TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/10 91/14/0154

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Veröffentlicht am 10.12.1991
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §22 Abs1;
BAO §22 Abs2;
EStG 1972 §4 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/14/0155 E 10. Dezember 1991 91/14/0153 E 10. Dezember 1991

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der C-GmbH & CO KG in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) vom 21. März 1991, Zl. 64-GA3BK-DWo/89, betreffend Feststellung von Einkünften 1982 bis 1984, Gewerbesteuer 1982 bis 1984, Umsatzsteuer 1984 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1983, 1. Jänner 1984 und 1. Jänner 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.640,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

AH ist Eigentümer eines Gebäudes (Superädifikat), das er der A-GmbH vermietet hat, an der er die Geschäftsanteile hält. Diese hat das Gebäude zum größeren Teil nach Maßgabe des Mietvertrages an verschiedene GmbH & Co Kommanditgesellschaften (darunter die Beschwerdeführerin), an denen AH als Kommanditist beteiligt ist und deren Komplementärgesellschaften von der A-GmbH beherrscht werden, untervermietet.

Anläßlich abgabenbehördlicher Prüfungen wurde die Zwischenschaltung der A-GmbH als Mieter und Untervermieter unter Berufung auf den Mißbrauchstatbestand des § 22 BAO nicht anerkannt. Demgemäß wurde das Gebäude als Sonderbetriebsvermögen des AH innerhalb der Kommanditgesellschaften behandelt und wurden die ihm zugeflossenen Mieteinnahmen als Sonderbetriebseinnahmen seinen Gewinn- bzw. Verlustanteilen bei den einzelnen, das Gebäude nutzenden Kommanditgesellschaften zugerechnet (vgl. auch das AH betreffende hg. Erkenntnis vom 5. November 1991, 91/14/0138).

Weiters wurden vom Betriebsprüfer Prozeßkosten im Zusammenhang mit der Wechselschuld S als der privaten Sphäre des AH zugehörig aus dem Betriebsaufwand der Beschwerdeführerin ausgeschieden.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die den Prüfungsfeststellungen folgenden Bescheide des Finanzamtes als unbegründet ab. Sie führte im wesentlichen aus:

1. Es sei das wirtschaftliche Ziel der gewählten Konstruktion, das streitgegenständliche Gebäude den wichtigsten im Messewesen tätigen Firmen (den erwähnten Kommanditgesellschaften) zur Nutzung zu überlassen. Dem zwischen AH und der A-GmbH abgeschlossenen Mietvertrag könne entnommen werden, daß die Untervermietung an die Kommanditgesellschaften von Anfang an geplant gewesen sei. Auf Grund der Situierung des Gebäudes direkt gegenüber dem Ausstellungszentrum könne wohl auch ein sehr großes Interesse der Kommanditgesellschaften angenommen werden, gerade dieses Haus als Bürogebäude zu nutzen. Der einfachste und generell übliche Weg, diesen angestrebten wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen, wäre die direkte Vermietung oder Nutzungsüberlassung vom Hauseigentümer an die nutzungsberechtigten Gesellschaften. Statt dessen sei das gesamte Gebäude vorerst an eine GmbH vermietet worden, welche - wenn sie auch selbst einen ganz kleinen Teil des Hauses benützt habe - niemals das ganze Gebäude habe nutzen wollen oder können, sondern von Anfang an eine Untervermietung an andere Firmen vorgenommen habe. Dieser Weg sei im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen, sodaß zu überprüfen sei, ob maßgebliche außersteuerliche Gründe für diese Vertragsgestaltung vorlägen.

Zur Begründung der Zwischenschaltung der A-GmbH sei vorgebracht worden, daß der Vermieter nur in Rechtsbeziehung zu einem (einzigen) Mieter habe treten wollen: Dieses Argument, das möglicherweise im Wirtschaftsverkehr mit mehreren, einander fremden natürlichen und juristischen Personen von Bedeutung sein möge, erscheine im vorliegenden Fall auf Grund der Nahebeziehung der beteiligten Gesellschaften zueinander und zu AH nicht stichhaltig. Entscheidungswesentlich sei, daß AH im Streitzeitraum einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH gewesen sei. Der Vertragsabschluß des AH mit der A-GmbH komme also wirtschaftlich gesehen einem Vertragsabschluß mit sich selbst gleich. Darüber hinaus sei AH aber auch die einzige natürliche Person, die hinter den meisten der untermietenden Kommanditgesellschaften gestanden sei. Auch in den beiden Kommanditgesellschaften, an denen je eine andere natürliche Person zu 20 % als Kommanditist beteiligt sei, habe AH die alles dominierende Positition innegehabt. Daraus sei ersichtlich, daß AH - egal, wie die Vertragsverhältnisse zwischen ihm und den beteiligten Gesellschaften geknüpft worden wären - immer wieder nur in wirtschaftliche Beziehungen zu sich selbst getreten wäre.

Die Beschwerdeführerin habe weiters vorgebracht, der Vermieter habe sich nicht in der Lage gesehen, die Hausverwaltung des Objektes durchzuführen: Im Mietvertrag zwischen AH und der A-GmbH sei vereinbart worden, daß diese die Hausverwaltung durchführe. Laut Gewinn- und Verlustrechnung habe die A-GmbH im Streitzeitraum über kein Personal verfügt, das die Hausverwaltung hätte durchführen können. Die einzigen Dienstnehmer der A-GmbH seien AH und Dipl.Ing. W als deren Geschäftsführer gewesen. Durch die im Mietvertrag getroffene Vereinbarung habe sich also wieder AH mit den Agenden der Hausverwaltung konfrontiert gesehen, nur nicht als Privatperson, sondern ebenfalls als Geschäftsführer einer juristischen Person. Unbestritten sei, daß sich die A-GmbH zur Durchführung der Hausverwaltung einer ihrer untermietenden Gesellschaften bedient habe. AH hätte aber als Privatperson genauso einen fremden Dritten oder eine der nutzungsberechtigten Kommanditgesellschaften mit der Hausverwaltung beauftragen können. Die Zwischenschaltung einer GmbH sei also keine unbedingt erforderliche Maßnahme gewesen, damit sich AH der umfangreichen Verwaltungsarbeiten entledigen habe können; ganz im Gegenteil, die im Mietvertrag getroffene Vereinbarung habe ihn als Geschäftsführer erst recht mit der Organisation der Hausverwaltung konfrontiert.

Die Beschwerdeführerin habe behauptet, die Vermietung an mehrere, teilweise wirtschaftlich schwache Vertragsparter hätte vermieden werden sollen: Auf Grund der dominierenden Stellung, die AH in allen das Gebäude nutzenden Kommanditgesellschaften innegehabt habe, sei auch in diesem Argument kein maßgeblicher außersteuerlicher Grund zu erblicken. Im vorliegenden Fall fehle der Interessenkonflikt, der bei Vertragsgestaltungen unter Fremden zwischen den Vertragspartnern typischerweise gegeben sei. AH hätte daher ohne weiters auf die finanzielle Gebarung der Kommanditgesellschaften einen derartigen Einfluß nehmen können, daß die Bezahlung seiner Mieteinnahmen gesichert wäre.

Schließlich sei vorgebracht worden, daß durch den Abschluß von Untermietverhältnissen die Kündigungsschutzbestimmungen des Mietenrechtes umgangen würden: Nach den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes bewirke die Beendigung eines Hauptmietverhältnisses, aus welchem Grund immer, das Erlöschen des Untermietverhältnisses. AH hätte somit durch die Kündigung des mit der A-GmbH geschlossenen Mietvertrages eine automatische Auflösung aller Untermietverhältnisse erreichen können, ohne auf die Kündigungsschutzbestimmungen des Mietenrechtes achten zu müssen. Allerdings habe dieses Argument solange nichts für sich, als AH in allen beteiligten Gesellschaften die dominierende Position innehabe und somit in jeder einzelnen Gesellschaft seine persönlichen Interessen durchsetzen könne. Hiezu sei ausgeführt worden, daß dieses Argument für den Fall beachtlich wäre, daß eine der Kommanditgesellschaften insolvent würde und AH sodann diese Kommanditgesellschaft nicht mehr dominieren könne, sondern plötzlich einen "unliebsamen Mieter" im Haus hätte. Nach Ansicht der belangten Behörde sei dieses Argument aber selbst für den Fall, daß AH ernsthaft mit einer Insolvenz und den geschilderten Konsequenzen hätte rechnen müssen, nicht beachtlich, weil das MRG einen Feststellungsanspruch eines "Scheinuntermieters" dahingehend vorsehe, daß diesem in Wahrheit Hauptmietrechte zustünden. Wenn nämlich ein Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der dem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte geschlossen werde, so sei damit die materiell-rechtliche Voraussetzung des Anspruches des Untermieters erfüllt, sich (gerichtlich) zum Hauptmieter erklären zu lassen. Selbst wenn also ernsthaft eine Insolvenzgefahr bestanden hätte und die genannten Konsequenzen eingetreten wären, hätte die entsprechende untermietende Kommanditgesellschaft die Möglichkeit gehabt, ihre Mietrechte zu wahren, sodaß die gewählte Konstruktion auch unter diesem Blickwinkel nicht zielführend erscheine.

Für den vorliegenden Fall seien auch die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1990, 86/13/0046, heranzuziehen. Unbestritten sei, daß die Kommanditgesellschaften zur Ausübung ihres Unternehmens geeignete Büro- und Verwaltungsräumlichkeiten benötigt hätten. Durch die gewählte Konstruktion, nämlich die Zwischenschaltung der A-GmbH, sei genau dieses Ziel erreicht worden. Es bleibe also der Geschehnisablauf unverändert, weil die Zwischenschaltung der GmbH weder bezüglich des Inhaltes und Umfanges der erbrachten Leistung, noch bezüglich der natürlichen Person, die die Leistung erbrachte, noch bezüglich der tatsächlichen Umstände, unter denen die Person tätig wurde, eine Änderung bewirkt habe. Es sei somit auch hier nur zu prüfen, ob für den unverändert gebliebenen Geschehnisablauf eine angemessene rechtliche Gestaltung gewählt wurde. Zu den Pflichten eines Mitunternehmers gehöre es, seine Mitunternehmerschaft mit den nötigen Hilfsmitteln (hier: Büroräumlichkeiten) auszustatten. Dieser Verpflichtung sei AH auch nachgekommen. Die dafür angemessene rechtliche Gestaltung wäre aber durch das bestehende Gesellschaftsverhältnis zwischen AH und den Kommanditgesellschaften vorgezeichnet gewesen. Für eine abweichende und unübliche rechtliche Konstruktion durch Zwischenschaltung einer GmbH, deren vereinbarungsgemäß übernommene Aufgabe dann wiederum durch den Alleingesellschafter und Geschäftsführer AH zu erfüllen gewesen wäre, habe kein maßgeblicher außersteuerlicher Grund bestanden.

Die Zwischenschaltung der GmbH sei deshalb gewählt worden, um die steuerlichen Folgen zu vermeiden, die eintreten würden, wenn das Gebäude - seinem tatsächlichen wirtschaftlichen Zweck entsprechend - zum Betriebsvermögen (Sonderbetriebsvermögen) zu zählen wäre. Entscheidungswesentlich sei dafür nicht zuletzt die Tatsache, daß AH in allen beteiligten Gesellschaften eine derart dominierende Position innegehabt habe, die es ihm ermöglicht habe, auf Grund des fehlenden Interessenkonfliktes zwischen den Vertragspartnern alle (auch außersteuerlichen) Rechtsbeziehungen zu seinem Vorteil zu gestalten.

2. Strittig sei im vorliegenden Fall weiters, ob die im Zusammenhang mit einem Wechselprozeß, in dem die Beschwerdeführerin beklagte Partei gewesen sei, angefallenen Rechtsanwaltkosten betrieblich bedingt seien. Die Kosten eines Zivilprozesses seien als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn der Prozeßgegenstand objektiv betrieblicher Natur sei. Zwischen der Beschwerdeführerin und der Firma S hätten zumindest im Jahr 1978 geschäftliche Beziehungen bestanden und seien Waren auf Lieferschein an die Beschwerdeführerin geliefert worden. Der streitgegenständiche Wechsel sei urspünglich zur Besicherung von Forderungen der Firma S hingegeben worden, die aus diesen Geschäftsbeziehungen resultierten. Im Zuge des Wechselprozesses habe sich herausgestellt, daß neben den betrieblichen Schulden der Beschwerdeführerin auch private Verbindlichkeiten des AH an seine Ehegattin, die Inhaberin der Firma S, in die Wechselklage mit einbezogen worden seien. Die Beschwerdeführerin habe keine Beweise dafür erbringen können, daß mit der Bezahlung des Vergleichsbetrages von S 750.000,-- eine betriebliche Schuld getilgt worden sei, es könne aber auch nicht bewiesen werden, daß es sich dabei um eine private Schuld handelte. Fest stehe aber, daß bei Bezahlung der Vergleichssumme die Schuld als private Schuld behandelt worden sei. Der besagte Vergleich sei zwar von der Beschwerdeführerin abgeschlossen worden, die vereinbarte Vergleichszahlung sei aber aus dem Privatvermögen des AH erfolgt. Daraus müsse geschlossen werden, daß das Zustandekommen des Vergleiches und damit die Vereinbarung, daß jede Prozeßpartei ihre Kosten selbst zu tragen habe, in der Privatsphäre des AH begründet gewesen sei (rasche Klärung der Vermögensverhältnisse wegen des laufenden Scheidungsverfahrens).

Durch diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten insoweit verletzt, als das im Superädifikat gemietete Objekt als Sonderbetriebsvermögen behandelt wurde und (erkennbar) als die erwähnten Wechselprozeßkosten nicht als Betriebsausgaben anerkannt wurden. Die Beschwerdeführerin behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. GESTALTUNGSMISZBRAUCH

§ 22 Abs. 1 BAO bestimmt, daß durch den Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden kann; liegt ein Mißbrauch vor, sind nach dem zweiten Absatz der zitierten Gesetzesstelle die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

Demnach ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts so einzusetzen, daß er die geringste Steuerbelastung erzielt. Als Mißbrauch anzusehen ist hingegen eine rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; es ist dann zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre (vgl. als Beispiel für die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1990, 89/13/0272 bis 0275, und vom 11. Dezember 1990, 89/14/0140).

Von dieser Rechtslage gehen auch die beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aus, gelangen jedoch in der Folge zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Die belangte Behörde hat es als ungewöhnlich und unangemessen angesehen, daß AH als Eigentümer des Superädifikats nicht direkt an die das Objekt nutzenden Kommanditgesellschaften, sondern an die von ihm beherrschte A-GmbH vermietet hat. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Beurteilung für den Beschwerdefall von Konzernunternehmen nicht. Daß AH den Konzern ohne sonstige wirtschaftliche Veranlassung nur zum Zwecke der Gestaltung der Mietverhältnisse im Superädifikat errichtet hätte, behauptet auch die belangte Behörde nicht. Vermietet aber der Alleingesellschafter einer Konzernmuttergesellschaft ein Gebäude, das von ihm für Konzernzwecke errichtet wurde, an diese Gesellschaft und überläßt er ihr den Abschluß von Untermietverträgen mit Tochter- oder Enkelgesellschaften je nach deren tatsächlichem Nutzungsbedarf, so kann dies nicht ohne weiteres als unangemessene rechtliche Gestaltung bezeichnet werden.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten außersteuerlichen Aspekte der Vertragsgestaltung sind zumindest teilweise stichhaltig:

Wie schon der Betriebsprüfer festgestellt hat, variierten die Nutzungsanteile der Konzerngesellschaften Jahr für Jahr in durchaus erheblichem Ausmaß. In einer solchen Situation durfte es dem Hauseigentümer zweckmäßig erscheinen, nur einen Hauptmietvertrag mit der Muttergesellschaft abzuschließen und diese im Rahmen der Konzernleitung - die einheitliche Leitung ist ein Wesensmerkmal des Konzernbegriffs - die Raumnutzung durch die einzelnen Konzerngesellschaften organisieren zu lassen. Auch wenn der Hauseigentümer Alleingesellschafter der Konzernmutter ist, kann es ihm nicht verwehrt werden, sich für diese Aufgabe der Obergesellschaft zu bedienen, wollte man nicht überhaupt den vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Strukturen die Anerkennung versagen. Käme es allein auf die von der belangten Behörde betonte Beherrschung des Konzernes durch AH an, müßte diesem die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit des Konzerns zugerechnet werden, was auch die belangte Behörde nicht tut. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, 89/14/0140, (wenn auch aus anderem Anlaß) ausgesprochen, daß im Falle der Wahl der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft diese nicht als Steuersubjekt negiert und die Unternehmertätigkeit einer natürlichen Person fingiert werden kann (vgl. auch das von der Beschwerdeführerin zitierte hg. Erkenntis vom 28. September 1983, 82/13/0136, 0167).

Die Beschwerdeführerin hat aber auch geltend gemacht, durch den Abschluß von Untermiet- und nicht Hauptmietverträgen mit den Raumnutzern hätten die Kündigungsbestimmungen des Mietenrechtes nicht beachtet werden müssen. Wurde die vorliegende Vertragsgestaltung aber (auch) deshalb gewählt, um mietrechtsgesetzliche Vorschriften zu umgehen, so liegt darin ein Beweggrund, der außerhalb abgabenrechtlicher Erwägungen liegt (vgl. zum Mißbrauchstatbestand bei Umgehung gewerberechtlicher Vorschriften das hg. Erkenntnis vom 5. April 1989, 85/13/0086). Auch wenn diese Strategie nicht in jedem Fall erfolgreich sein muß, weil es einem - in Zukunft bei veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten allenfalls fremddominierten - Untermieter gelingen könnte, gemäß § 2 Abs. 3 MRG die Anerkennung als Hauptmieter zu erreichen, würde dies an der außersteuerlichen Motivation der Vertragsgestaltung nichts ändern.

Die belangte Behörde beruft sich insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1990, 86/13/0046. Im damaligen Beschwerdefall war die Zwischenschaltung einer GmbH bei der Erfüllung der Geschäftsführerpflichten der Gesellschafter einer OHG (Kundenbetreuung und Warenverkauf), wobei die Gesellschafter als Dienstnehmer der zwischengeschalteten GmbH betrachtet werden wollten, nicht anerkannt worden. Allenfalls die Beschaffung, nicht aber die Überlassung von Büroräumlichkeiten könnte unter die Geschäftsführerpflichten gemäß den §§ 114 ff HGB fallen. Schon aus diesem Grund fehlt es für den Beschwerdefall an der Vergleichbarkeit des Sachverhaltes.

Da die belangte Behörde somit nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu Unrecht den Mißbrauchstatbestand des § 22 BAO als verwirklicht angesehen hat, ist ihr Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

2. WECHSELPROZESZKOSTEN:

Die Kosten eines Zivilprozesses sind Betriebsausgaben, soweit sie betrieblich veranlaßt sind, wobei es auf den Prozeßgegenstand ankommt. Dieser muß objektiv betrieblicher Natur sein (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 4 Abs. 4 EStG 1972 allgemein, Seite 40, Stichwort "Prozeßkosten"). Prozeßkosten wegen eines gegen den Betrieb einer Personengesellschaft gerichteten Anspruchs sind Betriebskosten, auch wenn der Anspruch nicht das Betriebsvermögen, sondern das Privatvermögen der Teilhaber betrifft, aber gegen den Betrieb geltend gemacht wird; die Gesellschaft muß sich jedenfalls hiegegen zur Wehr setzen (vgl. Herrmann-Heuer-Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftssteuergesetz, § 4 EStG Anm. 62, Stichwort "Prozeßkosten").

Der Beschwerdefall weist allerdings Besonderheiten auf, die zu einer abweichenden Beurteilung führen:

Die parallel zum Scheidungsverfahren eingebrachte Wechselklage der Ehegattin des AH als Inhaberin der Firma S betraf zwar einen Wechsel, der zur Besicherung von Forderungen aus der Geschäftsbeziehung zwischen der Firma S und der Beschwerdeführerin begeben worden war. Als Grundlage der Wechselforderung wurden von der Klägerin Warenlieferungen an die Beschwerdeführerin vorgebracht. Nach der im Verwaltungsverfahren gegebenen Darstellung der Beschwerdeführerin vom 26. Februar 1991 ließ sich in ihren Büchern aber keine Verbindlichkeit gegenüber der Firma S finden, weshalb die Wechselforderung bestritten wurde. Während des Prozesses habe sich herausgestellt, daß auch einige private Beziehungen in die Wechselklage einbezogen worden seien. Im Zuge des Scheidungsverfahrens und der damit verbundenen vermögensrechtlichen Auseinandersetzung sei es zu einem Vergleich über die Wechselforderung gekommen. Der Vergleichsbetrag von S 750.000,-- habe die Privatsphäre des AH betroffen, weshalb die Abwehr der ursprünglichen Forderung gegen die Beschwerdeführerin aus ihrer Sicht erfolgreich durchgeführt werden konnte.

Mit dieser Darstellung steht das Beschwerdevorbringen im Widerspruch, die Zahlung von S 750.000,-- wäre lediglich irrtümlich dem Privatkonto des AH angelastet worden; vielmehr kann danach von einem Buchungsirrtum keine Rede sein. Hiemit stimmt überein, daß der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung über die Berufung auf Befragen erklärte, er könne nicht sagen, daß es sich beim Vergleichsbetrag um eine Betriebsschuld gehandelt hätte. Es sei richtig, daß die Schuld nicht als Betriebsschuld behandelt worden sei.

Bestand aber entsprechend der Darstellung der Beschwerdeführerin keine Verbindlichkeit der Beschwerdeführerin gegenüber der Firma S, zu deren Besicherung der eingeklagte Wechsel ausgestellt worden war, so wäre die Wechselklage kostenpflichtig abgewiesen worden. Wenn die Beschwerdeführerin sich dennoch zur Zahlung von 3/4 der Wechselsumme und zur Übernahme ihrer eigenen Prozeßkosten bereit fand, so kann dies nur damit erklärt werden, daß es sich hiebei um einen Teil der vermögensrechtlichen Abfindung der Ehegattin des AH im Zuge der Ehescheidung handelte. Mangels betrieblicher Veranlassung der Prozeßkostentragung kommt eine Anerkennung dieser Kosten als Betriebsausgaben nicht in Frage.

Zu diesem Ergebnis ist die belangte Behörde nicht auf Grund bloßer Behauptungen, sondern auf Grund der von ihr aufgenommenen Beweise gelangt. Ein Verfahrensmangel ist nicht erkennbar.

Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt als unbegründet.

Aus den in Punkt 1 genannten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991140154.X00

Im RIS seit

10.12.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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