TE Vfgh Beschluss 2006/12/1 B554/05

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Veröffentlicht am 01.12.2006
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Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
PrivatradioG §6, §9
VfGG §88

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen die neuerliche Abweisung der Berufung gegen die rechtskräftige Versagung der Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogrammes mangels Legitimation; fehlende Beschwer mangels nachteiliger Veränderung der durch den erstinstanzlichen Bescheid geschaffenen unanfechtbaren Rechtslage

Spruch

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer ist schuldig, der lizenzinnehabenden beteiligten Partei, Vorarlberger Regionalradio GmbH, zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.160,- bestimmten Prozesskosten bei sonstiger Exekution binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1 Mit Bescheid vom 18. Juni 2001 erteilte die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) der Vorarlberger Regionalradio GmbH die Zulassung zur Veranstaltung von Hörfunk für das Versorgungsgebiet "Vorarlberg". Die Anträge des nunmehrigen Beschwerdeführers sowie weiterer Mitbewerber auf Erteilung der Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet "Vorarlberg" wurden gemäß §6 Abs1 und 2 Privatradiogesetz, BGBl. I Nr. 20/2001 (PrR-G), abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbewerber, zu denen auch der Beschwerdeführer zählt, Berufungen an den Bundeskommunikationssenat (BKS), welcher diese mit Bescheid vom 14. Dezember 2001 abwies.

Dagegen erhoben der nunmehrige Beschwerdeführer und ein Mitbewerber gemäß Art144 B-VG Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof. Der nunmehrige Beschwerdeführer hatte unter anderem ausgeführt, dass die belangte Behörde willkürlich vorgegangen sei und damit den Gleichheitssatz verletzt habe. Ferner sei §9 PrR-G verfassungswidrig. Der Beschwerdeführer regte daher eine Prüfung dieser Bestimmung an.

Mit Beschluss vom 9. Oktober 2002, B138/02 ua., hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden abgelehnt und diese an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Eine Ausführung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den nunmehrigen Beschwerdeführer ist jedoch nicht erfolgt (Einstellungsbeschluss VwGH 17.12.2002, Zl. 2002/04/0164). Damit ist die Abweisung des vom Beschwerdeführer am 20. April 2001 gestellten Antrags unanfechtbar geworden.

1.2 Jedoch hob der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Beschwerde des Mitbewerbers mit Erkenntnis vom 15. September 2004, Zl. 2002/04/0163, den genannten Bescheid des BKS vom 14. Dezember 2001 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

1.3 Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom 31. März 2005 wies der BKS in Spruchpunkt 1. unter anderem die Berufung des Beschwerdeführers gemäß §66 Abs4 AVG iVm. §6 Abs1 und 2 PrR-G, BGBl. I Nr. 20/2001 idF Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2001, iVm. §32 Abs4 PrR-G idF Bundesgesetz BGBl. I Nr. 169/2004 als unbegründet ab und bestätigte in Spruchpunkt 4. die mit Bescheid der KommAustria vom 18. Juni 2001 getroffene Auswahlentscheidung zugunsten der Vorarlberger Regionalradio GmbH. Die Spruchpunkte 2. und 3. betreffen den Antrag eines weiteren Mitbewerbers.

1.4 §6 PrR-G idF BGBl. I Nr. 20/2001 lautet:

"Auswahlgrundsätze

§6. (1) Bewerben sich mehrere Antragsteller, die die gesetzlichen Voraussetzungen (§5 Abs1 und 2) erfüllen, um eine Zulassung, so hat die Regulierungsbehörde dem Antragsteller den Vorrang einzuräumen,

1. bei dem auf Grund der vorgelegten Unterlagen sowie der Ergebnisse des Verfahrens die Zielsetzungen dieses Gesetzes am besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist oder im Fall von Spartenprogrammen im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen von dem geplanten Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet zu erwarten ist und

2. von dem oder von der zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist.

(2) Die Behörde hat auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat."

§9 PrR-G, dessen Prüfung der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gegen den Bescheid des BKS vom 18. Juni 2001 begehrt hatte, lautet idF des BGBl. I Nr. 20/2001:

"Beteiligungen von Medieninhabern

§9. (1) Eine Person oder Personengesellschaft kann Inhaber mehrerer Zulassungen sein, solange sich die von den Zulassungen umfassten Versorgungsgebiete nicht überschneiden. Ferner dürfen sich die einer Person oder Personengesellschaft zuzurechnenden Versorgungsgebiete nicht überschneiden. Ein Versorgungsgebiet ist einer Person dann zuzurechnen, wenn sie bei einem Zulassungsinhaber unmittelbar über Beteiligungen oder Einflussmöglichkeiten im Sinne des Abs4 Z1 verfügt.

(2) Die Einwohnerzahl in den einem Medienverbund zuzurechnenden Versorgungsgebieten darf zwölf Millionen nicht überschreiten, wobei die Einwohnerzahl in den einer Person oder Personengesellschaft des Medienverbundes zuzurechnenden Versorgungsgebieten acht Millionen nicht überschreiten darf. Für die Zwecke dieses Absatzes ist ein Versorgungsgebiet einem Medienverbund dann zuzurechnen, wenn eine Person oder Personengesellschaft des Medienverbundes selbst Zulassungsinhaber für dieses Versorgungsgebiet ist oder bei einem Zulassungsinhaber unmittelbar über Beteiligungen oder Einflussmöglichkeiten im Sinne des Abs4 Z1 verfügt.

(3) Personen oder Personengesellschaften desselben Medienverbundes dürfen denselben Ort des Bundesgebietes, abgesehen von technisch unvermeidbaren Überschneidungen (spill over), nicht mehr als zweimal versorgen.

(4) Als mit einem Medieninhaber verbunden gelten Personen oder Personengesellschaften,

1. die bei einem Medieninhaber mehr als 25 vH der Kapitalanteile oder Stimmrechte halten oder einen beherrschenden Einfluss haben oder über eine der in §244 Abs2 in Verbindung mit Abs4 und 5 des Handelsgesetzbuches geregelten Einflussmöglichkeiten verfügen;

2. bei welchen eine der in Z1 genannten Personen oder Personengesellschaften mehr als 25 vH der Kapitalanteile oder Stimmrechte hält oder einen beherrschenden Einfluss hat oder über eine der in §244 Abs2 in Verbindung mit Abs4 und 5 des Handelsgesetzbuches geregelten Einflussmöglichkeiten verfügt;

3. bei welchen ein Medieninhaber mehr als 25 vH der Kapitalanteile oder Stimmrechte hält oder einen beherrschenden Einfluss hat oder über eine der in §244 Abs2 in Verbindung mit Abs4 und 5 des Handelsgesetzbuches aufgezählten Einflussmöglichkeiten verfügt. Für die Zwecke dieses Absatzes ist es einer direkten Kapitalbeteiligung von mehr als 25 vH gleichgestellt, wenn eine oder mehrere mittelbare Beteiligungen bestehen und die Beteiligung auf jeder Stufe mehr als 25 vH erreicht. Beteiligungen von Medieninhabern oder von mit diesen gemäß diesem Absatz verbundenen Personen auf derselben Stufe sind für die Ermittlung der 25 vH Grenze zusammenzurechnen.

(5) Ein Medieninhaber darf nicht Mitglied eines als Verein organisierten Hörfunkveranstalters sein.

(6) Das Kartellgesetz 1988, BGBl. Nr. 600, bleibt unberührt."

Durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 97/2004 wurden die genannten Bestimmungen geringfügig geändert. Doch waren aufgrund der Übergangsbestimmung des §32 Abs4 PrR-G, welche durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 169/2004 nachgeschoben wurde, die genannten Bestimmungen idF des BGBl. I Nr. 20/2001 anzuwenden. Diese Bestimmung lautet:

"Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2004 beim Bundeskommunikationssenat anhängige Berufungsverfahren sind nach den Bestimmungen des Privatradiogesetzes, BGBl. I Nr. 20/2001, mit Ausnahme des §7 Abs4 vierter Satz und des §13 Abs1 Z3, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 136/2001 zu behandeln. Gleiches gilt für Berufungsverfahren über Entscheidungen der KommAustria nach dem vorstehenden Absatz."

Soweit dies den Beschwerdeführer betrifft, hat sich somit die Rechtslage zwischen dem Tag der Erlassung des Bescheides des BKS vom 14. Dezember 2001 und der Erlassung des Ersatzbescheides vom 31. März 2005 nicht geändert.

1.5 Gegen den Bescheid des BKS vom 31. März 2005 richtet sich die gemäß Art144 B-VG eingebrachte Beschwerde, in welcher der belangten Behörde Willkür vorgeworfen wird. Ferner wird neuerlich die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm (§9 PrR-G) behauptet und die (kostenpflichtige) Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Die Ausführungen in der Beschwerde sind nahezu identisch mit jenen der Beschwerde gegen den Bescheid des BKS vom 14. Dezember 2001.

1.6 Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.

1.7 Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nahm zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des §9 PrR-G Stellung und erachtete die gegen diese Norm erhobenen Bedenken als unbegründet.

1.8 Die Vorarlberger Regionalradio GmbH als am Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in welcher sie die (kostenpflichtige) Zurückweisung der Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation, in eventu ihre (kostenpflichtige) Abweisung beantragte.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

Infolge des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 2002 war der Bescheid des BKS vom 14. Dezember 2001, mit dem die Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers abgewiesen wurde, unanfechtbar geworden. Einer neuerlichen Behandlung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung der Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet "Vorarlberg" steht die Rechtskraft der Abweisung dieses Antrages durch den im ersten Rechtsgang ergangenen Bescheid des BKS vom 14. Dezember 2001 entgegen. Dennoch hat die belangte Behörde im Ersatzbescheid vom 31. März 2005 die Berufung neuerlich abgewiesen und in Bezug auf den Beschwerdeführer einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden neuen (die Berufung abweisenden) Bescheid erlassen. Sie hat damit aber die durch den erstinstanzlichen Bescheid geschaffene (unanfechtbare) Rechtslage nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers verändert, ihm fehlt im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 13.242/1992 mwN) daher die Beschwer und damit die Beschwerdelegitimation (VfSlg. 17.537/2005).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Für den Schriftsatz waren der beteiligten, lizenzinnehabenden Partei die begehrten Kosten zuzusprechen. Im Betrag ist Umsatzsteuer iHv. € 360,- enthalten.

IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Rundfunk, Privatradio, VfGH / Legitimation, Verwaltungsverfahren, Berufung, Rechtskraft, Ersatzbescheid, VfGH / Kosten, VfGH / Beteiligter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B554.2005

Dokumentnummer

JFT_09938799_05B00554_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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