TE Vfgh Erkenntnis 1985/11/26 G128/85, G129/85, G130/85

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Veröffentlicht am 26.11.1985
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art26 Abs2
B-VG Art117 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
Sbg GdWO 1974 §27 Abs2 idF LGBl 83/1978
Sbg GdWO 1974 §27 Abs5

Beachte

Kundmachung am 20. Feber 1986, LGBl. für Sbg. 20/1986; Anlaßfälle B72, 73, 74/85 vom 4. März 1986

Leitsatz

Sbg. GemeindewahlO 1974; Begriff des "ordentlichen Wohnsitzes" iS des B-VG - mehrere (ordentliche) Wohnsitze möglich; Verstoß des §27 Abs2 und 5 gegen Art117 Abs2 B-VG

Spruch

Die Abs2 und 5 des §27 Sbg. Gemeindewahlordnung 1974, LGBl. 72/1974, (und zwar Abs2 idF LGBl. 83/1978) werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 1986 in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Sbg. ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im LGBl. verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Am 21. September 1984 begehrte S G mit Einsprüchen beim Bürgermeister der Marktgemeinde St. Michael im Lungau (politischer Bezirk Tamsweg, Bundesland Sbg.) die Streichung des Dr. F P, der E P und des Dr. P P aus dem dort aufliegenden Wählerverzeichnis für die Wahl der Gemeindevertretung vom 14. Oktober 1984 gemäß §33 Abs1 Sbg. Gemeindewahlordnung 1974, LGBl. 72/1974, idF LGBl. 51/1984 (GWO).

1.1.2. Die Gemeindewahlbehörde St. Michael im Lungau gab diesen Einsprüchen mit ihren Bescheiden vom 27. September 1984 (ohne Begründung) statt und verfügte die Streichung des Dr. F P, der E P und des Dr. P P aus dem Wählerverzeichnis.

1.2.1. Die drei Betroffenen brachten gegen diese Entscheidungen der Gemeindewahlbehörde fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein (§36 GWO).

1.2.2.1. Die Bezirkswahlbehörde Tamsweg wies diese Berufungen mit Bescheiden vom 12. Dezember 1984, Z 3-07/GW-7/25-1984, als unbegründet ab.

1.2.2.2. Begründend wurde in jedem dieser Bescheide ua. ausgeführt:

"... Hat ein Wahl- und Stimmberechtigter in mehreren Gemeinden einen ordentlichen Wohnsitz, so ist er in die Wählerevidenz der Gemeinde einzutragen, in der er am 31. Dezember des Vorjahres tatsächlich gewohnt hat. Nach diesem Umstande bestimmt sich die Eintragung auch dann, wenn jemand, falls eine Gemeinde in Wahlsprengel eingeteilt ist, in mehreren Wahlsprengeln eine Wohnung hat.

Gemäß §2 Abs6 WählerevidenzG darf jeder Wahl- und Stimmberechtigte nur einmal in den Wählerevidenzen eingetragen sein.

... (Der Berufungswerber) war aber am Stichtag der Salzburger Gemeindevertretungswahl 1984, wie eine telefonische Anfrage beim Magistrat der Stadt Graz ergeben hat, in der dortigen Wählerevidenz eingetragen.

Auf Grund dieses Ergebnisses vertritt die erkennende Behörde die Auffassung, daß die Aufnahme des ... (Berufungswerbers) in das Wählerverzeichnis der Marktgemeinde St. Michael im Lungau anläßlich der Salzburger Gemeindevertretungswahl 1984 nicht zu vertreten war."

1.3. Gegen diese Berufungsbescheide richten sich die zu B72/85, B73/85 und B74/85 protokollierten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerden des Dr. F P, der E P und des Dr. P P an den VfGH, in denen insbesondere die Verletzung des durch Art117 Abs2 B-VG gewährleisteten Rechtes auf Teilnahme an den Wahlen in den Gemeinderat behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte begehrt wurde.

1.4.1. Im Zug der verfassungsgerichtlichen Beratung über diese Beschwerden entstanden Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §27 Abs2 und 5 Sbg. Gemeindewahlordnung 1974, LGBl. 72/1974 (und zwar Abs2 idF LGBl. 83/1978).

1.4.2.1. Der VfGH faßte daraufhin (am 15. Juni 1985) zu B72, 73 und 74/85 den Beschluß, diese landesgesetzlichen Vorschriften auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

1.4.2.2. In den Gründen des Prüfungsbeschlusses heißt es ua. wörtlich:

"... Es ist davon auszugehen, daß kraft Art95 Abs1 B-VG die Mitglieder der Landtage auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechts aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Bundesbürger gewählt werden, die im Land ihren ordentlichen Wohnsitz haben. Nach Art177 Abs2 B-VG finden die Wahlen in den Gemeinderat gleichfalls auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechts aller Staatsbürger mit ordentlichem Wohnsitz in der Gemeinde statt, wobei in der Wahlordnung die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechts nicht enger gezogen sein dürfen als in der Wahlordnung zum Landtag.

Der VfGH legte in seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 1982, V34, 35/82 ua. (= VfSlg. 9598/1982), zur Frage des Wohnsitzbegriffes des B-VG ua. wörtlich dar:

'... Der Begriff des 'ordentlichen Wohnsitzes' - der nach den im B-VG enthaltenen Wahlrechtsgrundsätzen eine der Voraussetzungen für das aktive Wahlrecht bildet (Art26 Abs2, 95 Abs1, 117 Abs2 B-VG) und im B-VG nicht definiert wird - ist nach Auffassung des VfGH, wie bereits mit Erkenntnis VfSlg. 1327/1930 (s. auch: VfSlg. 1328/1930 und 1329/1930; ferner VfSlg. 299/1924) ausgesprochen, in jener Bedeutung zu verstehen, die in der österreichischen Rechtsordnung zur Zeit der Schaffung des B-VG allgemein mit diesem rechtstechnischen Ausdruck verbunden wurde:

Zurückzugreifen war demgemäß auf die damals der Terminologie der österreichischen Gesetzgebung zugrunde liegende Bestimmung des §66 JN (vom 1. August 1895, RGBl. 111, über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen), die in ihrem Abs1 Satz 2 besagt, daß 'der Wohnsitz einer Person ... an dem Orte begründet (ist), an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen', und in ihrem Abs2 Satz 1 bestimmt, daß für eine Person, die in mehreren Gerichtssprengeln einen Wohnsitz hat, 'bei jedem dieser Gerichte ein allgemeiner Gerichtsstand begründet (ist)'. Damit wird, wiewohl im Bereich der Wahlen zum Nationalrat (Art26 Abs2 B-VG iVm. §4 NRWO 1971) und der Volkszählung (§2 Volkszählungsgesetz 1980) von der Zielsetzung dieser Normen her für jede Person nur jeweils ein einziger ordentlicher Wohnsitz maß- und ausschlaggebende Bedeutung zu erlangen vermag, schon in Abs1 des §66 JN (s. VfSlg. 2935/1955) die rechtliche Möglichkeit eröffnet, daß jemand auch zwei oder mehrere Wohnsitze (in verschiedenen Gemeinden) haben kann, doch müssen dann freilich auf jeden dieser Aufenthalte sämtliche Merkmale eines 'ordentlichen Wohnsitzes' im dargelegten Sinn zutreffen (s. VfSlg. 1327/1930, 1994/1950, 2935/1955). Dabei ist es, wie der VfGH in erster Linie im Erkenntnis VfSlg. 1393/1931 im Fall eines Beschwerdeführers, der sich in Wien in der Absicht niedergelassen hatte, hier seinen 'bleibenden' Aufenthalt zu nehmen, ersichtlich in Auslegung und Deutung der Wortfolge 'bleibender Aufenthalt' in der - dem §66 Abs1 (Satz 1) JN nachgebildeten, mit dieser Gesetzesstelle nahezu wortgleichen - Vorschrift des §4 des Bundesgesetzes vom 20. März 1930 über die Anlegung ständiger Wählerverzeichnisse (Bürgerlisten), BGBl. 85/1930, zum Ausdruck brachte, für den Tatbestand des (ordentlichen) Wohnsitzes unerheblich, ob die Absicht dahin zielte, an dem Ort des mit animus domiciliandi genommenen Aufenthalts in Zukunft 'für immer' zu bleiben; es genügt vielmehr, daß nicht ein nur vorübergehender Aufenthalt, dh. ein Aufenthalt für eine mehr oder weniger genau bestimmte Zeit, beabsichtigt war, und daß der Betreffende diesen Ort bis auf weiteres zum Mittelpunkt seiner Rechtsverhältnisse und Geschäfte frei wählte (s. auch: VfSlg. 1394/1931, 1994/1950). Auch im Erkenntnis VfSlg. 2935/1955 legte der VfGH (in ausdrücklicher Berufung auf seine Vorerkenntnisse VfSlg. 1327/1930, 1328/1930, 1329/1930, 1393/1931 und 1394/1931) der Sache nach dar, daß nur an jenem Ort ein ordentlicher Wohnsitz begründet ist, den der Aufenthaltnehmer - bis auf weiteres - zu einem Mittelpunkt seiner Lebensinteressen ('wirtschaftlichen, beruflichen oder gesellschaftlichen Betätigung') zu gestalten beabsichtigte ...'

Steht man auf dem Boden dieser Rechtsprechung, so zeigt sich für Wahlen in den Gemeinderat iS des Art117 Abs2 B-VG, daß Staatsbürger in jeder Gemeinde, in der sie einen ordentlichen Wohnsitz haben, wahlberechtigt sein müssen, sofern alle übrigen Wahlrechtsbedingungen zutreffen, weil sich aus Art117 Abs2 B-VG eine Beschränkung des Wahlrechts eines über mehrere ordentliche Wohnsitze verfügenden Wahlberechtigten auf die Gemeindevertretungswahl der einen oder anderen, nach welchen Gesichtspunkten immer herauszugreifenden - und damit einer einzigen - Wohnsitzgemeinde keineswegs ableiten läßt.

Der VfGH hegt nun Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der, wie es scheint, untrennbar zusammenhängenden Regelung des §27 Abs2 und 5 GWO. Denn daraus scheint sich zu ergeben, daß - der Verfassungsnorm des Art117 Abs2 B-VG zuwider - Wahlberechtigte auch dann bloß in einer einzigen (Wohnsitz-)Gemeinde wählen dürfen, wenn sie nicht nur in dieser Kommune, sondern auch in anderen Gemeinden einen ordentlichen Wohnsitz iS des B-VG haben:

§27 Abs2 GWO läßt nämlich anscheinend - nach Wortlaut und Sinngehalt - eine rechtmäßige Eintragung in nur ein einziges Wählerverzeichnis zu, und zwar in das jener Gemeinde, in welcher der Wahlberechtigte am sogenannten Stichtag tatsächlich wohnte, und §27 Abs5 GWO legt dazu fest, daß ein (dennoch) in das Wählerverzeichnis mehrerer Orte eingetragener Wahlberechtigter aus dem Verzeichnis, in das er 'zu Unrecht' aufgenommen wurde, zu streichen sei ..."

1.4.3. Die - zur Vertretung der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen berufene - Sbg. Landesregierung wurde zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladen. Daraufhin langte zwar eine vom Landesamtsdirektor "für die Landesregierung" gefertigte Äußerung ein, doch kam in der mündlichen Verhandlung hervor, daß es sich dabei um keine von der Sbg. Landesregierung als Kollegium, dh. also um keine im Verfahren vor dem VfGH zu beachtende rechtmäßige Enuntiation iS der Rechtsprechung (VfSlg. 5573/1967) handelt (vgl. Art140 B-VG iVm. §63 VerfGG 1953).

1.5. §27 Abs1, 2 und 5 GWO (und zwar Abs1 idF BGBl. 58/1979, Abs2 idF LGBl. 83/1978 und Abs5 idF LGBl. 72/1974) hat folgenden Wortlaut:

"(1) Jeder Wahlberechtigte ist in das Wählerverzeichnis des Ortes (der Gemeinde, des Wahlsprengels) einzutragen, wo er am Stichtag seinen ordentlichen Wohnsitz hat (§2 Abs2 des Wählerevidenzgesetzes 1973).

(2) Käme hiernach die Eintragung in mehrere Wählerverzeichnisse in Frage, so ist der Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis der Gemeinde einzutragen, in der er am Stichtage tatsächlich gewohnt hat. Kommt auch ein solcher Wohnort nicht in Betracht, so hat die Eintragung in das Wählerverzeichnis der Gemeinde zu erfolgen, in der der Wahlberechtigte vor dem Stichtag zuletzt gewohnt hat. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Wahlberechtigter am Stichtag in einer Gemeinde in mehr als einem Wahlsprengel einen Wohnsitz hat.

...

(5) Ist ein Wahlberechtigter im Wählerverzeichnis mehrerer Orte (Gemeinden, Wahlsprengel) eingetragen, so ist er aus dem Wählerverzeichnis, in das er zu Unrecht eingetragen wurde, zu streichen. Hievon sind der Wahlberechtigte und die Gemeinde, in deren Wählerverzeichnis er zu verbleiben hat, unverzüglich zu verständigen."

2. Vom VfGH wurde erwogen:

2.1.1. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig.

Wie die (weithin übereinstimmenden) Gründe der vor dem VfGH angefochtenen Berufungsbescheide zeigen, wendete die bel. Beh. die untrennbar zusammenhängenden Abs2 und 5 des §27 GWO bei Fällung ihrer Entscheidungen tatsächlich - und immerhin denkmöglich - an (vgl. zB VfSlg. 4625/1963, 5373/1966): Daß die Bezirkswahlbehörde in Handhabung dieser Gesetzesvorschriften (auch) an Wohnsitze außerhalb des Bundeslandes Sbg. anknüpfte, ist unter den obwaltenden Umständen nicht schlechterdings unvertretbar.

Die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen bilden darum eine der Rechtsgrundlagen der angegriffenen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden - Verwaltungsakte; sie sind demnach auch vom VfGH bei Schöpfung des Erk. über die von den Bf. erhobenen Beschwerden gemäß Art144 Abs1 B-VG anzuwenden und somit in diesen Beschwerdesachen präjudiziell iS des Art140 Abs1 Satz 1 B-VG idF BGBl. 302/1975.

2.1.2. Die Bedenken des VfGH sind aber auch begründet.

2.2.1. Das Bedenken des Gerichtshofs, daß die Regelung des §27 Abs2 und 5 GWO dem Art117 Abs2 B-VG widerspricht, trifft aus den schon im Prüfungsbeschluß dargelegten Erwägungen, die sich als richtig erwiesen, voll zu: Der Begriff des "ordentlichen Wohnsitzes", wie ihn das B-VG versteht, zwingt nämlich zur Feststellung, daß jemand durchaus auch mehr als einen (ordentlichen) Wohnsitz (sei es nun in einer Gemeinde, sei es in verschiedenen Gemeinden) haben kann (s. VfSlg. 9598/1982). Es ist daher verfassungswidrig, wenn §27 Abs2 und 5 GWO normiert, daß Wahlberechtigte bei Wahlen in den Gemeinderat auch dann nur in einer einzigen (Wohnsitz-)Gemeinde wählen dürfen, wenn sie nicht bloß in dieser Kommune, sondern auch in anderen Gemeinden einen ordentlichen Wohnsitz iS des B-VG innehaben.

2.2.2. Zwar kann für Wahlen zum Nationalrat nur ein einziger Wohnsitz des Wahlberechtigten ausschlaggebend sein. Das ist aber nicht Ausfluß des notwendigen Verständnisses des Wohnsitzbegriffs. Denn nach dem Verfassungsgrundsatz des gleichen Wahlrechts darf ein Wahlberechtigter, mag er auch über mehrere ordentliche Wohnsitze in verschiedenen Gemeinden verfügen, bei der bundesweiten Wahl zum Nationalrat die Stimme nur in einer dieser (Wohnsitz-)Gemeinden abgeben. Auf diesen Umstand wies der VfGH übrigens bereits in seinem Erk. VfSlg. 9598/1982 (s. Punkt 1.4.2.2.) besonders hin. Daraus ist jedoch keineswegs abzuleiten, daß eine gleichartige Regelung für regionale Gemeindevertretungs(Gemeinderats-)Wahlen der Bundesverfassung entspräche: Nach Art117 Abs2 Satz 1 B-VG finden die Wahlen in den Gemeinderat aufgrund des ... Wahlrechts aller Staatsbürger statt, die in der Gemeinde ihren ordentlichen Wohnsitz haben. Kennt die Bundesverfassung nun aber - wie im Erk. VfSlg. 9598/1982 nachgewiesen - mehrere ordentliche Wohnsitze ein und derselben Person, ist es verfassungswidrig, einen Staatsbürger, der solche Wohnsitze in mehreren Gemeinden hat, grundsätzlich nur in einer davon zur Wahl in den Gemeinderat zuzulassen. Daran ändert auch die Norm des Art117 Abs2 Satz 3 B-VG nichts, derzufolge gesetzlich in Abweichung von der Regel des Art117 Abs2 Satz 1 B-VG bestimmt werden kann, daß das aktive und passive Wahlrecht in den Gemeinderat Personen, die sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhalten, dann nicht zukommt, wenn ihr Aufenthalt in der Gemeinde offensichtlich nur vorübergehend ist. Was immer die Vorschrift des Art117 Abs2 Satz 3 B-VG bestimmt: Zur Stützung des Standpunktes, daß jemand in allen Gemeinden des Bundeslandes Sbg. bloß einen wahlrechtsbegründenden (ordentlichen) Wohnsitz haben könnte, läßt sie sich nicht ins Treffen führen.

2.3. Zusammenfassend ergibt sich, daß die in Prüfung stehende landesgesetzliche Regelung gegen Art117 Abs2 B-VG verstößt.

2.4. Die Aussprüche über das Inkrafttreten der Aufhebung und die Kundmachungspflicht stützen sich auf Art140 Abs5, der frühere gesetzliche Bestimmungen betreffende Ausspruch auf Art140 Abs6 B-VG.

Schlagworte

Wahlrecht aktives, VfGH / Präjudizialität, Wahlen, Wohnsitz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:G128.1985

Dokumentnummer

JFT_10148874_85G00128_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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