TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/16 92/01/0804

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.09.1993
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §3;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat duruch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juli 1992, Zl. 4.300.102/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juli 1992 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen Togos, der am 21. August 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist, kein Asyl gewähre. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat in seinem Asylantrag vom 22. August 1990 sowie bei seiner niederschriftlichen Befragung am 5. September 1990 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland angegeben, er sei Mitglied einer Gruppe junger Leute gewesen, die versucht hätten, die Einparteienregierung Togos in eine Mehrparteienregierung umzuformen. Sie hätten eine Partei namens "Togolaise Democratic Movement" (T.D.M.) gegründet und in den Dörfern einen Wahlkampf gegen die Regierung geführt. Im Zuge dieser Aktivitäten sei der Beschwerdeführer im Dorf H am 20. Februar 1989 verhaftet worden. Während er mit ca. 25 anderen Personen darauf gewartet habe, in die Hauptstadt Lome abtransportiert zu werden, sei ihm und einigen anderen die Flucht gelungen. Er sei geflüchtet, da er befürchtet habe, aufgrund seiner politischen Aktivitäten hingerichtet zu werden. Er sei zuerst nach Ghana, von dort nach Senegal und im November 1989 nach Libyen gegangen. Am 9. Juni 1990 sei er nach Budapest geflogen und von dort schließlich nach Österreich gekommen. Den Flug nach Budapest habe er sich durch den Verkauf afrikanischer Volkskunstgegenstände an Touristen erarbeitet.

In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer weiters aus, er sei während einer Demonstration in H von Regierungstruppen festgenommen worden. Das Ziel seiner Bewegung sei gewesen, die Menschen seines Landes von der Wichtigkeit einer demokratischen Regierung zu überzeugen und die Politik der jetzigen Regierung aufzuzeigen. Diese Massenkundgebung hätte Wegbereiter für ein Mehrheitssystem sein sollen. Die gegenwärtige Regierung sei eine Militärregierung, die das Land seit 1967 in Form einer Diktatur regiere. Die meisten Bürger hätten viel unter diesem System erlitten, doch viele, die sich dagegen aufgelehnt hätten, seien festgenommen und getötet worden. Während einer dieser Revolten sei auch der Beschwerdeführer festgenommen worden. Zur Zeit sei es sehr unsicher, nach Togo zurückzukehren. Es gebe keine privaten Zeitungen, den Leuten sei es nicht erlaubt, ihre Meinung über die derzeitige Politik zu äußern, es gebe geheime Gefangennahmen und Morde.

Die Versagung von Asyl begründet die belangte Behörde insbesondere damit, daß es unwahrscheinlich sei, daß der Beschwerdeführer lediglich aufgrund seiner Teilnahme an einer gegen die Regierung gerichteten Demonstration sowie seiner Mitgliedschaft bei einer oppositionellen Gruppe - ohne eine führende Position inne zu haben -, die Hinrichtung zu befürchten habe.

Zwar mangelt es der Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe innerhalb seiner Partei keine führende Position sowie keine dieser Position entsprechende Tätigkeiten innegehabt, an jeglicher Sachverhaltsgrundlage, zumal der Beschwerdeführer demgegenüber sogar angegeben hatte, einer der Gründer der Partei und im Wahlkampf in den Dörfern aktiv gewesen zu sein. Doch ist die Argumentation der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei lediglich aufgrund seiner Teilnahme an einer unerlaubten Wahlveranstaltung festgenommen worden, insofern schlüssig, als der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren keine sonstigen gegen ihn gerichteten staatlichen Maßnahmen angegeben und auch nicht behauptet hat, den Behörden seines Heimatlandes sei der Umstand bekannt, daß es sich bei ihm um einen der Gründer der Partei handle.

Wenn der Beschwerdeführer nun in der Beschwerde ausgeführt hat, er sei von der Regierung überwacht sowie von der Polizei vorgeladen und verwarnt worden, so unterliegt er mit diesem Vorbringen dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, die belangte Behörde habe ihre Anleitungs- und Ermittlungspflicht verletzt, sodaß eben diese Maßnahmen vom Beschwerdeführer unerwähnt geblieben seien, ist ihm § 20 Abs. 1 AsylG 1991 entgegenzuhalten, demzufolge die belangte Behörde ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen hat. Eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens hat die Behörde zweiter Instanz gemäß § 20 Abs. 2 nur dann anzuordnen, wenn es u.a. offenkundig mangelhaft war. Dabei bestimmt der für den Umfang der Erhebungen maßgebliche § 16 Abs. 1 AsylG 1991, daß die Asylbehörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Aufgaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Die Behörde hat jedoch nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskommission in Frage kommt, gemäß § 16 Abs. 1 AsylG in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. Erkenntnis vom 30. November 1992, 92/01/0800-0803).

Da im Beschwerdefall über die bereits oben behandelten Angaben hinausgehende, hinreichend deutliche Hinweise auf das Vorliegen weiterer Gründe im Sinne der Flüchtlingskonvention im Vorbringen des Beschwerdeführers vor der Behörde erster Instanz nicht enthalten waren, war die belangte Behörde somit nicht zu weiteren Ermittlungen verhalten.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010804.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten