TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/29 92/18/0237

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Veröffentlicht am 29.06.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/07 Grenzüberwachung;

Norm

AsylG 1968 §5 Abs1;
AsylG 1968 §5 Abs2;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
GrKontrG 1969 §15 Abs1 lita;
PaßG 1969 §22 Abs1;
PaßG 1969 §40 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 9. Jänner 1992, Zl. Fr-5723/2/91, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 9. Jänner 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 sowie Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 i.d.F. BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, bis 26. Juni 1994 befristetes Aufenthaltsverbot für das "Gebiet der Republik Österreich" erlassen.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer am 24. Juni 1991 in der Nähe des Grenzüberganges Spielfeld illegal und ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, nach Österreich eingereist sei. Bereits am 25. Juni 1991 habe er in der Nähe des Grenzüberganges Walserberg-Autobahn die österreichisch-deutsche Staatsgrenze illegal überschritten. Wegen dieser Gesetzesverstöße sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 26. Juni 1991 gemäß § 15 Abs. 1 lit. a des Grenzkontrollgesetzes 1969 und gemäß § 40 Abs. 1 iVm § 22 Abs. 1 des Paßgesetzes 1969 mit insgesamt S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) bestraft worden. Aufgrund der geographischen Lage Österreichs sei bei Fremden, die innerhalb eines Tages zweimal illegal die Staatsgrenze überschreiten, um in einen anderen Staat zu gelangen, die Annahme gerechtfertigt, daß ihr Aufenthalt im Bundesgebeit die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde.

Am 26. Juni 1991 habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt; er sei daraufhin aus der Schubhaft entlassen worden. Während des anhängigen Asylverfahrens sei dem Beschwerdeführer der Aufenthalt im Bundesgebeit gestattet. Ein Aufenthaltsverbot stehe dem nicht entgegen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, den bekämpften Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 3 Abs. 1 FrPolG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 2) im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.

2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Verhältnis des § 3 Abs. 1 zu § 3 Abs. 2 FrPolG in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß es sich bei Abs. 1 um die Generalklausel und bei Abs. 2 um die beispielsweise Aufzählung von Fällen handle, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes jedenfalls rechtfertigten. Ein Aufenthaltsverbot kann gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. auch dann erlassen werden, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im Abs. 2 angeführten Fälle aufweisen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die in § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen (siehe u.a. die Erkenntisse vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0575, und vom 27. April 1992, Zl. 92/18/0028).

2.2. Die belangte Behörde war demnach unter Zugrundelegung des festgestellten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers berechtigt zu prüfen, ob die im § 3 Abs. 1 FrPolG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Sie ist dabei unter Hinweis darauf zu einem diese Frage bejahenden Ergebnis gelangt, daß der Beschwerdeführer jedenfalls innerhalb ganz kurzer Zeit zweimal illegal die österreichische Staatsgrenze überschritten habe. Da solcherart dem Beschwerdeführer jedenfalls je zwei Verstöße gegen das Grenzkontrollgesetz 1969 und das Paßgesetz 1969, somit jedenfalls insgesamt vier Übertretungen von für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bedeutsamen Rechtsvorschriften zur Last liegen, kann der von der belangten Behörde daraus gezogene rechtliche Schluß auf das Vorliegen eines dem § 3 Abs. 1 FrPolG zu subsumierenden Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers nicht als unzutreffend erkannt werden.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht kommt in diesem Zusammenhang dem Umstand, ob der Fremde "ohne großes Aufsehen über die grüne Grenze in das Bundesgebiet gekommen ist", keine rechtliche Relevanz zu, weshalb Ermittlungen in dieser Richtung entbehrlich waren. Der mit dem Paßgesetz 1969 und dem Grenzkontrollgesetz 1969 verfolgte Zweck der sicherheitspolizeilichen Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus diesem wird nämlich auch dann vereitelt, wenn der Fremde "ohne großes Aufsehen" illegal ein- und ausreist.

3. Nicht zielführend ist die Rüge des Beschwerdeführers, es hätte in Anbetracht des von ihm gestellten Asylantrages und der damit verbundenen Aufenthaltsberechtigung im Grunde des § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes kein Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen werden dürfen. Dazu, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach der zitierten Gesetzesstelle der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den betreffenden Fremden nicht entgegenstünde, wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0240) verwiesen (§ 43 Abs. 2 VwGG).

4. Soweit die Beschwerde der belangten Behörde vorwirft, sie habe im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides in die Bundesbetreuung aufgenommen worden sei, den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z.7 FrPolG zu Unrecht als erfüllt angesehen, so kommt diesem Umstand - auch wenn die Beschwerde diesbezüglich im Recht wäre - keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, da für die Rechtmäßigkeit des im Instanzenzug ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes die - wie dargetan: einwandfreie - Wertung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers als ein solches, das die Annahme gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. rechtfertige, ausreicht.

5. Zu der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung (§ 3 Abs. 3 FrPolG) bringt die Beschwerde nichts vor. Der Verwaltungsgerichtshof vermag das gegen ein Verbleiben des Beschwerdeführers in Österreich sprechende Ergebnis diese Abwägung - unter Zugrundelegung der Feststellung, es bestehe beim Beschwerdeführer "keine wie immer geartete Bindung zum Bundesgebiet" - nicht als rechtswidrig zu erkennen.

6. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180237.X00

Im RIS seit

29.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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