RS Vwgh 2008/6/19 2007/21/0509

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 19.06.2008
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3R E19103000
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

32003R0343 Dublin-II Art19 Abs3;
32003R0343 Dublin-II Art19 Abs4;
32003R0343 Dublin-II Art20 Abs2;
AsylG 1997 §5 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §5a Abs3 idF 2003/I/101;
AsylG 1997;
AsylG 2005 §13;
AsylG 2005 §41 Abs3;
AsylG 2005 §75 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs4;
EURallg;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2011/21/0119 E 24. Jänner 2013

Rechtssatz

Nach der Übergangsregelung des § 75 Abs 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen (Asyl-)Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. Diese Norm passt nicht auf den vorliegenden Fall, weil das Asylverfahren der Fremden am 1. Jänner 2006 beendet war. Der Abs 4 des genannten § 75 AsylG 2005 sieht nämlich vor, dass (ua) zurückweisende Bescheide aufgrund des AsylG 1997 in derselben Sache in Verfahren nach dem AsylG 2005 den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache begründen, billigt also den Bescheiden aus Asylaltverfahren auch im Geltungsbereich des neuen Gesetzes Bestandskraft zu. Der Ablauf der Überstellungsfrist und der damit verbundene Zuständigkeitsübergang fallen im vorliegenden Fall jedenfalls in den Geltungsbereich des AsylG 2005. Auch wenn also der zurückweisende Bescheid (hier: vom 7. September 2005) noch in Anwendung des AsylG 1997 erlassen wurde, ist die Frage, ob er wegen der Säumnis mit der Überstellung außer Kraft getreten ist, nicht nach dem (seit 1. Jänner 2006 nicht mehr in Geltung stehenden) § 5a Abs. 3 AsylG 1997 zu beurteilen, sondern nach der seit diesem Zeitpunkt geltenden (aktuellen) Rechtslage. Danach bedarf es aber der ausdrücklichen Aufhebung des nach § 5 AsylG 1997 ergangenen verfahrensbeendenden Bescheides. Als dessen Folge wäre das Asylverfahren des Fremden zugelassen und er wäre zum Aufenthalt in Österreich berechtigt (vgl. sinngemäß § 41 Abs 3 iVm § 13 AsylG 2005). Da im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft am 19. November 2007 ein solcher Aufhebungsbescheid der Asylbehörden (noch) nicht erlassen worden war, kam der Fremden damals nicht die Stellung als Asylwerberin zu. Die auf § 76 Abs 1 FrPolG 205 gestützte Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung und die darauf gegründete Anhaltung erweist sich daher nicht als rechtswidrig, zumal das Bestehen eines Sicherungsbedarfs nicht fraglich war. Die belBeh hat sich aber mit dem Ablauf der Überstellungsfrist und dem - nach Ansicht der Fremden - daraus zu folgernden Außerkrafttreten des verfahrensbeendenden Asylbescheides nicht näher befasst. Die Auseinandersetzung damit hätte ergeben, dass die Fremde im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides zwar nicht als Asylwerberin, für die die herangezogene Rechtsgrundlage des § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 keinen zulässigen Schubhafttatbestand hätte darstellen können, zu behandeln war. Die belBeh hätte aber in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einbeziehen müssen, dass die Asylbehörden angesichts des evidenten Ablaufs der längstmöglichen Überstellungsfrist - der Fristablauf und die daraus folgende Unmöglichkeit der Überstellung "in den Mitgliedstaat" wurden auch im Asylwerberinformationssystem ausdrücklich angemerkt - und im Hinblick auf den Asyl(fortsetzungs)antrag der Fremden mit einer unverzüglichen Aufhebung des Asylbescheides vom 7. September 2005 hätten vorgehen müssen, mit der die Zulassung im Asylverfahren samt (vorläufiger) Aufenthaltsberechtigung und Anspruch auf Grundversorgung verbunden ist. Davon ausgehend wäre aber die Annahme, die weitere Anhaltung der Fremden in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung sei noch notwendig, nicht gerechtfertigt gewesen (Hinweis E 7. Februar 2008, 2007/21/0446; E 29. April 2008, 2005/21/0401). Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insoweit, als er das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung der Fremden in Schubhaft feststellte, als rechtswidrig, zumal die belBeh diesbezüglich nur von der rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens und der Mutwilligkeit des Asyl(fortsetzungs)antrages ausgegangen ist. Sie verkannte dabei, dass die an die Versäumung der Überstellungsfristen nach der Dublin II-VO geknüpften Rechtsfolgen auch dann eintreten, wenn der ungenützte Fristablauf auf das Verhalten des Fremden zurückzuführen ist. Dem wird nur durch eine Verlängerung der Frist von sechs Monaten auf 18 Monate Rechnung getragen.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteRechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007210509.X05

Im RIS seit

23.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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