TE Vwgh Erkenntnis 1994/7/14 92/17/0176

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Veröffentlicht am 14.07.1994
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Index

L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;
L34001 Abgabenordnung Burgenland;
L37161 Kanalabgabe Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BAO §19 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Bgld 1965 §77;
KanalabgabeG Bgld §2 Abs3 idF 1990/037;
KanalabgabeG Bgld §5;
KanalabgabeG Bgld §6;
LAO Bgld 1963 §17 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kramer sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die von Rechtsanwalt Dr. R in O unterschriebene Beschwerde des TV in S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 18. Mai 1992, Zl. II - V - 2/3 - 1992, betreffend Kanalanschlußbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Schachendorf), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. November 1989 hat der Bürgermeister der Gemeinde Schachendorf dem Beschwerdeführer unter Hinweis darauf, daß letzterer als Eigentümer des Grundstückes Nr. 388 bescheidmäßig zum Anschluß an die Kanalisationsanlage der mitbeteiligten Gemeinde verpflichtet worden sei, gemäß den "Bestimmungen der §§ 2, 3 und 5 des Bgld. Kanalabgabegesetzes

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KAbG - vom 25.06.1984, LGBl. Nr. 41/1984, über die Einhebung von Kanalabgaben in Zusammenhalt mit § 159 Landesabgabenordnung

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LAO - LGBl. Nr. 2/1963 i.d.F. LGBl. Nr. 1/1969 und 24/1983 und der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Schachendorf vom 27.10.1989" einen Anschlußbeitrag in der Höhe von

S 8.609,04 vorgeschrieben. In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß den Bestimmungen des Bgld. Kanalabgabegesetzes 1984 würden die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates zur Deckung der Errichtungskosten der Kanalisationsanlage einen einmaligen Anschlußbeitrag einzuheben. Das Beitragsausmaß ergebe sich aus dem mit der Berechnungsfläche vervielfachten Beitragssatz. Die Berechnungsfläche betrage insgesamt 260,88 m2; der Beitragssatz sei vom Gemeinderat durch Verordnung mit S 30,-- zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer festgesetzt worden. Abgabenschuldner sei derjenige Eigentümer, der nach dem Kanalanschlußgesetz rechtskräftig zum Anschluß verpflichtet oder dem der Anschluß rechtskräftig bewilligt worden sei, und zwar unabhängig davon, ob er die Kanalisationsanlage benütze oder nicht.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 8. März 1990, ergänzt mit Schriftsatz vom 6. April 1990, brachte der Beschwerdeführer vor, er sei entgegen der Behauptung im Bescheid nicht als Eigentümer zum Anschluß an die Kanalanlage verpflichtet worden. Vielmehr sei seinen Rechtsvorgängern über Ansuchen der Anschluß mündlich bewilligt worden. Die Kanalanschlußgebühr sei eine einmalige Gebühr. Mit Bescheid der Gemeinde vom 27. September 1972 sei seinen Rechtsvorgängern im Eigentum eine Kanalanschlußgebühr in der Höhe von S 1.300,-- vorgeschrieben worden. Die neuerliche Vorschreibung widerspreche dem Charakter der Einmaligkeit. Es werde ausdrücklich bemerkt, daß der Bescheid vom 27. September 1972 kein vorläufiger Bescheid gewesen sei. Daraus ergebe sich der Tatbestand der entschiedenen Sache, welche eine Wiederholbarkeit des Verfahrens ausschließe. Der tatsächliche Anschluß sei im Jahre 1965/1966 erfolgt. Es sei daher absolute Verjährung eingetreten, wobei auch allfällige mehrmalige Unterbrechungen der Bemessungsverjährung innerhalb der Grenzen der absoluten Verjährung rechtlich durchaus möglich seien. Dem errechneten Anschlußbeitrag würden S 0,-- als geleistete Akontozahlungen gegenübergestellt. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer am 18. Juni 1967 den Betrag von S 1.300,-- als Kanalanschlußgebühr überwiesen. Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes werde die valorisierte Anrechnung dieser Zahlung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 19. April 1990 zeigte der Beschwerdeführer die Inanspruchnahme der Ausnahme vor der Anschlußverpflichtung hinsichtlich der auf dem gegenständlichen Grundstück befindlichen Garage, mit weiterem Schriftsatz vom 3. Juli 1990 auch hinsichtlich der Kellerräume im Wohnhaus an.

Im ersten Rechtsgang hat die belangte Behörde den über diese Berufung ergangenen, teilweise stattgebenden Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Schachendorf vom 2. März 1991 über Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 1. August 1991 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde mit der Begründung verwiesen, mit Bescheid vom 20. Juni 1974 seien die Voreigentümer des Beschwerdeführers zum Kanalanschluß verpflichtet worden. Dieser Bescheid sei lediglich gegenüber JV in Rechtskraft erwachsen, nicht aber auch gegenüber AV (auf das in dieser Angelegenheit ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, Zl. 84/05/0254, werde verwiesen). Der Beschwerdeführer sei "Rechtsnachfolger" nach JV. Hinsichtlich der geltend gemachten "res judicata" zufolge eines Bescheides vom 7. November 1973 werde auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach entschiedene Sache nur vorläge, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe. Mit Bescheid vom 19. Oktober 1975 sei der Gemeinde Schachendorf die wasserrechtliche Bewilligung für die Ortskanalisation erteilt worden. Mit Vorstellungsbescheid vom 11. September 1978 sei mit Bindungswirkung festgestellt worden, daß durch die Errichtung einer Zentralkläranlage der Tatbestand der wesentlichen Änderung der Gemeindekanalisationsanlage eintrete, weshalb die Neuberechnung der Anschlußgebühr gerechtfertigt sei. Mit Vorstellungsentscheidung vom 18. April 1985 sei weiters mit Bindungswirkung für das weitere Verfahren ausgesprochen worden, daß gemäß § 15 Abs. 3 KAbG vom neuen Eigentümer (dem Beschwerdeführer) der Anschlußbeitrag zu erheben sei. Durch die Übergangsbestimmungen des § 15 KAbG sei nämlich das Entstehen des Abgabenanspruches in einer Reihe von Fällen geregelt worden, was zu einer Durchbrechung der Verjährung führen könne. Gemäß § 15 Abs. 3 KAbG entstehe der Abgabenanspruch hinsichtlich des Anschlußbeitrages neuerlich mit 1. Dezember 1984, auch wenn der Bescheid über die Anschlußverpflichtung bereits vorher ergangen sei, soferne keine endgültige Kanalanschlußgebühr nach den bisherigen Bestimmungen eingehoben worden sei. Aber auch wenn die Gemeinde Vorauszahlungen auf die Kanalanschlußgebühr vorgeschrieben habe, könne gemäß § 15 Abs. 3 KAbG der Anschlußbeitrag nach dem KAbG eingehoben werden, weil § 15 Abs. 3 KAbG voraussetze, daß bisher keine endgültige Kanalanschlußgebühr erhoben worden sei. Aus der Sonderregelung des § 15 Abs. 4 zweiter Satz KAbG, die sich ausdrücklich mit der vorläufigen Anschlußgebühr befasse, sowie aus § 15 Abs. 4 erster Satz KAbG, der andere Arten der Anschlußgebühr behandle, sei zu schließen, daß unter Anschlußgebühr im § 15 Abs. 3 KAbG nur die endgültige Anschlußgebühr zu verstehen sei. Gemäß § 2 Abs. 7 KAbG gelte die fünfjährige Verjährungsfrist, die mit dem Ablauf des Jahres beginne, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei, hinsichtlich des Anschlußbeitrages gemäß § 5 Abs. 3 KAbG mit Rechtskraft des Bescheides über die Anschlußverpflichtung oder Anschlußbewilligung. Am 9. Mai 1984 habe der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers die Erlassung eines endgültigen Bescheides beantragt. Der Bescheid vom 14. November 1979 sei ausdrücklich als "vorläufige" Kanalanschlußgebühr bezeichnet. Der Beschwerdeführer stütze sich betreffend "Valorisierung" auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, übersehe dabei aber, daß sich die Rechtslage geändert habe und der vorläufige Anschlußbeitrag gemäß § 5 Abs. 4 KAbG auf den Anschlußbeitrag in der Höhe des tatsächlich geleisteten Betrages anzurechnen sei. Die Abgabenbehörde habe ferner zu Recht den Beitragssatz, der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches in Geltung gestanden sei, der Vorschreibung zugrundegelegt. Der Beschwerdeführer sei daher in diesen Punkten nicht in seinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt.

Das Gesetz vom 5. März 1991 (richtig wohl: 1990), mit dem das Kanalabgabegesetz abgeändert worden sei, sei im Landesgesetz unter der Nummer 37 verlautbart. Das Gesetz sei mit 31. März 1990 in Kraft gesetzt worden und die im Zeitpunkt des Inkrafttretens anhängigen Abgabenverfahren seien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Die Abgabenbehörden hätten in ihren Entscheidungen diese Änderungen der Rechtslage nur hinsichtlich des Antrages vom 3. Juli 1990, nicht aber hinsichtlich des Antrages vom 19. April 1990 berücksichtigt und dadurch den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Im fortgesetzten Verfahren werde ein Ermittlungsverfahren gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3

Bgld. Kanalanschlußgesetz 1989, Landesgesetzblatt Nr. 27/1990, durchzuführen und danach die Nutzfläche gemäß § 5 Abs. 2 Z. 2 KAbG zu berechnen sein. Schließlich wären in diesem Verfahren auch die Bestimmungen des § 155 LAO zu beachten.

Der Gemeinderat der Gemeinde Schachendorf hat sodann mit Bescheid vom 30. Dezember 1991 der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 21. November 1989 stattgegeben und den Kanalanschlußbeitrag wie folgt neu festgesetzt:

    "Berechnungsfläche (214,68 m2)

    x Beitragssatz (S 30,--)........................S 6.440,40

    gerundet gemäß § 155 LAO........................S 6.440,--

    zuzüglich gesetzliche Umsatzsteuer (10 %).......S   644,--

    Anschlußbeitrag.................................S 7.084,--

    abzüglich a-conto-Zahlung.......................S 1.300,--

    Restbetrag......................................S 5.784,--"

    Diese Entscheidung wurde damit begründet, daß mit

Kaufvertrag vom 2. November 1982 die Ehegatten V "das Wohnhaus"

an den Sohn (Beschwerdeführer) veräußert hätten. Mit Bescheid

vom 20. Juni 1974 seien die Voreigentümer zum Anschuß an die

öffentliche Kanalanlage verpflichtet worden. Dieser Bescheid

sei zunächst nur an JV zugestellt und ihm gegenüber in

Rechtskraft erwachsen. Hinsichtlich der Verjährung des

Abgabenanspruches werde auf die Übergangsbestimmungen des § 15

Abs. 3 KAbG, LGBl. Nr. 41/1984, sowie auf die Ausführungen des

Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom

18. April 1985 verwiesen. Die Voreigentümer hätten am

18. Juni 1967 eine Vorauszahlung an Kanalanschlußgebühr in der

Höhe von S 1.300,-- überwiesen. Diese Vorauszahlung sei auf den

vorgeschriebenen Kanalanschlußbeitrag angerechnet worden, sodaß

nunmehr der Restbetrag von S 5.784,-- verbleibe. Bei der

Berechnung des Kanalanschlußbeitrages seien die Kellerräume

sowie die Garage nicht in die Berechnungsfläche als Nutzfläche

einbezogen worden. Es ergebe sich somit eine Berechnungsfläche

von 214,68 m2. Unter Zugrundelegung des Beitragssatzes von

S 30,-- werde der Kanalanschlußbeitrag mit S 6.440,--

(abgerundet gemäß § 155 ALO) zuzüglich der gesetzlichen

Umsatzsteuer festgesetzt.

In der dagegen erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, der tatsächliche Kanalanschluß sei im Jahre 1965/66 erfolgt. Es sei daher gemäß § 158 Abs. 3 LAO die absolute Verjährung eingetreten. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, daß die Änderung der Rechtslage nicht zum Tragen komme, weil die Gesetzesänderung (LGBl. Nr. 41/1984) nicht dazu führe, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits absolut verjährte Abgabenansprüche wiederum auflebten. Mit Bescheid der Gemeinde vom 2. Dezember 1985 sei die Kanalanschlußgebühr für das Wohnhaus rechtskräftig mit Null festgesetzt worden. Es liege demnach entschiedene Sache vor. Die Behörde verkenne, daß im Abgabenrecht auf Grund des § 3 LAO der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben gelte. Demnach sei für die Einhebung und Bemessung von Abgaben jene Rechtslage maßgebend, unter deren zeitlicher Geltung der Abgabentatbestand verwirklicht worden sei. Es sei daher der Beitragssatz von S 20,-- und nicht von S 30,-- zugrundezulegen gewesen. Die Ausführungen betreffend § 15 Abs. 3 KAbG gingen ins Leere, da nicht von der Verjährung, sondern von der absoluten Verjährung die Rede gewesen sei. Die Behörden müßten darauf aufmerksam gemacht werden, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bindung der Gemeindebehörden an die von der Vorstellungsbehörde in der Begründung ihres aufhebenden Bescheides geäußerte Rechtsansicht sich nur auf den Teil der Begründung, welcher die Aufhebung trage, erstrecke. Die Verpflichtung, einen Kanalanschlußbeitrag zu bezahlen, verbleibe, wenn das Grundstück verkauft werde und der Kanalanschluß vor dem Verkauf durchgeführt worden sei, beim alten Eigentümer.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Mai 1992 wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wiederholte die belangte Behörde im wesentlichen die Entscheidungsgründe des Bescheides vom 1. August 1991 unter Weglassung der im ersten Rechtsgang maßgebenden tragenden Gründe der Aufhebung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit (erkennbar:) des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird unter anderem behauptet, es liege eine bereits entschiedene Sache vor. Hiezu verweist der Beschwerdeführer auf den von ihm im Berufungsverfahren in Ablichtung angeschlossenen Bescheid vom 7. November 1973, wonach mit Berufungsvorentscheidung der gegen den Bescheid der Gemeinde Schachendorf vom 6. März 1973 erhobenen Berufung stattgegeben und die Kanalanschlußgebühr mit 0,-- S festgesetzt wurde. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, eine Anschlußgebühr werde auf Grund des vorliegenden Projektes und der angesuchten wasserrechtlichen Bewilligung sowie des Landesgesetzes Nr. 1/1957 i.d.F. des Landesgesetzes Nr. 9/1967 zu einem späteren Zeitpunkt vorgeschrieben. Mit Bescheid vom 14. November 1979 - so lautet das Beschwerdevorbringen weiter - habe die Gemeinde Schachendorf die vorläufige Kanalanschlußgebühr mit S 9.520,42 festgesetzt und anschließend nach erhobener Berufung auf S 8.177,76 vermindert. Mit Schreiben vom 18. Mai 1984 habe der Beschwerdeführer die Erlassung des endgültigen Bescheides beantragt. Mit Bescheid vom 2. Dezember 1985 sei die endgültige Kanalanschlußgebühr für das Wohnhaus mit S 0,-- bestimmt worden. Am 13. Februar 1986 habe er den bezahlten Kanalanschlußbeitrag rücküberwiesen erhalten.

Die Behauptung, es sei bereits mit Bescheid vom 2. Dezember 1985 eine rechtskräftige Vorschreibung des (endgültigen) Kanalanschlußbeitrages erfolgt, hat der Beschwerdeführer bereits in der Vorstellung gegen den Berufungsbescheid vom 30. Dezember 1991 erhoben. Der angefochtene Bescheid geht auf diese Behauptung jedoch nicht ein, obwohl ein Neuerungsverbot im Vorstellungsverfahren nach der Burgenländischen Gemeindeordnung (§ 77) nicht besteht. Der in Rede stehende Bescheid vom 2. Dezember 1985 befindet sich im übrigen auch nicht in den Verwaltungsakten. Wurde über den endgültigen Kanalanschlußbeitrag jedoch bereits entschieden, dann erweist sich die neuerliche Vorschreibung des Kanalanschlußbetrages wegen entschiedener Sache als rechtswidrig. Die belangte Behbörde hätte diese Behauptung überprüfen oder dem Berufungsbescheid aufheben müssen. Da sie dies in Verkennung der Rechtslage nicht tat, hat sie ihrerseits schon aus diesem Grund den nunmehr angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Nach § 2 Abs. 3 KAbG 1984 i.d.F. LGBl. Nr. 37/1990 ist Abgabenschuldner hinsichtlich des Erschließungsbeitrages und des vorläufigen Anschlußbeitrages der Eigentümer der Anschlußgrundfläche. Hinsichtlich der übrigen Kanalisationsbeiträge ist Abgabenschuldner derjenige Eigentümer der Anschlußgrundfläche, der nach dem Kanalanschlußgesetz rechtskräftig zum Anschluß verpflichtet oder dem der Anschluß rechtskräftig bewilligt wurde, und zwar unabhängig davon, ob er die Kanalisationsanlage benützt oder nicht.

Demnach ist nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung Abgabenschuldner des Kanalanschlußbeitrages derjenige Eigentümer, der rechtskräftig zum Anschluß verpflichtet oder dem der Anschluß rechtskräftig bewilligt wurde. Dies ist im Beschwerdefall nach dem bis 31. März 1990 geltenden Kanalanschlußgesetz, LGBl. Nr. 8/1967 zu beurteilen, das noch keine dingliche Wirkung kannte. Nach § 2 Abs. 3 KAbG. 1984 ist daher im Beschwerdefall nicht dem Eigentümer im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches, sondern dem Eigentümer vorzuschreiben, an den die Anschlußverpflichtung bzw. -bewilligung ergangen ist. Im Falle einer Einzelrechtsnachfolge (z.B. Kauf) kann somit nur der Rechtsvorgänger, dem gegenüber die Verpflichtung bzw. Bewilligung zum Kanalanschluß rechtskräftig geworden ist, als Abgabenschuldner herangezogen werden (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 5. April 1991, Zl. 86/17/0199). Anders allerdings verhält es sich im Falle der Gesamtrechtsnachfolge, weil dabei der Nachfolger in die gesamte Rechtsstellung des Rechtsvorgängers bezüglich aller Rechte und Pflichten sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht eintritt.

Im angefochtenen Bescheid wird zwar der Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger nach dem rechtskräftig Anschlußverpflichteten bezeichnet, nicht jedoch klargestellt, ob er im Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung auch tatsächlich Gesamtrechtsnachfolger war - Einzelrechtsnachfolger war der Beschwerdeführer jedenfalls mit dem Kauf des Grundstückes am 2. November 1982. Im Fall der Einzelrechtsnachfolge aber hätte die Vorschreibung nicht an den Beschwerdeführer, sondern an seinen Rechtsvorgänger ergehen müssen. Die Frage, ob mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 18. April 1985 mit Bindungswirkung - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt - ausgesprochen wurde, daß der Anschlußbeitrag vom neuen Eigentümer (Beschwerdeführer) zu erheben sei, kann mangels Vorliegens dieses Bescheides in den Verwaltungsakten nicht überprüft werden. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang jedoch, daß ein aufhebender Vorstellungsbescheid nur bezüglich der tragenden Gründe der Aufhebung Bindungswirkung entfalten kann. Übrigens befinden sich auch die im angefochtenen Bescheid erwähnten Bescheide vom 14. November 1979 und vom 9. Mai 1984 nicht in den Verwaltungsakten, sodaß auf sie nicht eingegangen werden kann.

Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß ein Haftungsbescheid nach § 2 Abs. 5 KAbG. 1984 nicht vorliegt.

Da in Verkennung der Rechtslage ausreichend konkrete Feststellungen über die Rechtsstellung des Beschwerdeführers unterblieben sind, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Auf das weitere Beschwerdevorbringen war daher nicht mehr einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war somit aus den angeführten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht Vorstellung Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992170176.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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