TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/19 92/09/0085

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Veröffentlicht am 19.02.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Jänner 1992, Zl. MA 62 - III/194/91/Str, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. März 1990 wurde der Beschwerdeführer vom Magistrat der Stadt Wien als Strafbehörde erster Instanz am 6. Dezember 1990 zur Rechtfertigung aufgefordert, weil er als Arbeitgeber am 14. März 1990 auf einer näher bezeichneten Baustelle sechs namentlich genannte polnische Staatsangehörige (u.a. auch B) beim Kelleraushub mit Aushubarbeiten und dem Abtransport des Erdreiches beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei noch diese für diese Beschäftigung eine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen hätten.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erließ die Strafbehörde erster Instanz ein mit 22. Jänner 1991 datiertes Straferkenntnis, mit welchem I. der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, er habe als Arbeitgeber am 14. März 1990 auf der Baustelle in W, XY-Verein, Parzelle 9, fünf namentlich genannte polnische Staatsangehörige beim Kelleraushub in der Größe von 35 m2 und 3 m Tiefe, jeweils mit Aushubarbeiten und dem Abtransport des Erdreiches beschäftigt, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei noch diese für diese Beschäftigung eine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen hätten. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a erster Strafsatz des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF gemäß BGBl. Nr. 450/1990, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Schlußsatz leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 400.000,-- (im Nichteinbringungsfall 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gleichzeitig wurden die vom Beschwerdeführer zu ersetzenden Verfahrenskosten mit S 40.000,-- bestimmt. Gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG wurde II. hinsichtlich der Beschäftigung des B. von der Fortführung des Strafverfahrens abgesehen und die Einstellung verfügt, weil die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bilde.

Begründend führte die Strafbehörde erster Instanz aus, der im Spruch näher ausgeführte Sachverhalt sei auf Grund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. März 1990 als erwiesen anzusehen. Das als Partei gehörte Landesarbeitsamt habe in der Stellungnahme vom 18. Jänner 1991 festgestellt, daß die im Spruch angeführten polnischen Staatsangehörigen weder im Besitz einer Arbeitserlaubnis noch eines Befreiungsscheines seien. Der Beschwerdeführer habe die polnischen Staatsangehörigen beschäftigt, ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung für diese fünf Polen zu sein. Aus der Stellungnahme des Landesarbeitsamtes gehe weiters hervor, daß B. im Besitz eines Befreiungsscheines, ausgestellt vom Arbeitsamt Bau - Holz, mit einer Geltungsdauer vom 5. Juli 1988 bis 4. Juli 1991 sei; diesbezüglich sei das Verfahren daher einzustellen gewesen. Im übrigen begründete die Strafbehörde erster Instanz noch die Strafbemessung näher.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung (diese richtet sich ihrem Inhalt nach ausschließlich gegen Punkt I. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der Zeuge B. habe bei seiner Einvernahme am 9. Juni 1990 angegeben, aus Freundschaft zu ihm und ohne Bezahlung persönlich die Aushubarbeiten auf seinem Privatgrundstück vorgenommen zu haben. Darüber hinaus unterlägen derartige Freundschaftsleistungen nicht dem AuslBG. Ihm sei nicht bekannt gewesen, daß sich B. zur Durchführung dieser Arbeiten der fünf genannten Polen bedienen würde. Er hätte davon erstmals am 14. März 1990 anläßlich des Einschreitens der Sicherheitsbehörde Kenntnis erlangt. Er hätte die Baustelle immer erst am Abend nach Abschluß der Arbeiten aufgesucht, sodaß ihm nicht auffallen habe können, daß weitere Arbeiter auf dem Grundstück tätig gewesen seien. Da er vom Einsatz der fünf polnischen Arbeiter keine Kenntnis gehabt habe, habe er mit diesen auch kein Entgelt für die von ihnen erbrachte Leistung vereinbaren können; ein Beschäftigungsverhältnis setze jedoch seiner Natur nach die Entgeltlichkeit der Tätigkeit des Ausländers voraus.

Die belangte Behörde veranlaßte daraufhin die Einvernahme des Meldungslegers (Revierinspektor A), des Revierinspektors G, des B. und des S; bei diesem handelt es sich um einen der fünf im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses namentlich genannten polnischen Staatsbürger) als Zeugen. Im Berufungsverfahren wurden ferner weitere Stellungnahmen (vom 10. September 1991 und vom 20. November 1991) des Landesarbeitsamtes Wien eingeholt. Zu den in Wahrung des Parteiengehörs übermittelten Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens gab der Beschwerdeführer noch zwei Stellungnahmen (vom 19. August 1991 und vom 5. November 1991) ab.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. Jänner 1992 bestätigte die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis (im angefochtenen Umfang, Punkt I) gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage und im Ausspruch über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges mit der Abänderung, daß der Beschwerdeführer am 14. März 1990 die fünf namentlich genannten polnischen Staatsangehörigen auf der näher bezeichneten Baustelle mit Aushubarbeiten und dem Abtransport des Erdreiches beim Kelleraushub beschäftigt habe, obwohl ihm für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei noch diese im Besitz eines Befreiungsscheines gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch fünf Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 231/1988 begangen. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a 2. Strafsatz leg. cit. werde über den Beschwerdeführer für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (zusammen S 100.000,--), im Falle der Uneinbringlichkeit 2 Tage (zusammen 10 Tage) Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtslage und des wesentlichen Inhalts der Berufung aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme vom 19. August 1991 darauf hingewiesen, daß seine Rechtfertigung durch das Ergebnis des Beweisverfahrens bekräftigt würde. Es sei unerfindlich, warum der Zeuge A während der Amtshandlung festgestellt haben wolle, daß der Beschwerdeführer die Bauarbeiten beaufsichtigt bzw. angeleitet hätte. Eine Beaufsichtigung bzw. Anleitung sei auszuschließen und überhaupt nicht feststellbar. Das AuslBG enthalte keine Definition des Begriffes Arbeitsverhältnis. Ein Arbeitsverhältnis setze jedenfalls den Abschluß eines Dienstvertrages voraus. Aus den vorliegenden Beweisergebnissen ergebe sich, daß niemals ein Dienstverhältnis zwischen ihm und den fünf polnischen Staatsangehörigen bestanden hätte und sich diese ihm gegenüber niemals zu einer Dienstleistung verpflichtet hätten. Diese hätten lediglich dem Zeugen B. eine Gefälligkeit erwiesen. In einem Rechtsverhältnis zu ihm seien diese nicht gestanden.

B. habe ausgesagt, daß sich die Ausländer im Zeitpunkt der Überprüfung den zweiten Tag auf der Baustelle aufgehalten hätten; der Beschwerdeführer hätte sich sehr selten dort aufgehalten. Die Ausländer hätten keine Gegenleistung in Form von Geld erhalten, sondern seien lediglich von ihm und seiner Frau zum Nachtmahl eingeladen worden. Es sei keine Vereinbarung bezüglich der durchzuführenden Arbeiten getroffen worden. In einem anderen Verfahren habe der Zeuge B. am 9. Juni 1990 angegeben, dem Beschwerdeführer versprochen zu haben, Aushubarbeiten durchzuführen. Er hätte in Polen eine Firma, in welcher die fünf polnischen Staatsangehörigen beschäftigt seien. Diese hätten aus Freundschaft zu ihm beim Beschwerdeführer die Arbeiten durchgeführt; Bezahlung sei keine ausgemacht gewesen.

S. habe ausgesagt, den Beschwerdeführer nicht zu kennen; mit diesem hätte es auch keine Vereinbarung gegeben. Als er nach W gekommen sei, hätte er sich an B. gewendet, damit ihm dieser bei der Arbeitssuche behilflich sei, was ihm von diesem zugesagt worden wäre. Jedoch wäre er von B. um einen Gefallen gebeten worden. Es hätte keine Gegenleistung für die durchgeführten Arbeiten gegeben; er sei lediglich von B. zum Essen eingeladen worden. Weder B. noch der Beschwerdeführer hätten die Arbeiten beaufsichtigt. B. hätte sie zur Baustelle gebracht und entsprechende Anweisungen gegeben. Ca. 20 bis 30 Minuten bevor die Polizei gekommen sei, sei B. mit einem ihm unbekannten Mann, der möglicherweise der Beschwerdeführer gewesen sei, zur Baustelle gekommen und hätte für sie Getränke mitgebracht. Den Beschwerdeführer hätte er lediglich dieses eine Mal gesehen.

Der Rechtfertigung des Beschwerdeführers sei die vom Meldungsleger verfaßte Anzeige entgegenzuhalten. Danach seien dieser und Revierinspektor G zum Tatort wegen Schwarzarbeiter beordert worden. In der Parzelle 9 sei der Beschwerdeführer angetroffen worden, der ihnen gegenüber sinngemäß angegeben hätte, zu wissen, daß er keine Ausländer beschäftigen dürfe, er verstünde aber die Leute nicht, welche deswegen angerufen hätten. Das Bauen sei nicht gerade billig, deshalb schaue man, daß man sich irgendwie Geld erspare. Außerdem müsse man diesen Leuten eine Chance geben, Geld zu verdienen. B. hätte sich ihnen gegenüber dahingehend geäußert, daß er die fünf polnischen Staatsbürger, die er zum Teil kenne, zu dieser Arbeitsstelle gebracht hätte. Er wisse, daß diese hier nicht arbeiten dürften; einige von diesen hätten jedoch kein Geld mehr für die Heimfahrt und deshalb hätte er diesen Arbeit verschafft. Von den Polen, die der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen seien, sei so viel in Erfahrung gebracht worden, daß sie von B. die Arbeit vermittelt bekommen hätten.

Der Meldungsleger habe als Zeuge ausgesagt, daß der Beschwerdeführer die Bauarbeiten nicht nur beaufsichtigt, sondern auch angeleitet hätte. Es sei offensichtlich gewesen, daß der Beschwerdeführer die Ausländer nicht zum ersten Mal gesehen hätte. B. hätte ihnen gegenüber angegeben, daß er "die beim Beschwerdeführer angestellten Leute beschäftigt" hätte. Auch der Zeuge G habe ausgeführt, daß die Arbeiten vom Beschwerdeführer beaufsichtigt worden seien; B. hätte ihnen gegenüber angegeben, daß er die Arbeiter an den Beschwerdeführer vermittelt hätte.

Nach Wiedergabe des § 2 Abs. 2 AuslBG führte die belangte Behörde weiters aus, die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach ein Arbeitsverhältnis erst dann vorliege, wenn ein Rechtsverhältnis bestehe, welches u.a. den Abschluß eines Dienstvertrages voraussetze, mit welchem sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet und ein Entgelt zu beanspruchen habe, seien insoferne verfehlt, als schon die Erläuternden Bemerkungen zum AuslBG darauf hinwiesen, daß es bei Erfassung der Ausländer vornehmlich nicht darauf ankomme, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stünden, sondern auf die Verwendung in bestimmten Fällen. Diese Verwendung könne in einem Arbeitnehmerverhältnis, in einem Ausbildungsverhältnis, aber auch unter Umständen erfolgen, unter denen gar kein rechtliches Verhältnis zwischen dem Ausländer und der Person bestehe, die den Ausländer verwende. Im Beschwerdefall seien die Bestimmungen des AuslBG sehr wohl anzuwenden. Im übrigen sei es unerheblich, ob der Beschwerdeführer den Ausländern eine Gegenleistung habe zukommen lassen oder nicht, zumal auch eine solche nach dem AuslBG nicht erforderlich sei.

Als unbestritten könne der Entscheidung zugrunde gelegt werden, daß die im Spruch genannten polnischen Staatsangehörigen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers Arbeiten durchgeführt hätten. Aus der Anzeige ergebe sich, daß im Zeitpunkt der Überprüfung der Baustelle der Beschwerdeführer anwesend und demnach sehr wohl davon informiert gewesen sei, daß die Ausländer für ihn Arbeiten durchgeführt haben. Laut Anzeige habe der Beschwerdeführer gegenüber den Beamten sinngemäß angegeben, zu wissen, daß er keine Ausländer beschäftigen dürfe und man diesen eine Chance geben müßte, Geld zu verdienen. Die Beamten haben als Zeugen angegeben, wahrgenommen zu haben, daß der Beschwerdeführer die Arbeiten beaufsichtigt hätte. Im Hinblick darauf, daß es sich um das Grundstück des Beschwerdeführers gehandelt habe, erscheine diese Schlußfolgerung der Beamten nachvollziehbar. Aus welchem anderen Grund hätte der Beschwerdeführer sich auf der Baustelle befinden sollen, als die durchgeführten Arbeiten zu kontrollieren. Selbst wenn der Beschwerdeführer die Ausländer nicht beaufsichtigt habe, könne dies an der Glaubwürdigkeit der Beamten nichts ändern. Sowohl der Meldungsleger als auch Revierinspektor G hätten bei ihrer Zeugeneinvernahme übereinstimmend angegeben, B. hätte angegeben, die Ausländer an den Beschwerdeführer vermittelt zu haben. Wenn auch B. ausgesagt habe, daß die fünf Polen keine Gegenleistungen vom Beschwerdeführer erhalten hätten (dies sei auch von S. bestätigt worden), so enthielten die Aussagen dieser beiden Zeugen Widersprüche. B. habe am 7. Juni 1990 in einem anderen Verfahren angegeben, daß die fünf Polen mit ihm nach Wien gekommen seien, um neue Technologien kennenzulernen. Aus Freundschaft hätten sie ihm geholfen. S. habe hingegen angegeben, er habe sich, nachdem er nach W gekommen sei, an B. gewendet, damit ihm dieser bei der Arbeitssuche behilflich sei; dieser hätte ihm zugesagt, ihm zu helfen, doch solle er ihm einen Gefallen tun. Der Beschwerdeführer habe dem einschreitenden Beamten gegenüber die Äußerung gemacht, zu wissen, daß er die Ausländer nicht beschäftigen dürfe, man diesen aber eine Chance geben müsse, Geld zu verdienen. Auf Grund dieser während der Amtshandlung getätigten Äußerung des Beschwerdeführers erscheine es als äußerst zweifelhaft, daß keine Gegenleistungen geleistet worden seien.

Die belangte Behörde habe daher den Angaben in der Anzeige und den beiden Polizeibeamten mehr Glauben als den vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen geschenkt. Dabei dürfe zunächst nicht übersehen werden, daß für die Beamten gar kein Grund bestehe, eine ihnen unbekannte Person fälschlicherweise einer strafbaren Handlung zu bezichtigen. Beim Zeugen B. handle es sich zudem um einen Bekannten des Beschwerdeführers und beim Zeugen S. um einen Bekannten des Zeugen B., welcher angeblich aus Freundschaft zu diesem auf der gegenständlichen Baustelle gearbeitet habe. Demgemäß könne davon ausgegangen werden, daß der Zeuge B. schon der freundschaftlichen Beziehung zum Beschwerdeführer wegen und der Zeuge S. aus Solidarität zu B. dem Beschwerdeführer genehme Aussagen gemacht haben und den Beschwerdeführer in einem günstigen Licht erscheinen haben lassen wollen.

Da die im gegenständlichen Fall anzuwendende Strafnorm des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG den Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht verlange und auch keine Bestimmung für das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden enthalte, wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen (§ 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG). Dies sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Die dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretungen seien daher als erwiesen anzusehen. Die Abänderung des Spruches habe der Konkretisierung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes, der Klarstellung, daß der Beschwerdeführer fünf Verwaltungsübertretungen begangen habe, der richtigen Zitierung der übertretenen und angewendeten Gesetzesstellen sowie der Trennung der verhängten Strafen in fünf Strafen gedient. Die belangte Behörde begründete abschließend noch näher die Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im gesetzlich gewährleisteten Recht, eine Strafe gemäß dem AuslBG nur bei Verstoß gegen die darin enthaltenen Normen auferlegt zu erhalten, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist zu bemerken, daß die Beschwerde zulässig ist, obwohl als belangte Behörde unrichtig das "Amt der Wiener Landesregierung" bezeichnet worden ist, denn die belangte Behörde geht aus dem angefochtenen Bescheid einwandfrei hervor (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1991, Zl. 91/09/0015, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 231/1988 (diese Fassung ist im Beschwerdefall wegen des Tatzeitpunktes anzuwenden) begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde ..., bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis S 60.000,--, im Wiederholungsfalle von S 10.000,-- S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 120.000,--, im Wiederholungsfalle von S 20.000,-- bis S 240.000,--.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, G 294/91-5, ausgesprochen, daß diese Bestimmung des AuslBG verfassungswidrig war und daß die Vorschrift auch auf die "derzeit" (d.h. am 13. Dezember 1991, vgl. dazu auch BGBl. Nr. 105/1992) beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden ist. Die vorliegende Beschwerde ist erst im März 1992 beim Verwaltungsgerichtshof angefallen; sie zählt daher nicht zu den Anlaßfällen gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, sodaß noch auf Grund der alten Rechtslage zu entscheiden ist, ohne daß die Möglichkeit einer neuerlichen Anfechtung gegeben ist.

Der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß es die belangte Behörde als für die Annahme einer "Beschäftigung" im Sinne des AuslBG ausreichend angesehen hat, daß die fünf polnischen Staatsbürger auf dem Grundstück des Beschwerdeführers Arbeiten durchgeführt haben, wobei sich aus der Anzeige ergibt, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Baustellenüberprüfung anwesend gewesen und DEMNACH sehr wohl davon informiert gewesen ist, daß die Ausländer für ihn Arbeiten durchgeführt haben.

Nach § 2 Abs. 1 AuslBG (ebenfalls in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 231/1988) gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c) in einem Ausbildungsverhältnis oder d) nach den Bestimmungen des § 18.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG (ebenfalls in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 231/1988) darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt.

Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff nach § 2 Abs. 2 AuslBG ist, daß die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0038, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Duldung einer Arbeitsleistung durch einen Ausländer allein begründet noch keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0155).

Unter einem Arbeitsverhältnis ist nach Arbeitsrecht ein Rechtsverhältnis, das die Leistung abhängiger, fremdbestimmter Arbeit zum Inhalt hat und durch Arbeitsvertrag begründet wird, zu verstehen. Mangels erkennbarer Differenzierung orientiert sich auch das AuslBG mit folgender Maßgabe an diesem Begriffsinhalt: Da ein ohne die nach dem AuslBG erforderliche Beschäftigungsbewilligung mit einem ausländischen Arbeitnehmer abgeschlossener Arbeitsvertrag nichtig ist (§ 879 Abs. 1 ABGB in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG; vgl. auch die für diesen Fall getroffenen arbeitsrechtlichen Sonderregeln des § 29 AuslBG) kann die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 28 Abs. 1 leg. cit. - wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist der Beschäftigungsbegriff des § 28 Abs. 1 im Licht des § 2 Abs. 2 auszulegen (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/09/0074) - nur bedeuten, daß es nicht auf das Bestehen einer Rechtsbeziehung ankommen kann (so auch die Erläuternden Bemerkungen zum AuslBG, 1451 der Blg. Sten. Prot. NR. XIII GP., S. 20). Mit anderen Worten: Nach § 2 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG ist darunter die Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis zu verstehen, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsvertrages bildet und - käme ein solcher gültig zustande - auch ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechtes begründen würde (vgl. dazu näher das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 90/09/0190).

Im Beschwerdefall steht nur fest, daß fünf polnische Staatsbürger zum Zeitpunkt der Fremdarbeiterkontrolle auf dem Grundstück des Beschwerdeführers Aushubarbeiten durchgeführt haben. Die Verwaltungsbehörden haben Feststellungen dahin unterlassen, ob diese fünf Polen bei Durchführung dieser Arbeiten den Weisungen des Beschwerdeführers unterworfen oder zur Einhaltung einer bestimmten Arbeitszeit verpflichtet gewesen sind. Der Meldungsleger sowie Revierinspektor G haben bei ihrer Einvernahme als Zeugen zwar jeweils angegeben, der Beschwerdeführer habe diese Arbeiten beaufsichtigt bzw. angeleitet, doch kann den hiebei aufgenommenen Niederschriften nicht entnommen werden, worauf sich diese Schlußfolgerung der beiden Zeugen stützt. Offengeblieben ist auch, ob und inwieweit der Beschwerdeführer den fünf Polen für die Durchführung dieser Arbeiten ein Entgelt (allenfalls auch nur eine Naturalentlohnung) zugesagt hat; von den beiden Zeugen B. und S. ist jedenfalls die Frage, ob die fünf Polen vom Beschwerdeführer eine Gegenleistung erhalten haben, verneint worden. Von der belangten Behörde sind auch keine Feststellungen getroffen worden, ob überhaupt bzw. welche Abmachungen zwischen dem Beschwerdeführer und den fünf Polen bestanden haben.

Auch für die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses (vgl. dazu näher OGH vom 9. April 1981, JBl. 1982, S. 376, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0159) fehlt es auf Grund der im Beschwerdefall getroffenen Feststellungen an dem entscheidenden Merkmal einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der fünf polnischen Staatsbürger vom Beschwerdeführer als deren Arbeitgeber. Diese wäre vor allem dann gegeben, wenn eine gewisse Regelmäßigkeit der Arbeitsleistungen vorgelegen wäre, wofür im Beschwerdefall jeder Hinweis fehlt. Mangels Feststellungen über ein allfälliges an die fünf Polen zu leistendes Entgelt kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Ausländer auf eine ihnen vom Beschwerdeführer zu leistende Entlohnung zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen gewesen wären.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht, daß der in der Begründung des verwaltungsbehördlichen Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Da der Verwaltungsgerichtshof im Falle einer Bescheidbeschwerde nur eine nachprüfende Tätigkeit auszuüben, keinesfalls aber eine Sachentscheidung zu treffen hat, kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Wesentliche Mängel in der Sachverhaltserhebung und bei der Beweiswürdigung führen damit zu einer Aufhebung des Bescheides (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, dritte Auflage, Seite 548 ff, angeführte Judikatur).

Auf Grund der obigen Erwägungen reicht das im Verwaltungsstrafverfahren bisher durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht für eine einwandfreie Feststellung aus, daß der Beschwerdeführer ALS ARBEITGEBER IM SINNE DES AuslBG die fünf polnischen Staatsbürger (für die unbestrittenermaßen weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Befreiungsscheine ausgestellt gewesen sind) "beschäftigt" hat. Um zu einer endgültigen Klärung der im Beschwerdefall allein maßgeblichen Frage, wer Arbeitgeber (im Sinne des AuslBG) der fünf polnischen Staatsbürger gewesen ist, zu gelangen, hätte es daher weiterer Ermittlungsschritte - insbesondere auch zur Klärung der zwischen dem Beschwerdeführer und B. getroffenen Vereinbarungen - bedurft. So ist nach wie vor unklar, ob eine Vereinbarung (allenfalls ein Werkvertrag) zwischen dem Beschwerdeführer und B. bestanden hat, zu deren Erfüllung B. auch ausländische Staatsbürger verwenden durfte (oder ob nicht B. zu deren Erfüllung ausländische Staatsbürger ohne Wissen des Beschwerdeführers herangezogen hat) oder ob B. die ausländischen Arbeitskräfte (die nach dessen Angaben alle bei seiner Firma in Polen beschäftigt sind) an den Beschwerdeführer vermittelt hat.

Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens geht darauf zurück, daß das Gesetz einen gesonderten Ersatz der Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht vorsieht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 1992, Zl. 92/09/0052, und die dort zitierte Vorjudikatur).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992090085.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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