TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/5 89/04/0273

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Veröffentlicht am 05.11.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs4 litd;
AVG §7 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
GewO 1973 §353 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs2 idF 1988/398;
GewO 1973 §77 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §81;
LRG-K 1988 §4 Abs3;
LRG-K 1988 §4 Abs7 Z2;
LRG-K 1988 §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/04/0003 90/04/0004 90/04/0005 90/04/0010 90/04/0007 90/04/0008 90/04/0009 90/04/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) des K in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, 2) des H, 3) des M, 4) der B, 5) des Mag. N, 6) der I, 7) des Dipl.-Ing. S,

8) des Z und 9) des X, alle in W, Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer vertreten durch Dr. Y, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. 11. 1989, Zl. 551.282/196-VIII/1/89, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Heizbetriebe Wien Gesellschaft mbH. in Wien, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.586,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,--, die Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer haben (insgesamt) dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.989,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.320,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 17. November 1989 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der mitbeteiligten Partei gemäß § 74 Abs. 2, §§ 77, 81 und 333 GewO 1973 in Verbindung mit §§ 4, 5 und 6 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen, § 49 Forstgesetz 1975 und der Luftreinhalteverordnung für Kellelanlagen 1989 sowie § 21 Dampfkesselverordnung und § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die Genehmigung zur Änderung ihrer Betriebsanlage in Wien 9, Spittelauerlände 45, in welcher sie die Gewerbe: "Erzeugung und Verteilung von Wärme, Betriebsführung in Wärmeerzeugungs- und -verteilungsanlagen unter Ausschluß jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit, Aufstellung von Niederdruckzentralheizungsanlagen und Warmwasserbereitungsanlagen der Oberstufe und von Hausdruckzentralheizungsanlagen (§ 103 Abs. 1 lit. a Z. 6 GewO 1973), beschränkt auf Wärmeerzeugungs- und Verteilungsanlagen", ausübe, "nach Maßgabe der Pläne und der Betriebsbeschreibung, auf die sich dieser Bescheid ...", unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen (Spruchteil A I) und unter Vorbehalt der Betriebsbewilligung und Anordnung eines Probebetriebes (Spruchteil A II). Gleichzeitig wurden zahlreiche Einwendungen teils abgewiesen, teils zurückgewiesen (Spruchteil A III, IV und V). Spruchteil B betrifft die Zurück- bzw. Abweisung von (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gegenständlichen) Berufungen und Spruchteil C enthält einen Kostenvorbehalt. Im Rahmen der Begründung führte der Bundesminister zunächst aus, der mitbeteiligten Partei sei mit Bescheid vom 30. Mai 1975 für den in Rede stehenden Standort eine Betriebsanlage genehmigt worden, die im wesentlichen aus folgenden Anlagenteilen bestand:

a)

Müllbunker

b)

zwei Müllkessel mit einer Leistung von

2 x 41,1 = 82,2 MW zur Verfeuerung von Hausmüll mit Ölbrennern als Stützfeuerung;

c)

zwei Elektrofilter für etwa 2 x 83.000 Nm3/h Rauchgas;

d)

Schornstein mit 3 Rauchgaszügen bis in eine Höhe von 126 m über Straßenniveau;

              e)              das Schweröllager in Form von fünf Behältern mit je 4.000 m3 Inhalt;

              f)              zwei ölbefeuerte Heißwasserkessel mit einer Leistung von 2 x 45 Gcal/h = 2 x 52 MW;

g)

Heißwasser- und Dampfverteilung;

h)

Dampfturbosatz;

i)

elektrische Anlage;

j)

Nebenaggregate

k)

Verwaltungsgebäude.

Für die Nutzwasserentnahme und Rückführung sei die wasserrechtliche Bewilligung mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Mai 1968 bzw. 17. Juli 1970 erteilt worden. Mit Bescheid vom 21. Juli 1978 seien unter anderem drei ölbefeuerte Heißwasserdreizugkessel mit einer Brennstoffwärmeleistung von 3 x 20,2 MW sowie Lager- und Werkstättenräume mit Vorschreibung von Auflagen, jedoch ohne solche umweltrelevanter Art, rechtskräftig genehmigt worden. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1983 sei die Genehmigung zur Errichtung einer Betriebstankstelle erteilt worden. Der Bescheid vom 9. August 1984 habe die Genehmigung eines Prüf- und Eichstandes für Wärmezähler zum Gegenstand gehabt. Mit Bescheid vom 31. Juli 1985, Zl. MBA9-Ba13.324/4/85, sei die Errichtung von zwei Rauchgasreinigungsanlagen für die beiden Müllverbrennungskessel und einer Abwasserreinigungsanlage genehmigt worden. Diese Rauchgasreinigungsanlagen seien mit der im gegenständlichen Verfahren beantragten Anlage, um deren Genehmigung nunmehr angesucht wurde, nicht ident. Nach Darstellung des Verwaltungsganges im Verfahren erster und zweiter Instanz sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien erhobenen Berufungen setzte sich der Bundesminister in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann mit den in den Berufungen geltend gemachten Verfahrensmängel auseinander. Nach einem daran anschließenden Überblick über den Gang des Verfahrens dritter Instanz traf der Bundesminister folgende Feststellungen:

Die gegenständliche Betriebsanlage diene der Erzeugung der Fernwärme. Von ihr werde die Fernwärme in das Wiener Fernwärmenetz eingespeist, das sich als ein geschlossenes, zusammenhängendes Rohrleitungsnetz darstelle. Diesem Netz werde Fernwärme von acht verschiedenen Einspeisungsanlagen zugeführt. Das Heißwasser im Rohrleitungsnetz könne deshalb auch einmal in die eine und einmal in die andere Richtung geführt werden, je nachdem von welcher Fernwärmeanlage gerade eingespeist werde. Die Rohrleitungen seien damit auch keiner einzelnen Einspeisungsanlage zuordenbar. Im 11. Bezirk überquere das Rohrleitungsnetz die Wiener Landesgrenze zur Anlage der ÖMV in Schwechat, wo ebenfalls Wärme eingespeist werde. Der Standort der Betriebsanlage liege zur Gänze im örtlichen Wirkungsbereich des MBA 9. Am 15. Mai 1987 seien Teile der Betriebsanlage durch einen Brand zerstört worden. Da die durch den Brand zerstörten Gebäude und Anlagenteile mit wesentlichen Änderungen wieder bzw. neu errichtet werden sollten, habe die mitbeteiligte Partei mit Antrag vom 16. Dezember 1987 um die Genehmigung nachstehender Änderungen angesucht:

              a)              Rauchgaswäsche mit Abwasserreinigungsanlage (anstelle der durch den Brand zerstörten zweistraßigen Rauchgaswäsche)

b)

Elektrofilteranlage (anstelle der zerstörten Anlage)

c)

Errichtung von zwei Heißwasserkesseln (Brennstoffwärmeleistung zweimal 179 MW) anstelle der zerstörten Heißwasserkessel (zweimal 52 MW), der Betrieb mit Erdgas, Heizöl oder Kombibetrieb sei möglich (früher nur Heizöl)

              d)              Umstellung von drei bestehenden Heißwasser-Dreizugkesseln auf Befeuerung mit Erdgas oder Heizöl (früher nur Heizöl; nicht zerstört)

              e)              Errichtung einer Erdgas-Regelstation für die Versorgung der fünf Heißwasserkesseln

f)

Erstellung des Dampfturbosatzes

g)

Änderung des Rampenbauwerkes durch Heben der Zufahrtsebene für die Müllfahrzeuge

              h)              Schaffung von zusätzlichen Lagerräumen und Garderoben für die Arbeitnehmer

              i)              Errichtung von Krananlagen und Aufzugsanlagen.

Die neukonzepierte Rauchgasreinigungsanlage bestehe aus einem E-Filter, einer Rauchgaswäsche, einer Venturiwäsche zur Feinstaubabscheidung sowie einer Denoxanlage. Durch die Rauchgasreinigungsanlage werde die Emission der gas- und staubförmigen Luftschadstoffe verringert. Eine Verringerung erfolge auch hinsichtlich der PCDD und PCDF (Dioxine und Furane), wobei jedoch hier eine Quantifizierung der Verringerung des Schadstoffausstoßes nicht möglich sei. Ausgeschlossen werden könne jedoch, daß es durch die Rauchgasreinigungsanlage oder Rauchgasführung zu einer Erhöhung des Schadstoffausstoßes an PCDD und PCDF komme. Durch die E-Filter erfolge eine Abscheidung der durch den Verbrennungsvorgang entstandenen Staubpartikel. Von den E-Filtern würden die Rauchgase in die Rauchgaswäsche geführt, wo in einem zweistufigen Verfahren die sogenannten sauren Gase (Salzsäure, Flußsäure, Schwefeldioxid, welche mit Wasserdampf Säure bildeten) in einem zweistufigen Verfahren herausgefällt würden. Der Rauchgaswäsche nachgeschaltet sei eine Feinstaubabscheidung (elektrodynamischer Venturi). Durch die Installierung dieser Rauchgasreinigungsanlage (Staubfilter, Rauchgaswäsche, Feinstaubabscheidung) werde die Bildung von Filterstaub und dem sogenannten Filterkuchen (= kontaminierter Gips) bewirkt. Die Bildung von Grob- und Feinschlake, die als Rückstände am Rost anfielen, sowie von Flugasche, die durch Ablagerung in den Kesselzügen entstünde, stehe mit den verfahrensgegenständlichen Änderungen in keinem Zusammenhang. Gemäß Auflage 41 sei die Filterasche einer Nachbehandlung zu unterziehen, durch die die Eluierbarkeit von Schadstoffen soweit verringert werde, daß diese auf einer Bauschutt- oder Hausmülldeponie gelagert werden könnten. Der Filterkuchen sei als gefährlicher Sonderabfall zu behandeln und auf eine Sonderabfalldeponie zu verbringen. In der Folge werden die nunmehr bescheidmäßig vorgeschriebenen Grenzwerte, die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage einzuhalten seien und jene garantierten Emissionskonzentrationen, die für die frühere Rauchgasreinigungsanlage gegolten hätten, einander gegenüber gestellt.

Die Errichtung der Entstickungsanlage hinter den Müllkesseln bringe emissionstechnisch eine Verbesserung. Durch die Eindüsung von Amoniakwasser trete aber ein geringfügiger NH3-Schlupf im Abgas auf (4 bis 5 ppm), überdies bedürfe die Lagerung des alkalischen Salmiakgeistes (zweimal 30 m3) in der Betriebsanlage gewisser Sicherheitsvorkehrungen. Die Abwasserbehandlungsanlage sei mit wasserrechtlichem Bescheid vom 31. Juli 1987 genehmigt worden.

Die Neuerrichtung von zwei Heißwasserkesseln sehe gegenüber den früher installierten mit 2 x 52,2 MW nunmehr eine Brennstoffwärmeleistung von 2 x 179 MW vor. Der maximale Abgasmengenstrom betrage demgegenüber mehr als das Dreifache. Vergleiche man jedoch die tatsächliche Betriebsweise der alten Kesseln mit den für die neuen Kesseln höchstzulässigen Emissionskonzentrationen, so ergebe sich, daß der tatsächliche Betrieb der alten Kesseln mit Heizöl schwer mit 1 % Schwefel trotz geringerer installierter Leistung einen höheren Schadstoffmengenstrom zur Folge gehabt habe, als die beantragte Betriebsweise der neuen Kessel mit Heizöl mit 0,15 % Schwefel.

Die neuerrichtete Erdgasanlage bringe ein erhöhtes Brandentstehungs- und Explosionsrisiko mit sich.

Die Änderung der Rampenausbildung sei hinsichtlich der Beeinträchtigung durch höhere Lärmentwicklung zu prüfen.

Die Umrüstung der Dreizugkessel auf Erdgasbetrieb bewirke eine Reduktion der Schadstoffe NOx, SO 2 und Staub.

Ein Vergleich der Emissionen, die bei ungünstigstem konsensmäßigen Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage vor dem Brand von der gesamten Anlage ausgegangen seien, mit den Emissionen, die nach Durchführung der beantragten Änderungen zu erwarten seien, ergebe, daß sich trotz Erhöhung des Abgasvolumens die SO 2-Emissionen auf ca. 30 %, jene von NOx auf ca. 65 % reduzieren würden. Darüberhinaus könne auch eine erhebliche Reduktion der Staubemissionen erwartet werden. Dies sei einerseits auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Heißwasserkessel und Dreizugkessel im Regelbetrieb mit Gas betrieben würden und ein Betrieb mit Heizöl seitens der Anlagebetreiberin nur mehr dann vorgesehen sei, wenn der auslegungsmäßige Brennstoff Gas nicht zur Verfügung stehe, andererseits durch die in Aussicht genommene Herstellung von Rauchgasreinigungseinrichtungen (Staubfilter, REA- und Denoxanlage), wodurch trotz der leistungsmäßigen Erweiterung der Anlage der Schadstoffausstoß insgesamt reduziert werden könne. Dazu komme noch, daß hinsichtlich der Heißwasserkessel nur ein eingeschränkter Betrieb von 500 Stunden pro Jahr beantragt worden sei, wobei im Regelfall nicht beide Heißwasserkessel gleichzeitig betrieben werden sollten, sondern jeweils ein Heißwasserkessel als Ausfallsreserve bereitgehalten werde.

In der Folge wird der Inhalt der vom Bundesminister eingeholten Sachverständigengutachten und der dazu ergangenen Stellungnahmen und Gegenstellungnahmen wiedergegeben.

Im medizinisch-umwelthygienischen Gutachten wurde zusammenfassend folgendes angeführt:

"Zusammenfassend können aus Sicht der Humanmedizin und Umwelthygiene hinsichtlich der "Änderung der gewerblichen Betriebsanlage Spittelau" folgende Aussagen gemacht werden.

-

Die errechneten Zusatzbelastungen durch das Projekt liegen für alle Luftschadstoffe weit unter den national und international gültigen bzw. empfohlenen Grenzwerten und insbesondere für die Schadstoffe Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid auch unter Geruchsschwellenwerten.

-

Ob es in der künftigen Immissionssituation noch zu Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten kommen kann, hängt im wesentlichen von der dann gegebenen Vorbelastung ab. Der Beitrag des Fernheizwerks Spittelau zu diesen seltenen Grenzwertüberschreitungen ist als gering anzusehen und ist zusätzlich bei Vorliegen besonderer meteorologischer Verhältnisse durch Maßnahmen gemäß § 4 Abs. 9 Luftreinhaltegesetz zu begrenzen.

-

Durch Substitutionswirkungen, die auf Grund der Fernwärmelieferung eintreten werden, ist eine Verbesserung der lufthygienischen Gesamtsituation zu erwarten. Da Umweltschutz auf vernetztem und integrativem Denken beruhen muß, erscheint diese Aussage im Sinne des Umweltschutzes bedeutsam.

-

Zur Beurteilung der zu erwartenden Auswirkungen von Dioxinen und Furanen wurden sowohl Grenzwertvergleiche als auch Risikobewertungen durchgeführt. Die Grenzwertvergleiche ergaben, daß die Luft- und Bodenbelastungen unter den niedersten, von Ökologen geforderten und von uns zur Anwendung empfohlenen Grenzwerten liegen. Dies gilt bei den Bodenwerten für Grund-, Zusatz- und Gesamtbelastung. Die Risikobewertung ergab, daß die zu erwartende Erhöhung der "menschlichen Grundbelastung" (Dioxine und Furane im menschlichen Organismus) in der Umgebung des Fernheizwerkes Spittelau weit unter 1 % liegen werden.

-

Laut schalltechnischem Gutachten ergibt sich, daß die zu erwartenden Schallimmissionen um mindestens 5 dB unter dem jeweiligen Grundgeräuschpegel liegen werden. Damit ist zu erwarten, daß die Lärmbelastungen durch die derzeit vorhandenen Schallimmissionen weitgehend überdeckt werden und nicht als Belästigungsquelle wirksam werden."

Im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen führte der Bundesminister nach Darstellung des wesentlichen Inhaltes der in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen aus, bei Erteilung der in Rede stehenden Genehmigung seien die materiell rechtlichen Bestimmungen der §§ 4 und 5 LRG-K sowie des Forstgesetzes 1975 zu berücksichtigen. Auf den Schutz der Gewässer sei jedoch im Rahmen dieses Verfahrens nicht Bedacht zu nehmen, da eine gesonderte wasserrechtliche Genehmigung erteilt worden sei.

Da die in Rede stehende Betriebsanlage bis zum Brand am 15. Mai 1987 konsensmäßig betrieben worden war und der Zeitraum seither bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides weniger als 3 Jahre betragen habe, bedüften jene Teile der Betriebsanlage, die von der Zerstörung nicht betroffen worden bzw. ohne wesentliche Änderungen wieder errichtet worden seien, keiner gewerberechtlichen Genehmigung. Wie sich aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ergebe, bewirkten die vorgesehenen Änderungen keine Folgewirkungen, die auch bereits genehmigte Anlagenteile berührten und die zu einer Beeinträchtigung der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 angeführten Interessen führen könnten. Die Genehmigung erstrecke sich daher im gegenständlichen Verfahren ausschließlich auf die sich aus der Projektbeschreibung ergebenden Änderungen.

Da die an den Müllverbrennungskesseln vorgesehenen Maßnahmen ausschließlich auf eine Reduktion der bereits in früheren Bescheiden (bzw. in der zweiten Durchführungsverordnung zum DKEG für den Betreiber) festgelegten Grenzwerte gerichtet seien, seien die vorgesehenen Änderungsmaßnahmen nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 LRG-K genehmigungspflichtig. Analoge Überlegungen gelten auch für die Dreizugkessel und die Heißwasserkessel.

In der Folge setzt sich der Bundesminister mit Fragen der Zuständigkeit und der Parteistellung einzelner Nachbarn auseinander und führte sodann zur Frage der Genehmigungsfähigkeit nach den Bestimmungen der §§ 74 Abs. 2, 77 und 81 GewO 1973 aus, als Ursachen für eine mögliche Gefährdung für das Leben oder die Gesundheit von Nachbarn komme primär eine Gefährdung durch die von den beantragten Änderungen ausgehenden Emissionen der Luftschadstoffe NOx, SO2 CO sowie NH3 der Anlage in Betracht. Ausgehend von den Gutachten der emissions- und gewerbetechnischen Sachverständigen sowie dem Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. März 1989 hätten die Berechnungen der Zentralanstalt für Meterologie und Geodynamik ergeben, daß sowohl sämtliche Immissionen, die durch die gegenständliche Betriebsanlage verursacht würden, sowie auch die projizierten Gesamtimmissionen unter den anzuwendenden Grenzwerten lägen. Die SO2- und Staubgrenzkonzentrationen der ÖAW für Zone I und II würden durchwegs eingehalten; dies treffe auch auf die besonderen Immissionssituationen, z.B. an den Wienerwaldhängen, zu. Eine Gesundheitsgefährdung sei deshalb nach dem heutigen Stand des Wissens nicht gegeben. Dies gelte auch unter Beachtung von Kombinationswirkungen und dem sogenannten "Carrier-Effekt", also der Möglichkeit, daß lungengängige Staubteilchen angelagerte Schwefeloxide und andere typische Substanzen bis in die Alveolen befördern könnten. Zu betonen sei, daß die künftigen Immissionen durch die gegenständliche Betriebsanlage sogar die Kriterien für die Zone I - welche für besonders zu schützende Gebiete gelte - erfüllten. Die Kombinationswirkungen seien dadurch abgedeckt, daß die Grenzwertfestlegungen neben experimentellen Befunden auch auf epidemiologischen Studien beruhten, also auf Studien bei Personen, die in Belastungsgebieten langdauernd der Kombination verschiedener Schadstoffe ausgesetzt seien. Dies gelte für alle umwelthygienischen Grenzwertfestlegungen. Im Falle von Schwefeldioxid und Staub sei von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zusätzlich noch die Vorsorgemaßnahme getroffen worden, daß die empfohlenen Grenzwerte für die gleichzeitige Einwirkung von Schwefeldioxid und Staub gelten.

Die berechneten, durch die Anlage generierten NO2-Konzentrationen erreichten ebenfalls die entsprechenden Grenzkonzentrationen der ÖAW bei weitem nicht. Auch im Falle einer Störung in der Entstickungsanlage lägen die NOx-Immissionen noch unter dem Grenzwert, da sich die Emissionen maximal um einen Faktor von 5 bis 7,5 erhöhten. Dadurch sei eine Gesundheitsgefährdung durch Stickstoffimmissionen, die von den Emissionen der Anlage stammten, nicht zu erwarten. Dies gelte wiederum unter Einschluß von möglichen Kombinationswirkungen, welche in den Luftqualitätskriterien NO2 der österreichischen Akademie der Wissenschaften anhand experimenteller und epidemiologischer Untersuchungen ausführlich diskutiert und in die Grenzwertempfehlungen mit eingeschlossen worden seien. Weiters sei seitens der humanmedizinisch-umwelthygienischen Sachverständigen darauf hingewiesen worden, daß die Stickstoffoxide im ummittelbaren Nahbereich der Quelle vorwiegend als Stickstoffmonoxid vorlägen, wofür wesentlich höhere Immissionsgrenzwerte festgelegt seien. Es würden daher bei den Nachbarn tatsächlich auftretende NO2-Immissionen niedriger liegen, als die laut Berechnungen ermittelten Konzentrationen. Für die medizinische Bewertung sei dies insofern von Bedeutung, als sich dadurch der Sicherheitsspielraum, der schon bei der Festlegung der wirkungsbezogenen Immissionsgrenzkonzentrationen in den Luftqualitätskriterien NO2 gegeben sei, weiter erhöhe. Die für NH3 nach Inbetriebnahme der gegenständlichen Anlage berechneten Werte seien derart niedrig, daß sie für eine lufthygienische Beurteilung nicht relevant seien.

Kohlenmonoxid liege ebenfalls deutlich unter den anzuwendenden limitierenden Werten. Sämtliche in Frage kommenden Emissionen von Kohlenmonoxid lägen im Bereich von Konzentrationen, wie sie sonst nur in ländlichen Gebieten auftreten. Sie lägen somit meist unter den Konzentrationen von Schadstoffen, die für eine Belastung eines in der Großstadt anwesenden Menschen derzeit vorhanden seien. Im Sinne einer Risikoabschätzung ergebe sich daher, daß die Schadstoffbelastung der Bewohner in der Umgebung der in Rede stehenden Betriebsanlage durch diesen Stoff infolge anderer gegebener Einflüsse unverhältnismäßig größer sei, als durch die Immissionen, die den Emissionen dieser Anlage entstammten und somit der diesbezügliche Immissionseinfluß eine völlig untergeordnete Rolle spiele.

Aus diesem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergebe sich sohin, daß auch nach Durchführung der verfahrensgegenständlichen Änderungen eine Erhöhung des Ausstoßes an Luftschadstoffen der verfahrensgegenständlichen Anlage nicht bewirkt werde bzw. durch die von den beabsichtigten Herstellungsmaßnahmen ausgehenden Emissionen eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen nicht erwartet werden könne. Durch die Vorschreibung der Auflage 9 sei sogar sichergestellt, daß auch im Einfahrbetrieb und selbst in jenen Fällen, in denen es durch einen Störfall zu einem Ausfall der Denox-Anlage kommen sollte, eine Gesundheitsgefährdung von Nachbarn durch die von der Anlage ausgehenden NOx Emissionen ausgeschlossen sei.

Als weitere Quelle einer Gefährdung für das Leben oder die Gesundheit von Menschen komme die Gefahr der Brandentstehung in den von der Änderung betroffenen Anlagenteilen bzw. eine allfällige Erhöhung der Brandgefahr bei bereits bestehenden Anlagenteilen durch die intendierten Änderungen in Betracht. Wie das Ermittlungsverfahren jedoch ergeben habe, werde eine Erhöhung der Gefahr der Brandentstehung in bereits bestehenden oder neu zu errichtenden Anlagenteilen durch die verfahrensgegenständlichen Änderungen nicht bewirkt. Sämtliche Änderungen der Betriebsanlage seien so ausgeführt worden, daß die Gefahr einer Brandentstehung als sehr geringfügig angesehen werden könne. Durch die Vorschreibung hinsichtlich des Brandschutzes und der vorgesehenen Löscheinrichtungen komme es in keinem Fall zu einer Erhöhung der Gefahr einer Brandentstehung. Die vorgesehenen Brandschutzmaßnahmen und Löschvorkehrungen seien vollkommen ausreichend und entsprechen dem Stand der Technik. Eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen durch die beantragten Änderungen sei daher auch aus dem Gesichtspunkt einer Erhöhung der Brandgefahr auszuschließen.

Der Austritt von Amoniakdämpfen aus dem vorgesehenen Lagerraum für das Amoniakabwasser könne mittels Gaswarnanlage rechtzeitig erkannt werden, sodaß es zu keiner Brand- und Explosionsgefahr kommen könne. Eventuell austretende Amoniakdämpfe könnten mit der vorgesehenen Sprühflutanlage niedergeschlagen und in einer geeigneten Auffangwanne gesammelt werden, sodaß es zu keiner Gefahrenerhöhung bzw. Ausbreitungsgefahr auf andere Anlagenteile kommen könne. Die vorgeschriebene Betriebs-Brandschutzgruppe, die mit Atemschutzgeräten und leichten Chemieschutzanzügen (Schutzstufe 2) ausgerüstet werden müsse, könne im Brand- und Gefahrenfall bis zum Eintreffen der MA 68 wertvolle erste Hilfe leisten und die Mannschaft der MA 68 gezielt einweisen.

In den durch den Betrieb der Rauchgasreinigungseinrichtungen anfallenden Reststoffen (Filterstaub und Filterkuchen) seien sowohl Dioxine und Furane als auch Schwermetalle enthalten, was eine Doxizität dieser Stoffe bewirke. Durch die Vorschreibung von Auflagen über die Zwischenlagerung und die entgültige Behandlung dieser als gefährlicher Sonderabfall zu qualifizierenden Stoffe könne jedoch eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der in § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 bezeichneten Personen ausgeschlossen werden.

Als Ursache für Belästigungen der Nachbarn kämen Lärmstörungen sowie Geruchsbelästigungen durch Luftschadstoffe in Betracht. Wie das Ermittlungsverfahren ergeben habe, würden bei Ausführung des Schallschutzes entsprechend den im schalltechnischen Gutachten getroffenen Annahmen über die Schallabsorbtion im Halleninneren und die Schalldämmeigenschaften der Außenbauteile auch an den am stärksten belasteten bzw. an den empfindlichsten Immissionspunkten die Immissionspegel auch nachts deutlich unter den derzeitigen Grundgeräuschpegeln lägen. Damit könne sichergestellt werden, daß es bei den Bewohnern in der Umgebung der Betriebsanlage zu keinen Lärmstörungen durch dieselbe kommen werde.

Zur Belästigung durch Luftschadstoffe sei festgestellt worden, daß die Konzentrationen sämtlicher bei der Anlage für Geruchsbildungen in Betracht kommenden Luftschadstoffe deutlich und zum Teil um Größenordnungen unter den bezüglichen Geruchswahrnehmungsschwellen lägen. Auch sei die Geruchsentwicklung im Müllbunker dahingehend untersucht worden. "Daher" könne auch keine Belästigung durch die Emissionen der Anlage erwartet werden.

Aus diesen Feststellungen ergebe sich sohin, daß eine Gesundheitsgefährdung oder Belästigung durch die an der Anlage bewirkten Änderungen bei Einhaltung der vorzuschreibenden Auflagen hinsichtlich der Entsorgung von Filterstaub und Filterkuchen nicht erwartet werden könnten.

In der Folge finden sich Ausführungen zum Tatbestand der Gefährdung des Eigentums, zur Begrenzung der Luftschadstoffe nach dem Stand der Technik und zu den Beurteilungstatbeständen des LRG-K und des Forstgesetzes. Nach Ausführungen zu einzelnen vorgeschriebenen Auflagen setzte sich der Bundesminister in der Folge mit diversem Vorbringen einzelner Berufungswerber auseinander und legte schließlich die für seine Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen dar.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nach dem Vorbringen in dem aus der Gewerbeordnung sowie dem Luftreinhaltegesetz erfließenden Recht auf Nachbarschutz verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht der Erstbeschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe das ihm zustehende Recht auf Parteiengehör dadurch verletzt, daß sie seinem Antrag auf Verlängerung der ihm eingeräumten Frist zur Stellungnahme zu den von ihr eingeholten umfangreichen Sachverständigengutachten nicht Folge gegeben habe. Die übrigen Beschwerdeführer machen darüberhinaus weiter geltend, die belangte Behörde habe ihre Begründungspflicht im angefochtenen Bescheid dadurch verletzt, daß sie ohne Beischaffung der entsprechenden Verwaltungsakte Feststellungen über den angeblich bereits vorliegenden gewerberechtlichen Konsens der gegenständlichen Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Antragstellung treffe. Der angefochtene Bescheid sei ferner deshalb rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde auf das Gutachten eines Sachverständigen stütze, der als befangen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG anzusehen sei, weil er Mitglied einer Expertenkommission der mitbeteiligten Partei gewesen sei, die bei der Auswahl der Rauchgasreinigungsanlage entscheidend mitgewirkt habe. Als Beamter der MA 22 habe dieser Sachverständige auch immer wieder auf den Einbau von Rauchgasreinigungsanlagen gedrängt. Auch rundeten Äußerungen dieses Sachverständigen anläßlich einer Fernsehdiskussion das Bild der Voreingenommenheit und Unsachlichkeit "sattsam ab".

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit machen diese Beschwerdeführer geltend, dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, welchen Beurteilungsmaßstab die belangte Behörde für das Kriterium der Zumutbarkeit der Belästigungen heranziehe, insbesondere sei der in § 77 Abs. 2 GewO 1973 formulierte Beurteilungsmaßstab in keiner Weise berücksichtigt worden. Es wäre demnach Aufgabe der belangten Behörde gewesen, die Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse durch die Betriebsanlage festzustellen und deren Auswirkungen auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen zu überprüfen. Ausgehend von diesen Ergebnissen hätte die belangte Behörde eine Beurteilung der Zumutbarkeit der Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 durchzuführen gehabt.

Die belangte Behörde habe es ferner unterlassen, auf die jeweiligen Widmungsverhältnisse einzugehen und auf das sich aus § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 ergebende Standortverbot nicht Bedacht genommen. Auch habe die belangte Behörde im Rahmen der Beurteilung eines allfälligen Erlöschens des Ursprungskonsenses im Sinne des § 80 leg. cit. keinerlei Feststellungen darüber getroffen, ob die ursprüngliche Anlage innerhalb von drei Jahre nach erteilter Genehmigung in Betrieb genommen worden sei und ob nicht genehmigungspflichtige Änderungen der ursprünglichen Anlage ohne Genehmigung durchgeführt worden seien. Der Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Partei hätte auch, da er ja die Grundlage des gegenständlichen Betriebsanlagenverfahrens darstelle, die Änderungsmaßnahmen am Verbrennungskessel darzustellen gehabt. Auf Grund der Antragsgebundenheit der Behörde wäre das Ansuchen der Konsenswerberin schon aus diesem Grund wegen Unvollständigkeit abzuweisen gewesen.

Schließlich habe die belangte Behörde die Frage der Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Änderungen der fraglichen Betriebsanlage nach § 5 LRG-K unrichtig gelöst, wodurch die Beschwerdeführer in ihrem subjektiven Recht, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage mangels Einhaltens der Emissionsgrenzwerte nicht genehmigt werde, verletzt worden seien.

Mit dem die Verletzung des Parteiengehörs betreffenden Beschwerdeeinwand vermögen die Beschwerdeführer schon deshalb eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil zufolge § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt, sondern nur eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist dies nicht offenkundig, so ist es Sache des Beschwerdeführers, durch ein entsprechend konkretisiertes Vorbringen die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels darzutun (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 600 abgedruckte hg. Rechtsprechung).

Obwohl den Beschwerdeführern nach ihrem Vorbringen das von ihnen eingeholte Privatgutachten mittlerweile vorliegt, unterließen sie es, in ihren Beschwerden aufzuzeigen, welches Vorbringen sie im Verwaltungsverfahren erstattet hätten, hätte ihnen die belangte Behörde ein derartiges Vorbringen durch Bewilligung der beantragten Fristverlängerung ermöglicht, weshalb der Verwaltungsgerichtshof die Wesentlichkeit des gerügten Verfahrensmangels nicht zu erkennen vermag.

Ähnlich verhält es sich mit dem im Zusammenhang mit den Feststellungen der belangten Behörde zur Frage des für die in Rede stehende Betriebsanlage bestehenden (Grund-) Konsenses gerügten Begründungsmängel. Da die Beschwerdeführer selbst nicht behaupten, daß diese Feststellungen in Wahrheit nicht den Tatsachen entsprechen, mangelt es auch diesem Vorbringen an der erforderlichen Relevanz.

Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe Untersuchungen darüber unterlassen, ob der Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage binnen 3 Jahren ab erteilter Genehmigung begonnen und ob nicht später genehmigungslose Veränderungen vorgenommen wurden, die einer Genehmigung bedurft hätten. Auch die Beschwerdeführer behaupten nicht, daß auch nur einer dieser Tatbestände des § 80 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 tatsächlich gegeben sei.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige (ab die in den Z 1-3 genannten) wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Zufolge § 53 Abs. 1 leg. cit. ist diese Bestimmung auch auf Amtssachverständige anzuwenden.

Die Amtshandlung eines befangenen Verwaltungsorgans ist nicht rechtsungültig oder nichtig, sondern es ist im Einzelfall zu prüfen, ob sich sachliche Bedenken gegen den Bescheid ergeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1974, Slg. N.F. Nr. 8644/A). Ebenso bewirkt die Mitwirkung eines befangenen Sachverständigen nicht per se die Rechtsungültigkeit oder Nichtigkeit des in der Folge ergangenen Bescheides, es ist vielmehr auch hier im Einzelfall zu prüfen, ob sich sachliche Bedenken gegen das Gutachten bzw. gegen den sich darauf gründenden Bescheid ergeben.

Im vorliegenden Fall machen die Beschwerdeführer zwar geltend, der Amtssachverständige Dipl.-Ing. L sei infolge der oben näher dargestellten Umstände befangen gewesen, sie legen aber nicht dar, inwieferne sich diese Befangenheit in seinem Gutachten niedergeschlagen habe, sodaß dieses Gutachten sachlich bedenklich wäre. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher schon aus diesem Grund in der Beiziehung dieses Sachverständigen und der Verwertung seines Gutachtens bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung sind im vorliegenden Fall die hier relevanten Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399 anzuwenden.

Gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen ...

Nach § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die Betriebsanlage darf nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist.

Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Zufolge § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Die Genehmigungsvoraussetzungen für die Änderung einer Betriebsanlage nach der zuletzt zitierten Bestimmung sind keine anderen als jene, an die das Gesetz in seinem § 77 die Errichtung und den Betrieb einer Anlage knüpft.

Was zunächst das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit einem bestehenden Standortverbot anlangt, so ist unter Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0047, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof dargetan hat, daß ein derartiger Umstand nicht die in § 74 Abs. 2 im Zusammenhalt mit § 356 Abs. 3 GewO 1973 normierten subjektiv öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte betrifft. Diesem Beschwerdevorbringen kommt somit keine rechtliche Relevanz zu.

Rechtlich verfehlt ist die Rechtsansicht der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte auch "nach ihrer Streichung aus dem Text des § 77 Abs. 2 GewO durch die Gewerberechtsnovelle 1988" auf die jeweiligen Widmungsverhältnisse Bedacht zu nehmen gehabt.

Verfehlt ist auch die Meinung der Beschwerdeführer, die mitbeteiligte Partei hätte die Verpflichtung getroffen, in ihren Genehmigungsantrag auch die "Änderungsmaßnahmen am Verbrennungskessel" aufzunehmen. Die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. ihrer Änderung ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Dies bedeutet, daß es dem Genehmigungswerber freisteht, durch entsprechende inhaltliche Gestaltung seines Genehmigungsantrages den Umfang des darüber abzuführenden Verwaltungsverfahrens und des darüber ergehenden Bescheides zu bestimmen. Eine Verpflichtung, alle geplanten Änderungen einer Betriebsanlage gleichzeitig in einen einheitlichen Genehmigungsantrag aufzunehmen, kennt das Gesetz nicht.

Zuzugeben ist den Beschwerdeführern allerdings, daß bei der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu lösenden Frage der Zumutbarkeit von Belästigungen zufolge § 77 Abs. 2 GewO 1973 als Maßstab sowohl auf ein gesundes, normal empfindendes Kind als auch auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen abzustellen ist. Es trifft auch zu, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ausdrücklich diese Differenzierung traf. Im Hinblick auf das Sachverhaltsvorbringen der medizinischen Amtssachverständigen, wonach die Konzentrationen sämtlicher bei der in Rede stehenden Betriebsanlage in Betracht kommenden Luftschadstoffe liege "deutlich und zum Teil um Größenordnungen" unter den bezüglichen Wahrnehmungsschwellen liegen, war die belangte Behörde nicht gehalten, auf die Unterscheidung zwischen einem gesunden, normal empfindenden Kind und einem gesunden, normal empfindenden Erwachsenen im Rechtsbereich einzugehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 LRG-K bedarf die Errichtung und Inbetriebnahme von Dampfkesselanlagen, deren Brennstoffwärmeleistung 50 kW übersteigt, der Genehmigung durch die Behörde. Wer eine Dampfkesselanlage errichten will, hat die Genehmigung bei der Behörde zu beantragen.

Nach Abs. 3 hat die Behörde, wenn die Genehmigung einer Dampfkesselanlage

              1.              für feste oder flüssige Brennstoffe, für Mischfeuerungen sowie für Beheizung mittels Abwärme mit einer Brennstoffwärmeleistung von mehr als 500 kW oder

              2.              für gasförmige Brennstoffe mit einer Brennstoffwärmeleistung von mehr als 2 MW beantragt wird den Antrag durch Anschlag in der Gemeinde und in örtlichen Zeitungen öffentlich bekanntzumachen. Mit der Bekanntmachung ist eine Frist von 6 Wochen einzuräumen, innerhalb der gegen die Genehmigung der Dampfkesselanlage von den Nachbarn (§ 75 Abs. 2 und 3 der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974) begründete schriftliche Einwendungen bei der Behörde eingebracht werden können. Nachbarn die solche Einwendungen erhoben haben, haben Parteistellung.

Nach Abs. 7 ist - erforderlichenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - die Genehmigung gemäß Abs. 1 zu erteilen, wenn zu erwarten ist, daß

              1.              im Betrieb die gemäß Abs. 8 vorzuschreibenden Emissionsgrenzwerte nicht überschritten werden

              2.              durch die Dampfkesselanlage keine Immissionen bewirkt werden, die

              a)              das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn gefährden oder

              b)              zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn im Sinne des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1973 führen.

Gemäß § 5 leg. cit. bedürfen alle Änderungen an einer genehmigten Dampfkesselanlage, die ein Überschreiten der gemäß § 4 Abs. 8 lit. b festgelegten Emissionsgrenzwerte zur Folge hätten, der vorherigen Genehmigung durch die Behörde (Abs. 1). Das Genehmigungsverfahren ist sinngemäß nach den Bestimmungen des § 4 durchzuführen (Abs. 2).

Zufolge § 6 leg. cit. entfällt bei Dampfkesselanlagen, zu deren Errichtung, Inbetriebnahme oder Änderung nach den gewerbe-, berg- oder eisenbahnrechtlichen Bestimmungen eine Bewilligung (Genehmigung) erforderlich ist, eine gesonderte Genehmigung nach den §§ 4 und 5, es sind jedoch deren materiellrechtliche Bestimmungen bei Erteilung der betreffenden Bewilligung (Genehmigung) anzuwenden. Eine solche Bewilligung (Genehmigung) gilt auch als Genehmigung im Sinne der §§ 4 bzw. 5 Abs. 1 .

Schon im Hinblick auf die zuletzt wiedergegebene Bestimmung erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, die gegenständlichen Änderungen der in Rede stehenden Betriebsanlage bedürften keiner (gesonderten) Genehmigung nach dem Luftreinhaltegesetz im Ergebnis als frei von Rechtsirrtum.

Sollte das diesbezügliche Beschwerdevorbringen aber dahin zu verstehen sein, daß die belangte Behörde die gegenständliche Bewilligung deshalb hätte versagen müssen, weil andere, nicht den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Teile der in Rede stehenden Betriebsanlage einer gesonderten Genehmigung nach dem Luftreinhaltegesetz bedürften, so erweist sich dieses Vorbringen schon deshalb als verfehlt, weil der Gegenstand des (antragsbedürftigen) Verfahrens nach § 81 GewO - wenn nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des zweiten Satzes des Abs. 1 dieser Gesetzesstelle gegeben sind - ausschließlich durch den Antrag des Genehmigungswerbers bestimmt wird. Die allfällige Genehmungsbedürftigkeit anderer, nicht vom Antrag umfaßter Änderungen dieser oder einer anderen Betriebsanlage haben daher bei Beurteilung des Genehmigungsantrages außer Betracht zu bleiben.

Davon abgesehen wird, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Beschluß vom 30. Oktober 1990, Zl. 90/04/0138, ausgeführt hat, den Nachbarn einer Dampfkesselanlage im Verfahren zur Genehmigung von Dampfkesselanlagen nach § 4 LRG-K sowie zur Genehmigung der Änderung einer genehmigten Dampfkesselanlage gemäß § 5 leg. cit. zufolge § 4 Abs. 7 Z. 2 und § 5 Abs. 2 leg. cit. (lediglich) das subjektiv-öffentliche Recht eingeräumt, durch den Betrieb einer Dampfkesselanlage, sei es durch die Erteilung von Auflagen, sei es durch die Versagung der Genehmigung, vor Gefährdungen ihrer Gesundheit, des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte sowie vor unzumutbaren Belästigungen im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO 1973 geschützt zu werden. Ein darüber hinaus gehendes subjektives öffentliches Recht der Nachbarn auf Nichtgenehmigung einer Dampfkesselanlage mangels Einhaltung der Emissionsgrenzwerte kennt das Gesetz hingegen nicht. In Ansehung des diesbezüglichen Beschwerdevorbringens (auf Einhaltung von Emmissionsgrenzwerten) können die Beschwerdeführer daher in keinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt werden.

Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die Beschwerden als nicht begründet. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung war zufolge § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2, wobei der Vorlageaufwand der belangten Behörde nur einmal zuzusprechen war.

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Befangenheit offenbare Unrichtigkeiten Gewerberecht Nachbar Rechtsnachfolger Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und Eisenbahnrecht Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren Verhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren) Einfluß auf die Sachentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989040273.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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