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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1994, Zl. 4.308.190/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist entweder am 6. Jänner oder am 10. Jänner 1991 aus der "früheren SFRJ" kommend in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 16. Jänner 1991 einen Asylantrag gestellt.
Mit dem am 18. Februar 1994 im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Februar 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid des Bundesministers für Inneres richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Asylgewährung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat (ohne die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zu prüfen) unter Heranziehung des Ausschließungsgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 dem Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung kein Asyl gewährt, daß dieser nach dem Verlassen der Türkei bereits im ehemaligen Jugoslawien um Asylgewährung ansuchen hätte können und dort bereits Verfolgungssicherheit erlangt habe.
Dieser Argumentation vermag der Beschwerdeführer weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er sich vor seiner Einreise (diese wird im angefochtenen Bescheid zuerst mit 6. Jänner 1991, später mit 10. Jänner 1991 und in der Beschwerde mit 6. Jänner 1991 datiert) in das österreichische Bundesgebiet auf Durchreise im ehemaligen Jugoslawien (SFRJ) aufgehalten hat, und daß ihm die Möglichkeit offenstand, in dem genannten Transitland um Asylgewährung anzusuchen. Für die frühere "SFRJ" (Jugoslawien) ist die Genfer Flüchtlingskonvention am 14. März 1960 mit der Maßgabe in Kraft getreten, daß sie hinsichtlich ihrer Konventionsverpflichtungen die Alternative b) des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die vor dem 1. Jänner 1951 in Europa oder anderswo eingetreten sind) anwenden wird (siehe BGBl. Nr. 86/1962). Umstände, die darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer im Jänner 1991 in der damals noch bestehenden SFRJ (im damaligen Jugoslawien) nicht vor Verfolgung sicher gewesen wäre, bzw. daß Gründe vorgelegen hätten, die den Beschwerdeführer gehindert hätten, in der früheren SFRJ länger zu bleiben und dort um Asyl anzusuchen, hat er konkrekt nicht geltend gemacht (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, Zl. 94/01/0039, und vom 23. März 1994, Zl. 94/01/0115).
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Argumente sind nicht geeignet, die Anwendung des herangezogenen Asylausschließungsgrundes durch die belangte Behörde zu entkräften:
Der Beschwerdeführer rügt wohl, daß die belangte Behörde noch weitere Ermittlungen über seine Verfolgungssicherheit und seinen Rückschiebungsschutz im ehemaligen Jugoslawien hätte vornehmen müssen, er unterläßt aber selbst konkrete Behauptungen in diese Richtung, weshalb ein allenfalls vorliegender derartiger Verfahrensmangel nicht als wesentlich erkannt werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/1139 und vom 21. April 1994, Zlen. 94/19/1004, 1005). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt es nach der im vorliegenden Fall anzuwendenden neuen Rechtslage des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 auf eine Kenntnis, Duldung oder Billigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers durch Behörden des Drittstaates jedenfalls nicht an. Zur näheren Begründung wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256 und vom 15. Dezember 1993, Zlen. 93/01/1244, 1245 verwiesen. Aber auch die Dauer des Aufenthaltes in einem Drittland ("Verweildauer") ist für die Annahme des herangezogenen Asylausschließungsgrundes nicht entscheidend, sondern vielmehr kommt es darauf an, ob der Flüchtende unter Bedachtnahme auf das in seinem Einzelfall zur Vermeidung seiner weiteren Verfolgung erforderliche Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor der Einreise nach Österreich hätte abbrechen können (vgl. die
hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357 und vom 26. Jänner 1994, Zlen. 93/01/0021, 0022).
Insoweit der Beschwerdeführer die Ansicht der belangten Behörde als dem Gesetzeswortlaut und den Gesetzesmaterialien widersprechend kritisiert, genügt es gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zl. 94/01/0163, zu verweisen. Aber auch die Auffassung des Beschwerdeführers, der von der belangten Behörde angenommene Verfolgungs- und Abschiebungsschutz im Drittstaat müsse "auch in der Gegenwart bzw. zum Entscheidungszeitpunkt" noch vorliegen, erweist sich als unzutreffend, weil es in diesem Zusammenhang nur darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich bereits in Jugoslawien vor Verfolgung sicher "war", und die Frage der Möglichkeit seiner Abschiebung aus Österreich bloß aufgrund der hiebei anzuwendenden fremdenpolizeilichen Vorschriften (§ 37 Fremdengesetz) zu beurteilen wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1522). Überdies ist dem Beschwerdeführer vollständigkeitshalber zu erwidern, daß Slowenien unter Bezugnahme auf die Mitgliedschaft der "früheren SFRJ" bei der Genfer Flüchtlingskonvention mit Wirkung vom 25. Juni 1991 ohne Einschränkung erklärt hat (BGBl. Nr. 806, 807/1993) sich auch weiterhin an die Genfer Flüchtlingskonvention (BGBl. Nr. 55/1955) und das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. Nr. 78/1974) gebunden zu erachten.
Da die belangte Behörde ohne die behaupteten Rechtsverletzungen den gebrauchten Asylausschließungsgrund heranziehen konnte, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1. Asylgesetz 1991, weshalb auch der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Richtigkeit seines Vorbringens zu überprüfen, keine Berechtigung zukommt.
Da der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994200188.X00Im RIS seit
20.11.2000