TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/7 90/01/0030

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Veröffentlicht am 07.11.1990
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §17 Abs1;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;
WaffG 1986 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 22. Dezember 1989, Zl. Wa-962-1/89, betreffend Verweigerung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 6. Juni 1989 bei der Bezirkshauptmannschaft Hermagor den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses. Das Vorliegen eines Bedarfes begründete der Beschwerdeführer damit, daß er mit Jahresanfang von seinem bisherigen Faustfeuerwaffenverein zu einem Polizeisportverein gewechselt sei, wo er als aktives Mitglied an nationalen und internationalen Wettkämpfen im praktischen Pistolenschießen teilnehme. Im Zuge des von der Behörde erster Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahin, daß er bei Wettkämpfen in der Zeit zwischen den einzelnen Parcours seine Waffe nicht entsprechend sicher verwahren könne und daher gezwungen sei, diese mit sich zu führen. Auch sei er fast täglich mit zwei Faustfeuerwaffen und bis zu 600 Schuß Munition zum Training bzw. zu den jeweiligen Wettkämpfen unterwegs, wobei er befürchte überfallen zu werden.

Mit Bescheid vom 8. September 1989 wies die Bezirkshauptmannschaft Hermagor den Antrag gemäß §§ 17 und 18 des Waffengesetzes 1986, BGBl. Nr. 443 (WaffG), ab. Zur Begründung führte die Behörde aus, die zum Ausdruck gekommene Ängstlichkeit des Beschwerdeführer könne die Ausstellung eines Waffenpasses nicht rechtfertigen, wobei der Besitz von Faustfeuerwaffen und Munition eher gegenüber allfälligen Angriffen abschreckend als ermutigend wirke. Das bestehen einer besonderen Gefahrenlage sei nur dann anzunehmen, wenn zur allgemeinen, für jedermann gegebenen Gefahr, irgendeinmal überfallen zu werden, besondere Umstände hinzuträten. Des weiteren liege gemäß § 5 Abs. 2 lit. b WaffG das Führen von Waffen nicht vor, wenn eine Person eine Waffe ungeladen nur zu dem Zweck, diese von einem Ort zu einem anderen zu verbringen, bei sich habe. Dies gelte auch für den Transport einer Waffe zur Arbeitsstätte und nach Arbeitsschluß zur Schießstätte. Wenn jemand eine Waffe innerhalb von Betriebsräumen bei sich habe, sei dies auch nicht als Führen von Waffen anzusehen. Auch sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof das Beisichtragen einer Waffe während einer mit einem sportlichen Wettbewerb unmittelbar zusammenhängenden gesellschaftlichen Veranstaltung durch eine Waffenbesitzkarte gedeckt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Behörde sei auf die Problematik hinsichtlich des Verbleibes der Waffe des Beschwerdeführers während der Zeit zwischen einzelnen Parcours, die der Beschwerdeführer z.B. zum Besuch von Museen nutze, nicht eingegangen. In diesem Fall sei nach Ansicht des Beschwerdeführers das Mitführen der Waffe nicht mehr durch eine Waffenbesitzkarte gedeckt. Besondere Ängstlichkeit des Beschwerdeführers liege nicht vor, weil Personen, die einen Überfall planten, sich mangels entsprechender waffenrechtlicher Dokumente die erforderlichen Waffen nicht legal besorgen könnten. Die Bestimmung, daß ein Bedarf insbesondere dann anzunehmen sei, wenn eine Person glaubhaft mache, außerhalb ihrer Wohn- oder Betriebsräume besonderen Gefahren ausgesetzt zu sein, sei sicherlich nicht für sich ängstlich fühlende Personen gedacht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschei bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung betonte sie, daß der Transport von Faustfeuerwaffen zum Schießplatz und zu Schießbwerben durch die Waffenbesitzkarte gedeckt sei. Auf behördlich genehmigten Schießplätzen seien gemäß § 15 WaffG die Bestimmungen insbesondere über den Besitz und das Führen von Faustfeuerwaffen nicht anwendbar. Allerding sei der Beschwerdeführer, wenn er beabsichtige, während Pausen von Schießsportveranstaltungen Museen zu besuchen, verpflichtet, für eine ordnungsgemäße Verwahrung seiner Faustfeuerwaffen zu sorgen. Den durch Ausstellung einer Waffenbesitzkarte erworbenen Rechten stünden auch Pflichten gegenüber, deren Einhaltung eben allenfalls auch zu persönlichen Einschränkungen führen könnten. Es sei auch nicht im öffentlichen Interesse gelegen, daß der Beschwerdeführer während des Besuches von Museen zwei Faustfeuerwaffen und bis zu 600 Stück Munition mit sich führe. Der Beschwerdeführer habe mit dem ins Treffen geführten Transport seiner Faustfeuerwaffen keine über das jedermann treffende Zufallsrisiko hinausgehenden besonderen Gefahren glaubhaft machen können, sodaß ein Bedarf nicht nachgewiesen sei. Auch eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers habe nicht gefällt werden können, weil die vorgebrachten Gründe nicht "nahe an einen Bedarf" herankämen und dem öffentlichen Interesse an einer möglichst weitgehenden Geringhaltung von Berechtigungen zum Führen von Faustfeuerwaffen gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers erhöhtes Gewicht zukomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 17 Abs. 2

erster Satz WaffG bzw. auf Erlassung einer "richtigen" Ermessensentscheidung gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen, daß außer den in § 18 WaffG angeführten Merkmalen für das Vorliegen eines Bedarfes auch andere Bedarfsfälle denkbar seien. Auch ohne Vorliegen besonderer Gefährdungstatbestände stehe dem Beschwerdeführer auf Grund seiner schießsportlichen Tätigkeit und der Schwierigkeit, bei Wettkämpfen seine Faustfeuerwaffen dritten befugten Personen, die ebenfalls die ihnen erlaubte Anzahl von Faustfeuerwaffen mit sich führten, zu überlassen, ein Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses zu. Eine besondere Gefahrenlage ergebe sich für den Beschwerdeführer daraus, daß auf Grund von Veröffentlichungen über spüotliche Erfolge des Beschwerdeführers die von ihm häufig durchgeführten Waffen- und Munitionstransporte einem größeren Personenkreis bekannt würden, woraus die Gefahr eines Überfalls auf den Beschwerdeführer resultiere. Dieser Gefahr könne am zweckmäßigsten durch Anwendung von Waffengewalt entgegengetreten werden. Von dem ihr gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG eingeräumten Ermessen hätte die belangte Behörde umso eher zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch machen müssen, als er berücksichtigungswürdige private Interessen geltend gemacht habe, die einem Bedarf nahekämen, wobei dem Beschwerdeführer auf Grund seines Vorlebens besondere Verläßlichkeit zuzubilligen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung einen Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen. Gemäß § 18 leg. cit. ist ein Bedarf in diesem Sinn insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Dieser Umschreibung des Bedarfsbegriffes ist - worauf der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen hingewiesen hat - zu entnehmen, daß vom Vorliegen besonderer Gefahren nur dann die Rede sein kann, wenn die Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigen. Wenngleich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof bei Beurteilung der Erheblichkeit auch kein übertrieben strenger Maßstab anzulegen ist, so muß für die Annahme des Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für den Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses immerhin das Vorhandensein einer Gefahrenlage gefordert werden, die sich vom Sicherheitsrisiko, dem jedermann namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften ausgesetzt ist, deutlich erkennbar abhebt. Zudem setzt die Bejahung der Bedarfsfrage auch voraus, daß die Gefahr eine solche ist, daß ihr unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten mit Waffengewalt, d. h. mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam begegnet werden kann (vgl. u. a. die Verwaltungsgerichtshoferkenntnisse vom 7. Juni 1977, Zl. 398/77, und vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/01/0197).

Der Beschwerdeführer hat das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen insbesondere damit begründet, daß es ihm im Rahmen von Wettkämpfen nicht möglich sei, seine Faustfeuerwaffen ordnungsgemäß zu verwahren. Dieser Argumentation hat die belangte Behörde zu Recht entgegengehalten, daß mangelnde Aufbewahrungsmöglichkeiten für die Waffen von Wettkampfteilnehmern nicht als die Ausstellung eines Waffenpasses rechtfertigender Bedarf gewertet werden könnten. Vielmehr wäre es auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe des Beschwerdeführers, sich in solchen Fällen nicht von der Wettkampfstätte zu entfernen. Es kann nicht Sinn der waffengesetzlichen Vorschriften über das Ausstellen von Waffenpässen sein, durch die Erteilung einer Bewilligung zum Führen von Faustfeuerwaffen einen allfälligen Organisationsmangel von Veranstaltern schießsportlicher Bewerbe - nämlich die Unterlassung der Bereitstellung hinreichender Verwahrungsmöglichkeiten für die Faustfeuerwaffen von Wettkampfteilnehmern - auszugleichen.

Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten besonderen Gefahrenlage, die aus den von ihm häufig durchgeführten Transporten von Waffen und Munition resultierten, hat die belangte Behörde entgegengehalten, daß diese Transporte potentiellen Angreifern gegenüber eher abschreckend wirken würden. Diese Auffassung der belangten Behörde ist schlüsssig, weil sich aus dem Transport von Waffen und Munition durch eine im Umgang mit diesen besonders geübte Person, wie dies beim Beschwerdeführer der Fall ist, eine gegenüber dem allgemeinen Sicherheitsrisiko abhebende Gefahrenlage für diese Person nicht ableiten läßt.

Die Verneinung des Bedarfes des Beschwerdeführers am Führen von Faustfeuerwaffen erfolgte sohin zu Recht.

Bei der Ausübung des gemäß § 17 Abs. 2 WaffG eingeräumten Ermessens sind gemäß § 7 Abs. WaffG private Rechte und Interessen insoweit zu berücksichtigten, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist. Die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung, deren Ergebnis keine positive Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses ermöglicht hat, läßt - insbesondere auf Grund der dem Beschwerdeführer zu Recht entgegengehaltenen Erhöhung der mit dem Gebrauch von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren durch Ausstellung von Waffenpässen an die Vielzahl von Personen, die die gleichen Voraussetzungen wie der Beschwerdeführer erfüllen (alle verläßlichen aktiven Mitglieder von Faustfeuerwaffenvereinen) - keinen dem Gesetz widersprechenden Gebrauch des Ermessens der Behörde erkennen.

Soweit der Beschwerdeführer auf die Praxis anderer waffenpolizeilicher Dienststellen hinweist, derzufolge bei Sportschützen ein die Ausstellung eines Waffenpasses rechtfertigender Bedarf angenommen werde, ist ihm entgegenzuhalten, daß aus einer behördlichen Praxis Rechtsansprüche nicht abgeleitet werden können und daß sich aus der Begründung der belangten Behörde für die Abweisung des Ansuchens des Beschwerdeführers kein Anhaltspunkt für ein von unsachlichen Motiven geleitetes bzw. willkürliches Vorgehen der Behörde ergibt.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruck über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010030.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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