TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/29 91/03/0035

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Veröffentlicht am 29.01.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs1;
VStG §5 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/03/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M sen. in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Steiermark 1) vom 10. Jänner 1991, Zl. 11-75 Ma 35-90, und 2) vom 10. Jänner 1991, Zl. 11-75 Ma 34-90, beide betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 3.035,--, sohin zusammen von S 6.070,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. Jänner 1991, Zl. 11-75 Ma 35-90, wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung des § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG bestraft, weil er als handelsrechtlicher Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers, der Firma M-GesmbH & Co KG in G, nicht dafür gesorgt habe, daß das dem Kennzeichen nach bestimmte Fahrzeug und seine Beladung den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 entspricht, weil am 10. November 1989 gegen 9.16 Uhr auf der Bundesstraße B 146 bei StrKm 33,2 im Gemeindegebiet Pruggern festgestellt worden sei, daß durch die Beladung das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lkws um 6,1 Tonnen überschritten worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg.

Zl. 91/03/0035 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. Jänner 1991, Zl. 11-75 Ma 34-90, wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG bestraft, weil er als handelsrechtlich Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers, der Firma M-GesmbH & Co KG in G, nicht dafür gesorgt habe, daß das dem Kennzeichen nach bestimmte Fahrzeug (Lkw) und seine Beladung den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 entspricht, weil am 13. April 1990 gegen 11.00 Uhr auf der B 146 bei StrKm 79,2 im Gemeindegebiet Ardning festgestellt worden sei, daß die höchsten zulässigen Achslasten des Lkws durch die Beladung um 5,3 Tonnen überschritten worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg.

Zl. 91/03/0036 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die jeweiligen Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in den von ihr erstatteten Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs geltend gemacht, weil die Behörde dem Ersuchen seines Vertreters, den Akt zur Einsichtnahme an die Bezirkshauptmannschaft Liezen zu übermitteln, nicht entsprochen habe, ist er auf § 17 Abs. 1 AVG zu verweisen, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist. § 17 Abs. 1 AVG schließt zwar eine Aktenübersendung nicht aus, legt aber der Behörde nicht die Verpflichtung auf, Verwaltungsakten an die von der Partei gewünschte Behörde zum Zwecke der leichteren Ermöglichung der Akteneinsicht zu übersenden. Es liegt daher darin, daß die Behörde dem Ersuchen auf Übersendung des Aktes an die vom Beschwerdeführer gewünschte Behörde nicht entsprochen hat, eine Verletzung des Parteiengehörs nicht vor (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1967, Slg. Nr. 7074/A).

Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Überladungen bleiben in beiden Beschwerdefällen vom Beschwerdeführer unbestritten. Der Beschwerdeführer bekämpft jedoch - wie schon in den Verwaltungsstrafverfahren -, daß ihn ein Verschulden an den Überladungen treffe. Er bringt hiezu vor, die Zulassungsbesitzerin der Fahrzeuge betreibe ein großes Schotterwerk und ein Transportunternehmen. Das Büro- und Verwaltungsgebäude befinde sich vom Schotterwerk 5 km entfernt. Er habe alle "Werkmeister, Laderfahrer und Lkw-Fahrer" schriftlich angewiesen, sich an die Beladungsvorschriften zu halten, was von diesen mit ihrer Unterschrift zur Kenntnis genommen worden sei. Auch habe er stichprobenartige Kontrollen durchgeführt. Unter Berufung auf § 25 VStG wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie habe nicht ermittelt, ob nicht für die Beladungsvorgänge im Unternehmen verantwortliche Angestellte und Dienstnehmer vorhanden seien, denen der Beschwerdeführer entsprechende Anweisungen hinsichtlich der Beladung der Fahrzeug erteilt habe. Die Behörde hätte von Amts wegen ermitteln müssen, ob der Beschwerdeführer nicht ohnedies regelmäßige und im zumutbaren Umfang Kontrollen in seinem Betrieb durchführe, damit eine Überladung von Fahrzeugen hintangehalten werde. Es wäre hier insbesondere die Durchführung eines Ortsaugenscheines und die Einvernahme der verantwortlichen Angestellten und Dienstnehmer des Unternehmens erforderlich gewesen, um überhaupt die Frage eines Kontrollverschuldens des Beschwerdeführers abklären zu können. Nicht der Beschwerdeführer habe seine Unschuld zu beweisen, sondern die Behörde habe dem Beschwerdeführer das Verschulden nachzuweisen. Es sei ein verantwortlicher Angestellter für die Beladevorgänge und die Transporttätigkeiten nominiert worden. Der Beschwerdeführer habe schriftliche Weisung erteilt und Kontrollfunktionen stichprobenartig durchgeführt. Jedes weitere Handeln sei "auf Grund der Betriebsgröße und der betrieblichen Entfernung" unzumutbar, weil sonst der Beschwerdeführer den ganzen Tag nur damit beschäftigt wäre, die Beladungen zu überprüfen, und selbst in diesem Falle nicht jeden einzelnen Ladevorgang überprüfen könne, weil Beladungsvorgänge gleichzeitig und an mehreren Stellen im großen Schotterbetrieb durchgeführt würden.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide darzutun.

Vorweg ist zu bemerken, daß die vom Beschwerdeführer unter Berufung auf § 9 Abs. 6 VStG in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, es sei "ein verantwortlicher Angestellter für die Beladevorgänge und die Tranporttätigkeiten nominiert" worden, in den Verwaltungsstrafakten keine Deckung findet. Weder in dem vom Beschwerdeführer der Behörde vorgelegten und "An unseren Werkmeister, Laderfahrer und Lkw-Fahrer" gerichteten Schreiben vom 1. Jänner 1990, mit dem der "Werkmeister, sowie alle Lkw- bzw. Laderfahrer" zum wiederholten Mal ersucht werden, besonderes Augenmerk auf die Ladungen zu geben, noch im Schreiben des Beschwerdeführers vom 1. Jänner 1985 mit dem Betreff: "Beladung der Lkws", mit der die Fahrer und Laderfahrer ersucht werden, auf die Ladung genauestens zu achten, ist eine Bestellung von verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG zu entnehmen. Aber selbst wenn man gleich dem Beschwerdeführer eine derartige Bestellung annähme, würde es an dem gemäß § 9 Abs. 4 VStG geforderten Zustimmungsnachweis des verantwortlich Beauftragten mangeln (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12.375/A).

Mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde hätte von Amts wegen ermitteln müssen, ob dem Beschwerdeführer ein Verschulden trifft, weil das Verschulden von der Behörde zu beweisen sei, übersieht der Beschwerdeführer, daß die Übertretung des § 103 Abs. 1 (Z. 1) KFG ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG darstellt. Bei Ungehorsamsdelikten hat der Täter gemäß § 5 Abs. 1 VStG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 516/1987 glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. In diesem Falle obliegt es also dem Beschuldigten, alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1991, Zl. 91/03/0005).

Die im § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG normierte Sorgfaltspflicht verlangt nicht - auch dies wird vom Beschwerdeführer verkannt -, daß der Zulassungsbesitzer - im Beschwerdefall der Beschwerdeführer als der nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene - selbst jede Beladung überprüft, ob sie dem Gesetz und den darauf gegründeten Verordnungen entspricht. Der Zulassungsbesitzer hat aber nach dieser Gesetzesstelle jene Vorkehrungen zu treffen, die mit Grund erwarten lassen, daß Überladungen hintangehalten werden. Hiefür reicht die bloße Dienstanweisung an die Dienstnehmer, die Beladungsvorschriften einzuhalten, nicht aus. Der Zulassungsbesitzer hat vielmehr die Einhaltung der Dienstanweisungen auch gehörig zu überwachen. Sollte er wegen der Größe des Betriebes nicht in der Lage sein, die erforderlichen Kontrollen selbst vorzunehmen, so hat er eine andere Person damit zu beauftragen, um Überladungen zu vermeiden. Dabei trifft den Zulassungsbesitzer nicht nur die Verpflichtung, sich tauglicher Personen zu bedienen, sondern auch die weitere Verpflichtung, die ausgewählten Personen in ihrer Kontrolltätigkeit zu überprüfen. Bei entsprechender Größe des Betriebes wird es daher erforderlich sein, die regelmäßig in entsprechenden zeitlichen Abständen erfolgten Überprüfungen in Bezug auf jedes Fahrzeug in irgendeiner Form evident zu halten, um den Überblick zu gewährleisten, wobei diese Unterlagen sodann einer entsprechenden Kontrolle durch den Zulassungsbesitzer zu unterziehen sind (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 14. Februar 1985, Zlen. 85/02/0102 bis 0110, und vom 19. September 1990, Zl. 89/03/0231). Der Beschwerdeführer verkennt demnach mit seinem Vorbringen, er habe schriftliche Weisung erteilt und mehrfach Kontrollfunktionen stichprobenartig durchgeführt und es sei ihm jedes weitere Handeln "auf Grund der Betriebsgröße und der betrieblichen Entfernung" unzumutbar, die ihm nach § 103 Abs. 1 KFG obliegende Sorgfaltspflicht und die den Angewiesenen gegenüber bestehende Kontrollpflicht. Da nur ein wirksames begleitendes Kontrollsystem den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung für die vorschriftswidrige Beladung seiner Kraftfahrzeuge befreit und ein solches wirksames Kontrollsystem nur dann vorliegt, wenn dadurch die Überwachung des Zustandes aller Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden kann, hätte der Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte - konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft und auf welche Weise von ihm Kontrollen der Angewiesenen vorgenommen wurden. Da der Beschwerdeführer dies unterließ, vermag der Verwaltungsgerichtshof es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde ohne weitere Ermittlungen - insbesondere ohne Durchführung des beantragten Ortsaugenscheines und ohne Einvernahme der im übrigen nicht näher genannten Zeugen - annahm, daß dem Beschwerdeführer die Glaubhaftmachung seines mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist, weshalb er die ihm zur Last gelegte Übertretungen zu verantworten hat (vgl. zu der schon angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch das Erkenntnis vom 17. Jänner 1990, Zl. 89/03/0165).

Die Beschwerden erweisen sich sohin als unbegründet. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030035.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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