TE Vfgh Erkenntnis 1991/12/6 V407/90, V408/90, V410/90, V411/90

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Veröffentlicht am 06.12.1991
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Index

50 Gewerberecht
50/03 Personen- und Güterbeförderung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsmaßstab
B-VG Art139 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art139 Abs6 zweiter Satz
Sbg TaxiV 1989 des Landeshauptmannes von Salzburg vom 02.06.89, LGBl 59/1989, betreffend die Höchstzahl für Konzessionen zur Ausübung des Taxigewerbes in der Stadt Salzburg
GelVerkG §10 Abs2

Leitsatz

Aufhebung der Sbg TaxiV 1989 betreffend die Höchstzahl für Konzessionen zur Ausübung des Taxigewerbes mangels Bestehens von Taxistandplätzen infolge Aufhebung der Sbg StandplatzV 1989 durch den VfGH und wegen unrichtiger Berechnungsmethode

Spruch

Die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 2. Juni 1989, LGBl. Nr. 59/1989, betreffend die Höchstzahl für Konzessionen zur Ausübung des Taxigewerbes in der Stadt Salzburg wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Verordnung ist nicht mehr anzuwenden.

Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zlen. B604,605,693 und 753/90 Verfahren über - auf Art144 B-VG gestützte - Beschwerden anhängig, denen jeweils folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Der Landeshauptmann von Salzburg verweigerte dem jeweiligen Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 2. Juni 1989, LGBl. 59/1989, betreffend die Höchstzahl für Konzessionen zur Ausübung des Taxigewerbes in der Stadt Salzburg (Sbg. TaxiV 1989) mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden die beantragte Verleihung einer Taxikonzession für einen bestimmten Standort in der Stadt Salzburg. Die Bescheide wurden im wesentlichen damit begründet, daß die in der Sbg. TaxiV 1989 festgesetzte Höchstzahl der für das Betreiben des Taxigewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeuge bereits erreicht sei.

Gegen diese Berufungsbescheide wenden sich die erwähnten Verfassungsgerichtshofbeschwerden.

2. Der Verfassungsgerichtshof beschloß aus Anlaß dieser vier Beschwerden, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Sbg. TaxiV 1989 von Amts wegen zu prüfen (Näheres s.u. II.2.).

3.a) Der Landeshauptmann von Salzburg erstattete in den Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung, in der er die Gesetzmäßigkeit der Sbg. TaxiV 1989 verteidigt und beantragt, die in Prüfung gezogene Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben (Näheres s.u. II.3.).

b) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr verweist in seiner Stellungnahme lediglich auf diese Äußerung des Landeshauptmannes.

4. Aus Anlaß der vorher erwähnten Verordnungsprüfungsverfahren beschloß der Verfassungsgerichtshof am 14. Juni 1991, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der namens des Gemeinderates der Stadt Salzburg erlassenen Verordnung vom 30. Mai 1989, Zl. I/6-20773/3-89, über die Taxistandplätze im Stadtgebiet von Salzburg in der Stammfassung (Sbg. StandplatzV) von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1991, V234-237/91, hob er diese Verordnung als gesetzwidrig auf.

II. 1. Die hier in Betracht zu ziehenden Rechtsvorschriften lauten:

a) Gelegenheitsverkehrs-Gesetz (GelVerkG), BGBl. 85/1952 idF der Novelle BGBl. 125/1987

"§3. (1) Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§2 Abs1) dürfen nur erteilt werden für folgende Arten des gewerbsmäßigen Gelegenheitsverkehrs:

    1. . . . . .

    3. für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu

jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden

oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen angefordert

werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes Platzfuhrwerks-Gewerbe

(Taxi-Gewerbe)); oder

    4. . . . . ."

    "§5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn die

Voraussetzungen für die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes

(§25 GewO 1973) erfüllt sind. Wenn es sich nicht um die Erteilung

einer Konzession für das Hotelwagen-Gewerbe handelt, muß die

Leistungsfähigkeit des Betriebes gegeben sein. . . . .

    (2) Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Betriebes

hat die Behörde darauf Bedacht zu nehmen, daß die wirtschaftliche

Lage des Bewerbers, insbesondere seine Einkommens- und

Vermögensverhältnisse, die ordnungsgemäße Gewerbeausübung erwarten

läßt.

    (3) . . . . ."

"§10. (1) Der Bundesminister für Verkehr (nunmehr Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) kann für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbe mit Verordnung Vorschriften erlassen über

1. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst tätigen Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit;

2. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderliche Beschaffenheit, Ausrüstung und Kennzeichnung der bei der Gewerbeausübung verwendeten Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit und Eignung, insbesondere auch für Zwecke des Fremdenverkehrs;

3. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Betriebs- und Beförderungsbedingungen; im Platzfuhrwerks-Gewerbe kann Beförderungspflicht und die Anbringung eines Fahrpreisanzeigers ....... vorgeschrieben werden, ......

(2) Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung und im Interesse der die Leistungen des betreffenden Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weitere Vorschriften, insbesondere über ein Verbot oder eine Beschränkung des Auffahrens auf Standplätzen (§96 Abs4 StVO 1960) einer Gemeinde mit Taxifahrzeugen, die auf Grund von Konzessionen mit einem Standort außerhalb der betreffenden Gemeinde eingesetzt werden, über eine bestimmte Reihenfolge im Auffahren auf Standplätzen, über die Entgegennahme von Fahrtaufträgen mittels Standplatztelefon oder Funk sowie über den Nachtdienst durch Verordnung festzulegen.

(Verfassungsbestimmung) Weiters hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung sowie unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unter Berücksichtigung der Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze (§96 Abs4 StVO) sowie der Anzahl und Dauer der durchschnittlich durchgeführten Fahrten für jeweils drei Jahre durch Verordnung festzulegen, daß in Gemeinden, in denen Standplätze eingerichtet sind und für deren Gebiet ein verbindlicher Tarif gemäß §10a Abs1 oder 2 verordnet wurde, Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes nur bis zu jener Höchstzahl erteilt werden dürfen, die einer in der Verordnung bestimmten Verhältniszahl, bezogen auf die Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen, entspricht; die sich so ergebenden Höchstzahlen von für das Betreiben des Platzfuhrwerk-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen sind entsprechend kundzumachen.

(3) . . . . ."

b) Salzburger Taxi-Verordnung 1989 (Sbg. TaxiV 1989), LGBl. 59/1989

"Auf Grund des §10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. Nr. 85/1952, in der geltenden Fassung wird verordnet:

§1

(1) In der Stadt Salzburg dürfen Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerks-Gewerbes (Taxigewerbes) höchstens in einer Zahl erteilt werden, die sich durch die Vervielfachung der Auffahrmöglichkeiten, die auf den in der Stadt Salzburg gemäß §96 Abs4 StVO 1960 festgesetzten Standplätzen vorhanden sind, mit der Verhältniszahl 1,622 ergibt.

(2) Auf Grund der derzeit 119 vorhandenen Auffahrmöglichkeiten ergibt sich für die Stadt Salzburg somit eine Höchstzahl von 193 für das Betreiben des Taxigewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen.

§2

Diese Verordnung tritt mit dem auf ihre Kundmachung folgenden Tag" (mit 9. Juni 1989) "in Kraft und nach Ablauf von drei Jahren ab diesem Zeitpunkt außer Kraft. Sie tritt bereits vor diesem Zeitpunkt außer Kraft, wenn für das Taxigewerbe in der Stadt Salzburg ein verbindlicher Tarif (§10a Abs1 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes) nicht mehr in Geltung steht."

2. Der Verfassungsgerichtshof hat im Einleitungsbeschluß vom 28. September 1990, B604,605/90, (im Einleitungsbeschluß vom 10. Oktober 1990, B693,753/90 verwies er auf die Begründung dieses Beschlusses), die Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Sbg. TaxiV 1989 folgendermaßen umschrieben:

"1. ...

2.a) Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur (vgl. zB VfGH 9.3.1990 V101/89 und die dort zitierte weitere Rechtsprechung) dargetan, daß §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG (auf den die Sbg. HöchstzahlV 1989 gegründet wird) im Sinne einer weitestmöglichen Erwerbsausübungsfreiheit auszulegen ist und daß diese nur aus schwerwiegenden - durch detaillierte Feststellungen belegten - öffentlichen Interessen (vor allem jenen der Straßenpolizei) eingeschränkt werden darf.

Gemäß §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG ist bei Bestimmung der Verhältniszahl auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

o das Interesse an einer geordneten Gewerbeausübung

o die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des

Verkehrs

o die Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen

Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen

o die Anzahl und Dauer der durchschnittlich

durchgeführten Fahrten.

b) Aus den vom Landeshauptmann vorgelegten Verordnungsakten, Zlen. 0/1-628-1989 und 9/02-1539-1989 geht hervor, daß das Amt der Salzburger Landesregierung zunächst durch Anfrage beim Magistrat Salzburg die Zahl der in der Landeshauptstadt Salzburg bestehenden Taxistandplätze mit 25 feststellte, wobei 114 Auffahrmöglichkeiten ganztägig, 5 weitere nur am Tag und 9 weitere nur in der Nacht zur Verfügung stehen (das ergibt tagsüber 119 Auffahrmöglichkeiten).

Sodann verteilte das Amt der Landesregierung an alle Taxikonzessionäre in der Stadt Salzburg von ihnen auszufüllende Erhebungsbögen.

Das weitere Vorgehen sowie die rechnerischen und rechtlichen Überlegungen werden in einem Aktenvermerk der Landesamtsdirektion vom 1. Juni 1989 (der inhaltlich als Erläuterung zur am nächsten Tag vom zuständigen Landesrat für den Landeshauptmann erlassenen Sbg. TaxiV 1989 anzusehen ist) wie folgt geschildert:

'Als Erhebungszeitraum für die Erhebung der Anzahl und Dauer der durchschnittlich durchgeführten Taxifahrten wurde die Woche vom 11. März bis zum 18. März 1989 und die Woche vom 19. März bis zum 25. März 1989 (Karwoche, Osterfestspiele), zusammen also 15 Tage herangezogen. In die Erhebung wurden alle 149 Taxikonzessionäre mit ihren insgesamt 151 Fahrzeugen einbezogen. Um den Aufwand für den einzelnen Taxilenker erträglich zu halten, wurden die 149 Konzessionäre in 5 Gruppen zu je 30 bzw. 31 Taxis eingeteilt. Jede Gruppe wurde angehalten, für jeweils nur 3 vorgegebene aufeinanderfolgende Tage (z.B. 11. bis 13.3.1989, 14. bis 16.3.1989 usw.) an Hand der zugesandten Erhebungsbögen die erforderlichen Aufzeichnungen zu führen. Auf der Rückseite der Erhebungsbögen waren ausführliche Erläuterungen angebracht. Die Rücklaufquote der Erhebungsbögen war mit 79 % als sehr hoch einzustufen. Von der insgesamt höchstmöglichen Anzahl von 453 Erhebungstagen (151 Taxis mal 3 Tage) wurden für immerhin 358 Tage auswertbare Erhebungsbögen eingesammelt. Die erhobenen Daten wurden EDV-mäßig erfaßt. Auch wurde maschinell überprüft, ob pro Fahrzeug und Tag die Zeit von 0,00 Uhr bis 24,00 Uhr lückenlos eingetragen war.

Zur Berechnung der Verhältniszahl wurde nun im Hinblick auf den relativ kurzen Erhebungszeitraum von nur 15 Tagen so vorgegangen, daß die erhobenen Daten im Verhältnis zum durchschnittlichen Fahrtenaufkommen des Jahres 1988 ausgewichtet wurden. Als Grundlage für diese Gewichtung dienten die von der Funktaxi-Vereinigung für das Jahr 1988 übermittelten Daten. Dabei wurde die durchschnittliche Anzahl der Fahrten des Jahres 1988 (Gesamtfahraufkommen 1988: 365 Tage) durch die tatsächliche Anzahl der Fahrten am jeweiligen Erhebungstag 1989 (jeweils auf Grundlage der von der Funktaxi-Vereinigung übermittelten Daten) dividiert. Um die gewichtete Fahrzeit zu ermitteln, wurden die pro Taxi, Tag und Stunde erhobenen Fahrzeiten mit dem Quotienten für den jeweiligen Erhebungstag multipliziert. Im Ausmaß der durch diese Gewichtung stundenweise resultierenden Anhebung bzw. Senkung der erhobenen Fahrzeiten wurden sodann die erhobenen Stehzeiten und Zeiten für die Standplatzsuche entsprechend reduziert bzw. erhöht. Das Verhältnis der tatsächlich erhobenen absoluten Fahrzeit zur gewichteten Fahrzeit von 1 : 1,0251, also eine Erhöhung von nur 2,51 %, zeigt deutlich, daß der Erhebungszeitraum günstig gewählt war.

Die im gesamten Erhebungszeitraum ermittelten Zeiten, das sind 358 Tage x 24 Stunden x 60 Minuten = 515.520 Minuten, verteilten sich unter Zugrundelegung der oben dargestellten Berechnungsweise damit wie folgt:

                      absolut         gewichtet

Fahrzeit              117.355         120.157      + 2.802

Standplatzsuche        22.665          23.035      +   370

Stehzeit              162.850         159.773      - 3.077

außer Betrieb         212.650         212.555      -    95

                      515.520         515.520            0

An Hand verschiedener EDV-Auswertungen wurde sodann festgestellt, daß die typischen Betriebszeiten an den Tagen Montag bis Freitag zwischen 7,00 Uhr und 20,00 Uhr liegen. Es wurden daher für die weitere Berechnung der Verhältniszahl von den eingelangten 358 Erhebungsbögen jene, die auf Samstage und Sonntage entfielen, abgezogen und lediglich die Dauer der typischen Betriebszeit, in der die Taxifahrzeuge allgemein im Einsatz sind, einbezogen. Dabei ergibt sich folgende Verteilung:

239 Erhebungstage x 13 Stunden x 60 Minuten = 186.420 Minuten

davon Fahrzeit          60.691    =     32.55 %

      Standplatzsuche   12.132    =      6.51 %

      Stehzeit          76.557    =     41.07 %

      außer Betrieb     37.040    =     19.87 %

                       186.420    =    100.000 %

(Die umfangreichen Berechnungen zur Gewichtung sowohl für die Aufteilung der Zeiten innerhalb der ganzen Woche wie auch innerhalb der Tage von Montag bis Freitag sind in der Abteilung 9 vorhanden.)

Unter Berücksichtigung dieser Zeitverteilung und der im Erhebungszeitraum eingerichteten 119 Auffahrmöglichkeiten wurde die Verhältniszahl zunächst unter der Annahme errechnet, daß alle Standplätze bzw. Auffahrmöglichkeiten als gleichwertig zu betrachten sind. Dabei wurde für die Bestimmung der Verhältniszahl einerseits von der Zahl der zum Zeitpunkt der Erhebung verordneten Auffahrmöglichkeiten und andererseits vom Ausmaß der anteiligen Stehzeit incl. Zeitaufwand für Standplatzsuche ausgegangen. Die anteilige Stehzeit wurde über die anteilige Fahrzeit und die anteilige Außer-Betriebszeit ermittelt. Dieser Berechnungsart liegt die Überlegung zugrunde, daß die Zahl der Konzessionen so bemessen sein soll, daß bei durchschnittlicher Betrachtungsweise für jedes Taxi ein Standplatz bzw. eine Auffahrmöglichkeit verfügbar ist. Weiters wurde davon ausgegangen, daß die Gesamtfahrtzeit unabhängig von der Zahl der Konzessionen ist, d.h. ein Mehr an Konzessionen führt nicht zu einem Mehr an Fahrten bzw. Fahrtzeit. Weiters wurde angenommen, daß das anteilige (nicht jedoch das absolute) Ausmaß der Außer-Betriebszeit ebenfalls unabhängig von der Zahl der Konzessionen ist. Aus diesen Überlegungen ergab sich folgende Rechenformel:

C . (1 - A. P1 - P2) = B

C

         C = B+ (A . P1)

                   1 - P2

Legende:

A= derzeitige Zahl der Taxifahrzeuge

B= derzeitige Zahl der Auffahrmöglichkeiten

C   = mögliche Anzahl an Taxifahrzeugen

P1  = anteilige Fahrzeit

P2  = anteilige Außer-Betriebszeit

Auf Grund der erhobenen Daten für die Tage Montag bis Freitag in der Zeit von 7,00 Uhr bis 20,00 Uhr ergab sich daher folgende Berechnung:

Mögliche Fahrzeuge = (119 Auffahrmöglichkeiten + (151 derzeitige Taxis . 32,6 % Fahrzeit)) : (1 - 19,9 % Außer-Betriebszeit)

= 119 + 49,226 = 210,020

0,801

Daraus ergab sich zunächst eine höchstmögliche Anzahl von 210 Taxifahrzeugen bzw. eine Verhältniszahl von 1,765. Dem Interesse einer geordneten Gewerbeausübung erschien damit ebenfalls entsprochen.

Um dem Ziel Rechnung zu tragen, die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs in die Berechnung ebenfalls einfließen zu lassen, wurde es als sachlich nicht gerechtfertigt betrachtet, von einer 100%igen Auslastung aller Auffahrflächen auszugehen. Dies würde nämlich bedeuten, daß im Extremfall dem Taxilenker zugemutet wird, alle 25 Standplätze anfahren zu müssen, um eine letzte freie Auffahrmöglichkeit vorzufinden. Es ist daher von der tatsächlich vorhandenen Anzahl an Auffahrmöglichkeiten eine entsprechende Reserve und zwar im Ausmaß von 50 % der Standplätze abzuziehen. Das bedeutet im Ergebnis, daß bei jedem 2. Standplatz (also bei 13 von 25 Standplätzen) jeweils eine Auffahrfläche als Reserve nicht in Rechnung gestellt wird. Zieht man somit von den 119 Auffahrflächen diese 13 Auffahrflächen ab, so wird damit erreicht, daß das Risiko, beim zunächst angefahrenen Standplatz keine freie Auffahrmöglichkeit mehr vorzufinden, nicht größer ist als die Chance, auf eine noch freie Auffahrmöglichkeit zu stoßen. Setzt man unter diesen vereinfachenden Annahmen die Anzahl von 106 Auffahrflächen in die o.g. Formel ein, so ergibt dies eine Höchstzahl von 193 für das Betreiben des Platzfuhrwerksgewerbes in der Stadt Salzburg zuzulassende Kraftfahrzeugen und eine Verhältniszahl von 1,622.'

3. Aus diesen Erläuterungen geht hervor, daß der Verordnungsgeber zunächst - mit einer recht komplizierten und nur schwierig nachvollziehbaren Berechnungsmethode, ausgehend von der Zahl der zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung konzessionsmäßig zugelassenen Taxifahrzeuge - die künftige Taxi-Höchstzahl von 193 ermittelte und sodann daraus die Verhältniszahl von 1,622 errechnete (193 (ermittelte Höchstzahl): 119 (Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten)).

Diese Berechnungsmethode scheint dem §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG zu widersprechen. Sie nimmt die einzelnen Rechenschritte in einer Reihenfolge vor, die das Gegenteil der vom Gesetz angeordneten ist: Nach dem Wortlaut und dem oben (III.2.a) dargestellten Sinn des Gesetzes stellt dieses anscheinend nicht auf eine Versteinerung der vorhandenen Taxikonzessionen ab, sondern primär darauf, nur so viele Taxis zuzulassen, daß jene, die nicht gerade im Einsatz sind, sondern auf einen Fahrgast warten, auf Taxistandplätzen parken können, um so sinnloses Herumfahren von Taxis zu vermeiden. Daraus dürfte sich ergeben, daß der Verordnungsgeber zunächst die Verhältniszahl iS des §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG zu bestimmen und erst im zweiten Schritt die sich aus ihr ergebende Höchstzahl der Taxikonzessionen festzustellen hat (vgl. VfGH 9.3.1990 V101/89).

Auch wenn von dem vom Verordnungsgeber angenommenen Sachverhalt ausgegangen wird - dessen Richtigkeit der Verfassungsgerichtshof nicht untersucht hat - besteht das Bedenken, daß nicht bloß die vom Landeshauptmann gewählte Berechnungsmethode, sondern auch das in die Sbg. HöchstzahlV 1989 eingeflossene Ergebnis unrichtig ist (vgl. auch hiezu das soeben zit. hg. Erkenntnis).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen wäre - auf der Basis des vom Landeshauptmann angenommenen (vom Verfassungsgerichtshof nicht überprüften) Sachverhaltes - wohl eher folgende Berechnung anzustellen gewesen:

Es werden nur die 'typischen Betriebszeiten' an den Tagen Montag bis Freitag zwischen 7,00 und 20,00 Uhr in Betracht gezogen. Während dieser Zeit sind 19,87 % der konzessionierten Taxis nicht in Betrieb, also 80,13 % in Betrieb. Ein im Dienst befindliches Taxi hat eine Stehzeit von 41,07 %; während dieser Zeit braucht es auf den 119 Auffahrmöglichkeiten Platz.

Die Verhältniszahl wäre bei dieser Annahme wie folgt zu berechnen gewesen:

         80,13  .  41,07  =  3290,9391  =      1

          100       100        10000        3,0386

Die Verhältniszahl wäre also 1:3,0386.

Wird der - auf ihre Vertretbarkeit noch zu prüfenden - Meinung des Landeshauptmannes gefolgt, daß bei jedem zweiten Standplatz eine Auffahrfläche als Reserve gehalten werden müßte (also unter den gegebenen Umständen von 119 Auffahrmöglichkeiten nur 106 eingesetzt werden dürften), so würde sich die Verhältniszahl auf 1:2,7066 verringern (3,0386 . 106).

119

Die Höchstzahl würde sich bei dieser Berechnung aus der Multiplikation der Verhältniszahl mit der Zahl der Auffahrmöglichkeiten (119) ergeben."

3. Der Landeshauptmann von Salzburg hält in seiner Äußerung diesen in den Einleitungsbeschlüssen enthaltenen Bedenken entgegen:

"Im Hinblick auf die Verfassungsbestimmung im §10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes und die in der Stadt Salzburg gegebenen diesbezüglichen Voraussetzungen ist davon auszugehen, daß der Landeshauptmann für die Stadt Salzburg eine entsprechende Verordnung zu erlassen hat. Die durch Verordnung zu treffende Anordnung einer Höchstzahl von Taxikonzessionen kann sich nach den verfassungsgesetzlichen Kriterien wohl nur daran orientieren, daß das unnotwendige Umherfahren von nicht mit Fahrgästen besetzten Taxifahrzeugen möglichst hintangehalten wird. Die Berechnung der Verhältniszahl und damit - bei festgelegter Anzahl von Stellplätzen - die Obergrenze zulässiger Taxikonzessionen hat nicht die Zahl der vor der Neuerlassung der Höchstzahlenverordnung gültigen Konzessionen als Grundlage, sondern das von den damals zugelassenen Taxis bewältigte Fahrgast- bzw. Fahrtenaufkommen. Wird akzeptiert, daß das absolute Fahrtenaufkommen von der Zahl der Taxikonzessionen unabhängig ist, was angesichts von Stehzeiten von 41,07 %, Zeiten für Standplatzsuche von 6,51 % und anteiligen Außerbetriebszeiten von 19,87 % durchaus plausibel und zulässig erscheint, geht die vor Novellierung der Höchstzahlenverordnung bestehende Zahl an Konzessionen in keiner Weise in die Berechnung der neuen Verhältniszahl ein.

Da die Verhältniszahl, die Anzahl zulässiger Taxikonzessionen und die Zahl der Stellplätze in einem streng funktionalen

Zusammenhang stehen (Verhältniszahl = Konzessionen : Stellplätze

bzw. Verhältniszahl x Stellplätze = Konzessionen), ist es auch

belanglos, ob die Zahl der Konzessionen oder die Verhältniszahl 'zuerst' berechnet wird - es hat keinen Einfluß auf das Ergebnis.

Zur Einschränkung auf bestimmte, als typisch erachtete Betriebszeiten ist anzumerken, daß wohl keinesfalls der Bestimmung der Gewährleistung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entsprochen wird, wenn zwar während der Nachtzeiten in ausreichendem Maße Stellplatzkapazität gegeben ist, untertags jedoch die Taxis in hohem Maße keine freien Stellplätze mehr vorfinden.

Zum Berechnungsmodus und Berechnungsbeispiel des Verfassungsgerichtshofes, mit dem die unrichtige Berechnung des Landes Salzburg dargetan werden soll, darf folgendes ausgeführt werden:

-

Der Anteil von 41,07 % Stehzeit bezieht sich auf die Gesamtzahl der Taxis und nicht auf die 80,13 % der Taxis, die in Betrieb sind. Bezogen nur auf die in Betrieb befindlichen Taxis würde nämlich eine anteilige Stehzeit von 51,25 % resultieren.

-

Die Zeit für Standplatzsuche ist der Stehzeit zuzurechnen, da diese Zeiten im wesentlichen aus dem Umstand herrühren, daß kein freier Standplatz vorgefunden wird.

-

Vernachlässigt ist weiters der Umstand, daß ein 'Mehr' an Taxis bzw. jede von der zum Zeitpunkt der Erhebung im Frühjahr 1989 abweichende Anzahl an Taxikonzessionen automatisch zu einer Veränderung der anteiligen Fahrzeiten, Stehzeiten usw. führt, da das absolute Fahrtenaufkommen eine Konstante darstellt, d.h. bei den in der Stadt Salzburg gegebenen Verhältnissen als von der Zahl der Taxikonzessionen unabhängig angesehen werden kann. Die vom Verfassungsgerichtshof vorgeschlagene Berechnungsweise vereinfacht bzw. vernachlässigt diesen Umstand nach ho. Auffassung in den Gegebenheiten nicht angemessener Weise.

Um den genannten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, wurde seinerzeit die vom Verfassungsgerichtshof kritisierte Berechnungsmethode gewählt, bei der das absolute Fahrtenaufkommen konstant, die anteilige Fahrtzeit hingegen und daraus resultierend die anteilige Stehzeit als von der Zahl der Taxikonzessionen abhängig angesetzt werden."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Anlaßbeschwerden sind zulässig. Der Verfassungsgerichtshof wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben. Dabei hätte er die Sbg. TaxiV 1989 anzuwenden. Diese als Verordnung zu qualifizierende Rechtsvorschrift ist untrennbar und daher zur Gänze präjudiziell.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Die Salzburger Taxiverordnung 1989 ist gesetzwidrig:

a) Schon die Ausgangsposition des Verordnungsgebers, es bestünden in der Stadt Salzburg 119 Auffahrmöglichkeiten auf Taxistandplätzen iS des §96 Abs4 StVO 1960, war - rückblickend betrachtet - unzutreffend: Der Verfassungsgerichtshof hat - wie erwähnt (s. o. I.4.) - die Sbg. StandplatzV mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1991, V234-237/91, als gesetzwidrig aufgehoben. Anlaßfälle hiefür waren die auf die Sbg. TaxiV 1989 bezughabenden Verordnungsprüfungsverfahren. Das wirkt sich auf diese Verfahren derart aus, als wären bei Erlassung der Sbg. TaxiV 1989 keine Taxistandplätze eingerichtet gewesen. Das Bestehen von Taxistandplätzen ist aber nach §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG (Text s. o. II. 1.a) Voraussetzung für die Erlassung einer Verhältniszahl- und einer Höchstzahlverordnung.

b) Der Verordnungsgeber hat darüber hinaus eine unrichtige Berechnungsmethode angewendet.

Dem Wortlaut des §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG zufolge hat er nämlich unter Bedachtnahme auf näher umschriebene Umstände zunächst die Verhältniszahl zu bestimmen und erst daraus die höchstzulässige Zahl der Taxikonzessionen zu berechnen. Wesentlich für die Frage, ob eine weitere Taxikonzession verliehen werden darf, ist ausschließlich die Höchstzahl, nicht aber die Verhältniszahl. An diese Verhältniszahl knüpfen sich keine Rechtsfolgen. Wenn sie dennoch vom Gesetz vorgesehen wird, kann das nur bedeuten, daß ihre Feststellung als Zwischenschritt (um zur Höchstzahl zu gelangen) zwingend vorgeschrieben ist. Es ist also - entgegen der Meinung des Landeshauptmannes - nicht belanglos, ob die Höchstzahl oder die Verhältniszahl zuerst berechnet wird; vielmehr gebietet das Gesetz, die Höchstzahl auf eine ganz bestimmte Weise festzustellen, nämlich eben vorerst die Verhältniszahl zu bestimmen und diese sodann mit den vorhandenen Stellplätzen zu multiplizieren.

Die Determinanten des §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG geben keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, wie die Höchstzahl ohne Vorschaltung der Verhältniszahl festgelegt werden könnte. Hingegen läßt sich aus dem Sinn des Gesetzes (nämlich das weitestmögliche Vermeiden von Leerfahrten durch Reservierung ausreichender Parkplätze) die zur Feststellung der Verhältniszahl führende Vorgangsweise entnehmen.

c) Aus diesen Gründen ist die Sbg. TaxiV 1989 gesetzwidrig. Es erübrigen sich weitere Erörterungen über die richtige Verhältniszahl und die richtige Höchstzahl.

Die Verordnung ist sohin als gesetzwidrig aufzuheben.

3.a) Von einer Fristsetzung iS des Art139 Abs5 B-VG wurde abgesehen; vielmehr wurde gemäß Art139 Abs6 B-VG ausgesprochen, daß die Verordnung nicht mehr anzuwenden ist. Dies deshalb, weil das Gesetz vollziehbar ist, auch wenn eine Verhältnis- und Höchstzahlverordnung nach §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG nicht besteht; solange eine neue TaxiV nicht erlassen ist, sind nämlich Taxikonzessionen eben ohne Rücksichtnahme auf eine Höchstzahl zu erteilen (vgl. VfGH 9.3.1990, V101/89).

b) Die Verpflichtung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zur Veröffentlichung der Aussprüche des Verfassungsgerichtshofes stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG (vgl. zB VfSlg. 7586/1975; VfGH 9.3.1990, V101/89).

4. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 4. März 1991 wurden zwar aus Anlaß dieser Verordnungsprüfungsverfahren Verfahren nach Art139 Abs1 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Sbg. StandplatzV 1988 eingeleitet (s.o. I.4.). Es war jedoch gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG entbehrlich, nach deren Abschluß eine fortgesetzte Verhandlung in diesen Verordnungsprüfungsverfahren durchzuführen.

Schlagworte

Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, VfGH / Fristsetzung, VfGH / Prüfungsmaßstab, Taxis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:V407.1990

Dokumentnummer

JFT_10088794_90V00407_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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