TE Vfgh Erkenntnis 1992/3/12 V293/91, V294/91, V295/91, V296/91, V311/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.1992
beobachten
merken

Index

50 Gewerberecht
50/03 Personen- und Güterbeförderung

Norm

TaxiV Schwechat des LH von Nö vom 23.05.89, LGBl 7001/5-0, über die Höchstzahlen von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Schwechat, einschließlich Flughafen Wien-Schwechat
GelVerkG §10 Abs2

Leitsatz

Aufhebung einer Verordnung über die Höchstzahlen von Taxi-Kraftfahrzeugen in Schwechat wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Berechnungsmethode

Spruch

Die Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. Mai 1989, LGBl. 7001/5-0, über die Höchstzahlen von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Schwechat, einschließlich Flughafen Wien-Schwechat, war gesetzwidrig.

Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) aa) Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zlen. B314,397,424 und 495/91 Verfahren über - auf Art144 Abs1 B-VG gestützte - Beschwerden anhängig, denen jeweils folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Der Landeshauptmann von Niederösterreich wies mit den im Instanzenzug ergangenen zwei Bescheiden vom 19. Feber 1991 sowie mit Bescheiden vom 5. März 1991 und 12. März 1991 die Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung einer Konzession zum Betrieb des Taxi-Gewerbes mit dem Standort in Schwechat gemäß §10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBl. 85/1952 (GelVerkG) idF der Novelle BGBl. 125/1987, iVm der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. Mai 1989, LGBl. 7001/5-0, über die Höchstzahlen von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Schwechat, einschließlich Flughafen Wien-Schwechat (TaxiV Schwechat 1989), mit der Begründung ab, daß die in dieser Verordnung festgesetzte Höchstzahl der für das Betreiben des Taxigewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeuge bereits erreicht sei.

Gegen diese Bescheide wenden sich die erwähnten Verfassungsgerichtshofbeschwerden.

bb) Der Verfassungsgerichtshof beschloß am 3. Oktober 1991 aus Anlaß dieser vier Beschwerden gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der TaxiV Schwechat 1989 von Amts wegen zu prüfen. (Näheres s.u. II.2.). Diese Einleitungsbeschlüsse sind unter den Zlen. V293-296/91 protokolliert.

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat am 27. November 1991 zu seiner Zl. A115/91 aus Anlaß des bei ihm unter Zl. 91/03/0270 anhängigen Beschwerdeverfahrens gemäß Art139 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, die TaxiV Schwechat 1989 als gesetzwidrig aufzuheben (hg. protokolliert unter V311/91).

Der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde liegt ein ähnlicher Sachverhalt wie den Verfassungsgerichtshofbeschwerden (s. die vorstehende lita) zugrunde.

2.a) Der Landeshauptmann von Niederösterreich erstattete in den Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung, in der er die Gesetzmäßigkeit der TaxiV Schwechat 1989 verteidigt und beantragt, die in Prüfung gezogene Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben (Näheres s.u. II.3.).

b) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr verweist in seiner Stellungnahme lediglich auf diese Äußerung des Landeshauptmannes.

II. 1. Die hier in Betracht zu ziehenden Rechtsvorschriften lauten:

a) Gelegenheitsverkehrs-Gesetz (GelVerkG), BGBl. 85/1952 idF der Novelle BGBl. 125/1987:

"§3. (1) Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§2 Abs1) dürfen nur erteilt werden für folgende Arten des gewerbsmäßigen Gelegenheitsverkehrs:

    1. . . . . .

    3. für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu

jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden

oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen angefordert

werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes Platzfuhrwerks-Gewerbe

(Taxi-Gewerbe)); oder

    4. . . . . ."

    "§5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn die

Voraussetzungen für die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes

(§25 GewO 1973) erfüllt sind. Wenn es sich nicht um die Erteilung

einer Konzession für das Hotelwagen-Gewerbe handelt, muß die

Leistungsfähigkeit des Betriebes gegeben sein. . . . .

    (2) Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Betriebes

hat die Behörde darauf Bedacht zu nehmen, daß die wirtschaftliche

Lage des Bewerbers, insbesondere seine Einkommens- und

Vermögensverhältnisse, die ordnungsgemäße Gewerbeausübung erwarten

läßt.

    (3) . . . . ."

"§10. (1) Der Bundesminister für Verkehr (nunmehr: Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) kann für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbe mit Verordnung Vorschriften erlassen über

1. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst tätigen Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit;

2. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderliche Beschaffenheit, Ausrüstung und Kennzeichnung der bei der Gewerbeausübung verwendeten Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit und Eignung, insbesondere auch für Zwecke des Fremdenverkehrs;

3. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Betriebs- und Beförderungsbedingungen; im Platzfuhrwerks-Gewerbe kann Beförderungspflicht und die Anbringung eines Fahrpreisanzeigers ....... vorgeschrieben werden, ......

(2) Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung und im Interesse der die Leistungen des betreffenden Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weitere Vorschriften, insbesondere über ein Verbot oder eine Beschränkung des Auffahrens auf Standplätzen (§96 Abs4 StVO 1960) einer Gemeinde mit Taxifahrzeugen, die auf Grund von Konzessionen mit einem Standort außerhalb der betreffenden Gemeinde eingesetzt werden, über eine bestimmte Reihenfolge im Auffahren auf Standplätzen, über die Entgegennahme von Fahrtaufträgen mittels Standplatztelefon oder Funk sowie über den Nachtdienst durch Verordnung festzulegen.

(Verfassungsbestimmung) Weiters hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung sowie unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unter Berücksichtigung der Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze (§96 Abs4 StVO) sowie der Anzahl und Dauer der durchschnittlich durchgeführten Fahrten für jeweils drei Jahre durch Verordnung festzulegen, daß in Gemeinden, in denen Standplätze eingerichtet sind und für deren Gebiet ein verbindlicher Tarif gemäß §10a Abs1 oder 2 verordnet wurde, Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes nur bis zu jener Höchstzahl erteilt werden dürfen, die einer in der Verordnung bestimmten Verhältniszahl, bezogen auf die Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen, entspricht; die sich so ergebenden Höchstzahlen von für das Betreiben des Platzfuhrwerk-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen sind entsprechend kundzumachen.

(3) . . . . ."

b) Taxiverordnung Schwechat 1989:

Die aufgrund des §10 Abs2 letzter Satz GelVerkG erlassene, oben zu I.1.a.aa näher zitierte TaxiV Schwechat 1989 lautet:

"Die Zahl der Auffahrmöglichkeiten zur Anzahl der Taxifahrzeuge hat sich wie 1:6,625 zu verhalten; hieraus ergibt sich eine Höchstzahl von 106.

Diese Verordnung tritt 3 Jahre nach dem Inkrafttreten außer Kraft." (Die Verordnung trat mit Ablauf des 30. Mai 1989 in Kraft.)

Die TaxiV Schwechat 1989 trat aufgrund des §2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. Feber 1992, LGBl. 7001/5-0 mit 29. Feber 1992 außer Kraft.

2.a) Der Verfassungsgerichtshof hat im Einleitungsbeschluß vom 3. Oktober 1991 (s.o. I.1.a.bb) das Bedenken geäußert, daß die TaxiV Schwechat 1989 aus folgenden Gründen dem §10 Abs2 letzter Satz GelVerkG idF der Novelle 1987 widerspreche:

"a) Aus dem vorgelegten Verordnungsakt des Landeshauptmannes von Niederösterreich, Zl. V/1-A-266-Sch, vor allem aus den die TaxiV Schwechat 1989 betreffenden 'Erläuterungen' vom 23. Mai 1989 (S 343 ff. des Aktes), ergibt sich, daß die Behörde insbesondere aufgrund eigener Erhebungen, zweier Sachverständigengutachten und von Stellungnahmen der Handelskammer Niederösterreich von folgendem Sachverhalt ausgegangen ist: Im Stadtgebiet Schwechat selbst befindet sich ein Standplatz mit 3 Auffahrmöglichkeiten für Taxis. Beim Flughafen Wien-Schwechat (der im Gebiet der Stadtgemeinde Schwechat liegt) sind drei Standplätze mit insgesamt 13 Auffahrmöglichkeiten verordnungsmäßig eingerichtet. Außerdem gibt es am Flughafenareal einen privaten Abstellplatz für 55 Taxis, die auf die Auffahrt zu den erwähnten verordnungsmäßig eingerichteten Taxistandplätzen warten. Damit ergeben sich in Schwechat insgesamt 71 reservierte Parkplätze für Taxis, die auf Fahrgäste warten.

An diese Feststellungen werden in den 'Erläuterungen' folgende Schlußfolgerungen geknüpft:

'Die festzulegende Höchstzahl errechnet sich aus der Summe der maximal in Warteposition befindlichen Fahrzeuge und jener maximalen Fahrzeugzahl, welche sich im Durchschnitt gleichzeitig auf einer Fahrt befindet. Geht man dabei von einer im Regelfall zu berücksichtigenden Fahrzeit von einer Stunde aus, ergibt dies auf Grund der in Spitzenbelastungsstunden durchgeführten Zählungen eine durchschnittliche Anzahl von 35 Fahrzeugen (Durchschnittswert aus den höchstbelasteten Stundenintervallen). Die Höchstzahl würde daher mit 106 festzulegen sein. Die Verhältniszahl wäre mit 1:6,625 anzugeben.'

b) Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage, in welchem Sinn §10 Abs2 letzter Satz GelVerkG idF der Nov. 1987 im allgemeinen auszulegen ist, im Erkenntnis VfSlg. 11916/1988 Stellung bezogen.

Zum Problem, wie die in der zuletzt zitierten Gesetzesbestimmung vorgesehenen, durch Verordnung festzusetzenden Verhältnis- und Höchstzahlen zu errechnen sind, hat er in dem die TaxiV Wien 1987 betreffenden Erkenntnis vom 9. März 1990, V101/89, ausgeführt, daß der Verordnungsgeber zunächst die Verhältniszahl iS des §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG zu bestimmen und erst im zweiten Schritt die sich aus ihr ergebende Höchstzahl der Taxikonzessionen festzustellen hat." (S. nunmehr auch das in dieselbe Richtung gehende Erkenntnis vom 6.12.1991, V407/90 u.a. Zlen., betreffend die TaxiV Salzburg 1989).

"c) Der Landeshauptmann von Niederösterreich scheint aber hier genau den umgekehrten Weg eingeschlagen zu haben, indem er vorerst die (gerade noch als erträglich angenommene) Höchstzahl der Taxikonzessionen festgesetzt und daraus sodann die Verhältniszahl errechnet hat; daraus scheint deutlich zu werden, daß der Verordnungsgeber bei seinen Berechnungen von der Zahl der vorhandenen Taxis ausging und damit die Änderung dieser Zahl von vornherein (weitgehend) ausschloß."

b) Der Verwaltungsgerichshof hat in seinem Prüfungsantrag vom 27. November 1991 (s.o. I.1.b) die vorstehenden, im Einleitungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes geäußerten Bedenken übernommen.

3. Der Landeshauptmann von Niederösterreich hält in seiner in den Verordnungsprüfungsverfahren erstatteten Äußerung diesen Bedenken entgegen:

"Es trifft zu, daß die Formulierung der im Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1991, B314/91-9 u.a. zitierten Schlußfolgerungen in den 'Erläuterungen', wonach sich die 'festzulegende Höchstzahl' aus 'der Summe der maximal in Warteposition befindlichen Fahrzeuge und jener maximalen Fahrzeugzahl, welche sich im Durchschnitt gleichzeitig auf einer Fahrt befinden' errechnet, für die Annahme spricht, es wäre in der als bedenklich erachteten Art und Weise bei der Verordnungserlassung vorgegangen worden.

Allerdings ist diese Formulierung mißverständlich. Sie bringt nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, welchen Weg der Verordnungsgeber bei der Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnung eingeschlagen hat:

Mit 'Höchstzahl' ist hier nämlich nicht die Höchstzahl im Sinne des §10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes gemeint. Sondern wie aus dem näher dargelegten Vorgang zur Gewinnung dieser Zahl zu ersehen ist, versteht der Verordnungsgeber darunter lediglich eine Berechnungsgröße und zwar eine zur Berechnung der Verhältniszahl.

Nach Auffassung des Verordnungsgebers hat die Verhältniszahl die in §10 Abs2 Gelegenheitsverkehrsgesetz genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die in der zu erlassenden Verordnung gleichfalls festzulegende Höchstzahl hat der Verhältniszahl zu entsprechen. Es ist daher die Aufgabe der Verhältniszahl, bezogen auf die vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätze festzulegen, wieviele Taxifahrzeuge in Hinblick auf die in §10 Abs2 Gelegenheitsverkehrsgesetz genannten Gesichtspunkte, insbesondere die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, in einem bestimmten Gebiet verträglich sind.

In diesem Sinne ging der Verordnungsgeber nicht von den vorhandenen Taxikonzessionen aus, sondern von den vorhandenen Möglichkeiten, Taxifahrzeuge abzustellen. So wurde zunächst festgestellt, daß 71 Plätze zur Verfügung stehen, auf denen Taxis abgestellt werden können. In einem zweiten Schritt wurde festgestellt, mit wieviel Fahrzeugen - unter Berücksichtigung der Anzahl und der Dauer der durchschnittlich durchgeführten Fahrten - diese Abstellmöglichkeiten ausgelastet sind und diese Fahrzeugzahl mit den vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen (§96 Abs4 StVO) in Beziehung gesetzt. Aufgrund der sich daraus ergebenden Verhältniszahl wurde schließlich die Höchstzahl der Taxikonzessionen festgelegt.

Soweit, wie im zweiten Schritt erfolgt, den bestehenden 71 Abstellmöglichkeiten jene Anzahl an Fahrzeugen zugezählt wurden, die - wie die durchgeführten Erhebungen ergaben - maximal unterwegs sind, kann nicht bestritten werden, daß Abhängigkeiten zwischen der Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum zu beobachtenden Fahrten und dem Bestand an Taxifahrzeugen bestehen. Soweit beispielsweise kein Taxiangebot besteht, kann auch eine entsprechende Nachfrage nicht befriedigt und letztendlich auch keine Fahrt beobachtet werden. In dem damit angesprochenen Umfang wird daher jede der anzustellenden Berechnungen den vorhandenen Bestand an Taxifahrzeugen einbeziehen müssen.

Dies tut im übrigen auch die im Erkenntnis des Verfassungsgerichshofes vom 9. März 1990, V101/89, angestellte Berechnung. Denn die Feststellung, daß in einem bestimmten Zeitraum nur ein bestimmter Anteil der Taxis in Betrieb ist, oder daß ein Taxi während eines 10-Stunden-Betriebes 4 Stunden einen Parkplatz benötigt, ist letztendlich ebenfalls vom vorhandenen Bestand an Taxifahrzeugen abhängig.

Über diesen, jeder tatsächlichen Feststellung immanenten Umfang hinaus wurde jedoch - wie aus den 'Erläuterungen' zu ersehen - bei der Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnung der Bestand an vorhandenen Taxis nicht in die Berechnung einbezogen.

Vielmehr wurde in der Folge - ausgehend von den festgestellten Abstellmöglichkeiten und den in einer Stunde durchschnittlich durchgeführten Fahrten - auf die Frage eingegangen, wieviel an Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen in Schwechat einem Taxi zur Verfügung stehen muß, damit es nicht durch Umherfahren den Verkehr behindert und die Umwelt unnötigerweise belastet. Die Verhältniszahl wurde daher in der Verordnung mit 1:6,625 festgesetzt (16 Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen : 71 Abstellmöglichkeiten plus 35 Fahrzeuge unterwegs) und dementsprechend die Höchstzahl der zu erteilenden Konzessionen mit 106 (16 x 6,625).

Der Verordnungsgeber vertritt daher die Auffassung, daß die in Prüfung gezogene Verordnung dem §10 Abs2 Gelegenheitsverkehrsgesetz entspricht und beantragt, die Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vier Beschwerden, die Anlaß zur Einleitung der amtswegigen Prüfungsverfahren waren, sind zulässig. Der Verfassungsgerichtshof wird daher über sie in der Sache zu entscheiden haben. Dabei hätte er die TaxiV Schwechat 1989 anzuwenden. Diese als Verordnung zu qualifizierende Rechtsvorschrift bildet eine untrennbare Einheit und ist daher zur Gänze präjudiziell.

Sinngemäß Gleiches gilt für den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes (s.o. I.1.b).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind alle Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Die TaxiV Schwechat 1989 war gesetzwidrig. Der Verordnungsgeber hat nämlich - wie im Einleitungsbeschluß vorläufig angenommen - eine unrichtige Berechnungsmethode angewendet. Die Äußerung des Landeshauptmannes vermochte nicht, die in diesem Beschluß enthaltenen Bedenken zu zerstreuen.

a) Dem Wortlaut des §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG zufolge ist unter Bedachtnahme auf näher umschriebene Umstände zunächst die Verhältniszahl zu bestimmen und erst daraus die höchstzulässige Zahl der Taxikonzessionen zu berechnen. Wesentlich für die Frage, ob eine weitere Taxikonzession verliehen werden darf, ist ausschließlich die Höchstzahl, nicht aber die Verhältniszahl. An diese Verhältniszahl knüpfen sich keine Rechtsfolgen. Wenn sie dennoch vom Gesetz vorgesehen wird, kann das nur bedeuten, daß ihre Feststellung als Zwischenschritt (um zur Höchstzahl zu gelangen) zwingend vorgeschrieben ist. Es ist also - entgegen der Meinung des Landeshauptmannes - nicht belanglos, ob die Höchstzahl oder die Verhältniszahl zuerst berechnet wird; vielmehr gebietet das Gesetz, die Höchstzahl auf eine ganz bestimmte Weise festzustellen, nämlich eben vorerst die Verhältniszahl zu bestimmen und diese sodann mit den vorhandenen Stellplätzen zu multiplizieren.

Die Determinanten des §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG geben keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, wie die Höchstzahl ohne Vorschaltung der Verhältniszahl festgelegt werden könnte. Hingegen läßt sich aus dem Sinn des Gesetzes (nämlich das weitestmögliche Vermeiden von Leerfahrten durch Reservierung ausreichender Parkplätze) die zur Feststellung der Verhältniszahl führende Vorgangsweise entnehmen.

b) Die Äußerung des Landeshauptmannes bestätigt der Sache nach die - aufgrund des vorgelegten Verordnungsaktes getroffene - näher begründete (s.o. II.2.a) vorläufige Annahme im Einleitungsbeschluß, daß der Verordnungsgeber hier den umgekehrten Weg beschritten hat.

Zwar wird vorgegeben, (formal) wie folgt vorgegangen zu sein:

Vorerst sei die Verhältniszahl festgesetzt worden; dies derart, daß die vorhandenen 16 Auffahrmöglichkeiten auf Taxi-Standplätzen durch die Zahl der in Schwechat für Taxis reservierten 71 Abstellplätze (16 Auffahrmöglichkeiten auf Taxistandplätze + 55 Auffahrmöglichkeiten auf einen privaten Parkplatz beim Flughafen) plus 35 Taxis, die - angenommenerweise - maximal unterwegs sind, dividiert wurde (16: (71 + 35) = 16:106 = 1:6,625); sodann sei daraus die Höchstzahl der zu erteilenden Konzessionen so errechnet worden, daß auf eine der auf Taxistandplätzen vorhandenen 16 Auffahrmöglichkeiten jeweils höchstens 6,625 Taxikonzessionen kämen (16 x 6,625 = 106).

Solcherart wurde aber im zweiten Schritt genau dieselbe Rechnung wie im ersten Schritt angestellt, die nur auf andere Art angeschrieben wurde. Damit wurde das, was dem Gesetz zufolge erst das rechnerische Ergebnis aus einer ersten Feststellung sein soll, faktisch bereits in dieser ersten Annahme vorweggenommen.

c) Schon aus diesen Gründen war die TaxiV Schwechat 1989 gesetzwidrig. Es erübrigen sich weitere Erörterungen über die richtige Verhältniszahl und die richtige Höchstzahl.

Die Verordnung ist mit 29. Feber 1992 außer Kraft getreten (s.o. II.1.b). Es war daher gemäß Art139 Abs4 B-VG auszusprechen, daß die Verordnung gesetzwidrig war.

3. Die Verpflichtung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zur Veröffentlichung dieses Ausspruches stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG (vgl. zB VfSlg. 7586/1975; VfGH 9.3.1990 V101/89, 6.12.1991 V407,408,410,411/90).

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nach §19 Abs4 erster Satz VerfGG entbehrlich.

Schlagworte

Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, Taxis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:V293.1991

Dokumentnummer

JFT_10079688_91V00293_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten