TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/15 93/01/1244

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Veröffentlicht am 15.12.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/12/1245

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerden 1. der NS in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, und 2. des ES, vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin als seine Mutter, diese vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 15. Juni 1993, Zl. 4.336.555/2-III/13/92 und Zl. 4.336.595/2-III/13/92; beide betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den Beschwerden und den ihnen angeschlossenen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide ergibt sich, daß mit den im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 15. Juni 1993 in Erledigung der von den Beschwerdeführern - Staatsangehörigen "der früheren SFRJ" - erhobenen Berufungen gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. April 1992 ausgesprochen wurde, daß ihnen Österreich kein Asyl gewähre.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, vom jeweiligen Beschwerdeführer in Ansehung des ihn betreffenden Bescheides erhobenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführern nicht nur deshalb kein Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 gewährt, weil sie ihre Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Selbst wenn daher die Beschwerdeführer - wie sie ebenfalls geltend machen - als Flüchtlinge anzusehen wären, wäre für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, wenn dieser Ausschließungsgrund vorliegt.

Die belangte Behörde nahm auf Grund der (übereinstimmenden) Angaben der Beschwerdeführer anläßlich ihrer niederschriftlichen Befragung am 15. April 1992, sie seien gemeinsam über Ungarn nach Österreich eingereist, an, daß sie bereits in diesem Staat vor Verfolgung sicher gewesen seien. Gleichlautend führte sie dazu aus, daß Verfolgungssicherheit insbesondere dann anzunehmen sei, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland "bzw. in einen Verfolgerstaat" abgeschoben zu werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes sei ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates nicht notwendig. Es hätten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit bestanden haben müssen, "ihn durch oder bei Kontaktaufnahme mit der Behörde zu aktualisieren".

Die Beschwerdeführer vermögen dieser Argumentation weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Die Rechtsausführungen der belangten Behörde stehen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Damit erweist sich auch der einzige von der Erstbeschwerdeführerin in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, es müsse bei Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" verlangt werden, daß der Aufenthalt des Asylwerbers "den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet und gebilligt wurde", als verfehlt. Der Zweitbeschwerdeführer beschränkt sich diesbezüglich auf die bloße Behauptung, daß er dann, wenn er in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen wäre, "sicherlich dort geblieben wäre, zumal" - womit er auf den von ihm und seiner Mutter geltend gemachten Fluchtgrund Bezug nimmt - "die medizinische Versorgung meiner Mutter und meiner Schwester auch in Ungarn gesichert ist". Er hat aber - ebenso wie die Erstbeschwerdeführerin - nicht dargetan, daß auf dem Boden der geltenden Rechtslage für ihn in Ungarn - das der Genfer Flüchtlingskonvention mit der für die Beschwerdeführer zutreffenden Alternative a) des Abschnittes B des Art. 1 beigetreten ist (siehe BGBl. Nr. 260/1992) - keine Verfolgungssicherheit bestanden habe.

Da somit schon aus diesem Grunde der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - und daher ohne Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung - als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigte sich auch eine Entscheidung des Berichters über die Anträge der Beschwerdeführer, ihren Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993011244.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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