TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/15 2002/04/0163

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Veröffentlicht am 15.09.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
16/02 Rundfunk;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
PrivatradioG 2001 §3 Abs1;
PrivatradioG 2001 §5 Abs3;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Bodensee Privatradio GmbH in Bregenz, vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 14. Dezember 2001, Zl. 611.150/001- BKS/2001, betreffend Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms (mitbeteiligte Partei: Vorarlberger Regionalradio GmbH, vertreten durch Dr. Michael Krüger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Marienstraße 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 18. Juni 2001 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 3 Abs. 1 und 2 iVm §§ 5 und 6 Privatradiogesetz (PrR-G) iVm § 49 Abs. 3a Telekommunikationsgesetz (TKG) für die Dauer von 10 Jahren ab dem 20. Juni 2001 die Zulassung zur Veranstaltung eines - näher umschriebenen - Hörfunkprogramms (Spruchpunkt 1) unter Vorschreibung einer Auflage (Spruchpunkt 3) für das Versorgungsgebiet "Vorarlberg" erteilt.

Die Zulassungsanträge (u.a.) der beschwerdeführenden Partei wurden gemäß § 6 Abs. 1 und 2 PrR-G abgewiesen (Spruchpunkt 4).

Begründend stellte die erstinstanzliche Behörde zunächst den Verfahrensgang, die angewendeten Rechtsvorschriften, die Grundsätze des Auswahlverfahrens gemäß § 6 PrR-G sowie die Stellungnahmen der Länder und des Rundfunkbeirates dar und führte sodann zu ihrer Auswahlentscheidung aus, im Ergebnis erschienen auf Basis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der darauf aufbauend zu treffenden Prognoseentscheidung die Zielsetzungen dieses Gesetzes bei Erteilung der Zulassung an die mitbeteiligte Partei am besten gewährleistet; von dieser sei auch zu erwarten, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweise.

Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 14. Dezember 2001 als unbegründet abgewiesen; der Erstbescheid wurde - mit Ausnahme der eine andere Zulassungswerberin betreffenden Änderung des letzten Satzes des Spruchpunktes 4. - vollinhaltlich bestätigt.

Nach der Begründung dieses Bescheides seien für die Berufungsentscheidung "folgende weitere Tatsachen" von Bedeutung gewesen: Die Beschwerdeführerin sei eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von ATS 1 Mio., an der eine (namentlich genannte) Kommanditgesellschaft zu 26 % beteiligt sei. Über deren Vermögen sei mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 12. Oktober 2001 das Konkursverfahren eröffnet worden, welches im Entscheidungszeitpunkt noch nicht beendet sei.

Nach § 6 Abs. 1 PrR-G sei im Fall einer Mehrheit von Antragstellern, welche die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, jenem Antragsteller der Vorrang einzuräumen, bei dem erstens auf Grund der vorgelegten Unterlagen sowie der Ergebnisse des Verfahrens die Zielsetzungen dieses Gesetzes am besten gewährleistet erschienen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten werde sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten sei und von dem zweitens zu erwarten sei, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweise.

Die finanzielle Ausstattung sei eine wichtige Voraussetzung für ein eigenständiges Programm, das auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehme und der Meinungsvielfalt diene. Nur mit ausreichenden finanziellen Ressourcen könnten eigengestaltete Beiträge in größerem Umfang gesendet werden. Nach dem vorgelegten Finanzplan solle Fremdkapital in Form von Gesellschafterdarlehen in Höhe von ATS 30 Mio. aufgebracht werden. Nach dem Konkurs eines ihrer Gesellschafter erscheine es nun weniger sicher, dass die Beschwerdeführerin die finanziellen Mittel für die regelmäßige Veranstaltung und Verbreitung des von ihr geplanten Programmes aufbringen könne. Von der Beschwerdeführerin sei nun nicht mehr zu erwarten, dass ihr Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweisen würde.

Bei der mitbeteiligten Partei bestehe auf Grund ihres Sitzes und ihrer Beteiligungsverhältnisse eine enge Bindung zum Versorgungsgebiet. Dem Regionalbezug komme in Vorarlberg großes Gewicht zu, da in diesem Gebiet auch zahlreiche Hörfunkprogramme aus dem benachbarten Ausland (Deutschland, Schweiz, Liechtenstein) empfangen werden könnten. Insgesamt erscheine daher die mitbeteiligte Partei am besten geeignet, die Zielsetzungen des PrR-G in höherem Maße als die Berufungswerber im Versorgungsgebiet Vorarlberg zu gewährleisten.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 9. Oktober 2002, B 138/02 u.a., abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde. Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf gesetzmäßige Auswahlentscheidung gemäß § 6 PrR-G verletzt. In Ausführung des so verstandenen Beschwerdepunktes bringt sie vor, die belangte Behörde sei im Rahmen ihrer Auswahlentscheidung davon ausgegangen, auf Grund der Eröffnung des Konkurses über einen Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei sei nicht mehr zu erwarten, dass ihr Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweise, weil es nunmehr weniger sicher sei, dass die finanziellen Mittel für die regelmäßige Veranstaltung des geplanten Programms aufgebracht werden könnten. Diese Tatsachenfeststellungen und Schlussfolgerungen habe die belangte Behörde gezogen, ohne die Beschwerdeführerin in irgendeiner Weise hiezu zu befragen oder ihr mitzuteilen. Für die beschwerdeführende Partei sei es "ein Leichtes", die finanzielle Absicherung ihres Vorhabens durch die übrigen Gesellschafter darzustellen und nachzuweisen. Für die übrigen Gesellschafter stelle es kein Problem dar, einen allfälligen Ausfall seitens der insolventen Mitgesellschafterin auszugleichen, was sie auch problemlos durch Beibringung von Bankauskünften hätten nachweisen können. Die Finanzierung des Programmes sei auch durch die verbleibenden Gesellschafter "ohne jeden Zweifel" gesichert. In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass die von der früheren Gesellschafterin gehaltenen Anteile von den übrigen Gesellschaftern übernommen worden seien; die Bereitschaft und die Fähigkeit zur vollen Finanzierung des beabsichtigten und beantragten Programms sei bei allen Gesellschaftern nach wie vor vorhanden.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit macht die beschwerdeführende Partei geltend, die belangte Behörde könne zu einer Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 1 PrR-G nur dann gelangen, wenn sie grundsätzlich die fachliche, organisatorische und finanzielle Eignung zur Durchführung des Programmes im Sinne des § 5 Abs. 3 PrR-G mehrerer Teilnehmer bejahe. Obwohl die belangte Behörde ganz offensichtlich von der fachlichen, organisatorischen und finanziellen Eignung der Beschwerdeführerin ausgegangen sei, ziehe sie diese im Ergebnis im Rahmen der Auswahlentscheidung nach § 6 PrR-G wiederum in Zweifel. Dies sei unzulässig: halte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei für nicht geeignet, das beantragte Programm durchzuführen, dann dürfe sie sie nicht in die Auswahlentscheidung nach § 6 PrR-G aufnehmen; halte sie die beschwerdeführende Partei für geeignet, könne sie derartige Zweifel nicht im Rahmen der Auswahlentscheidung nach § 6 PrR-G geltend machen. In dieser führe die belangte Behörde aus, von der beschwerdeführenden Partei könne nicht mehr erwartet werden, dass ihr Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweise und setze dies in direktem Bezug zu der zuvor behaupteten Verminderung der finanziellen Ausstattung, ohne hiefür aber irgendwelche Belege oder Argumente zu bringen, warum der Anteil des eigengestalteten Programms geringer werden sollte.

In Ansehung der Auswahlentscheidung gemäß § 6 Abs. 1 PrR-G liegt dem angefochtenen Bescheid - als zu den Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides hinzutretendes wesentliches Kriterium - die Auffassung zu Grunde, die finanzielle Ausstattung der beschwerdeführenden Partei lasse im Hinblick auf die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines ihrer Gesellschafter mit geringerer Wahrscheinlichkeit die Produktion eines Programmes mit mehr eigengestalteten und kostenaufwändigen Beiträgen erwarten als jene der mitbeteiligten Partei, deren finanzielle Ressourcen "außer Zweifel" stünden. Es ist nicht als rechtswidrig zu beanstanden, dass Überlegungen zur finanziellen Ausstattung in die Auswahlentscheidung im Hinblick auf die zu erstellende Prognose einfließen, doch sind diese Überlegungen zu begründen. Weshalb die Eröffnung des Konkurses über einen Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei diese Erwartung der belangten Behörde rechtfertigt, wird nicht (näher) dargelegt. Dass das Fremdkapital in Form von Gesellschafterdarlehen in Höhe von ATS 30 Mio. aufgebracht werden soll, lässt für sich allein - ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die von der belangten Behörde jedoch nicht dargetan werden - Zweifel an der Realisierung des von der beschwerdeführenden Partei geplanten Programms (noch nicht) aufkommen, zumal auch Feststellungen fehlen, von welchen Gesellschaftern (mit welchen Anteilen) dieses Darlehen aufzubringen ist. Durch diese Begründungslücke ist der Verwaltungsgerichtshof aber gehindert, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit im Hinblick auf die Auswahlentscheidung zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2004, Zl. 2002/04/0158).

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. September 2004

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002040163.X00

Im RIS seit

02.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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