TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/17 90/19/0459

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Veröffentlicht am 17.09.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §14 Abs2;
AZG §15 Abs1;
AZG §16 Abs3;
AZG §26 Abs2;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des E in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. Juli 1990, Zl. 5-212 Fi 29/4-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom 16. Juli 1990 wurden über den Beschwerdeführer wegen der Übertretungen der §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 1, 16 Abs. 3 und 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz Geldstrafen verhängt, weil er es als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher bezeichneten Gesellschaft mbH zu verantworten habe, daß näher genannte Arbeitnehmer dieser Gesellschaft zu im einzelnen bezeichneten Zeiten die zwischen zwei Ruhezeiten zulässige Lenkzeit von acht Stunden überschritten, nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von vier Stunden keine Lenkpause eingelegt und die zwischen zwei Ruhezeiten zulässige Einsatzzeit überschritten haben, ferner daß dem Arbeitsinspektorat keine Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden (Diagrammscheiben) gewährt worden sei.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe lediglich sein Verschulden an den Übertretungen bestritten, ihm sei aber die Glaubhaftmachung im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 nicht gelungen. Die Erstellung von Tourenplänen allein stelle kein taugliches Kontroll- und Maßnahmensystem dar, durch das die Übertretung von Arbeitszeitvorschriften unter vorhersehbaren Umständen verhindert werden könne. Die Kündigung eines Fahrers sei nach den Angaben des Beschwerdeführers wegen Unregelmäßigkeiten erfolgt, sodaß ein unmittelbarer Zusammenhang im Gegenstande nicht vorgelegen sei. Hinsichtlich der Übertretung des § 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz sei das Verschulden des Beschwerdeführers darin gelegen, daß er nicht für eine ordnungsgemäße Verwahrung der Arbeitszeitaufzeichnungen in Form der Diagrammscheiben gesorgt habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II.

1. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, daß auf Grund der von ihm behaupteten exakten Tourenplanung das Überschreiten der zulässigen Lenk- und Einsatzzeiten ausgeschlossen sei. Den Lenkern sei zur Kenntnis gebracht worden, daß eine Überschreitung der zulässigen Lenk- und Einsatzzeiten mit einer Beendigung des Dienstverhältnisses geahndet werde. Dies sei bei einem der beiden Fahrer auch geschehen. Es sei eine Besonderheit des Transportgewerbes, daß die Kontrolltätigkeit des Arbeitgebers eingeschränkt sei, weil die Arbeitnehmer ihren Dienst im wesentlichen außerhalb der unmittelbaren Kontrolle des Dienstgebers verrichten.

Diese Ausführungen vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Einsatzpläne vom 11. und 30. Mai 1989 wurden nachträglich während des Verwaltungsstrafverfahrens angefertigt. Auch wenn sie eine wahrheitsgemäße Rekonstruktion der damaligen Verhältnisse darstellen sollten, sind sie nicht geeignet, den Beschwerdeführer zu entlasten. Dem Beschwerdeführer wird nämlich nicht vorgeworfen, daß er den Fahrern Aufträge erteilt habe, die nur unter Verletzung von Arbeitszeitvorschriften erfüllt werden konnten, sondern daß er kein geeignetes Maßnahmen- und Kontrollsystem eingerichtet habe, um die Verletzung von Arbeitszeitvorschriften durch die Arbeitnehmer zu verhindern. Daß das Dienstverhältnis mit einem der Fahrer wegen der Verletzung von Arbeitszeitvorschriften beendet worden sei, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. In seiner Stellungnahme vom 26. September 1989 hatte er vorgebracht, daß der betreffende Fahrer am 17. Jänner 1989 wegen "verschiedener Unregelmäßigkeiten" aus dem Dienst ausgeschieden sei. Er äußerte dabei lediglich die Vermutung, daß entscheidend auch die mündlich ausgesprochene Verwarnung wegen Nichteinhaltung der Arbeitszeit am 14. Dezember 1988 gewesen sein dürfte.

Auch mit seinem Einwand, daß im Transportgewerbe die Lenker während der Arbeitszeit nicht kontrolliert werden können, vermag der Beschwerdeführer nicht seine Schuldlosigkeit darzutun. Gerade deshalb, weil in der Regel eine unmittelbare Kontrolle der Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften durch Lenker seitens des Arbeitgebers nicht zumutbar ist, kommt der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es zum Beispiel gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, daß sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen, besondere Bedeutung zu. Nur wenn der Arbeitgeber im obgenannten Sinne glaubhaft macht, daß ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 27. September 1988, Zl. 87/08/0026, und vom 20. Juli 1992, Zl. 91/19/0201). Die Erstellung von geeigneten Tourenplänen stellt kein geeignetes Kontrollsystem dar. Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Weise der Beschwerdeführer die in der Beschwerde behauptete ständige Kontrolle vorgenommen hat, ist seinem Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren, aber auch in der Beschwerde nicht zu entnehmen, sodaß nicht zu erkennen ist, welches Kontrollsystem eingerichtet wurde und wie dieses konkret funktionieren sollte (vgl. dazu unter anderem das oben zitierte Erkenntnis vom 27. September 1988 und das Erkenntnis vom 8. Juli 1991, Zl. 91/19/0086). Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, sein mangelndes Verschulden an der Überschreitung der zulässigen Lenkzeiten und Einsatzzeiten glaubhaft zu machen.

2. Nach der Aktenlage hat das Arbeitsinspektorat anläßlich von Erhebungen am 25. Oktober 1988 festgestellt, daß die Eintragungen der Fahrer in den Fahrtenbüchern erheblich von den automatischen Aufzeichnungen des mechanischen Kontrollgerätes (Tachograph) abwichen, weshalb für den 22. November 1988 die Durchführung weiterer Erhebungen beabsichtigt war. Nach den Behauptungen des Beschwerdeführers wurden am 7. November 1988 die Tachographenblätter für das Jahr 1988 durch einen Arbeitnehmer versehentlich in den Müllcontainer geworfen.

Die belangte Behörde ist mit Recht zum Ergebnis gelangt, daß der Beschwerdeführer auch in bezug auf die Nichtgewährung der Einsicht in die genannten Aufzeichnungen sein mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht hat, weil er nicht für eine entsprechende Verwahrung der Tachographenblätter gesorgt hat, obwohl ihm die Bedeutung dieser Unterlagen - in Ermangelung anderer geeigneter Arbeitszeitaufzeichnungen - gerade angesichts der im Gange befindlichen Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat bewußt sein mußte.

3. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990190459.X00

Im RIS seit

17.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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