TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/21 91/04/0330

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Veröffentlicht am 21.09.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
GewO 1973 §356 Abs4 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs2;
LRG-K 1988 §4 Abs3;
LRG-K 1988 §4 Abs7 Z2;
LRG-K 1988 §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

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Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):92/04/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerden der G in Wien, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in Wien, und weitere 20 Beschwerdeführer in Wien, vertreten durch Dr. WB, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. November 1991, Zl. 551.501/17-VIII/1/91, betreffend gewerbebehördliche Betriebsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Heizbetriebe Wien Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,--, die 2.- bis 21.-Beschwerdeführer haben (insgesamt) dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 17. November 1989 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (bezogen auf den Beschwerdegegenstand) der mitbeteiligten Partei gemäß § 74 Abs. 2, §§ 77, 81 und 233 GewO 1973 i.V.m. §§ 4, 5 und 6 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen, § 49 Forstgesetz 1975 und der Luftreinhalteverordnung für Kesselanlagen 1989 sowie § 21 Dampfkesselverordnung und § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die Genehmigung zur Änderung ihrer Betriebsanlage in Wien IX, Spittelauer Lände 45, "nach Maßgabe der Pläne und der Betriebsbeschreibung, auf die sich dieser Bescheid ...", unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen und unter Vorbehalt der Betriebsbewilligung und Anordnung eines Probebetriebes ("gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 i.V.m. § 4 Abs. 10 LRG-K wird die Erteilung einer Betriebsbewilligung vorbehalten und für die antragsgegenständlichen Änderungen ein Probebetrieb für die Dauer von einem Jahr, beginnend mit Aufnahme des Betriebes, angeordnet").

Die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden (u.a. von einzelnen der nunmehrigen Beschwerdeführer) wurden mit den hg. Erkenntnissen vom 5. November 1991, Zlen. 89/04/0273, 90/04/0003 bis 0010, und vom 10. Dezember 1991,

Zlen. 91/04/0185, 0186, als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 27. Juni 1990 stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag auf Erteilung der Betriebsbewilligung.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 18. November 1991 wurde "gemäß § 78 GewO 1973 i.V.m. § 4

Abs. 11 und § 6 LRG-K ... die Betriebsbewilligung erteilt"

(Spruchteil A). Im Spruchteil B wurde gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 und § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz eine Reihe von Auflagen des Genehmigungsbescheides aufgehoben, geändert bzw. ergänzt. Derart hat (u.a.) die Auflage 127. zu lauten:

"127.) Die Emissionsmeßsysteme für die kontinuierlichen Emissionsmessungen an der Müllverbrennungsanlage (Auflage 3.) haben folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

1.

Die Emissionsmessungen von SO2 haben durch ein Meßsystem zu erfolgen, dessen Meßgerät mit einem Meßbereich von 0-100 mg SO2/m3 ausgestattet ist.

2.

Die Emissionsmessungen von HCl sind entweder durch ein Meßsystem, dessen Meßgerät mit einem Meßbereich von 0-40 mg HCl/m3 ausgestattet und nach ÖNORM M 9411 oder nach inhaltlich gleichen Vorschriften typengeprüft ist, oder durch das in der Betriebsanlage bestehende Meßsystem, dessen Meßgerät (Hersteller: Bodenseewerk Geosystem GmbH, Type: HCl-Emissionsmeßgerät 677.091 IR) auf einen Meßbereichsendwert von 0-200 mg/m3 abzuändern ist, vorzunehmen.

3.

Das Emissionsmeßsystem für CO-Messungen ist in der Meßkanzel am Schornstein der Betriebsanlage zu stationieren."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es zunächst, daß über Antrag der mitbeteiligten Partei der Magistrat der Stadt Wien mit erstinstanzlichem Bescheid vom 5. Februar 1991 unter gleichzeitiger Abänderung von Auflagen des Genehmigungsbescheides die Betriebsbewilligung für das Fernheizwerk erteilt habe. Mit zweitinstanzlichem Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. April 1991 sei die Betriebsbewilligung unter neuerlicher Abänderung einzelner Auflagen im wesentlichen bestätigt worden. Gegen diese Entscheidung hätten die (im Bescheid einleitend) genannten Nachbarn (darunter die Beschwerdeführer) Berufung erhoben. Als Berufungsgründe seien im wesentlichen die Nichterfüllung von Auflagen des Genehmigungsbescheides, die Interessenbeeinträchtigung durch die Abänderung einzelner Auflagen im Betriebsbewilligungsbescheid und die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, insbesondere die wiederholte Heranziehung derselben Sachverständigen in den unterinstanzlichen Ermittlungsverfahren geltend gemacht worden.

Nach Darstellung der Rechtslage folgen sodann (unter Bezugnahme auf Aussagen der Sachverständigen) Ausführungen darüber, daß nicht nur die von den Berufungswerbern angesprochenen Auflagen, sondern sämtliche technische Bescheidauflagen des Genehmigungsbescheides seitens der Anlagenbetreiberin erfüllt worden seien.

Weiters wird in der Begründung dieses Bescheides ausgeführt:

"2.

Zu den Auflagenänderungen und der daraus resultierenden Möglichkeit einer Interessensgefährdung der Nachbarn:

Wie vorstehend ausgeführt, hat ein Nachbar, dem im Betriebsbewilligungsverfahren Parteistellung zukommt, lediglich einen subjektiven Rechtsanspruch darauf, gegenüber der durch den Genehmigungsbescheid und dessen Auflagen determinierten Rechtsstellung nicht schlechtergestellt zu werden. Bei Behandlung der vorliegenden Berufungen hatte der Bundesminister daher ausgehend vom rechtskräftigen Genehmigungsbescheid zu beurteilen, ob zwischenzeitig im angefochtenen Betriebsbewilligungsbescheid vorgeschriebene Auflagenänderungen die im § 74 Abs. 2 GewO präzisierten Schutzinteressen der Nachbarn beeinträchtigen.

Im einzelnen zeigt sich dabei folgendes:

a)

Änderung der Auflage 1.:

Als Ergänzung zu den Emissionsgrenzwerten wurde im Betriebsbewilligungsbescheid der "stationäre Betrieb" der Müllverbrennungskessel durch Festlegung einer erzeugten Mindestdampfmenge von 30 t/h definiert.

Schon angesichts der Tatsache, daß die in Auflage 1. des Genehmigungsbescheides vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte nach § 3 Abs. 2 LRG-K im stationären Betrieb grundsätzlich zwingend eingehalten werden müssen, das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen und die zugehörige Luftreinhalteverordnung für Kesselanlagen jedoch keine Einschränkung des stationären Betriebes auf eine bestimmte Mindestdampfmenge vorsehen, war diese Auflagenergänzung im angefochtenen Bescheid ersatzlos zu streichen. Durch eine derartige Auflagenergänzung würde durch die rechtliche Ausschaltung der Emissionsgrenzwerte bei Schwachlastbetrieb (Betrieb mit Dampferzeugung unter 30 t/h) in die durch das LRG-K geschützten Interessen der Nachbarn eingegriffen werden.

b)

Änderung der Auflage 9.1. über den Ausfall der Rauchgasreinigungsanlage:

Obwohl nicht ausdrücklich angefochten, hat der Bundesminister die Auflage 9.1. über die Betriebsunterbrechung im Hinblick auf die Wahrung der Schutzinteressen der Nachbarn gemäß § 66 Abs. 4 AVG geändert. Diese Auflage sieht für den Störfall der DeNOx-Anlage Immissionsgrenzwerte vor, ab deren Überschreiten der Betrieb der Anlage zu unterbrechen ist. Durch den angefochtenen Betriebsbewilligungsbescheid wurde als Voraussetzung für die Betriebsunterbrechung bereits das Überschreiten eines bestimmten NO2-Grenzwertes als Halbstundenmittelwert "und/oder" eines entsprechenden Tagesmittelwertes vorgeschrieben.

Diese Form der Auflage widerspricht schon alleine dem Bestimmtheitsgebot, wonach eine Auflage konkrete Anordnungen an den Anlagenbetreiber zu enthalten hat. Nach dem Wortlaut der zitierten Auflage hätte der Anlagenbetreiber nämlich ohne nähere Vorgaben die Wahl, den Betrieb bereits ab Überschreitung eines der beiden Grenzwerte oder aber erst ab Überschreitung beider Grenzwerte zu unterbrechen. Da das der Auflage zugrundeliegende Gutachten des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. LÖ vom 31.8.1990 (Aktenteil II, Seite 182) jedoch zum Schutz der Nachbarn eine Betriebsunterbrechung bereits ab entsprechender Überschreitung des Halbstundenmittelwertes fordert, war die Auflage spruchgemäß abzuändern.

c)

Änderung der Auflagen über die Reststoffentsorgung (Auflage 35.):

Die Auflagen über die Entsorgung der Reststoffe der Müllverbrennungsanlage und der Rauchgasreinigungsanlage wurden durch den angefochtenen Bescheid neu geordnet, zusammengefaßt und hinsichtlich des Filterkuchens abgändert. Dadurch wird die Entsorgung aller drei Reststoffarten der Müllverbrennungs- und Rauchgasreinigungsanlage, nämlich von Filterkuchen, Filterstaub und Schlacke einheitlich geregelt. Demnach sind diese Reststoffe grundsätzlich als gefährlicher Sonderabfall zu behandeln und zu deponieren. Der Anlagenbetreiber darf von dieser Vorschreibung nur dann abweichen, wenn er durch ein Gutachten über die Einhaltung der Eluatgrenzwerte den Nachweis erbringt, daß die genannten Reststoffe auf Deponien mit geringeren Anforderungen, als sie an eine Deponie für gefährlichen Sonderabfall gestellt werden, gelagert oder wiederverwertet werden können. Durch diese einheitliche Regelung ist nunmehr auch der Filterkuchen auf die Einhaltung der Eluatgrenzwerte zu untersuchen, soferne er nicht auf einer Deponie für gefährlichen Sonderabfall gelagert werden soll. Die bisher in Auflage 41.4. des Genehmigungsbescheides vorgeschriebenen Eluatgrenzwerte wurden unverändert in die nunmehrige Auflage 35.b. der Betriebsbewilligung übernommen. Da durch die Auflagenänderung in Hinkunft die erhöhten Anforderungen (Eluatgrenzwerte) auch an den Filterkuchen gestellt werden, ist vom rechtlichen Standpunkt keine Verminderung der durch die Gewerbeordnung geschützten Interessen gegeben. Dies wurde insbesondere durch den umweltschutztechnischen Sachverständigen in seinen gutächtlichen Ausführungen vom 19.3.1991 (Aktenteil III, Seite 231 ff.) bestätigt.

Für den Probebetrieb hat der Amtssachverständige Dipl.-Ing. E in seinem Gutachten am 19. Juni 1990 (Aktenteil I, Seite 502) bestätigt, daß die Eluatgrenzwerte in der Praxis nach Verfestigung des Schlacke-Asche-Gemisches unter Zugabe von Zement und Wasser eingehalten und teilweise sogar weit unterschritten werden. Dabei hat sich der Sachverständige auf die von Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. QU durchgeführten und in dessen Gutachten vom 16.3.1990 und 20.3.1990 dokumentierten Versuchsreihen mit den genannten Reststoffen gestützt.

Der Bundesminister hat durch die spruchgemäße Abänderung des zweiten Satzes der Auflage 35.a. darüber hinaus sichergestellt, daß die Probenziehung aus den Reststoffen auch in Hinkunft durch befugte Sachverständige zu erfolgen hat (was schon bisher in Auflage 41.3. des Genehmigungsbescheides vorgeschrieben war).

Was die von den Berufungswerbern kritisierte Art des Abladens des Reststoffgemisches auf der Mülldeponie betrifft, so kann darauf im Rahmen des Betriebsbewilligungsverfahrens für die Betriebsanlage des Fernheizwerkes Spittelau kein bescheidmäßiger Einfluß genommen werden. Schutzadressaten der Auflagen des gegenständlichen Betriebsbewilligungsverfahrens sind ausschließlich die Nachbarn des Fernheizwerkes SPITTELAU, wohingegen die Art des Betriebes einer entfernt liegenden Mülldeponie nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein kann.

d)

Änderung der Auflage betreffend Anforderungen an die Emissionsmeßgeräte (Auflage 127.):

Über die Anforderungen an die Genauigkeit des SO2-Emissionsmeßgerätes wurde eine zusätzliche Vorschreibung in den angefochtenen Betriebsbewilligungsbescheid in die Auflage 127. aufgenommen. Diese Auflage dient ausschließlich einer Verbesserung der Kontrolle zur Einhaltung der vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte gegenüber dem im Genehmigungsbescheid festgeschriebenen Zustand, weshalb die Nachbarn durch diese Auflage nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt sein können.

Die Berufungswerber leiten jedoch aus der behaupteten Meßungenauigkeit des anlageneigenen SO2-Emissionsmeßgerätes den Schluß ab, daß die vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte während des Probebetriebes nicht eingehalten worden wären bzw. ihre Einhaltung wegen der Ungenauigkeit der Meßgeräte nicht nachweisbar wäre. Dem wurde bereits oben unter Punkt 1. der Bescheidbegründung entgegengehalten, daß die Einhaltung sämtlicher Emissionsgrenzwerte durch Emissionsmessungen unabhängiger Sachverständiger unter Zuhilfenahme von eigenen Meßgeräten oder von überprüften, kalibrierten und verplombten Meßgeräten der Anlagenbetreiberin nachgewiesen wurde.

Die Erfahrungen des Probebetriebes haben ergeben, daß die Auflagen über die Meßgeräte näher zu konkretisieren sind, um eine dem Stand der Technik entsprechende Meßgenauigkeit zu gewährleisten. Das aktenkundige Schreiben des TÜV vom 1.9.1990 (Vorakt II, Seite 375) wonach die Geräteanzeige des SO2-Meßgerätes der HBW "mit einer gewissen Unschärfe behaftet" ist, was auch auf andere Emissionsmeßsysteme zutreffe, gab Anlaß, die Meßgenauigkeit aller zur kontinuierlichen Grenzwertüberwachung eingesetzten Meßgeräte der Anlagenbetreiberin von der staatlich autorisierten Versuchsanstalt des Technischen Überwachungsvereines überprüfen zu lassen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. Dr. Y vom Technischen Überwachungsverein hat über Auftrag des Bundesministers in seinem Gutachten vom 10. Oktober 1991 die Anforderungen an zu verwendende Emissionsmeßgeräte dargelegt und die einzelnen Emissionsmeßsysteme der Anlagenbetreiberin auf diese Anforderungen hin überprüft. Schlußfolgernd hat der Sachverständige als technisch notwendige Veränderungen zur Gewährleistung einer einwandfreien Emissionsüberwachung die im Spruch genannten Erneuerungen und Veränderungen in den SO2- und HCl-Emissionsmeßsystemen, die Verlegung der CO-Meßstelle sowie verschiedene nachkontrollierende Überprüfungen gefordert. Bei Einhaltung der beschriebenen Maßnahmen sei laut Gutachter eine dem Stand der Technik entsprechende Überwachung mit registrierenden Meßsystemen gewährleistet.

Im Zuge des dazu eingeräumten Parteiengehörs behaupteten die Berufungswerber zwar die Ergänzungsbedürftigkeit dieses Gutachtens, schlossen sich aber im wesentlichen der vom Sachverständigen geforderten Auflagenerweiterung an. Der Bundesminister kann dabei dem Argument der Ergänzungsbedürftigkeit nicht folgen, zumal die von den Berufungswerbern relevierten Fragen der Nichtmanipulierbarkeit der Meßgeräte und der - gesetzlich überdies gar nicht vorgeschriebenen - Einhaltung der für Meßgeräte einschlägigen ÖNORM im Gutachten sehr wohl behandelt wurden. Laut Gutachten wird diesen Anforderungen nämlich auf Grund der gegebenen Typprüfung der Meßgeräte entsprochen. Darüber hinaus ist aber die Frage der tatsächlichen Einhaltung von konkret vorgeschriebenen Auflagen und damit die Frage einer theoretisch immer möglichen Manipulation an Meßgeräten keine im Betriebsbewilligungsverfahren zu behandelnde Frage. Allfällige Verstöße gegen vorgeschriebene Auflagen wären gegebenenfalls in einem Strafverfahren zu verfolgen.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten geht jedoch davon aus, daß die gemessenen Emissionswerte aus Gründen der Transparenz von der Anlagenbetreiberin in geeigneter Weise veröffentlicht werden. Mangels Rechtsgrundlage konnte aber eine Verpflichtung zur Veröffentlichung der gemessenen Emissionswerte nicht in die Auflagen des Bescheides aufgenommen werden.

Im übrigen stellt das Gutachten über die Meßgeräte eine in sich geschlossene, logisch und widerspruchsfrei abgeleitete Schlußfolgerung aus der Befundaufnahme dar. Um die genaue Emissionsüberwachung des Fernheizwerkes SPITTELAU durch geeignete Auflagen zu gewährleisten, waren daher die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. Y schlüssig abgeleiteten Anforderungen an die Meßgeräte in die Auflagen des Betriebsbewilligungsbescheides (Auflagen 12. und 127.-129.) zu übernehmen.

Soweit sonstige Auflagen im angefochtenen Betriebsbewilligungsbescheid gegenüber dem rechtskräftigen Genehmigungsbescheid abgeändert wurden, resultierte daraus kein benachteiligender Eingriff in die Interessen der Nachbarn, sondern vielfach sogar ein verbesserter Schutz derselben (so insbesondere durch die Abänderung der Auflage 44. mit der Konsequenz eines erhöhten Lärmschutzes, der Auflage 94. mit nunmehr erhöhten Anforderungen an die Brandsicherheit der Stromkabel und der Auflage 15., mit welcher die Anlagenbetreiberin bereits im Bescheid zu konkreten Maßnahmen für den Fall des Eintretens schadstoffkonzentrierender Wetterlagen verpflichtet wird).

Da aber den Nachbarn im Betriebsbewilligungsverfahren lediglich ein Rechtsanspruch zukommt, gegenüber dem im Genehmigungsbescheid normierten Zustand nicht schlechter gestellt zu werden, waren die in den Berufungen vorgebrachten Einwendungen gegen die Erteilung der Betriebsbewilligung und die übrigen Auflagenänderungen des angefochtenen Bescheides, soweit ihnen nicht im Spruch Rechnung getragen wurde, abzuweisen.

3.

Hinreichender Schutz der Nachbarinteressen durch die vorgeschriebenen Auflagen:

Die im Betriebsbewilligungsverfahren beigezogenen Sachverständigen sind nach Überprüfung der Auflagen zu dem Ergebnis gelangt, daß durch die vorgeschriebenen Auflagen die im § 74 Abs. 2 GewO umschriebenen Interessen der Nachbarn hinreichend geschützt sind (vgl. dazu die Ausführungen insbesondere der technischen Sachverständigen in der Niederschrift vom 28.9.1990, Aktenteil II, Seite 374).

Aufgrund der technischen Amtsgutachten stellte der medizinische Sachverständige Dr. HA schon im unterinstanzlichen Verfahren in seinem Gutachten vom 21.12.1990 (Aktenteil II, Seite 485) und in nochmaliger Präzisierung desselben am 19.3.1991 (Aktenteil III, Seite 238) schlußfolgernd fest:

"Der medizinische Amtssachverständige hat sich bei seinem vom 21. Dezember 1990 datierten Gutachten auf den vom umweltschutztechnischen Amtssachverständigen erstellten Befund gestützt. Von diesem ausgehend und auch unter Bedachtnahme auf die Ausführungen von Prof. DDr. AI, der bereits im ministeriellen Genehmigungsverfahren gutächtlich dargelegt hat, daß die betriebskausalen Immissionen beim stationären Betrieb zu keinen beschreibbaren Auswirkungen auf den menschlichen Organismus führen können, ist auch der medizinische Amtssachverständige im Betriebsbewilligungsverfahren zur Auffassung gelangt, daß eine unzumutbare oder gar gesundheitsschädliche Beeinträchtigung dieses Personenkreises bei Einhaltung sämtlicher Auflagen bei stationärem Betrieb auszuschließen ist. Zum Problem des instationären Betriebes wird im Gutachten vom 21. Dezember 1990 dargelegt, daß die vom technischen Sachverständigen in seinem Gutachten angeführten Zusatzimmissionen derart minimal sind, daß beschreibbare Auswirkungen auf den menschlichen Organismus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten können." Diese in sich widerspruchsfreien und aus den technischen Gutachten schlüssig abgeleiteten Aussagen des medizinischen Sachverständigen wurden durch das im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegte Gutachten des Dr. B vom EPEA-Umweltinstitut Hamburg vom 19.7.1991 in keiner Weise widerlegt. Das von den Berufungswerbern übermittelte Gutachten setzt sich zum einen mit der Nichteinhaltung des durch die Luftreinhalteverordnung für Kesselanlagen normierten Dioxin-Emissionsgrenzwertes von 0,1 mg/m3 auseinander, was jedoch gar nicht Verfahrensgegenstand des gegenständlichen Betriebsbewilligungsverfahrens ist. Weder mit dem angefochtenen Betriebsbewilligungsbescheid noch mit der diesem zugrundeliegenden Betriebsanlagengenehmigung wurde nämlich ein Dioxin-Grenzwert vorgeschrieben, zumal dieser Schadstoff im Zuge der Müllverbrennung entsteht, die Müllverbrennungskessel jedoch nicht Verfahrensgegenstand der beiden genannten Gewerberechtsverfahren waren (siehe dazu bereits die rechtlichen Ausführungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten in seinem drittinstanzlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 17.11.1989, Zl. 551.282/196-VIII/1/89, Seite 462 f.).

Zum anderen stellen die Berufungswerber mit dem von ihnen vorgelegten Gutachten die Aussagekraft der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Eluatwerte zur Beurteilung der Gefährlichkeit der Reststoffe aus der Müllverbrennung (Schlacke-Asche-Gemisch) in Frage. Der Bundesminister hält dem jedoch entgegen, daß diese Frage bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Genehmigungsverfahren abgehandelt wurde, wohingegen im Betriebsbewilligungsverfahren nur mehr die Frage der Einhaltung dieser Grenzwerte zu prüfen war. Im Hinblick auf die bereits oben angeführte Tatsache, daß die Vorschreibungen über die Beschaffenheit der Reststoffe (Eluatwerte) lediglich auf den Schutz der von der Betriebsanlage entfernt liegenden Abfalldeponien gerichtet sind und mangels einer inhaltlichen Abänderung der entsprechenden Eluatwerte im Betriebsbewilligungsbescheid konnten die Nachbarn in ihren subjektiven Rechten nicht berührt sein.

Dessen ungeachtet ist jedoch Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. QU in seinem Gutachten vom 16.3.1990 (Aktenteil I, Beilage 1) auf Grund der Untersuchung von verschiedenen Proben des konkreten Schlacke-Asche-Gemisches aus der Müllverbrennungsanlage SPITTELAU zum Untersuchungsergebnis gelangt, daß "auf Grund der vorliegenden Testergebnisse der Gutachter das mit Zement verfestigte Schlacke-Asche-Gemisch aus der Müllverbrennungsanlage SPITTELAU zur Ablagerung auf der Deponie Rautenweg nicht nur für geeignet, sondern für empfehlenswert hält".

Das von den Berufungswerbern vorgelegte Gutachten des EPEA-Umweltinstitutes war mangels konkreter Probeuntersuchungen und somit mangels der für ein Gutachten essentiellen Befundaufnahme nicht geeigent, die Untersuchungsergebnisse des Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. QU auf gleicher fachlicher Ebene in Zweifel zu ziehen.

IV. Zu behaupteten Verfahrensmängel und der Unvollständigkeit des Ermittlungsverfahrens:

1.

Zur Auwahl der Sachverständigen:

Auch wenn die Berufungswerber in wiederholter Weise die Heranziehung mehrerer Sachverständiger sowohl im Genehmigungsverfahren als auch im erst- und zweitinstanzlichen Betriebsbewilligungsverfahren als Verfahrensmangel geltend machen, so vermag der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH vom 28.6.1979, Zl. 1025/79, vom 16.10.1985, Zl. 84/09/0095; VwGH vom 10.10.1989, Zl. 89/05/0118, u.a.) darin eine Befangenheit der Sachverständigen nicht zu erblicken, weil die Sachverständigen nicht unmittelbar an der Erzeugung des den formellen Verwaltungsakt darstellenden Spruches des angefochtenen Bescheides mitgewirkt haben.

2.

Zur Forderung nach Berücksichtigung von Flächenwidmungen:

Insoferne in den Berufungen die mangelnde Berücksichtigung von Flächenwidmungen im Immissionsbereich des Fernheizwerkes als Berufungsgrund vorgebracht wurde, so ist dem entgegenzuhalten, daß die Zumutbarkeit von Belästigungen nach § 77 Abs. 2 GewO in der seit 1.1.1989 geltenden Fassung des BGBl. Nr. 399/1988 nicht mehr nach der Flächenwidmung der Nachbargrundstücke zu beurteilen ist. Diesbezügliche Ermittlungen erübrigen sich daher.

3.

Zur Forderung nach weitergehenden Untersuchungen im Immissionsbereich des Fernheizwerkes:

Verschiedentlich werden in den Berufungen Ermittlungen betreffend die Grundbelastung von Lebensmitteln sowie das Verhältnis der Emissionen aus Einzelofenheizung und der aus der gegenständlichen Müllverbrennungsanlage resultierenden Immissionen verlangt. Im Hinblick darauf, daß § 74 Abs. 2 GewO die im Betriebsanlagenverfahren zu schützenden Interessen der Nachbarn genau definiert und für die Prüfung der in Rede stehenden Belange keine Rechtsgrundlage bietet, war auf diese Forderungen nicht weiter einzugehen.

Berechnungen über die Schadstoffbelastung der Luft im Immissionsbereich des Fernheizwerkes waren bereits ein umfassendes Ermittlungsthema des rechtskräftig abgeschlossenen Genehmigungsverfahrens, eine Wiederholung diesbezüglicher Ermittlungen im Zuge des Betriebsbewilligungsverfahrens war nicht geboten. Ebensowenig war im Hinblick auf § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO eine Überprüfung möglicher Einwirkungen des Fernheizwerkes SPITTELAU auf die Beschaffenheit der Gewässer zu überprüfen, zumal der Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage durch die Entnahme fremder Gewässer und Einbringung von Stoffen in diese Gewässer einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung bedarf. Eine solche Bewilligung wurde etwa mit Bescheid vom 30. Juli 1987 nach §§ 21 und 32 WRG erteilt (siehe dazu bereits die rechtliche Begründung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten in seinem Bescheid vom 17.11.1989, Zl. 551.282/196-VIII/1/89, Seite 415), das diesbezügliche wasserrechtliche Kollaudierungsverfahren wurde während des Probebetriebes durchgeführt (siehe dazu die Aussagen der für Wasserrechtsfragen zuständigen Magistratsabteilung 45 in der Verhandlung vom 7.6.1990, Aktenteil I, Seite 444).

Auch hinsichtlich der in den Berufungen mehrfach aufgeworfenen Frage, ob die Anlage als Neuerrichtung im Sinne des § 77 GewO oder als Änderung im Sinne des § 81 GewO rechtlich zu qualifizieren sei, verkennen die Berufungswerber, daß diese Frage im Rahmen des Betriebsbewilligungsverfahrens nach § 78 GewO nicht mehr zu behandeln ist.

4.

Vorschreibung zusätzlicher Auflagen:

Dem Argument, daß § 4 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen (LRG-K) die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen im Zuge der Betriebsbewilligung verbiete, kann sich der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nicht anschließen. Die gegenständliche Betriebsbewilligung stützt sich primär auf § 78 GewO, dessen Absatz 2 die Vorschreibung zusätzlicher oder anderer Auflagen ausdrücklich vorsieht. In gleicher Weise geht auch § 4 Abs. 14 LRG-K eindeutig und unmißverständlich davon aus, daß im Betriebsbewilligungsbescheid weitere Auflagen vorgeschrieben werden können."

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

I.

Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Nichterteilung der Betriebsbewilligung als verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, wie schon der außerordentlich umfangreiche "Genehmigungsbescheid" sowie das diesem zugrundeliegende Genehmigungsverfahren deutlich zeigten, sei die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage außerordentlich komplex, sowohl was die Betriebsvorgänge als auch die daraus resultierenden potentiellen Gefährdungen für Nachbarn betreffe. Schon im Hinblick darauf sei an die Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde den in §§ 37 und 39 AVG festgehaltenen Grundsätzen der materiellen Wahrheit bzw. der Amtswegigkeit Genüge getan habe, ein besonders strenger Maßstab zu legen. Schon in dem Verfahren, das zu dem "Genehmigungsbescheid" geführt habe, hätten zahlreiche Einzelaussagen über die verfahrensgegenständliche Anlage sowie die abschließende Beurteilung im Hinblick auf die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmenden Interessen und ihren Schutz nur anhand von Vergleichswerten, die an anderen als der verfahrensgegenständlichen Anlage gemessen worden seien, bzw. anhand von modellhaften Hochrechnungen u.a., getroffen werden können. In dem nun gegenständlichen Verfahren habe die Erstbeschwerdeführerin u.a. zahlreiche Beweismittel vorgelegt, die, wie im Berufungsbescheid des "Amtes der Wiener Landesregierung" vom 16. April 1991 lapidar festgehalten werde, auf die verfahrensgegenständliche Anlage "nicht bedingungslos anwendbar" seien. Dennoch wären diese Beweismittel von der belangten Behörde nach dem Grundsatz der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit zu berücksichtigen gewesen, was die belangte Behörde jedoch in mängelbegründender Weise und ohne nachvollziehbare Begründung - vor allem in der Beurteilung der Frage, ob die im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen die im § 74 GewO 1973 genannten Interessen hinreichend schützten - unterlassen habe. Zum Beweis dafür, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage langfristig eine Gefährdung für die Gesundheit der Nachbarn darstelle, habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18. Februar 1991 unter dem Titel "Müllverbrennungsemissionen" eine Studie von Dr. med. habil Daunderer vorgelegt. In dieser Studie sei nach eingehender Analyse des Schadstoffausstoßes zahlreicher Müllverbrennungsanlagen in der BRD, insbesondere im Bundesland Bayern, u.a. festgehalten, daß die wichtigsten Karzinogene, die von MVA emittiert würden, noch nicht identifiziert seien, "von

der großen Anzahl von emittierten Giften aus MVA ... nur ein

kleiner Teil bekannt (ist)", daß noch kein exaktes Meßverfahren für die gasförmig entweichenden Ultragifte und Schwermetalle existiere sowie die diesbezüglichen Meßergebnisse ungenau seien, sodaß schließlich das Fazit getroffen werde:

"Müllverbrennungsanlagen beeinträchtigen durch ihre hohen Emissionen trotz aller heute möglichen Filteranlagen im erheblichen Maß die Gesundheit der Bevölkerung". Schon im Berufungsbescheid vom 16. April 1991 sei lediglich festgestellt worden: "Den hier angesprochenen Dr. Daunderer aus München (wurde) von der deutschen toxikologischen Gesellschaft selbst die Kompetenz abgesprochen, über Müllverbrennungsanlagen urteilen zu dürfen." Jegliche weitere Begründung, warum das von der Erstbeschwerdeführerin zum Beweis für die Gesundheitsgefährdung durch die verfahrensgegenständliche Anlage vorgelegte Beweismittel (die Publikation weise immerhin fünf dichtbedruckte Seiten Literaturnachweis auf) nicht geeignet sei, sei unterlassen worden. Die belangte Behörde habe schließlich, obwohl die Erstbeschwerdeführerin auch im weiteren Gang des Verfahrens vorgebracht habe, daß jede MVA die Gesundheit von Nachbarn gefährden könne, keinerlei Ausführungen darüber getroffen, daß und warum dieses Beweismittel nicht zu berücksichtigen gewesen wäre. Es könne aber nicht angehen, daß ein von einer Partei vorgebrachtes Beweismittel, das augenscheinlich auf hohem wissenschaftlichen Niveau stehe, durch einen weder näher ausgeführten noch dokumentierten Hinweis auf das Urteil einer "deutschen toxikologischen Gesellschaft" über die Kompetenz des Verfassers "beiseite geschoben" werde. Auch ein bloßer Hinweis darauf, daß ein bestimmtes Beweismittel auf eine verfahrensgegenständliche Betriebsanlage "nicht bedingungslos anwendbar" sei, könne als Begründung hiefür nicht ausreichen - dies insbesondere in einem Verfahren, in dem zahlreiche von der Behörde eingeholte Beweise ebensowenig "bedingungslos anwendbar" seien, weil sie beispielsweise auf Daten und Befunden beruhten, die nicht an der verfahrensgegenständlichen Anlage selbst gewonnen worden seien. Im Hinblick auf dieses Beweismittel sei die Behauptung der Erstbeschwerdeführerin, daß die gegenständliche Anlage wie jede MVA gesundheitsgefährdend sei, keine "hypothetische, nicht entsprechend fachlich untermauerte" Behauptung der Art, daß sie "keine Ermittlungspflicht in Richtung Meßfehler oder Irrtümer ..." auslösen würde (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/02/0155, und vom 21. Juni 1989, Zlen. 89/03/0109, 0110). Vielmehr hätte die belangte Behörde ermitteln müssen, ob im Hinblick auf die Ausführungen von Dr. med. habil Daunderer Gesundheitsgefährdungen durch die gegenständliche Anlage tatsächlich auszuschließen seien, oder zumindest begründen müssen, warum solche Ermittlungen hätten unterbleiben dürfen, was sie jedoch unterlassen habe. Gleiches gelte für die von der Erstbeschwerdeführerin am 18. Februar 1991 vorgelegten Fachartikel von

Prof. Dr. Wassermann, Dr. med. Daunderer und Dr. H. Morhart. Auch diese Beweismittel seien zum Beweis für die Gesundheitsgefährdung durch die verfahrensgegenständliche Anlage vorgelegt worden und es habe die belangte Behörde auch hier jegliche Feststellungen bzw. Begründungen, warum weitere Feststellungen in dieser Richtung unterbleiben dürften, unterlassen. Mit demselben Datum habe die Erstbeschwerdeführerin weiters eine Publikation von Prof. Dr. H. Vogg zur "Rolle des Elektrofilters bei Dioxinbildung in Abfallverbrennungsanlagen" vorgelegt, in der

dieser zum Schluß komme, daß "allein experimentell ... darüber

entschieden werden (kann), ob und unter welchen Randbedingungen ein Einsatz von Elektrofiltern bei der Abfallverbrennung verantwortet werden kann". Auch zu diesem Beweismittel habe die belangte Behörde jegliche Ausführungen unterlassen; im Berufungsbescheid vom 16. April 1991 heiße es hiezu lediglich "die Arbeiten von Professor Vogg waren dem Amtssachverständigen durchaus bekannt und wurden auch beachtet". Im Hinblick auf die zitierte Schlußfolgerung bestünden aber begründete Zweifel, daß die verfahrensgegenständliche Anlage geeignet sei, die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmenden Interessen hinreichend zu schützen; die belangte Behörde hätte daher feststellen müssen, ob im Hinblick auf die Ausführungen von Prof. Vogg tatsächlich schon jetzt davon ausgegangen werden könne, daß unter den in der verfahrensgegenständlichen Anlage gegebenen Randbedingungen der Einsatz von Elektrofiltern "verantwortet werden kann"; d. h.: für den Schutz der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Interessen ausreichend sei. Allenfalls hätte die belangte Behörde begründen müssen, warum derartige Feststellungen (etwa gutächtliche Äußerungen) hiezu unterbleiben hätten dürfen, was jedoch in mängelbegründender Weise unterlassen worden sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe weiters eine von ihr als "Gutachten" bezeichnete Stellungnahme von Dr. rer. nat. KR von der Abteilung Toxikologie am Klinikum der Christian Albrechts Universität in Kiel vorgelegt. Hierin seien u.a. ausführlich jene Voraussetzungen festgehalten, nach denen die Frage zu beurteilen sei, ob - auch durch bestimmte Auflagen - die im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Interessen ausreichend geschützt seien. Weiters finde sich hierin eine ausführliche und fundierte Kritik an dem medizinischen Gutachten von AI/XZ, welches dem "Genehmigungsbescheid" zugrunde gelegt worden und dort für die Beurteilung der o.a. Frage herangezogen worden sei. Da auch die belangte Behörde zu beurteilen gehabt habe, ob die die Auswirkungen der genehmigten Anlage oder von Teilen dieser Anlage betreffenden Auflagen des Genehmigungsbescheides die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmenden Interessen hinreichend schützten, sei dieses Beweismittel auch im gegenständlichen Verfahren relevant gewesen. Der Magistrat der Stadt Wien habe als Behörde erster Instanz im Bescheid vom 5. Februar 1991 jedoch lediglich ausgeführt, daß es sich nicht um ein Gutachten handle, das auf gleicher fachlicher Ebene stehe; insbesondere erfülle dieser Schriftsatz nicht die Anforderungen, die nach ständiger Judikatur an ein Gutachten zu stellen wären (nämlich Gliederung in Befund und Schlußfolgerungen). Dem Schriftsatz des Dr. KR sei kein Befund, der sich unmittelbar auf die Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei beziehe, zu entnehmen. Die Erstbeschwerdeführerin habe die Nichtbeachtung dieses Beweismittels ausdrücklich gerügt; die Berufungsbehörde habe jedoch lediglich ausgeführt, daß Dr. KR kein Toxikologe, ja nicht einmal Arzt, sondern Chemiker sei. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Schriftsatz Dr. KR bzw. eine nachvollziehbare Begründung, warum dieses Beweismittel im gegenständlichen Verfahren nicht relevant sei, und im Hinblick auf die darin enthaltenen Ausführungen keine weiteren Ermittlungen und Feststellungen zu treffen gewesen seien, sei unterblieben. Es sei im übrigen darauf hingewiesen, daß die Toxikologie ein Fachgebiet - vor allem - der Chemie sei. Auch dies habe die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den Berufungsbescheid ausdrücklich gerügt, die belangte Behörde habe jedoch hiezu jegliche Feststellungen unterlassen. Allenfalls könnten die Ausführungen der belangten Behörde, "Berechnungen über die Schadstoffbelastung der Luft im Emissionsbereich des Fernheizwerkes waren bereits ein umfassendes Ermittlungsthema des rechtskräftig abgeschlossenen Genehmigungsverfahrens, eine Wiederholung diesbezüglicher Ermittlungen im Zuge des Betriebsbewilligungsverfahrens war nicht geboten", auf diese Rüge bezogen werden. Auch hier fehle jedoch jegliche nachvollziehbare Begründung, warum weitere Ermittlungen "nicht geboten" gewesen seien. Die belangte Behörde gehe offenbar in rechtsirriger Weise davon aus, daß sie die Frage, ob die im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Interessen ausreichend geschützt seien, nicht mehr zu beurteilen gehabt hätte bzw. diesbezüglich an die Sachverhaltsfeststellungen im rechtskräftig abgeschlossenen Genehmigungsverfahren so weit gebunden sei, daß sie selber weitere Ermittlungen zu unterlassen hätte. Dies wiege umso schwerer, als - unabhängig von einer eventuellen Qualifikation des Schriftsatzes von Dr. KR als Gutachten - die darin enthaltenen Ausführungen jedenfalls begründete Zweifel daran hätten wecken müssen, daß die Feststellungen bezüglich der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Interessen, die im Genehmigungsverfahren getroffen worden seien, weiter aufrecht zu erhalten seien. Dies beziehe sich insbesondere auf die oben genannten Gutachten von AI/XZ. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides sei nicht nachvollziehbar, warum im Lichte derartiger Zweifel keine weiteren Ermittlungen geboten gewesen wären. Über Auftrag der belangten Behörde habe der Sachverständige Dipl.-Ing. Dr. Y vom technischen Überwachungsverein die Gerätschaften zur kontinuierlichen Überwachung von Emissionsgrenzwerten der verfahrensgegenständlichen Anlage erneut begutachtet. In diesem, von der belangten Behörde ihrem Bescheid zugrunde gelegten Gutachten sei u.a. festgehalten: "Das Meßsystem (HCl) hat im verwendeten Meßbereich seinen Eignungen entsprechenden Prüfungen nicht nachgewiesen." "Es ist den Sachverständigen derzeit nicht möglich zu sagen, ob es entsprechende Gerätschaften gibt oder geben wird." "Der Meßbereich (für SO2) ist für den zu überwachenden Grenzwert zu groß." In dem Gutachten sei weiter der Austausch des kompletten Emissionsmeßsystems "inklusive Entnahme und Probengasaufbereitung" und der Ersatz durch ein Meßsystem mit einem Meßgerät mit einem Meßbereich von 0 bis 100 mg SO2 pro m3 sowie die Verlegung der Überwachungsstelle des CO-Meßsystems "auf Meßkante Schornstein" vorgeschlagen worden. Weiters sei festgehalten worden, daß "nach dem derzeitigen

Stand der Technik ... die registrierende Überwachung eines

derart niederen Grenzwertes (für HCl) nicht möglich (ist), da keine nach ÖNORM M 9411 oder nach deutschen Vorschriften geprüften Meßsysteme für derartige Konzentrationsbereiche am Markt sind. Zur Erkennung gravierender Überschreitung wird vorgeschlagen, den derzeitigen Meßbereichsendwert so zu verändern, daß er dem typgeprüften Meßbereich (0 bis 200 mg/m3) entspricht". Dabei sei festgehalten, daß der bescheidmäßige Grenzwert durch HCl bei 15 mg/m3 () liege. Der Sachverständige Dr. Y ziehe das Fazit "bei der Einhaltung der vorher beschriebenen Maßnahmen ist eine, dem Stand der Technik, entsprechende Überwachung mit registrierenden Meßsystemen gewährleistet". Die belangte Behörde habe die vom Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen in ihrem Bescheid (Änderungen der Auflage 127.) vorgeschrieben und lapidar vermeint, daß darüber hinaus die Frage der tatsächlichen Einhaltung von konkret vorgeschriebenen Auflagen allenfalls in etwaigen Strafverfahren zu verfolgen sei. Die belangte Behörde verkenne jedoch, daß sie bereits im Genehmigungsbescheid jene Meßsysteme an jenen Orten, die nunmehr vom Sachverständigen Dr. Y für ungeeignet befunden worden seien, die vorgeschriebenen Meßwerte einzuhalten, für geeignet befunden habe, die von ihr vorgeschriebenen Grenzwerte zu kontrollieren. (Nur unter dieser Voraussetzung habe ja mit dem Genehmigungsbescheid ein Probebetrieb überhaupt genehmigt bzw. angeordnet werden dürfen.) Im Hinblick darauf, daß die von der belangten Behörde in ihrem Genehmigungsbescheid getroffenen Auflagen bezüglich der Überwachung der Grenzwerte jedoch offenkundig nicht geeignet gewesen seien, eben diese Einhaltung der Grenzwerte zu überwachen und damit Belästigungen und Gesundheitsgefährdungen für Nachbarn auszuschließen, müßten jedoch begründete Zweifel daran bestehen, daß die nunmehr von der belangten Behörde geänderte Auflage 127. hiezu geeignet sei. Es sei darauf verwiesen, daß den im Genehmigungsbescheid getroffenen Auflagen ein äußerst umfangreiches Ermittlungsverfahren vorausgegangen sei. Mit anderen Worten:

Die belangte Behörde hätte schon nach dem Grundsatz der Amtswegigkeit weitere Feststellungen (etwa: faktische Überprüfung der vom Sachverständigen Dr. Y vorgeschlagenen Maßnahmen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit) treffen müssen, was sie jedoch unterlassen habe. Die Erstbeschwerdeführerin habe im gesamten Verfahren wiederholt vorgebracht, daß das Netz der Wiener Luftgütemeßstellen nicht geeignet sei, über die Schadstoffbelastung der Luft im Emissionsbereich der gegenständlichen Betriebsanlage relevante Aussagen zu treffen. Die belangte Behörde habe es jedoch unterlassen, hierüber Feststellungen zu treffen bzw. zu begründen, warum diese nicht notwendig seien. Allenfalls der bereits oben genannte Satz könnte auch auf dieses Vorbringen bezogen werden. Die Auflage 127. sei aus zwei Gründen nicht geeignet, den Schutz der Nachbarn sicherzustellen. Die Form dieser Auflage widerspreche schon alleine dem Bestimmtheitsgebot, wonach eine Auflage konkrete Anordnungen an den Anlagenbetreiber zu enthalten habe. Nach dem Wortlaut der Auflage hätte der Anlagenbetreiber nämlich die Wahl, entweder ein Meßgerät mit einem Meßbereich von 0-40 mg HCl pro m3, oder ein solches mit einem Meßbereichsendwert von 0-200 mg HCl pro m3 zu verwenden. Die Vorschreibung alternativer Konsensbedingungen sei unter der Voraussetzung zulässig, daß jede Alternative zum gleichen, mit der vorgeschriebenen Maßnahme angestrebten Ergebnis führe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. April 1985, Zl. 93/04/0130). Diese Voraussetzung liege hier jedoch nicht vor: Wie der Sachverständige Y in seinem Gutachten ausgeführt

habe, sei "nach dem derzeitigen Stand der Technik ... die

registrierende Überwachung eines derart niederen Grenzwertes nicht möglich". Lediglich "zur Erkennung GRAVIERENDER Überschreitung wird vorgeschlagen, den derzeitigen Meßbereichsendwert so zu verändern, daß dem typgeprüften Meßbereich (0-200 mg pro m3) entspricht". Weiters habe der Sachverständige ausgeführt, daß nach dem derzeitigen Stand der Technik die Überwachung eines Grenzwertes von 0-40 mg HCl pro m3 "nicht möglich ist, da keine nach ÖNORM M 9411 oder nach deutschen Vorschriften geprüften Meßsysteme für derartige Konzentrationsbereiche am Markt sind". Damit habe die belangte Behörde dem Anlagenbetreiber in Wahrheit jedoch zwei Alternativen vorgeschlagen, die beide nicht zu dem mit der vorgeschriebenen Maßnahme angestrebten Ergebnis führen KÖNNTEN. Mit der - tatsächlich einzig möglichen - Veränderung des Meßbereichsendwertes auf 0-200 mg HCl pro m3 könne nach den Aussagen des Sachverständigen Y nämlich lediglich eine gravierende Überschreitung des Grenzwertes von 15() mg HCl pro m3 festgestellt werden, was keinesfall geeignet erscheine, die Einhaltung dieser Auflage sicherzustellen. Eine Auflage entspreche jedoch nicht den gesetzlichen Erfordernissen, wenn nicht "Vorsorge getroffen wird, daß die Auflagenerfüllung jederzeit und aktuell überprüft werden kann" (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/04/0342).

II.

Die 2.- bis 21.-Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem in §§ 74 - 84 GewO. sowie im LRG-K normierten subjektiven Recht auf Nachbarschutz verletzt". Sie bringen hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, grundsätzlich sei durch die letztinstanzliche Genehmigungsbehörde bei der Erlassung ihres Genehmigungsbescheides vom 17. November 1989 gemäß Art. VI Abs. 4 der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, § 78 Abs. 2 GewO 1973, in seiner Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, angewendet worden. Die Anordnung des Probebetriebes sei gemäß der bezeichneten Gesetzesstelle erfolgt, sodaß § 78 Abs. 2 GewO 1973 auch für eine allfällige Verlängerung des Probebetriebes heranzuziehen sei. Eine Verlängerung des Probebetriebes über den Zeitraum eines Jahres, wie im Genehmigungsbescheid angeordnet, sei nach § 78 Abs. 2 GewO 1973, alte Fassung, unzulässig, weil die Verlängerung eines Probebetriebes erst durch die spätere Norm des § 78 Abs. 2 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988 geregelt worden sei. Entsprechend dieser Rechtslage sei der Probebetrieb der Müllverbrennungsanlage Spittelau seit 22. November 1990 rechtswidrig. Der Genehmigungsbescheid räume den Beschwerdeführern das subjektive Recht ein, daß der Probebetrieb mit einem Jahr nach Aufnahme desselben befristet sei. Der Antrag der Konsenswerberin auf Verlängerung des Probebetriebes stehe daher im Widerspruch zur anzuwendenden Gesetzeslage. Der nunmehr angefochtene Betriebsbewilligungsbescheid greife in rechtswidriger Weise in die Nachbarrechte der Beschwerdeführer im Verhältnis zum Genehmigungsbescheid nachteilig ein, in dem die Anordnung des Probebetriebes mit einem Jahr befristet gewesen sei. Der angefochtene Bewilligungsbescheid beinhalte daher eine massive Schlechterstellung der Beschwerdeführer, sodaß der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet sei. Darüber hinaus könne ein Probebetrieb nur vor Erteilung der Betriebsbewilligung angeordnet werden (§ 4 Abs. 10 LRG-K), was umso mehr für eine Verlängerung des Probebetriebes zu gelten habe, weil § 78 Abs. 2 GewO 1973 ausschließlich dem Zweck diene, der Behörde ausreichende Grundlagen für die Entscheidung über den Antrag auf Betriebsbewilligung zu liefern (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. September 1979, Zl. 2043/78). Der späteste Beurteilungszeitpunkt für die Behörde, ob die Betriebsbewilligung zu erteilen sei, sei daher der 20. November 1990. Zu diesem Zeitpunkt seien die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebsbewilligung in keiner Weise vorgelegen, sodaß der Antrag auf Erteilung der Betriebsbewilligung abzuweisen gewesen wäre. Im Rahmen des Spruchteiles B des angefochtenen Bescheides hebe die drittinstanzliche Behörde Auflagen des Genehmigungsbescheides auf, ändere darüber hinaus Auflagen ab bzw. schreibe zusätzliche Auflagen vor. Die Erteilung der Betriebsbewilligung sei auf Grund der gesetzlichen Grundlage des § 4 Abs. 11 LRG-K vorgenommen worden. Gemäß § 4 Abs. 10 LRG-K gelte lediglich für die Festlegung und Durchführung des Probebetriebes der § 78 Abs. 2 GewO 1973. Grundsätzlich regle das LRG-K, welche Emissionen von Luftschadstoffen von Dampfkesselanlagen ausgehen dürften. Es beziehe sich somit nur auf die Einwirkungsart "Luftverunreinigungen". Sein Anwendungsbereich sei auf den spezifischen Anlagentypus der Dampfkesselanlagen begrenzt. Den Regelungsgegenstand der Gewerbeordnung stellten schlichtwegs gewerbliche Betriebsanlagen dar. Der Anwendungsbereich des LRG-K sei auf den spezifischen Anlagentypus der Dampfkesselanlagen beschränkt. § 4 Abs. 11 LRG-K stelle daher gegenüber § 78 Abs. 2 GewO 1973 eine lex specialis dar, die vor der Gewerbeordnung 1973 zur Anwendung zu kommen habe, sofern die Regelungen der Gewerbeordnung 1973 inhaltlich widersprechende Regelungen aufwiesen. Gemäß § 4 Abs. 11 LRG-K sei der Behörde im Betriebsbewilligungsverfahren eine Abänderung des Genehmigungskonsenses etwa durch Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen verwehrt (Hinweis auf List-Schwarzer-Wischin, Luftreinhaltungsrecht für Betriebsanlagen, § 4 LRG-K, Rz 46). Die Auflage 127. sei in dessen Punkt 2. ungeeignet. Auflagen müßten insbesondere in technischer Hinsicht tatsächlich durchführbar sein, insbesondere dürfe die Erfüllung einer Auflage nicht von vornherein augenscheinlich unmöglich sein (Hinweis auf Wendl in Stolzlechner-Wendl-Zitta, Gewerbliche Betriebsanlage2, Rz 273). Die staatlich autorisierte Versuchsanstalt des technischen Überwachungsvereines Wien, Institut für Umweltschutz, Technologie und technische Chemie (TÜV), habe im Rahmen ihres Gutachtens betreffend die Gerätschaften zur kontinuierlichen Überwachung von Emissionsgrenzwerten festgestellt, daß bezüglich des Emissionsmeßsystems betreffend HCl das Meßsystem im verwendeten Meßbereich seine Eignung in entsprechenden Prüfungen nicht nachgewiesen habe und "aus technischer Hinsicht" hingewiesen worden sei, daß Meßsysteme zur Überwachung geringerer Grenzwerte, die entsprechend geprüft seien, auf dem Markt nicht erhältlich seien. Im Rahmen der Funktionsprüfung sei festgestellt worden, daß das installierte Meßsystem den einschlägigen Anforderungen entspreche. Eine Auflage, die vorschreibe, daß ein den Anforderungen nicht entsprechendes Meßgerät zu verwenden sei, widerspreche dem Gebot, daß Auflagen geeignet sein müßten, gegenüber Nachbarn sicherzustellen, daß Gefährdungen vermieden und Belästigungen auf ein zumutbares Maß beschränkt würden. Diesem Erfordernis werde die Auflage 127.2. in keiner Weise gerecht. Im Rahmen der ersten Variante der Auflage werde ein Meßsystem vorgeschrieben, welches auf dem Markt nicht erhältlich sei. Nicht nur, daß nach der zweiten Variante der bezeichneten Auflage die Verwendung eines ungeeigneten Meßsystems vorgeschrieben werde, werde im Rahmen der Auflage der Meßbereichsendwert von ursprünglich 0-100 mg/m3 in einen Meßbereichsendwert von 0-200 mg/m3 abgeändert. Nach den Ausführungen des Sachverständigengutachtens solle der Meßbereichsendwert des zur Überwachung eingesetzten Meßgerätes ca. das 2,5fache des zu überwachenden Grenzwertes betragen. Der ideale Meßbereichsendwert für HCl betrage gemäß Sachverständigengutachten 40 mg/m3. Das derzeitige, wenngleich ungeeignete HCl-Meßgerät weise einen Meßbereich von 0-100 mg/HCl/m3 auf. Aus welchen Erwägungen die belangte Behörde den Meßbereichsendwert auf das Doppelte hinaufgesetzt habe, bleibe unerfindlich und es verstoße die Behörde im Rahmen dieser Maßnahme gegen deren Begründungspflicht. Insbesondere sei auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verweisen, wonach bei der Wahl von zu hohen Meßbereichsendwerten die Unschärfe von Geräteanzeigen in geringen Konzentrationsbereichen im Vergleich zum absolut gemessenen Wert sehr groß werden könne. Die Verdoppelung des Meßbereichsendwertes von 100 auf 200 mg/m3 sei dementsprechend eine völlig ungeeignete Maßnahme. Nach den Ausführungen im Rahmen des Genehmigungsbescheides liege die maximale Emissionskonzentration bei labiler Wetterlage und somit überwiegend in einer Entfernung von etwa 300 bis 400 m vom Schornstein der Anlage. Dieser Bereich sei dementsprechend der maximale Immissionsbereich. Das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen Dr. HA sowie das technische Gutachten des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. LÖ gingen jeweils von Emissionswerten aus, welche an mehreren Meßpunkten festgestellt worden seien. Der zur Betriebsanlage nächstgelegene Meßpunkt in 1030 Wien, Untere Viaduktstraße-Radetzkyplatz, befinde sich in einer Entfernung von 3,2 km von dieser. Eine Gefährdung der schutzwürdigen Interessen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 könne jedoch nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Behörde bei den Emissionsmessungen auf den dem Emittenten nächstgelegendsten Teil des Nachbargrundstückes abstelle, der dem regelmäßigen Aufenthalt des Nachbarn diene. Es wäre demnach Aufgabe der Behörde gewesen, Immissionsmessungen im unmittelbaren Nahbereich der Anlage durchzuführen. Es wären die Auswirkungen von Immissionen für jene Situationen zu beurteilen gewesen, welche für die Nachbarn am ungünstigsten seien. Das Sachverständigengutachten des Dr. HA biete auch aus diesem Grund keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung von gesundheitlichen Auswirkungen auf die Nachbarn. Durch Unterlassung von Immissionsmessungen im unmittelbaren Nahbereich der Anlage, nämlich im Bereich der maximalen Immissionen, sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Im Spruchteil C.10. des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides der in diesem Spruchteil durch die Oberbehörden bestätigt worden sei, sei eine Richtigstellung des Auflagenpunktes 13.3. gemäß § 62 Abs. 4 AVG vorgenommen worden, sodaß der Auflagenpunkt 13.3. nunmehr laute: Die Schornsteinhöhe betrage 126 m über dem umliegenden Niveau bzw. 135 m über Wiener Null. Fest stehe, daß die Konsenswerberin einen Hochkamin in der Höhe von 126 m ü.G. betrieben habe. Mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr als oberste Zivilluftfahrtbehörde vom 27. Dezember 1989 sei der Konsenswerberin über ihr Ansuchen die Bewilligung auf Erhöhung des Hochkamins auf 135 m ü.G. erteilt worden. In der verfahrensgegenständlichen Augenscheinsverhandlung vom 2. August 1990 sei vom Verhandlungsleiter festgestellt worden, daß die Konsenswerberin tatsächlich eine Erhöhung des Schornsteines auf 135 m vorgenommen habe. Daraus erhelle, daß der Auflagenpunkt 13.3. des Genehmigungsbescheides vom "17.12.1989" (richtig wohl: vom 17. November 1989) bereits im Zeitpunkt der Augenscheinsverhandlung nicht erfüllt gewesen sei.

Für Betriebsanlagen oder Teile von Betriebsanlagen, die erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden dürfen, können nach § 78 Abs. 2 GewO 1973 (in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993) bei der Erteilung der Betriebsbewilligung auch andere oder zusätzliche Auflagen vorgeschrieben werden.

Nach § 356 Abs. 3 GewO 1973 sind im Verfahren gemäß Abs. 1 (betreffend Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage) nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Im Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung (§ 78 Abs. 2) haben nach § 356 Abs. 4 GewO 1973 die im Abs. 3 genannten Nachbarn Parteistellung.

Gemäß § 4 Abs. 10 Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen - LRG-K, BGBl. Nr. 330/1988, hat die Behörde im Genehmigungsbescheid anzuordnen, daß die Dampfkesselanlage erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf, wenn das Emissionsverhalten der Dampfkesselanlage zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht ausreichend beurteilt werden kann. Die Behörde kann im Genehmigungsbescheid anordnen, daß die Dampfkesselanlage erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf, wenn ihre Brennstoffwärmeleistung mehr als 2 MW beträgt. In diesen Fällen ist vor Erteilung der Betriebsbewilligung ein befristete

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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