TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/23 90/17/0201

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Veröffentlicht am 23.04.1993
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Index

L34001 Abgabenordnung Burgenland;
L37161 Kanalabgabe Burgenland;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §101 Abs1;
BAO §101 Abs2;
BAO §252;
KanalabgabeG Bgld §11;
KanalabgabeG Bgld §2 Abs4;
KanalabgabeG Bgld §5;
KanalabgabeG Bgld;
LAO Bgld 1963 §197 Abs1;
LAO Bgld 1963 §75 Abs7;
LAO Bgld 1963 §75 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der HF in T, nunmehr vertreten durch Dr. WF, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom 20. März 1990, Zl. II-F-1-1989, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem an "MD und HF, z.Hd. MD" gerichteten Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde T vom 15. Februar 1984 wurde gegenüber den Bescheidadressaten als Eigentümern des Grundstückes Nr. nn1 KG T die Kanalanschlußgebühr bei einer Berechnungsfläche von 251,86 m2 mit S 20.264,41 neu festgesetzt.

Dieser Bescheid wurde laut dem im Akt erliegenden, unvollständigen Rückschein vom 14. Mai 1984 (nur) an MD zu eigenen Handen zugestellt.

Mit in gleicher Weise adressierten Bescheiden des Bürgermeisters vom 15. Februar 1984 und vom 2. Jänner 1987 wurde den Genannten jeweils Kanalbenützungsgebühr vorgeschrieben. Ein Zustellausweis hinsichtlich des Bescheides vom 15. Februar 1984 erliegt nicht im Akt; der Bescheid vom 2. Jänner 1987 wurde abermals (nur) an MD zugestellt, wobei der Rückschein auf "MD u. Mitbes." lautet.

Mit Bescheid vom 2. Jänner 1989, gerichtet an "MD u. HF zH Sachwalter SF", sprach der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde aus, die vom Gemeinderat mit Wirkung vom 1. Jänner 1989 neu festgesetzte Benützungsgebühr betrage pro Jahr 10 % der vorläufigen Kanalanschlußgebühr (Bemessungsgrundlage: S 18.889,50), somit S 1.888,95 plus dzt. 10 % MWSt S 188,90 = S 2.077,85. Die Kanalbenützungsgebühr werde jeweils am 15. Feber, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages fällig. Die in diesem Abgabenbescheid festgesetzte Gebühr sei solange zu entrichten, bis ein neuer Abgabenbescheid ergehe. Dieser Bescheid wurde am 13. Jänner 1989 (nur) an SF eigenhändig zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 3. Februar 1989 erhoben "MD u. HF, Sachwalter SF" gegen den Bescheid vom 2. Jänner 1989 Berufung und brachten darin im wesentlichen vor, die Berechnungsfläche sei im Bescheid vom 15. Februar 1984 (betreffend Kanalanschlußgebühr) irrtümlich zu hoch angenommen worden.

Mit getrennt ausgefertigten Bescheiden je vom 3. März 1989 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufungen der MD und der Beschwerdeführerin HF "zurück" und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die beantragte Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und Neufestsetzung der Berechnungsfläche beziehe sich auf einen bereits in Rechtskraft erwachsenen Bescheid ("vorläufige Kanalanschlußgebühr"). Gemäß "§ 68 Abs. 1 AVG" seien Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides (vorläufige Kanalanschlußgebühr) begehrten, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Laut § 197 Abs. 1 der Bgld. LAO könne ein Bescheid, dem Entscheidungen zugrunde lägen, die in einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden seien, nicht mit der Begründung angefochten werden, daß die im Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid (vorläufige Kanalanschlußgebühr) getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien. Die Kanalbenützungsgebühr auf Grund der Verordnung des Gemeinderates vom 15. Dezember 1988 beziehe sich auf die vorläufige Kanalanschlußgebühr als Bemessungsgrundlage.

Gegen den sie betreffenden Berufungsbescheid erhob die Beschwerdeführerin am 22. März 1989 Vorstellung und brachte darin im wesentlichen vor, sie sei Hälfteeigentümerin des oben genannten Grundstückes und habe den Bescheid vom 15. Februar 1984 (betreffend Kanalanschlußgebühr) nicht zugestellt erhalten. Ihre Mutter, MD, damals 79 Jahre alt, mit der die Beschwerdeführerin schon mehr als 20 Jahren nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, sei von ihr weder bevollmächtigt noch beauftragt gewesen, Schriftstücke, geschweige denn derartige Bescheide in Empfang zu nehmen. Es könne daher auch eine Vorschreibung, die sich auf diesen Bescheid stütze, nicht erfolgen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die Bezirkshauptmannschaft Güssing der Vorstellung keine Folge. Dies im wesentlichen unter Hinweis auf § 60 Abs. 4 der Bgld. LAO mit der Begründung, wenn sich aus dem äußeren Tatbestand für die Behörde kein Zweifel am Vorliegen eines Bevollmächtigungsverhältnisses ergebe, liege eine Bevollmächtigung vor, die zumindest "durch konkludente Handlung einer mündlich erteilten Vollmacht im Sinne des § 83 Abs. 3 BAO gleichzuhalten" sei. Nach der Rechtsprechung könne von einer ausdrücklichen Vollmacht abgesehen werden, wenn ein Angestellter durch Jahre hindurch bei der Behörde für ein bestimmtes Unternehmen aufgetreten sei. Die im Akt liegenden Abgabenbescheide aus den Jahren 1984 und 1987 seien jeweils an Frau MD und HF zu Hd. von Frau MD adressiert. Wie die Beschwerdeführerin in ihrer Vorstellung ausführe, lebe sie schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter, Frau MD. Auf Grund dieser Tatsache und der Bestimmung des § 60 Abs. 4 LAO habe für die Abgabenbehörde kein Zweifel über das Vorhandensein und den Umfang der Vertretungsbefugnis der Hälfteeigentümerin MD bestanden, insbesondere auch deshalb, weil sämtliche von Frau MD übernommenen Abgabenbescheide in Rechtskraft erwachsen und die Abgaben entrichtet worden seien. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem für Frau MD ein Sachwalter bestellt worden sei, habe daher die mitbeteiligte Stadtgemeinde zu Recht angenommen, daß die Mutter und Hälfteeigentümerin MD die Vertretung ihrer Tochter, der Beschwerdeführerin, in Angelegenheit ihres gemeinsamen Grundstückes wahrnehme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die Höhe der Kanalbenützungsgebühr rechtswidrig bemessen und ein "Nichtbescheid" der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 15. Februar 1984 zur Begründung eines nachfolgenden Verwaltungsaktes herangezogen werde. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstatteten je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 des Burgenländischen Kanalabgabegesetzes LGBl. Nr. 41/1984 (KAbG) idF VOR der am 31. März 1990 in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 37/1990 ist die Kanalbenützungsgebühr in einem Hundertsatz des Anschlußbeitrages (§ 5) unter Berücksichtigung allfälliger Ergänzungsbeiträge (§ 7) festzusetzen.

Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist die Kanalbenützungsgebühr mit ihrem Jahresbetrag festzusetzen. Nach Abs. 6 erster Satz dieser Gesetzesstelle gilt die Festsetzung gemäß Abs. 5 auch für die folgenden Jahren, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbeitrages ein neuer Abgabenbescheid zu erlassen ist. Nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle wird die Kanalbenützungsgebühr am 15. Feber, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages fällig.

Nach § 12 Abs. 1 KAbG in der genannten Fassung ist Abgabenschuldner der Eigentümer der im § 5 Abs. 1 genannten Grundstücke. § 2 Abs. 4 und 5 gilt sinngemäß.

Nach § 2 Abs. 4 erster Satz leg. cit. schulden Miteigentümer die Kanalisationsbeiträge zur ungeteilten Hand.

Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen der Bgld. LAO, LGBl. Nr. 2/1963, idF. der Novelle LGBl. Nr. 24/1983, haben folgenden Wortlaut:

"§ 60

(1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 62 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.

...

(4) Die Abgabenbehörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltungsangehörige oder Angestellte handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

...

§ 74

Erledigungen werden dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt

a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung,

b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.

§ 75

(1) Soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen.

...

(6) Wird ein Anbringen von mehreren Personen gemeinsam eingebracht, so kann, soweit nicht die Abs. 7 und 8 anzuwenden sind, aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der an erster Stelle genannten Person mit Wirkung für alle Personen, die das Anbringen gestellt haben, zugestellt werden, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

(7) Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und haben diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

(8) Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet, die zusammen zu veranlagen sind, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen.

...

§ 197

(1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, daß die im Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind."

Zutreffend haben die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde zwar erkannt, daß im Verhältnis zwischen der Kanalbenützungsgebühr nach § 11 KAbG und dem Anschlußbeitrag nach § 5 leg. cit. ein Fall des § 197 Abs. 1 LAO vorliegt. Allerdings setzt der Eintritt der Rechtswirkungen nach dieser Gesetzesstelle die wirksame Zustellung des Grundlagenbescheides voraus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Mai 1955, Zl. 522/52, und vom 27. Juni 1991, Zl. 91/13/0002).

Zutreffend macht die Beschwerdeführerin geltend, daß eine solche wirksame Zustellung des Bescheides vom 15. Februar 1984 betreffend die Kanalanschlußgebühr an sie nicht erfolgt ist. Wenn sich die belangte Behörde zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht auf das hg. Erkenntnis vom 8. April 1975, Zl. 895/73 (Slg. Nr. 4819/F) zu stützen versucht, so übersieht sie hiebei, daß der damalige Beschwerdeführer durch das dort näher ausgeführte Verhalten einen äußeren Tatbestand gesetzt hatte, der für die Behörde im Sinne des § 863 Abs. 1 ABGB mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrig gelassen hatte, daran zu zweifeln, daß ein Bevollmächtigungsverhältnis zwischen dem damaligen Beschwerdeführer und seinem Steuerberater vorlag. Auch der Fall des von der belangten Behörde weiters herangezogenen Erkenntnisses vom 12. Dezember 1974, Zl. 1389/74, war anders gelagert. Damals hatte ein Dienstgeber durch Jahre hindurch die Handlungen seines Zolldeklaranten für sich gelten lassen, weshalb die Behörde ein Bevollmächtigungsverhältnis annehmen durfte.

Welchen Tatbestand im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin gesetzt haben sollte, der die Abgabenbehörden zu einer ähnlichen Annahme berechtigt hätte, ist der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen. Auch wieso der Umstand, daß die Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde selbst feststellt, schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter MD lebt, für das Vorhandensein einer Vertretungsbefugnis der Mutter für die Beschwerdeführerin sprechen sollte, wie die belangte Behörde meint, ist nicht erkennbar. Der von der belangten Behörde weiters herangezogene Umstand, daß der Abgabenbescheid vom 15. Februar 1984

betreffend die Kanalanschlußgebühr (erg.: gegenüber MD) in Rechtskraft erwachsen und die Abgabe entrichtet worden sei, vermag ebenfalls keine andere Beurteilung herbeizuführen, zumal nicht geklärt wurde, VON WEM die Kanalanschlußgebühr bezahlt wurde. Selbst die (allenfalls auch nur anteilige) Entrichtung der Kanalanschlußgebühr durch die Beschwerdeführerin ließe noch nicht zwingend den Schluß zu, sie habe ihre Mutter zur Empfangnahme des Abgabenbescheides ermächtigt. Ohne rechtliche Bedeutung sind schließlich die von der belangten Behörde gleichfalls ins Treffen geführten "Abgabenbescheide" (gemeint offenbar: über die Kanalbenützungsgebühr) aus den Jahren 1984 und 1987.

Auch wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift weiters die Rechtswirksamkeit der Zustellung des Bescheides über die Kanalanschlußgebühr vom 15. Februar 1984 auch an die Beschwerdeführerin mit den Bestimmungen des § 75 Abs. 8 LAO zu untermauern sucht, vermag dieser Hinweis ihren Bescheid nicht vor der Aufhebung zu bewahren. Die genannte Gesetzesstelle gilt nämlich nur für Personen, die zusammen zu veranlagen sind. Diese Bestimmung entspricht der Vorschrift des § 101 Abs. 2 BAO; sie setzt voraus, daß die Zusammenveranlagung den materiell-rechtlichen Vorschriften entspricht. Solche Zusammenveranlagungen mehrerer Personen sind nur bei Personensteuern vorgesehen (vgl. hiezu Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Seite 40, 353). Die Abgaben nach dem KAbG stellen jedoch zweifellos keine solchen Personensteuern dar.

Sollte jedoch die belangte Behörde in Wahrheit die Vorschrift des § 75 Abs. 7 LAO im Auge gehabt haben, so ist auch damit für sie nichts gewonnen. Zwar schulden, wie bereits erwähnt, gemäß § 2 Abs. 4 erster Satz KAbG Miteigentümer die Kanalisationsbeiträge zur ungeteilten Hand, doch setzt die Rechtsfolge des § 75 Abs. 7 LAO voraus, daß auf sie in der Ausfertigung des Bescheides hingewiesen wird. Letzteres ist jedoch hier nicht der Fall.

Ohne jede Bedeutung schließlich ist der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift ins Treffen geführte Umstand, daß je ein Grundsteuermeßbescheid und Grundsteuerbescheid des Finanzamtes O, die an "MD und Mitbesitzer" adressiert gewesen seien, an MD zugestellt und die Grundsteuer von ihr zur Einzahlung gebracht worden sei.

Da sohin die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde nicht davon ausgehen durften, daß der Bescheid vom 15. Februar 1984 betreffend Festsetzung der Kanalanschlußgebühr an die Beschwerdeführerin rechtswirksam zugestellt wurde, konnte auch die Rechtsfolge des § 197 Abs. 1 LAO gegenüber der Beschwerdeführerin nicht eintreten. Sie war daher berechtigt, den Bescheid betreffend Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr mit der Begründung anzufechten, daß die im seinerzeitigen Abgabenbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien.

Da die belangte Behörde die aufgezeigte Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides nicht zum Anlaß nahm, diesen aufzuheben, hat sie ihren Bescheid ihrerseits mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung führen mußte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990170201.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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