TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/5 86/17/0199

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Veröffentlicht am 05.04.1991
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Index

L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;
L37168 Kanalabgabe Vorarlberg;
L82308 Abwasser Kanalisation Vorarlberg;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

AbgRallg;
AbgVG Vlbg 1984 §3 Abs2;
BAO §4 Abs4;
KanalisationsG Vlbg 1976 §14 Abs8;
KanalisationsG Vlbg 1976 §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde der X-GmbH gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 7. Oktober 1986, Zl. IIIa 221/34, betreffend Vorschreibung eines Kanalanschlußbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Schwarzenberg), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Schwarzenberg Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. August 1982 wurde die beschwerdeführende Partei (daß sie im angefochtenen Bescheid mit dem aus dem Handelsregister nicht ersichtlichen Zusatz "in Liquidation" bezeichnet wird, hat auf die Nämlichkeit der Rechtsperson keinen Einfluß) verpflichtet, gemäß § 5 des Kanalisationsgesetzes, Vorarlberger Landesgesetzblatt Nr. 33/1976 (im folgenden: Vlbg KanalG), das Bauwerk Haus Nr. nn bis zum Herbst 1982 an die öffentliche Kanalisation anzuschließen. Der tatsächliche Anschluß wurde im Herbst 1982 durchgeführt.

Mit Kaufvertrag vom 14. März 1984 veräußerte die Beschwerdeführerin dieses Bauwerk und ist seit diesem Zeitpunkt nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft.

1.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. September 1985 wurde der beschwerdeführenden Partei ein Kanalanschlußbeitrag in der Höhe von S 24.032,80 vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und wendete ein, daß sie nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft sei und daher zur Leistung des Kanalanschlußbeitrages nicht herangezogen werden dürfe.

1.3. Mit dem auf Grund des Beschlusses der Abgabenkommission vom 28. Mai 1986 ausgefertigten Bescheid vom 2. Juni 1986 wurde dieser Berufung keine Folge gegeben.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

1.4. Mit Bescheid vom 7. Oktober 1986 gab die Vorarlberger Landesregierung der Vorstellung gemäß §§ 5, 11, 14 und 27 Vlbg KanalG keine Folge. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Behörde gemäß § 5 Vlbg KanalG dem Eigentümer des Bauwerkes oder der befestigten Fläche (Anschlußpflichtiger) den Anschluß mit Bescheid aufzutragen. Dies sei mit rechtskräftigem Bescheid aus 1982 geschehen. Die aufgetragene Verpflichtung sei durch den tatsächlichen Anschluß des Bauwerkes im Herbst 1982 erfüllt worden. Aus diesem Grund sei hier kein Übergang von Verpflichtungen mehr möglich und auch nicht notwendig. In weiterer Folge könne sohin auch § 27 leg. cit., in welchem normiert werde, daß alle dem Anschlußpflichtigen nach den Abschnitten 1 bis 3 erwachsenen Rechte und Pflichten auf den jeweiligen Eigentümer des Bauwerkes oder der befestigten Fläche übergingen, nicht zum Tragen kommen. Im Abschnitt 4 des KanalG, sohin außerhalb der in § 27 angeführten Abschnitte, seien die Kanalisationsbeiträge geregelt. Zum Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches nach § 14 Abs. 8 leg. cit. sei die Beschwerdeführerin Eigentümerin und damit Abgabenschuldnerin gewesen. An der Stellung als Abgabenschuldnerin habe der am 14. März 1984 abgeschlossene Kaufvertrag und der in der Folge eingetretene Eigentümerwechsel nichts geändert.

1.5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, daß gemäß § 27 Vlbg KanalG alle dem Anschlußpflichtigen nach den Abschnitten 1 bis 3 erwachsenen Rechte und Pflichten auf den jeweiligen Eigentümer des Bauwerkes oder der befestigten Fläche übergingen. Die Verpflichtung zum Anschluß sei auf Grund des § 5, also einer Bestimmung des 2. Abschnittes des Gesetzes, erfolgt. Im Zeitpunkt der Erlassung des Beitragsbescheides sei daher nicht mehr die Beschwerdeführerin Anschlußpflichtige gewesen, sondern auf Grund des Pflichtenüberganges ex lege der neue Eigentümer.

1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Auch die mitbeteiligte Gemeinde erstattete einen Schriftsatz, in dem sie sich den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde vollinhaltich anschloß und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Der im Beschwerdefall auslegungsbedürftige § 27 Vlbg KanalG, dessen Überschrift "Übergang von Rechten und Pflichten" lautet, bestimmt:

"Alle dem Anschlußpflichtigen nach den Abschnitten 1 bis 3 erwachsenen Rechte und Pflichten gehen auf den jeweiligen Eigentümer des Bauwerkes oder der befestigten Fläche über."

Von den genannten Abschnitten des Gesetzes enthält der

1. Abschnitt ("Allgemeine Bestimmungen") die Verpflichtung der Gemeinde zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage sowie Begriffsbestimmungen.

Der 2. Abschnitt ("Anschluß an die Abwasserbeseitigungsanlage") umfaßt Bestimmungen über Einzugsbereich, Anschlußpflicht, Anschlußrecht (§ 3), über Ausnahmen hievon (§ 4), über den Anschlußbescheid (§ 5), über die Vorbehandlung der Abwässer (§ 6), über Beschaffenheit und zeitlichen Anfall der Abwässer (§ 7) sowie über die Kanalverlegung über fremde Grundstücke (§ 8). In diesem

2. Abschnitt ist in § 3 Abs. 3 die Anschlußpflicht und die Anschlußberechtigung normiert. Danach sind, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die Eigentümer von Bauwerken oder befestigten Flächen, die im Einzugsbereich eines Sammelkanales liegen, verpflichtet und berechtigt, diese an den Sammelkanal anzuschließen sowie die anfallenden Abwässer und Niederschlagswässer in die Abwasserbeseitigungsanlage einzuleiten. Gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde dem Eigentümer des Bauwerkes oder der befestigten Fläche (Anschlußpflichtiger) den Anschluß mit Bescheid aufzutragen.

Im 3. Abschnitt ("Errichtung, Erhaltung und Wartung von Anlagen") sind Regelungen über die Pflichten des Anschlußpflichtigen bei der Errichtung, Erhaltung und Wartung von Anschlußkanälen und Anlagen zur Vorbehandlung der Abwässer enthalten.

Der 4. Abschnitt enthält Bestimmungen über die Kanalisationsbeiträge, der 5. Abschnitt über Kanalbenützungsgebühren. Innerhalb des 4. Abschnittes bestimmt § 11 Abs. 4 Vlbg KanalG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 62/1988), daß Abgabenschuldner hinsichtlich des Erschließungsbeitrages der Grundstückseigentümer, hinsichtlich der übrigen Kanalisationsbeiträge der Anschlußpflichtige ist. Gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. kann für den Anschluß von Bauwerken und befestigten Flächen an einen Sammelkanal ein Anschlußbeitrag erhoben werden. Nach § 14 Abs. 8 leg. cit. (Absatzbezeichnung in der Fassung LGBl. Nr. 16/1982) entsteht beim Anschlußbeitrag der Abgabenanspruch mit der Rechtskraft des Anschlußbescheides, frühestens jedoch mit dem im Anschlußbescheid festgesetzten Zeitpunkt des Anschlusses.

2.2.1. Die folgenden unterstrichenen Worte im § 27 Vlbg KanalG "Alle dem Anschlußpflichtigen NACH DEN ABSCHNITTEN 1 BIS 3 erwachsenen Rechte und Pflichten gehen ... über" können sprachlich zunächst auf den "Anschlußpflichtigen" oder "die erwachsenen Rechte und Pflichten" bezogen werden. Die erstere Deutungsmöglichkeit ergibt allerdings keinen Sinn, weil die Umschreibung des Anschlußpflichtigen, also die Bestimmung der Sachverhalte, die zur Anschlußpflicht einer Person führen, nur in den §§ 3 und 4 (in Verbindung mit § 5) des 2. Abschnittes, nicht aber im 1. und 3. Abschnitt erfolgt. Einen Anschlußpflichtigen nach dem 1. oder 3. Abschnitt, also "im Sinne" dieser beiden Abschnitte, gibt es nicht. Daher ist die in Rede stehende Wendung auf die "erwachsenen Rechte und Pflichten" zu beziehen. Dies gibt nicht nur für die Abschnitte 2 und 3 einen klaren Sinn, sondern auch für Abschnitt 1, soweit die dort enthaltenen Begriffsbestimmungen verwiesener Inhalt der Normen in Abschnitt 2 und 3 sind.

Die Zweifelsfrage, die durch die grammatikalische Auslegung nicht entschieden werden konnte, wird somit durch die systematische Auslegung eindeutig dahingehend gelöst, daß nur Rechte und Pflichten, die in den Abschnitten 1 bis 3 geregelt sind, auf den jeweiligen Eigentümer des Bauwerkes oder der befestigten Fläche übergehen.

Für das Abgabenschuldverhältnis ist eine solche "in-rem-Wirkung" oder "dingliche Wirkung" im Vlbg KanalG nicht vorgesehen. Einer solchen ausdrücklichen und klaren Regelung - die im übrigen vom sonstigen System des Abgabenrechtes abweichen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1985, Zl. 84/17/0046, betreffend die Verneinung der in-rem-Wirkung der Abgabenschuld nach § 9 NÖ KanalG) - hätte es allerdings bedurft, um in dem nach § 14 Abs. 8 Vlbg KanalG entstandenen Abgabenschuldverhältnis einen Schuldnerwechsel bei jedem Eigentümerwechsel annehmen zu können.

2.2.2. Der Abgabenanspruch ist im vorliegenden Fall gemäß § 3 Abs. 1 des Abgabenverfahrensgesetzes - AbgVG, Vlbg LGBl. Nr. 23/1984, in Verbindung mit § 14 Abs. 8 Vlbg KanalG in einem Zeitpunkt entstanden, als die beschwerdeführende Partei noch Eigentümerin des anschlußpflichtigen Bauwerkes (Liegenschaft) war. Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit der Abgabe hingegen ist gemäß § 3 Abs. 2 AbgVG ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches. Mangels einer besonderen gesetzlichen Regelung über einen an den Eigentumswechsel anknüpfenden Schuldnerwechsel haben die Gemeindeabgabenbehörden die Beitragsvorschreibung nicht dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet, daß sie diese an die beschwerdeführende Partei und nicht an den Nachfolger im Eigentum gerichtet haben.

2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Vorstellungsbescheid weder mit der von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten noch mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit belastet hat.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1986170199.X00

Im RIS seit

05.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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