TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 94/19/0815

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des D in H, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1993, Zl. 4.322.533/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß der am 9. August 1991 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers, eines ghanesischen Staatsangehörigen, der am 8. August 1991 in das Bundesgebiet eingereist war, mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 17. Oktober 1991 sowie die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen wurden.

Gegen den letztgenannten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag nach den im Sachverhalt unbestritten gebliebenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid damit, er habe sich am 23. Mai 1989 einen Nissan-Lieferwagen gekauft und, da er keinen Führerschein habe, einen Freund als Fahrer aufgenommen, der in seinem Auftrag täglich Personen und Güter nach Lome und zurück nach Ghana zu befördern gehabt habe. Am 9. Juni 1989 habe der Beschwerdeführer einen Anhalter, auch einen Ghanesen, auf ghanesischer Seite mitgenommen, der mehrere Gepäckstücke, von denen dieser behauptet habe, es seien alte Kleider, bei sich getragen habe. In der Nähe von Accra seien sie in eine Fahrzeugkontrolle dreier Polizisten geraten. Auf Befragen, wessen Gepäck dies sei, habe er geantwortet, dieses gehöre dem zugestiegenen Ghanesen, der dies aber sofort abgestritten und behauptet habe, ohne Gepäck zugestiegen zu sein. Die Kontrolle der Gepäckstücke habe ergeben, daß in diesen Waffen, Munition und Militäruniformen enthalten gewesen seien. Der Freund des Beschwerdeführers habe versucht zu fliehen, die Polizei habe ihn daher niedergeschossen; er wisse nicht, ob er überlebt habe. Die beiden anderen Polizisten hätten versucht, ihn festzunehmen, daraufhin habe er die Flucht ergriffen, sei nach Hause gefahren, um Geld und Reisepaß zu holen und sei sodann am 12. Juni 1989 aus Ghana ausgereist. Er sei nach "Benin, Nigeria, dann wieder zurück nach Benin, Niger und Lybien gereist", wo er sich eineinhalb Jahre hindurch aufgehalten habe. Bei Erneuerung seines abgelaufenen Reisepasses sei ihm zugetragen worden, daß in Ghana nach ihm gesucht würde.

In der Beschwerde wird zunächst unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, schon bei der ersten Vernehmung des Beschwerdeführers sei diese lediglich in Englisch erfolgt, woraus sich "Übersetzungsschwierigkeiten, Übersetzungsungenauigkeiten bzw. Probleme, die im nachhinein im Zuge der Beweiswürdigung insbesondere auch von der belangten Behörde zum Nachteil des Beschwerdeführers gewertet" worden seien, ergeben hätten. Muttersprache des Beschwerdeführers sei weder deutsch noch englisch, sondern "Tiw". Es sei kein amtlicher Dolmetsch oder gerichtlich beeideter Dolmetscher für die Muttersprache des Beschwerdeführers beigezogen worden. Dadurch sei auch der erhobene Sachverhalt lückenhaft geblieben.

Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß sie gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 die Bestimmung des § 20 leg. cit. anzuwenden hatte, nach dessen Abs. 2 sie eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens nur anzuordnen hat, wenn dieses offenkundig mangelhaft war, der Asylwerber Bescheinigungsmittel vorlegt, die ihm im Verfahren vor dem Bundesasylamt nicht zugänglich waren oder wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung erster Instanz zugrundegelegt wurde, in der Zwischenzeit geändert hat. Abgesehen davon, daß die zwei zuletzt genannten Fälle auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht vorliegen, ist weder den Beschwerdeausführungen, noch dem im angefochtenen Bescheid unbekämpft wiedergegebenen Berufungsvorbringen zu entnehmen, worin die offenkundige Mangelhaftigkeit der Sachverhaltsfeststellung gelegen sei. Weder aus § 13a AVG noch aus § 16 AsylG 1991 kann eine Verpflichtung der Behörden abgeleitet werden, einen Asylwerber dahingehend anzuleiten, Asylgründe, die er gar nicht behauptet hat, darzustellen oder Ermittlungen hierüber anzustellen (vgl. auch hg. Erkenntnisse vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800 bis 0803 und vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/01/1553). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist auch im Asylgesetz 1991 die Beiziehung eines Amtsdolmetschers nicht verpflichtend vorgesehen. Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 1991 reicht die Beiziehung eines Dolmetschers, also auch eines solchen, der nicht die Funktion eines Amtsdolmetschers innehat, für eine dem Asylwerber ausreichend verständliche Sprache aus. Auch nach § 11 Abs. 1 AsylG 1968 war nur die Beiziehung einer Person, die "der fremden Sprache mächtig" war, als Dolmetsch zwingend vorgesehen, wenn ein Asylwerber der deutschen Sprache nicht kundig war. Die behaupteten Verfahrensmängel liegen damit nicht vor.

Auch inhaltlich kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie dem vom Beschwerdeführer geschilderten Sachverhalt die Eignung zur Glaubhaftmachung einer Verfolgungsgefahr im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 abspricht. Ohne auf die - nicht immer nachvollziehbare - Beweiswürdigung der belangten Behörde eingehen zu müssen, erweist sich doch ihre Beurteilung, bei dem vom Beschwerdeführer geschilderten Sachverhalt handle es sich um Geschehnisse im Zusammenhang mit der Aufklärung eines strafrechtlich relevanten Sachverhaltes als zutreffend. Entgegen den Darlegungen in der Beschwerde ist es auch in Mitgliedstaaten der Genfer Konvention durchaus legitim, eine einer schwerwiegenden Straftat verdächtige Person auch durch Einsatz von Waffen an der Flucht zu hindern. Damit hat aber der Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde - wenn auch erst in zweiter Linie für den Fall, daß dem Vorbringen des Beschwerdeführers Glauben geschenkt werden könnte - richtig erkannt hat, nicht dargetan, daß er eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung wegen eines der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 (in Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Verfolgungsgründe (nämlich der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung) zu befürchten hätte.

Da somit der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit war auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190815.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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