TE Vwgh Erkenntnis 1993/11/30 90/08/0048

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Veröffentlicht am 30.11.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
98/03 Wohnbaufinanzierung;

Norm

ArbVG §3 Abs1;
ASVG §49 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
KollV Angestellte Baugewerbe §8 Z2 lita;
KollV Angestellte Baugewerbe §8 Z2 litc;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
WohnbauförderungsbeitragsG 1952 §5 Abs1;
WohnbauförderungsbeitragsG 1952 §6 Abs1;
WohnbauförderungsbeitragsG 1952 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der A GmbH. in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 18. April 1989, Zl. Vd-3573/6, betreffend Beitragsnachrechnung (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse, Klara-Pölt-Weg 2, 6020 Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm die Beschwerdeführerin zur Nachentrichtung von Wohnbauförderungsbeiträgen in der Höhe von S 3.172,02 verpflichtet wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. März 1988 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin als Dienstgeber verpflichtet sei, nach näher angeführten Vorschriften einen Betrag in der Höhe von S 142.219,24 zu bezahlen. Nach der Begründung habe die Gebietskrankenkasse bei der Beschwerdeführerin im Jahre 1988 eine Beitragsprüfung durchgeführt, wobei festgestellt worden sei, daß in 20 Fällen beitragspflichtige Löhne und in 16 Fällen beitragspflichtige Sonderzahlungen nicht bzw. unrichtig zur Beitragsverrechnung herangezogen worden seien. Art und Umfang der aus diesen Meldeverstößen resultierenden Differenzen seien in der beigelegten Aufstellung über Entgeltdifferenzen und in der Beitragsnachrechnung vom 9. März 1988 enthalten. (Aus dieser ergibt sich, daß Wohnbauförderungsbeiträge in Höhe von insgesamt S 3.172,02 vorgeschrieben wurden.)

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch, wobei sie im wesentlichen die Anwendung der von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse herangezogenen Kollektivverträge und die danach erfolgte Einstufung verschiedener Dienstnehmer in Zweifel zog. So habe etwa der Dienstnehmer Anton P die Werkstatt geleitet und sei teilweise in der Spedition tätig gewesen. Es sei daher der Kollektivvertrag für das Gütergewerbe für diesen Dienstnehmer anzuwenden. Mit diesem Dienstnehmer sei für 1987 ein monatlicher Lohn in der Höhe von S 16.000,-- vereinbart worden; die Höherstufung durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sei daher nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich des Dienstnehmers A sei die Anwendung des Kollektivvertrages für Angestellte im Handel und die Einstufung in die Beschäftigungsgruppe 5 unzutreffend. A sei zwar Geschäftsführer, er sei aber im kaufmännischen Bereich nicht allein entscheidungsbefugt. Im Bereich des Transportgewerbes habe er volle Dispositionsfreiheit. Er sei daher nach dem Kollektivvertrag für Angestellte im Güterbeförderungsgewerbe in die Beschäftigungsgruppe 5 (freie Vereinbarung) einzustufen. Die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge für den Dienstnehmer M entspreche gleichfalls nicht dem Kollektivvertrag. Nach diesem sei eine aliquote Remuneration fällig, bei der von einer 5-monatigen Beschäftigung auszugehen sei. Auch die Einstufung der Dienstnehmerin Maria S werde bestritten, da diese keine der in der Beschäftigungsgruppe 3 angeführten Tätigkeiten vollständig ausführe. Das Tippen von Rechnungen oder das Eintippen von Belegen in ein vorgegebenes Programm ohne eigenständige Arbeit sei allein von der sachlichen Seite her durch jeden Lehrling nach kurzer Einarbeitungszeit bewältigbar. Die Gewährung der Wohnung an den Dienstnehmer E stehe in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Aus Versicherungsgründen sei die ständige Anwesenheit dieses Dienstnehmers erforderlich. Von einer mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängenden Entgeltgewährung könne daher nicht gesprochen werden. Der Lehrling Andreas K werde in zwei Berufen, nämlich als Kaufmann und im Fliesenlegen ausgebildet. Aus Gründen des Betriebsklimas sei vereinbart worden, daß alle Lehrlinge nach demselben Schema entlohnt würden. Dies sei auch gerechtfertigt, auch wenn zur Zeit die Haupttätigkeit im Büro stattfinde. Die Berechnungen von Fliesenarbeit gehöre durchaus in dieses Berufsbild. Schließlich sei die Beschäftigung von W als Übergang zwischen Schule und einer möglichen Berufstätigkeit erfolgt; sie habe auch der praktischen Einarbeitung dieser Dienstnehmerin gedient. Das Arbeitsverhältnis sei daher als Praktikum gewertet worden und die Entlohnung aufgrund einer freien Honorarvereinbarung erfolgt.

Die belangte Behörde führte am 19. Jänner 1989 in Anwesenheit des A als Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft eine mündliche Verhandlung durch, in der dieser im wesentlichen die vor dem Beitragsprüfer am 9. Februar 1988 gemachten Angaben als richtig bestätigte. (Danach sei er seit Gründung der GmbH deren geschäftsführender Gesellschafter. Er sei mindestens 40 Stunden pro Woche für die Gesellschaft tätig. Den Hauptanteil stelle - bilanzmäßig - der Verkauf bzw. Handel dar.) Ferner deponierte er eine schriftliche Aussage seiner Person und von Maria S.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und die Entscheidung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestätigt. Nach der Begründung habe bei A, Maria S sowie beim Lehrling Andreas K die Einstufung durch den Dienstgeber nicht der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit entsprochen. A sei bei der Firma als Geschäftsführer tätig und laut eigenen Angaben auch für die Personalführung, Arbeitsorganisation und Kundenberatung zuständig. Er sei daher zu Recht in die Beschäftigungsgruppe 5 des Kollektivvertrages für Angestellte im Handel eingestuft worden. Bereits vor seiner Anmeldung zur Pflichtversicherung als Geschäftsführer der Firma A zum 15. Mai 1986 sei er selbständiger Kaufmann in seinem Betrieb gewesen. Die Angaben in seiner schriftlichen Erklärung vom 18. Jänner 1989, in der die Tätigkeit als Geschäftsführer eingeschränkt dargestellt werde, erschienen als Schutzbehauptung. Hinsichtlich seiner Tätigkeit werde deshalb seinen Angaben im Fragebogen der Gebietskrankenkasse vom 9. Juli 1986 bzw. seinen Angaben anläßlich der Einvernahme vor dem Beitragsprüfer am 9. Februar 1988 gefolgt. Die Anwendung des Kollektivvertrages für Angestellte im Handel sei deshalb erfolgt, weil laut Bilanz die überwiegenden Umsätze im Handel (Baumaterialien und Fliesen) erwirtschaftet würden. Die Anwendung des Kollektivvertrages für Angestellte im Gewerbe sei daher unzutreffend. Überdies sei die Entlohnung nach dem Kollektivvertrag für Angestellte im Handel niedriger als jene nach dem Kollektivvertrag für Angestellte im Gewerbe. Die Dienstnehmerin Maria S erledige Buchhaltungsarbeiten bis zum Abschluß, vorbereitende Arbeiten für die Lohnverrechnung sowie das Mahnwesen. Aufgrund dieser Tätigkeit sei sie bei der Beitragsprüfung zu Recht in die Beschäftigungsgruppe 3 des Kollektivvertrages für Angestellte im Handel eingestuft worden. Die Beschäftigungsmerkmale dieser Beschäftigungsgruppe stimmten mit der ausgeübten Tätigkeit der Dienstnehmerin überein. Ihrer von A bei der mündlichen Verhandlung am 19. Jänner 1989 vorgelegten Erklärung könne keine Beweiskraft zugebilligt werden. Diese Erklärung sei offenbar über Veranlassung und unter Mitwirkung von A abgefaßt worden. Die belangte Behörde folge dagegen ihren Angaben in der anläßlich der Beitragsprüfung aufgenommenen Niederschrift vom 9. Februar 1988. Der Lehrling Andreas K werde in zwei Lehrberufen ausgebildet, sei im Prüfungszeitraum jedoch tatsächlich ausschließlich zu Büroarbeiten herangezogen worden. Die Beitragsnachrechnung für die Lehrlingsentschädigung sei daher nach dem Lehrberuf "Bürokaufmann" vorgenommen worden. W sei nach Abschluß der Handelsschule im Büro der beschwerdeführenden Gesellschaft tätig gewesen und habe wie Maria S alle anfallenden Büroarbeiten erledigt. Die geltend gemachte "freie Lohnvereinbarung" wäre nur dann zulässig gewesen, wenn der vereinbarte Lohn zumindest den kollektivvertraglichen Mindestlohn erreicht hätte. E sei von der Beschwerdeführerin eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden, wobei der amtlich festgesetzte Sachbezugswert nicht in die Beitragsgrundlage miteinbezogen worden sei. Der Dienstnehmer M sei bei der Beschwerdeführerin 25 Wochen beschäftigt gewesen; für diese Beschäftigungszeit habe der Dienstnehmer die anteiligen Sonderzahlungsansprüche erworben. Die Sonderzahlungen seien daher mit 25/26 aliquotiert worden. Beim Dienstnehmer Anton P sei die Beitragsnachrechnung schließlich laut Kollektivvertrag erfolgt, da der vereinbarte Lohn unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn gelegen sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 26. September 1989, B 638/89-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In ihrer auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Gesellschaft Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. März 1991, Zl. 89/08/0147, die Auffassung vertreten hat, daß der Landeshauptmann in erster Instanz zur Bescheiderlassung über Fragen des Wohnbauförderungsbeitrages zuständig ist. Der entsprechende Ausspruch des mitbeteiligten Krankenversicherungsträgers hätte daher mangels dessen Zuständigkeit ersatzlos behoben werden müssen. Auf die näheren Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Der angefochtene Bescheid ist daher in diesem Umfang mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Für die Berechnung der Beiträge ist nicht lediglich der tatsächlich gezahlte Lohn maßgebend, sondern, wenn er den tatsächlich gezahlten Lohn übersteigt, der Lohn, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand. Der Beitragsvorschreibung ist daher in diesem Fall der nach dem Kollektivvertrag gebührende Lohn zugrundezulegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1950, Slg. N.F. Nr. 1261/A, und vom 30. November 1960, Slg. N.F. Nr. 5435/A).

§ 44 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 ASVG stellen auf den sogenannten Anspruchslohn ab (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 17. Mai 1984, Zl. 81/08/0007). Ob ein Anspruch auf Geld- oder Sachbezüge im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 18. Dezember 1990, Zl. 89/08/0165).

Verstößt eine Einzelvereinbarung gegen eine Norm kollektiver Rechtsgestaltung, ist sie insoweit nichtig bzw. teilnichtig. An die Stelle der nichtigen Lohnabrede tritt der Lohnsatz der kollektiven Rechtsquelle (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 90/08/0190, unter Bezug auf OGH, WBl. 1990, 272).

Auf einen Kollektivvertrag ist der Grundsatz "iura novit curia" nicht anzuwenden (vgl. das Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 87/08/0309). Daher sind Tatsachenfeststellungen über den Inhalt aller lohn- und arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen des angewendeten Kollektivvertrages notwendig, um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides prüfen zu können (vgl. das Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0050).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, mit weiteren Judikaturhinweisen). Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, der eine Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d.h. ihr mit der Begründung entgegenzutreten, daß auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0175).

Die Beschwerdeführerin bekämpft - wie bereits im Verwaltungsverfahren - im wesentlichen die Anwendung des von der belangten Behörde herangezogenen Kollektivvertrages. Ferner hätte ihrer Ansicht nach eine andere Einstufung der einzelnen Dienstnehmer vorgenommen werden müssen, da während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes durch "gesellschaftsrechtliche Veränderungen und Sanierungsmaßnahmen" die einzelnen Arbeitsverhältnisse eine Änderung erfahren hätten. Die belangte Behörde hätte auch hinsichtlich der tatsächlichen Tätigkeiten der einzelnen Arbeitnehmer entscheidungswesentliche Feststellungen treffen müssen.

Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage sind bereits diese Ausführungen geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen: Weder dem Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse noch dem angefochtenen Bescheid sind Tatsachenfeststellungen über den Inhalt aller lohnrechtlichen und arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen des angewendeten Kollektivvertrages zu entnehmen. Schon aufgrund dieses Mangels ist es dem Gerichtshof nicht möglich, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides prüfen zu können.

Die Beurteilung der Frage, welche Tätigkeit von einem Dienstnehmer ÜBERWIEGEND (nach Maßgabe der diesbezüglichen Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages) ausgeübt wird, erfordert auch nähere Feststellungen, in welchem zeitlichen Ausmaß der Dienstnehmer die einzelnen in Betracht kommenden Tätigkeiten, soweit sie für die Einreihung in die in Betracht kommenden Beschäftigungsgruppen von Bedeutung sind, verrichtet hat. Dazu hat die belangte Behörde konkrete Beweise aufzunehmen und sodann der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, zu diesem Ergebnis Stellung zu nehmen. Die bloße Aussage von Dienstnehmern, welche Tätigkeiten sie (ihrer Meinung nach) "überwiegend" verrichtet haben, reicht dazu nicht aus (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 10. März 1992, Zl. 91/08/0156).

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne daß auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die geltend gemachten Stempelgebühren konnten im Hinblick auf die auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltende sachliche Abgabenfreiheit des § 110 ASVG nicht zugesprochen werden.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungRechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1KollektivvertragBegründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemeinfreie BeweiswürdigungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitBeweismittel ZeugenAngenommener Sachverhalt (siehe auch Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein und Sachverhalt Verfahrensmängel)Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärterParteiengehör AllgemeinBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtBeweismittel Zeugenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990080048.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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