TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 94/19/0228

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. September 1993, Zl. 4.342.281/2-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens, ist zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet eingereist; am 4. Dezember 1992 stellte er durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter den Antrag, ihm Asyl zu gewähren.

Mit Schreiben vom 26. März 1993, eingelangt im Bundesasylamt am 29. März 1993, teilte der Rechtsfreund eine Anschrift des Beschwerdeführers in Wien mit und ersuchte, den Beschwerdeführer unter dieser Adresse zu laden "und das Asylverfahren fortzusetzen".

Das Bundesasylamt lud hierauf den Beschwerdeführer als Partei für den 7. April 1993, 08.00 Uhr zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters. In der Ladung findet sich der Hinweis, daß im Falle, daß der Geladene wegen Krankheit, Gebrechlichkeit oder einer Urlaubsreise nicht kommen könne, dies sofort der Behörde mitgeteilt werden solle, damit der Termin verschoben werden könne; sollte der Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wie z.B. Krankheit, nicht entsprochen werden, müsse der Beschwerdeführer damit rechnen, daß sein Antrag gemäß § 19 AsylG 1991 abgelehnt werde. Die Ladung wurde dem Rechtsfreund des Beschwerdeführers am 1. April 1993 zugestellt.

Mit Telefax vom 7. April 1993, 16.09 Uhr, teilte der Rechtsfreund des Beschwerdeführers mit, daß ihn soeben ein Anruf eines Verwandten seines Klienten erreicht habe, daß dieser wegen Grippeerkrankung nicht in der Lage gewesen sei, den heutigen Ladungstermin (für 08.00 Uhr) Folge zu leisten; er ersuche daher um neuerliche Ladung zu einem Termin ab Ende nächster Woche.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. April 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Asyl gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 des AsylG 1991 abgewiesen.

In seiner Berufung dagegen macht der Beschwerdeführer geltend, daß er dadurch, daß die Ladung an seinen Vertreter gerichtet und zugestellt worden sei, nicht jedoch an ihn, nicht ordnungsgemäß geladen worden sei; überdies sei er durch seinen Vertreter mit Telefax vom 7. April 1993 entschuldigt worden.

Mit Bescheid vom 24. September 1993 wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 des AsylG 1991 ab; da der Beschwerdeführer für den 7. April 1993 um 08.00 Uhr geladen gewesen sei, sei das Telefax, das um 16.09 Uhr dem Bundesasylamt übermittelt worden sei, nicht als vorhergehende Entschuldigung anzusehen. Gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG sei die Ladung zu der Einvernahme zu Handen des Vertreters und Zustellungsbevollmächtigten korrekt erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Gerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Asylgewährung "gemäß § 2 Abs. 1 AsylG" sowie in seinem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 37 AVG verletzt. Die an den Rechtsvertreter erfolgte Ladung sei nicht gesetzmäßig erfolgt. § 9 Abs. 1 ZustellG normiere, daß die Behörde, falls eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt sei, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt sei, diese Person als Empfänger zu bezeichnen habe. Diese Bestimmung dürfe nicht dahin verstanden werden, daß eine Zustellung an den von der Partei namhaft gemachten Rechtsvertreter die Behörde in jedem Fall von ihrer Pflicht, die Partei selbst zu verständigen, entbinde. Zwar ermächtige eine Partei, die in einer Verwaltungsrechtssache einem Rechtsanwalt eine allgemeine Vertretungsvollmacht erteile, diesen auch zur Empfangnahme der in dieser Sache ergehenden Bescheide und sonstigen behördlichen Erledigungen, doch könne es nicht Sinn dieser Judikatur sein, eine Partei, die sich eines Rechtsvertreters bediene, in ihrem Rechtsschutz zu schmälern. Vielmehr seien von der Behörde bei Anwendung des § 9 Abs. 1 ZustellG die zuzustellenden Schriftstücke aufgrund ihres Inhaltes dahingehend zu unterscheiden, ob eine Zustellung nur zu Handen des ausgewiesenen Vertreters ausreiche oder ob nicht zusätzlich eine unmittelbare Verständigung der Partei selbst notwendig sei, um deren Rechtsschutzbedürfnis Genüge zu tun. So könne gerade eine Ladung zu einer Vernehmung der Partei, die ausdrücklich auf das Erfordernis des persönlichen Erscheinens hinweise, nur dann wirksam erfolgen, wenn eine tatsächliche Verständigung des zu Ladenden erfolge. Das Parteiengehör könne nämlich nur gewahrt werden, wenn die geladene Partei selbst zu ihrer Einvernahme erscheine. Dies gelte insbesondere auch für das Asylverfahren. Tatsächlich habe ein Kontakt in der Zeit zwischen Zustellung der Ladung und der geplanten Vernehmung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsfreund nicht stattgefunden, insbesondere auch weil er der Meinung gewesen sei, persönlich am weiteren Verfahren nicht mehr mitwirken zu brauchen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, daß ein Kontakt zu seinem Rechtsvertreter in der Zeit zwischen Zustellung der Ladung und der geplanten Vernehmung nicht möglich gewesen sei, spricht die Entschuldigung des Beschwerdeführers dagegen; daraus ergibt sich, daß der Inhalt der Ladung dem Beschwerdeführer bekannt geworden sein mußte.

Gemäß § 11 AsylG 1991 findet auf das Verfahren nach diesem Bundesgesetz, soweit nicht anderes bestimmt wird, das AVG Anwendung. Es sind daher im Verfahren nach dem AsylG 1991 die Bestimmungen des § 19 AVG ("Ladungen") anzuwenden; es besteht für die vom Bundesasylamt entsprechend diesen Bestimmungen Geladenen gemäß § 19 Abs. 3 AVG die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, sofern sie nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten sind. Während nach § 19 Abs. 3 AVG bereits das Vorliegen eines triftigen Hinderungsgrundes von dieser Verpflichtung entbindet und es keiner VORHERGEHENDEN Entschuldigung bedarf und die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, nur unter den dort genannten Voraussetzungen sanktioniert ist, bestimmt § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 demgegenüber, daß Asylanträge in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen SIND, wenn der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne VORHERGEHENDE Entschuldigung nicht nachgekommen ist.

Im Asylverfahren ist es daher Sache des Asylwerbers, das Vorliegen eines Umstandes, der gemäß § 19 Abs. 3 AVG das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigt, der Behörde VOR dem Termin der Amtshandlung darzutun, was hier nicht geschehen ist. Es ist die Verpflichtung, der ordnungsgemäßen Ladung Folge zu leisten, sanktioniert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/01/1506).

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG hat die Behörde, wenn ihr gegenüber eine im Inland wohnende Person zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen, soferne gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist. Mangels einer, dieser Vorschrift ändernden oder ergänzenden Bestimmung im AsylG 1991 war daher die belangte Behörde verpflichtet, die Ladung ausschließlich an den (namhaft gemachten) Zustellungsbevollmächtigten zuzustellen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, eine ordnungsgemäße Ladung bedürfe, wenn sie das persönliche Erscheinen des Geladenen vor der Behörde verlange, zusätzlich einer "unmittelbaren Verständigung" des Geladenen, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. Der Beschwerdeführer vermag daher mit dem diesbezüglichen Vorbringen einen Zustellmangel nicht aufzuzeigen.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, sich aber darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 3 AVG dann nicht herbeigeführt werden kann, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten tatsächlichen Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zlen. 94/19/0549, 0550, 0554, 0556 und 0557, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190228.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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