TE Vfgh Erkenntnis 1990/9/28 B829/89

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Veröffentlicht am 28.09.1990
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z6 B-VG Art12 Abs1 Z1 B-VG Art15 Abs10 B-VG Art18 Abs1 B-VG Art92 B-VG Art133 Z4 B-VG Art144 Abs1 / Legitimation MRK Art6 Abs1 / Tribunal MRK Art6 Abs1 / civil rights MRK österr Vorbehalt zu Art6 ASVG §148 Z7 Geschäftsordnung der oberösterreichischen Schiedskommission. LGBl 73/1975 §5 Abs4 KAG §28 Abs11 - 14 KAG §28 Abs12 KRAZAF-DurchführungsG §1 Abs8 Oö KAG §44 Oö KAG §44 Abs7 Oö KAG §44a Oö KAG §44a Abs11

Leitsatz

Aufhebung eines Bescheides der (oberösterreichischen) Schiedskommission über den Ersatz von Pflege- und Sondergebühren; Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht durch die Doppelstellung eines Beisitzers als Kommissionsmitglied und Parteienvertreter; keine Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides; Zuständigkeit des Grundsatzgesetzgebers zur Regelung der materiell-rechtlichen Frage der Zuständigkeit der Schiedskommission zur Erlassung einer Ersatzregelung; verfassungsrechtliche Ermächtigung zur Regelung von Pflegegebührenersätzen aufgrund des Kompetenztatbestandes "Heil- und Pflegeanstalten"; Zugehörigkeit der Entscheidung über Pflegegebührenersätze zu den "civil rights" iSd Art6 Abs1 MRK; Konzeption der Schiedskommission als weisungsfreie Kollegialbehörde entsprechend dem Tribunalsbegriff der MRK

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid in dem durch Art6 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unparteiischen Tribunal verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Oberösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern die mit S 15.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beginnend mit dem Schreiben vom 19. Jänner 1987, Z Anst-50023/49-1986-Kr, forderte das Land Oberösterreich als Krankenanstaltenträger (und somit als Träger von Privatrechten) den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mehrfach dazu auf, in Verhandlungen über einen Vertragsabschluß betreffend den Ersatz von Pflege- und Sondergebühren gemäß §44 des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes (im folgenden: OÖ KAG), LGBl. Nr. 10/1976 idF LGBl. Nr. 45/1988, einzutreten.

Da in der Folge keine Einigung zustandekam, stellte das Land Oberösterreich gemäß §44 Abs4 OÖ KAG einen Antrag auf Festlegung der Gebührenersätze durch die zuständige Schiedskommission.

2. Diese sprach mit Bescheid vom 9. Juni 1989, Z SK-28/17-1989, rückwirkend ab 1. Jänner 1987 aus:

"1. Die im §45 Abs1 und 3 O.ö. Krankenanstaltengesetz genannten Krankenversicherungsträger sind verpflichtet, für ambulante Untersuchungen und/oder Behandlungen, die in den oberösterreichischen Landeskrankenanstalten an Versicherten, an anspruchsberechigten Angehörigen von Versicherten und an sonstigen, aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder zwischenstaatlicher Verträge gegenüber den Krankenversicherungsträgern anspruchsberechtigten Personen durchgeführt werden, dem Land Oberösterreich je nach Art der ambulanten Untersuchung und/oder Behandlung Ambulanzgebührenersätze in der Höhe von 65 (sechzigfünf) Prozent der im §1 Abs1 der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 20. Oktober 1986, LGBl. Nr. 58, festgesetzten Pauschalbeträge zu ersetzen.

2. Für die im §1 Abs2 der Verordnung der o.ö.

Landesregierung vom 20. Oktober 1986, LGBl. Nr. 58, angeführten Einzelleistungen in Form von Dialyse, Computertomographie und zytologisch-gynäkologischer Untersuchung haben die im Punkt 1. genannten Krankenversicherungsträger Pauschalbeträge von je S 1.900,-- (eintausendneunhundert Schilling) für Dialyse und Computertomographie, und von S 60,-- (sechzig Schilling) für die zytologisch-gynäkologische Untersuchung dem Land Oberösterreich zu ersetzen.

3. Für die übrigen im §1 Abs2 der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 20. Oktober 1986, LGBl. Nr. 58, genannten Untersuchungen und/oder Behandlungen haben die im Punkt 1. genannten Krankenversicherungsträger dem Land Oberösterreich Ersatz in der Höhe von 75 (siebzigfünf) Prozent der im §1 Abs2 der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 20. Oktober 1986, LGBl. Nr. 58, festgesetzten Pauschalbeträge zu ersetzen.

4. Diese Entscheidung gilt für die Dauer der Gültigkeit der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 20. Oktober 1986, LGBl. Nr. 58.

5. Die im Punkt 1. genannten Versicherungsträger haben dem Land Oberösterreich als Rechtsträger der Landeskrankenanstalten nach Ablauf von sechs Wochen nach Erhalt und Abrechnung oder allfälligen Zwischenabrechnung Verzugszinsen in der Höhe von 8,5 % von der Differenz zwischen den bereits geleisteten Zahlungen und den von der Schiedskommission in diese (gemeint: dieser) Entscheidung festgesetzten Ambulanzgebührenersätze zu leisten.

6. In den festgesetzten Pflegegebührenersätzen ist die Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz 1972 i.d.g.F. nicht enthalten."

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Beschwerdeführer dessen Aufhebung wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und wegen Verletzung sonstiger Rechte durch Anwendung verfassungswidriger Gesetze und gesetzwidriger Verordnungen begehren.

3.1. Die Beschwerdeführer führen zunächst zur Beschwerdelegitimation aus, daß nicht nur der Hauptverband, sondern auch die übrigen Sozialversicherungsträger deshalb zur Beschwerdeerhebung legitimiert seien, weil der Bescheid der Schiedskommission unmittelbar deren Rechtssphäre tangiere und weil es in diesem Fall im Sinne des - auch vom Verfassungsgerichtshof angewendeten - §26 Abs2 VwGG ausreiche, daß eine Partei vom Bescheid bloß faktisch Kenntnis erlangt habe.

3.2. In der Sache lasten die Beschwerdeführer der belangten Behörde in mehrfacher Hinsicht eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte an.

Der angefochtene Bescheid sei für alle in §45 Abs1 und 3 OÖ KAG genannten Krankenversicherungsträger ergangen, sei aber nur mit Daten begründet, die sich auf die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (in der Folge: OÖ GKK) beziehen und deshalb keineswegs repräsentativ seien. Soweit der Bescheid daher Wirkungen über die OÖ GKK hinaus zeitige, sei er demnach unbegründet und wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, des Rechtes auf ein faires Verfahren, der Privatautonomie und des Rechtes auf Eigentum verfassungswidrig. Im übrigen beziehe sich diese von der Behörde anhand der Daten der OÖ GKK "versuchte" Begründung nur auf die Punkte 1 und 3 des Spruches; zu Punkt 2 des Bescheides finde sich in der Begründung lediglich die Feststellung, daß sich insoweit die Anträge der Streitparteien decken, was aber nach den Grundsätzen der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit eine Begründung in der Sache nicht ersetzen könne; die Punkte 4, 5 und 6 des Bescheides entbehrten überhaupt jeglicher Begründung, sodaß die Beschwerdeführer dadurch in ihren Rechten auf Gleichheit, auf ein faires Verfahren und auf Eigentum verletzt seien.

Aber auch soweit sich die Entscheidung der Schiedskommission auf die OÖ GKK erstreckt, sei sie gesetzwidrig. §1 Abs8 des Landesgesetzes zur Durchführung der Vereinbarung über die Krankenanstaltenfinanzierung und die Dotierung des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds für die Jahre 1988 bis einschließlich 1990, LGBl. Nr. 57/1988 (im folgenden: KRAZAF-DurchführungsG), determiniere die zu treffende Rechtsentscheidung der Schiedskommission "insbesondere" durch drei Gesichtspunkte: Erstens sei auf "die durch den Betrieb der Anstalt entstehenden Kosten, soweit sie bei der Ermittlung der Sondergebühren zugrundegelegt werden dürfen", zweitens auf die "finanzielle Leistungsfähigkeit der Träger der Krankenanstalten" und drittens auf "die Leistungsfähigkeit der Krankenversicherungsträger" Bedacht zu nehmen. Nun sei aber schon die Aufschlüsselung der "Kosten des Betriebes der Anstalt" nicht nachvollziehbar, weil aus der Begründung des Bescheides nicht entnommen werden könne, inwieweit diese nur Kosten enthalte, "soweit sie bei der Ermittlung der Sondergebühren zugrundegelegt werden dürfen". Weiters seien undifferenziert die Kosten des Betriebes aller betroffenen Landeskrankenanstalten zugrundegelegt worden, was dem gesetzlichen Auftrag widerspreche, auf die Kostenstruktur der einzelnen Krankenanstalten abzustellen. Zudem sei zweifelhaft, ob zum Gesichtspunkt der "finanziellen Leistungsfähigkeit der Träger der Krankenanstalten" das Gesamtbudget des Landes - und nicht bloß die für den konkreten Zweck gewidmeten Budgetpositionen - herangezogen werden durften. Jedenfalls wären hier aber die weitgehend unbeschränkten Möglichkeiten des Landes als Träger einer Abgabenhoheit zu berücksichtigen gewesen. Obwohl die Behörde unter dem Gesichtspunkt der "finanziellen Leistungsfähigkeit der Krankenversicherungsträger" nur die Daten der OÖ GKK herangezogen habe, fehle es auch insoweit an Feststellungen darüber, daß und in welchem konkreten Ausmaß sich deren finanzielle Leistungsfähigkeit in den nächsten Jahren verschlechtern würde. Schließlich lasse der Bescheid nicht erkennen, welche sonstigen Gesichtspunkte die Entscheidung der Schiedskommission bestimmen. Von dieser mangelhaften Feststellung der Voraussetzungen der Höhe der Ambulanzgebührenersätze abgesehen sei auch nicht nachvollziehbar, warum von den Sozialversicherungsträgern gerade 65 bzw. 75 % der Pauschalbeträge und nicht etwa ein anderer Prozentsatz zu ersetzen sei. Aus all dem folge, daß die Behörde durch die - nur auf die OÖ GKK bezogene, aber auch insoweit - mangelhafte Begründung des Bescheides die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten auf Gleichheit, auf ein faires Verfahren sowie auf Eigentum verletze.

Der angefochtene Bescheid sei aber auch dadurch, daß er spruchgemäß "die im §45 Abs1 und 3 O.ö. Krankenanstaltengesetz genannten Krankenversicherungsträger" verpflichte, zu unbestimmt; vielmehr wären die Bescheidadressaten namentlich zu nennen gewesen.

Mangels spezialgesetzlicher Ermächtigung hätte dem Bescheid auch keine rückwirkende Geltung verliehen werden dürfen, weshalb die Beschwerdeführer in ihren Rechten auf Eigentum und Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden seien.

Schließlich sei aber auch nicht erkennbar, daß die Begründung des Bescheides von der Kommission mitbeschlossen worden sei, sodaß unklar sei, ob der im Bescheid ausgefertigte Spruch durch die Beschlußfassung der Kommission überhaupt gedeckt sei (die Punkte 5 und 6 würden jedenfalls nicht auf einer beschlußmäßigen Deckung beruhen). Die Schiedskommission sei schließlich ohne Vorliegen eines Antrages im Rechtssinne tätig geworden, weil die Behörde den Beschwerdeführern - abgesehen vom Hauptverband - keine Parteistellung eingeräumt habe; die vom Krankenanstaltenträger sowie vom Hauptverband entsandten Mitglieder der Schiedskommission seien schließlich auch befangen gewesen, wozu weiters komme, daß auch die Ersatzmitglieder an den Beratungen des entscheidenden Senates der Schiedskommission teilgenommen hätten. Aus allen diesen Gründen seien die Beschwerdeführer in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit, auf ein faires Verfahren sowie im Eigentumsrecht verletzt worden.

3.3. Der Bescheid beruhe aber auch auf verfassungswidrigen gesetzlichen Grundlagen:

Dies zunächst deshalb, weil das Land Oberösterreich selbst Antragsteller, aber auch zur Bestellung der entscheidungsbefugten Mitglieder der Schiedskommission gemäß §44a OÖ KAG zuständig sei, auf das Verfahren vor der Schiedskommission jedoch das AVG anzuwenden sei, und weil weder dem Grundsatz der "Billigkeit" noch dem Prinzip der "Öffentlichkeit" nach Art6 MRK entsprochen sei.

Die Einsetzung der Schiedskommission nach den Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes - KAG, BGBl. Nr. 1/1957 idF BGBl. Nr. 745/1988, bzw. des OÖ KAG widerspreche aber auch deshalb der Bundesverfassung, weil diese als Landesbehörden vom Landesgesetzgeber frei eingerichtet werden dürften und damit deren Institutionalisierung keiner auf dem Kompetenztatbestand des Art12 Abs1 Z1 B-VG ("Heil- und Pflegeanstalten") basierenden vorausgehenden grundsatzgesetzlichen Determinierung zugänglich wäre.

Außerdem hätte - da es sich bei den von der Schiedskommission zu erledigenden Angelegenheiten um "zivilrechtliche Ansprüche" handle - über diese schon auf Verwaltungsebene ein Tribunal zu entscheiden. Diesem Anspruch würde aber die Schiedskommission nach den krankenanstaltengesetzlichen Bestimmungen nicht gerecht. Ferner hätte über zivilrechtliche Angelegenheiten ein Bundesorgan, nicht aber eine Landesbehörde zu entscheiden.

Da das Tätigkeitsfeld der Schiedskommission dem Zivilrecht zuzuordnen sei, dürfe dieses auch in materieller Hinsicht nicht vom Bundesgrundsatzgesetzgeber geregelt werden, sodaß sowohl §28 Abs12 KAG - und damit auch §44 Abs1 und 4 OÖ KAG - als auch §148 Z7 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, als mit Verfassungswidrigkeit belastet erscheinen würden.

Indem sich §1 Abs8 des KRAZAF-DurchführungsG in seinen Determinierungen der festzulegenden Gebühren als inhaltlich zu unbestimmt erweise und so Zweifel an der Möglichkeit eines gesetzeskonformen Vollzuges entstünden, widerspreche diese Bestimmung dem Art18 Abs1 B-VG.

Schließlich sei §5 Abs4 der Geschäftsordnung der (oberösterreichischen) Schiedskommission, LGBl. Nr. 73/1975, deshalb gesetzwidrig, weil diese Bestimmung ohne Deckung im OÖ KAG ein Teilnahmerecht der Ersatzmitglieder an den Sitzungen des entscheidenden Senates der Schiedskommission auch außerhalb des Vertretungsfalles vorsehe.

4. Die Schiedskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung als belangte Behörde und das Land Oberösterreich als beteiligte Partei erstatteten eine Gegenschrift bzw. eine Äußerung, in der sie jeweils die Abweisung der Beschwerde begehrten.

4.1. Die Schiedskommission führt in ihrer Gegenschrift aus, daß der Bescheid deshalb nur dem Hauptverband zuzustellen war, weil dieser ausschließlich einen Vertrag zwischen dem Hauptverband einerseits und dem Land Oberösterreich andererseits substituiere. Daten über die finanzielle Leistungsfähigkeit auch anderer Krankenversicherungsträger zu erheben sei deshalb entbehrlich gewesen, weil in der Sitzung der Schiedskommission vom 11. Oktober 1988 einstimmig beschlossen worden sei, sich insoweit auf die OÖ GKK zu beschränken. Die Privatautonomie der Beschwerdeführer sei schon deshalb nicht verletzt worden, weil es diesen ohnehin freistehe, den Bescheid der Schiedskommission jederzeit durch eine vertragliche Einigung mit dem Land Oberösterreich außer Kraft zu setzen. Mit Punkt 2 des Bescheides sei im übrigen nicht bloß ein rechtlich bindendes Anerkenntnis festgestellt, sondern im Wege einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung der Verfahrensergebnisse der Umstand entsprechend gewürdigt worden, daß jene Leistung, die vom Leistungspflichtigen selbst angeboten (zugestanden) werde, in aller Regel auch die Vermutung der finanziellen Zumutbarkeit für sich habe. Die Punkte 5 und 6 des Bescheides hätten deshalb keiner eigenständigen Begründung bedurft, weil sich diese unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Punkt 4 des Bescheides trage die Begründung gleichsam in sich selbst: Wenn die auferlegten Ersatzleistungen auf die Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Oktober 1986, LGBl. Nr. 58/1986, Bezug nehmen, so liege es nachgerade in der inneren Logik dieser Anordnung, daß bei einer Änderung oder bei einem Wegfall der Verordnung auch diesem Bescheid der Boden entzogen sei. Im übrigen wäre die Aufschlüsselung der "Kosten des Betriebes der Anstalt" durchaus nachvollziehbar. Auch könne von einer - faktisch oder rechtlich - unbeschränkten Abgabenhoheit des Landes angesichts der gesetzlichen Rahmenbedingungen keine Rede sein. Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung beider Parteien für die nächsten Jahre der Entscheidung der Schiedskommission zugrundezulegen, sei deshalb unzulässig gewesen, weil die Unbestimmtheit einer künftigen Entwicklung nicht der Bestimmtheit von Daten aus der Gegenwart und der Vergangenheit vorgezogen werden dürfe. Die Bestimmung der Ersatzsätze mit 65 bzw. 75 % entspringe letztlich einem - innerhalb der gesetzlichen Schranken - freien Ermessen der Schiedskommission, wodurch deutlich der Charakter dieser Entscheidung als ein vertragssubstituierender Akt zum Ausdruck komme. Da im §45 Abs1 und 3 OÖ KAG die Sozialversicherungsträger ohnedies explizit näher bezeichnet würden, reiche somit ein Hinweis auf diese Bestimmung auch aus, um die Adressaten des Bescheides entsprechend zu konkretisieren. Auch die Zulässigkeit der rückwirkenden Verbindlichkeit der Entscheidung der Schiedskommission folge unmittelbar aus dem Gesetz, nämlich aus §44 Abs4 OÖ KAG. Schließlich weist die belangte Behörde noch darauf hin, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensverletzungen nicht zuträfen.

4.2. Das Land Oberösterreich hat eine Äußerung abgegeben, in der es - soweit sie argumentativ über die Gegenschrift der Schiedskommission hinausreicht - zunächst darauf hinweist, daß die Sozialversicherungsträger im Verfahren vor der Schiedskommission aufgrund gesetzlicher Anordnung (und daher ohne daß es jeweils einer speziellen Bevollmächtigung bedürfte) durch den Hauptverband vertreten würden und deshalb eine gesonderte Zustellung des Bescheides an diese entbehrlich sei. Außerdem wird die Behauptung der Beschwerdeführer bestritten, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse der vom Bescheid sonst betroffenen Krankenversicherungsträger wesentlich schlechter seien als diejenigen der OÖ GKK. Im übrigen sei unter Hinweis auf §58 Abs2 AVG eine Begründung zu Punkt 2 des Bescheides deshalb entbehrlich, weil damit nur völlig übereinstimmenden Anträgen der beiden Parteien Rechnung getragen worden sei. Auch das Argument der Beschwerdeführer, daß die Entscheidung der Schiedskommission deshalb gesetzwidrig sei, weil sie auf einer Zusammenfassung der Kosten aller Krankenanstalten basiere, erweise sich nicht als stichhaltig, weil diese nach §28 KAG iVm §44 OÖ KAG auf der Basis der Bewertung der durchschnittlichen Kosten der einzelnen Krankenanstaltenträger und damit der gesamten Anstaltskosten erfolgen müsse. Die Festlegung der Höhe der Ersatzleistungen mit 65 bzw. 75 % hätte deshalb keiner näheren Begründung bedurft, weil sie sich innerhalb des Rahmens zwischen dem vom Krankenanstaltenträger beantragten höheren und dem vom Hauptverband geforderten niedrigeren Prozentsatz bewegt. Die Unabhängigkeit der Mitglieder der Schiedskommission sei schließlich dadurch gewahrt, daß diese keineswegs jederzeit, sondern nur bei Wegfall der Entsendungsvoraussetzungen abberufen werden könnten, sodaß damit den Anforderungen des Art6 MRK ensprochen sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zu den Prozeßvoraussetzungen:

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 8834/1980 ausgesprochen, daß durch die Entscheidung der Schiedskommission auch die Rechtssphäre der einzelnen, im Hauptverband zusammengeschlossenen Sozialversicherungsträger betroffen und damit deren Beschwerdelegitimation gegeben ist. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Auffassung. Somit ist im vorliegenden Fall auch die Beschwerde der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger verschiedenen Beschwerdeführer zulässig.

2. In der Sache selbst:

2.1. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlage des Bescheides:

2.1.1. Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, daß die Abs11, 12 und 14 des §28 KAG idF BGBl. Nr. 282/1988 und damit auch die darauf basierenden, im gegenständlichen Verfahren präjudiziellen landesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen der Abs3 und 4 des §44 OÖ KAG deshalb kompetenzwidrig seien, weil danach durch Bundesgesetz eine (grundsatzgesetzliche) Regelung bezüglich der Verwaltungsorganisation in den Ländern getroffen werde, die aber gemäß Art15 Abs10 B-VG ausschließlich dem Landesgesetzgeber vorbehalten sei.

§28 Abs11 KAG legt als Grundsatzgesetz fest, daß über Streitigkeiten, die sich zwischen dem Träger einer Krankenanstalt einerseits und einem Krankenversicherungsträger oder dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger andererseits aus einem die zu entrichtenden Pflegegebühren betreffenden Vertrag ergeben, eine Schiedskommission zu entscheiden hat, die von jedem der Streitteile angerufen werden kann. §28 Abs12 leg.cit. legt fest, daß dann, wenn innerhalb von zwei Monaten nach der Aufkündigung eines Vertrages ein neuer Vertrag nicht zustandekommt, die Schiedskommission zur Entscheidung über die zu regelnde Angelegenheit angerufen werden kann; Gleiches gilt für den Fall, daß der Träger der Krankenanstalt oder der Hauptverband zum Abschluß eines Vertrages aufgefordert hat, jedoch innerhalb von zwei Monaten ein solcher Vertrag nicht zustandegekommen ist. §28 Abs14 leg.cit. bestimmt schließlich, daß bei der Festsetzung der Höhe der Pflegegebührenersätze nach Abs12 die Schiedskommission an die mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Soziales festgelegten Erhöhungssätze gemäß Abs5 bis 10 gebunden ist. §44 Abs3 und 4 des OÖ KAG enthält in diesem Sinne die landesausführungsgesetzlichen Regelungen.

Schließlich bestimmt ArtI Z22 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 282/1988 (KAG-Novelle 1988), daß die §§28a und 28b des KAG idF BGBl. Nr. 281/1974 zu entfallen haben; aus diesen Bestimmungen ergab sich die Zusammensetzung der in jedem Land zu errichtenden Schiedskommission, die zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten gemäß §28 Abs5 KAG idF BGBl. Nr. 281/1974 (diese Bestimmung entsprach dem nunmehrigen §28 Abs1 KAG idF der KAG-Novelle 1988) berufen war. Wie die Erläuterungen zur KAG-Novelle 1988 (546 BlgNR XVII.GP, S. 16 u. 17) darlegen, trägt die mit ArtI Z22 der KAG-Novelle 1988 verfügte Aufhebung der §§28a und 28b KAG der B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 444/1974, Rechnung, wonach seit 1. Jänner 1975 die Bildung und Errichtung von Verwaltungsbehörden der Länder ausschließlich Sache der Landesgesetzgebung nach Art15 Abs1 und 10 B-VG ist. Die Regelung des §44a des OÖ KAG betreffend die Organisation der Schiedskommission, die ursprünglich eine landesausführungsgesetzliche Regelung war, ist demnach seit der Aufhebung der §§28a und 28b des KAG eine landesgesetzliche Regelung.

Zu den kompetenzrechtlichen Beschwerdevorwürfen gegen die Abs3 und 4 des §44 OÖ KAG und gegen §28 Abs11, 12 und 14 des KAG idF BGBl. Nr. 282/1988 ist - vor diesem Hintergrund - auf das Erkenntnis VfSlg. 8466/1978 (S. 528) zu verweisen. Dort hat der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen, daß hinsichtlich jeder Norm eine enge Wechselbeziehung zwischen deren organisationsrechtlicher und deren materiellrechtlicher Intention besteht, sodaß es unter dem Gesichtspunkt der kompetenzrechtlichen Einordnung einer Regelung nur darum gehen kann, ob lediglich die abstrakte Behördenorganisation selbst oder vielmehr die materiellrechtliche Aufgabe der Behörde den Zweck der Norm verkörpert. Wenn nun die Anordnung des §44 OÖ KAG als ausführungsgesetzliche und die Abs11 bis 14 des §28 KAG als grundsatzgesetzliche Regelung festlegen, daß über Streitigkeiten, die sich aus einem zwischen dem Träger einer Krankenanstalt und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger geschlossenen Vertrag ergeben, die Schiedskommission zu entscheiden und sie bei Nichteinigung über einen Vertrag eine dementsprechende Ersatzregelung zu erlassen hat, so handelt es sich dabei nicht - wie im Falle des §44a OÖ KAG - um organisationsrechtliche, sondern um materiellrechtliche Fragen. Somit begegnet weder §28 Abs11 bis 14 KAG noch §44 Abs3 und 4 OÖ KAG kompetenzrechtlichen Bedenken.

2.1.2. Die Beschwerdeführer behaupten weiters auch die Kompetenzwidrigkeit des §148 Z7 ASVG (danach sind die Beziehungen der Versicherungsträger zu den Krankenanstalten, insbesondere hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Pflegegebührenersätze, durch privatrechtliche Verträge zu regeln, die zwischen dem Hauptverband und den Rechtsträgern der Krankenanstalten abzuschließen sind), weil diese Bestimmung als grundsatzgesetzliche Norm (Art12 B-VG) - und damit auch die darauf basierende und im gegenständlichen Verfahren präjudizielle landesgesetzliche Ausführungsregelung, nämlich der §44 Abs1 OÖ KAG - zu Art10 Abs1 Z6 B-VG im Widerspruch stehe, weil es sich um eine zivilrechtliche Vorschrift handle.

Dem ist entgegenzuhalten, daß auch der Inhalt des Kompetenztatbestandes "Zivilrechtswesen" im Sinne des Art10 Abs1 Z6 B-VG nach den Grundsätzen der vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Versteinerungstheorie zu ermitteln ist (vgl. zB VfSlg. 5521/1967, 5534/1967, 5666/1968, 5741/1968). Es gilt somit, das "Zivilrechtswesen" in der Bedeutung des Art10 Abs1 Z6 B-VG - dieses ist nicht mit dem Begriff der "civil rights" im Sinne des Art6 Abs1 MRK gleichzusetzen (wovon die Beschwerdeführer anscheinend ausgehen) - gegenüber den anderen Kompetenztatbeständen der Bundesverfassung danach abzugrenzen, ob eine Angelegenheit nach der einfachgesetzlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenztatbestände des B-VG dem "Zivilrechtswesen" gemäß Art10 Abs1 Z6 B-VG oder ob eine derartige Regelung "bürgerlicher Rechtssachen" (§1 JN) einem anderen Kompetenztatbestand - im besonderen hier dem der "Heil- und Pflegeanstalten" gemäß Art12 Abs1 Z1 B-VG - zuzuordnen war. Letzteres trifft im gegenständlichen Fall zu, wie die Bestimmungen des am 1. Oktober 1925 als Bundesgesetz iSd §3 Abs2 ÜG 1920 idF BGBl. Nr. 368/1925 übergeleiteten Krankenanstaltengesetzes vom 15. Juli 1920, StGBl. Nr. 327/1920, erweisen. Schon in diesem Gesetz fanden sich unter der Überschrift "Einnahmen. Verpflegsgebühren." in den §§35 ff. Regelungen über die Einnahmen, die zur dauernden Erhaltung und zum Betrieb öffentlicher Heil- und Pflegeanstalten dienten. Daraus folgt, daß der Kompetenztatbestand "Heil- und Pflegeanstalten" (Art12 Abs1 Z1 B-VG) auch die Ermächtigung zur Regelung von Pflegegebührenersätzen durch Krankenversicherungsträger beinhaltet, sodaß die auf Art12 Abs1 Z1 B-VG basierenden Bestimmungen des §148 Z7 ASVG und des §44 Abs1 OÖ KAG jedenfalls aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles als verfassungsrechtlich unbedenklich erscheinen.

2.1.3. Wenn die Beschwerdeführer zudem vorbringen, daß die angegriffenen Bestimmungen des KAG und die darauf basierenden ausführungsgesetzlichen Regelungen des Landes deshalb verfassungswidrig seien, weil über zivilrechtliche Ansprüche stets Bundesbehörden zu entscheiden hätten, so wird damit offensichtlich der kompetenzrechtliche Zivilrechtsbegriff (siehe dazu 2.1.2.) neuerlich unzulässigerweise mit jenem nach Art6 Abs1 MRK gleichgesetzt. Ein weiteres Eingehen auf diesen Vorwurf erübrigt sich aber auch deshalb, weil es gemäß Art12 B-VG von Verfassungs wegen den Ländern obliegt, (auch) privatrechtliche Normen - hier für "Heil- und Pflegeanstalten" - zu erlassen, wobei allerdings aus der Sicht der MRK die zur Vollziehung berufenen Landesorgane den Ansprüchen des Art6 Abs1 MRK entsprechen müssen. Für den gegebenen Zusammenhang ist jedoch auch aus der Bestimmung des Art92 Abs1 B-VG für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil mit dem Begriff "Zivilrechtssachen" des Art92 B-VG nur jener Bereich des Zivilrechtes gemeint ist, der den Gerichten (einfachgesetzlich) zugewiesen ist (vgl. VfSlg. 3121/1956).

2.1.4. Aus der gleichen Sicht erweist sich auch der Vorwurf der Beschwerdeführer, §28 Abs12 KAG sei deshalb verfassungswidrig, weil er die Substitution eines fehlenden Vertrages durch einen Hoheitsakt vorsehe und hiefür das Nähere der Ausführungsgesetzgebung des Landes übertrage, was als eine Angelegenheit des Zivilrechts anzusehen sei und daher dem Art10 Abs1 Z6 B-VG widerspreche, als unzutreffend: Davon ausgehend, daß der Ersatz der Pflegegebühren kompetenzrechtlich nicht eine Angelegenheit des Art10 Abs1 Z6 B-VG, sondern eine solche des Art12 Abs1 Z1 B-VG ist, ergibt sich die kompetenzrechtliche Unbedenklichkeit dieser Anordnung.

2.1.5. Die Beschwerdeführer machen weiters die materielle Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlage, und zwar zunächst im Hinblick auf Art6 Abs1 MRK geltend, weil danach über "civil rights" ein "unparteiisches und unabhängiges" Gericht "öffentlich" zu entscheiden habe und die Schiedskommission nach dem KAG diesem Anspruch nicht gerecht werde.

Wie der Verfassungsgerichtshof - nachdem diese Frage im Erkenntnis VfSlg. 11500/1987 zunächst offengelassen werden mußte - mit seiner Entscheidung VfSlg. 11591/1987 ausdrücklich festgestellt hat, müssen nicht bloß im Bereich des Strafrechts, sondern auch über "civil rights" im engeren Sinn (Kernbereich) aufgrund der Anordnungen des Art6 Abs1 MRK "Tribunale" unmittelbar in der Sache selbst entscheiden; eine bloß nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts reicht insoweit nicht hin. Im vorliegenden Fall handelt es sich (vgl. auch VfSlg. 7889/1976) um "zivilrechtliche Ansprüche" im engeren Sinn, sodaß die darüber durch einfaches Gesetz zur Entscheidung berufene Schiedskommission nach dem KAG ein "Tribunal" sein muß, damit sie den Regelungen der MRK entspricht.

Dies ist auch tatsächlich der Fall. Die Schiedskommission ist als eine weisungsfreie Kollegialbehörde im Sinne des Art133 Z4 B-VG (Art20 Abs1 B-VG) konzipiert: Ihre Mitglieder sind nicht nur in Ausübung ihres Amtes ex lege weisungsfrei gestellt (§44a Abs8 OÖ KAG), sondern gemäß §44a Abs4 leg.cit. auch unabsetzbar, sodaß damit auch den Anforderungen des Art6 Abs1 MRK im Hinblick auf das Kriterium der "Unabhängigkeit" entsprochen ist.

Soweit die Beschwerdeführer die Nichtöffentlichkeit der Verhandlung und Entscheidungsfindung rügen, genügt es, auf Punkt 2 des von Österreich zu Art6 MRK abgegebenen Vorbehaltes hinzuweisen (vgl. hiezu VfSlg. 11569/1987, VfGH vom 26.9.1988, B951/88, und vom 6.10.1988, B1408/87).

Wenn die Beschwerdeführer die mangelnde Unparteilichkeit der Schiedskommission geltend machen, weil die Streitparteien zugleich auch durch die von ihnen vorgeschlagenen Mitglieder in der Schiedskommission vertreten sind, so ist darauf hinzuweisen, daß dies zum einen für beide Prozeßseiten - also einerseits für den Krankenanstalten-, andererseits aber auch für die Sozialversicherungsträger - in gleicher Weise gilt und daß zum anderen diese Zusammensetzung des Gremiums (Nominierung je eines Mitgliedes des Richterkollegiums von beiden Streitparteien unter dem Vorsitz eines ebenfalls unabhängigen und unparteiischen Richters) dem Wesen einer Schiedskommission entspricht: Gerade die Regelungsaufgabe, die der Schiedskommission hier obliegt, spricht dafür, daß die Zusammensetzung der Senate aus einem neutralen Vorsitzenden und zwei weiteren über Vorschlag der Interessenträger bestellten Mitgliedern schon von vornherein nicht dazu angetan ist, Zweifel im Hinblick auf die "Unparteilichkeit" im Lichte des Art6 Abs1 MRK hervorzurufen; sind doch die Fachkenntnisse dieser beiden Mitglieder für eine sachgerechte Entscheidung von erheblicher Bedeutung (vgl. zur nach ArtIII der Urhebergesetz-Novelle 1980, BGBl. Nr. 321/1980, ähnlich konzipierten Schiedsstelle beim Bundesministerium für Justiz VfSlg. 9887/1983, S. 508). Ein Verstoß gegen die geforderte Unparteilichkeit könnte nur in besonderen Umständen liegen, die sich aus einer dienstlichen oder organisatorischen Abhängigkeit der bestellten Schiedskommissionsmitglieder ergeben. Daß sich derartiges schon aus den gesetzlichen Regelungen ergebe, wird von den Beschwerdeführern gar nicht behauptet.

2.1.6. Die Beschwerdeführer werfen weiters dem §1 Abs8 des KRAZAF-DurchführungsG inhaltliche Unbestimmtheit und damit einen Verstoß gegen das Determinierungsgebot des Art18 Abs1 B-VG vor.

Da diese Regelung inhaltlich dem §44 Abs7 OÖ KAG entspricht und diesem zeitweilig - nämlich jeweils für die Dauer einer entsprechenden KRAZAF-Vereinbarung - derogiert, genügt es, auf das bereits erwähnte Erkenntnis VfSlg. 8834/1980 (siehe zur vergleichbaren Regelung des Sbg KAG auch VfSlg. 8833/1980) zu verweisen, mit dem der Verfassungsgerichtshof dem §44 Abs7 OÖ KAG eine diesbezügliche verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt hat. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt, von dieser Auffassung abzugehen.

2.1.7. Die Beschwerdeführer rügen schließlich auch die Gesetzwidrigkeit des §5 Abs4 der Geschäftsordnung der (oberösterreichischen) Schiedskommission, LGBl. Nr. 73/1975 (im folgenden: GO-SK).

§5 Abs4 GO-SK lautet:

"Die für die Mitglieder eines Senates bestellten Ersatzmitglieder haben das Recht, auch außerhalb des Vertretungsfalles an den Sitzungen des Senates teilzunehmen; in diesem Fall dürfen sie sich an den Beratungen und Abstimmungen nicht beteiligen und haben keinen Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten und auf Entschädigung nach der Verordnung über die Höhe der Entschädigung der Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Schiedskommission."

§44a Abs11 OÖ KAG ordnet an, daß die Schiedskommission in Senaten zu entscheiden hat, denen der Vorsitzende und zwei Beisitzer angehören. §44a Abs12 leg.cit. bestimmt weiters, daß der Ablauf der Amtsdauer von Mitgliedern (Ersatzmitgliedern) und ein sonstiger im Gesetz begründeter Wechsel in der Person von Mitgliedern (Ersatzmitgliedern) der Weiterführung eines anhängigen Verfahrens nicht entgegenstehen.

Der Verfassungsgerichtshof sieht aus der Sicht der Beschwerdevorwürfe keine Veranlassung, ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten.

Daß es §5 Abs4 GO-SK Ersatzmitgliedern verbietet, an den Abstimmungen teilzunehmen und sich an den Beratungen des Senates zu beteiligen, ist offenkundig in Abs11 des §44a OÖ KAG gedeckt. Der Verfassungsgerichtshof hält aber auch die Geschäftsordnungsbestimmung, daß die Ersatzmitglieder an den Sitzungen des Senates auch außerhalb des Vertretungsfalles teilnehmen dürfen, für gesetzlich gedeckt, weil Abs12 des §44a OÖ KAG erklärt, daß ein im Gesetz begründeter Wechsel in der Person von Mitgliedern (Ersatzmitgliedern) der Weiterführung eines anhängigen Verfahrens nicht entgegenstehe; dies erlaubt, daß Ersatzmitglieder, die in das Verfahren in einem solchen Falle eintreten, schon an den vorausgehenden Sitzungen (wenn auch nicht beratend) teilnehmen.

2.1.8. Da sich somit die von den Beschwerdeführern gegen die Rechtsgrundlage des Bescheides vorgebrachten Bedenken insgesamt nicht als zutreffend erweisen, sieht sich der Verfassungsgerichtshof auch nicht dazu veranlaßt, ein Normprüfungsverfahren einzuleiten.

2.2. Zur behaupteten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch den Bescheid:

Die Beschwerde macht insbesondere geltend, der angefochtene Bescheid verletze die Beschwerdeführer in dem durch Art6 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht (Tribunal). Die Beschwerde ist mit diesem Vorwurf tatsächlich im Recht.

Denn die gleichzeitige Funktion eines Organwalters als Mitglied des entscheidenden Tribunals und als Vertreter einer Prozeßpartei ist mit Art6 MRK unvereinbar: Es kann von keinem "unabhängigen und unparteiischen Gericht (Tribunal)" die Rede sein, wenn dessen Beisitzer in ein und demselben Verfahren zugleich auch persönlich die Interessen einer Prozeßpartei wahrnimmt.

Aus den Niederschriften über die Sitzungen der Schiedskommission ergibt sich nun, daß die Beisitzer dieser Kommission nicht nur darin als Vertreter des Landes bzw. des Hauptverbandes bezeichnet werden, sondern auch tatsächlich in dieser Eigenschaft bei den Sitzungen aufgetreten sind: Die Beisitzer haben zum Streitgegenstand materielle Erklärungen namens der jeweiligen Prozeßpartei, die sie als Beisitzer nominiert hatte, abgegeben; dies wurde auch in den Niederschriften festgehalten; dazu kommt aber noch, daß die vom Vorsitzenden an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger gerichtete Aufforderung, einen Prozeßbereinigungsvorschlag einzubringen, zu einer Eingabe der OÖ GKK an das Schiedsgericht führte, die zugleich von dem vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger nominierten Beisitzer als zeichnungsberechtigtem Organ der OÖ GKK mitunterfertigt war. All dies bringt entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde deutlich zum Ausdruck, daß die in den Protokollen verwendete Bezeichnung "Vertreter" (des Landes bzw. des Hauptverbandes) die Doppelstellung der Kommissionsmitglieder als Beisitzer und als Parteienvertreter den Tatsachen entsprechend wiedergab.

Damit verletzt aber der angefochtene Bescheid deshalb, weil in dem diesem zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren ein Beisitzer der Schiedskommission zugleich auch als Parteienvertreter fungierte, die Beschwerdeführer in ihrem durch Art6 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht (Tribunal).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- enthalten.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Krankenanstalten, Versteinerungstheorie, Kompetenz Bund - Länder Verwaltungsorganisation, Kompetenz Bund - Länder Krankenanstalten, formelles-materielles Recht, Kompetenz Bund - Länder, Kompetenz Bund - Länder Zivilrechtswesen, Zivilrecht, civil rights, Tribunal, Kollegialbehörde, Öffentlichkeitsprinzip, Behördenzusammensetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B829.1989

Dokumentnummer

JFT_10099072_89B00829_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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