 RAO nicht entgegen. Im Übrigen verweist sie auf die "Rechts- und Verwaltungsvorschriften" des Mitgliedstaats zur Regelung der "Modalitäten, nach denen diese Rechtsanwälte ihre Tätigkeiten im Aufnahmestaat gemeinsam ausüben" (Art11 Z2 letzter Satz der Richtlinie).

§21c Z8 RAO ist somit in gleichheitskonformer Weise sowohl auf "rein innerstaatliche" als auch auf nur teilweise inländische (grenzüberschreitende) "Sternsozietäten" anzuwenden. Bei dieser Auslegung verstößt die Regelung nicht gegen den Gleichheitssatz.

Schlagworte

Auslegung verfassungskonforme, Erwerbsausübungsfreiheit, EU-Recht, Rechtsanwälte, Berufsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:G1.2004

Dokumentnummer

JFT_09958999_04G00001_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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