TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/9 94/03/0148

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Veröffentlicht am 09.11.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §39 Abs2;
StVO 1960 §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der H in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. Mai 1994, Zl. 5/11-99/653/7-1994, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Salzburg) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Salzburg wies namens des Gemeinderates im Instanzenzug den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der straßenpolizeilichen Ausnahmebewilligung von den Bestimmungen der Fußgängerzone zur jederzeitigen Zu- und Abfahrt zum und vom Haus X-Gasse zur Durchführung von Ladetätigkeit mit zwei dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeugen, gestützt auf die Bestimmung des § 45 Abs. 2 StVO 1960, ab. Er ging dabei in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, die Beschwerdeführerin betreibe mit ihrer Tochter im Hause X-Gasse bzw. Y-Platz ein Trachtengeschäft. Der Produktionsbetrieb und das Lager befänden sich an einem anderen Ort. Aus diesem Grund und weil die Kunden erwarteten, daß Änderungen an den gekauften Waren möglichst noch am selben Tag durchgeführt und die Waren sodann zugestellt würden, sei es erforderlich, Waren oftmals pro Tag zum Geschäft zu bringen sowie von dort abzutransportieren. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihre Tochter hätten ein Bandscheibenleiden und hätten sich auch einer Bandscheibenoperation unterziehen müssen, sodaß sie keine schweren Gegenstände heben und tragen könnten. Es sei ihnen jedoch zumutbar, Gegenstände unter 5 kg vom Geschäft aus zum Kfz zu verbringen, auch wenn dieses nicht in unmittelbarer Nähe der Betriebsstätte, sondern in der ca. 200 m vom Geschäft entfernten Ladezone in der Z-Gasse abgestellt sei. Zur Durchführung von Zu- und Abtransporten schwererer Gegenstände sei das Befahren der in Rede stehenden Fußgängerzone an Werktagen von jeweils 6.00 Uhr bis 10.30 Uhr möglich. Während dieser Ladezeit könne die Beschwerdeführerin bis auf wenige Meter an das Geschäftslokal heranfahren. Die Beschwerdeführerin begründe das Erfordernis, auch außerhalb dieser Ladezeit zu ihrem Geschäft zufahren zu können, im wesentlichen damit, es könne ein Wettbewerbsnachteil darin gelegen sein, daß ohne die beantragte Ausnahmebewilligung eine rasche Reaktion auf Kundenwünsche nicht möglich sei. Diese bloß allgemeine Behauptung der Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen könne aber nicht dartun, daß die Versagung der beantragten Ausnahmebewilligung wirtschaftliche Interessen der Beschwerdeführerin in erheblichem Ausmaß verletzen würde. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei des öfteren allein im Geschäftslokal und könne dieses daher nicht so lange verlassen, daß zur Beförderung von Gegenständen unter 5 kg die Inanspruchnahme der Ladezone in der Z-Gasse möglich wäre, sei nicht schlüssig. Für die Anlieferung vom auswärts gelegenen Lager bzw. vom Produktionsbetrieb benötige die Beschwerdeführerin bei der Anfahrt zur Ladezone Z-Gasse nur unwesentlich länger als bei der Anfahrt über die X-Gasse. Auch müßte im einen wie im anderen Fall das Fahrzeug nach Beendigung der Ladetätigkeit entfernt und an einen Abstellplatz verbracht werden.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die Berufungsbehörde habe nicht ausgeführt, wie die Beschwerdeführerin nach Ablauf der Ladezeit (6.00 - 10.30 Uhr) Gegenstände, die schwerer als 5 kg seien, transportieren solle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gemäß § 77 Salzburger Stadtrecht 1966 die Vorstellung als unbegründet ab. Schwerere Gegenstände könne die Beschwerdeführerin - wie der Stadtsenat der mitbeteiligten Partei zu Recht ausgeführt habe - während der Ladezeit (6.00 - 10.30 Uhr) an- und abtransportieren. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Ladezeit für derart schwere Lasten nicht ausreichend sei. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie erleide einen Wettbewerbsnachteil, wenn sie nicht auch außerhalb dieser Ladezeiten zum Geschäft zufahren könne, habe der Stadtsenat der mitbeteiligten Partei zu Recht nicht als Nachweis eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses an einer Ausnahmebewilligung angesehen. Der Stadtsenat habe auch in schlüssiger Weise dargelegt, daß die Beschwerdeführerin bei Benutzung der Ladezone Z-Gasse nicht wesentlich mehr Zeit benötige als beim Anfahren zu ihrem Geschäft über die Fußgängerzone.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der 19. StVO-Novelle kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z. B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung von derartigen Ausnahmebewilligungen ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Ausnahmebewilligung nach dieser Gesetzesstelle ist daher nur bei Vorliegen von gravierenden, die Person des Antragstellers außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1994, Zl. 93/03/0318, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Beschwerdeführerin stützt ihren Antrag nach § 45 Abs. 2 StVO 1960 auf erhebliche wirtschaftliche Interessen an einer derartigen Ausnahmegenehmigung, wenn sie ausführt, sie erleide mit ihrem Geschäft einen Wettbewerbsnachteil, wenn sie nicht jederzeit zum Geschäftslokal zufahren könne. In einem solchen Fall bedarf es aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnisse vom 5. Oktober 1994, Zl. 94/03/0080, und vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0202) ungeachtet dessen, daß eine Behörde verpflichtet ist, von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, eines konkreten, einer Überprüfung zugänglichen Vorbringens der Antragstellerin über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Regelung der Fußgängerzone auf ihren Betrieb, um das nach dem Gesetz erforderliche erhebliche wirtschaftliche Interesse darzutun.

Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid aus, die Beschwerdeführerin habe mit der Behauptung eines Wettbewerbsnachteiles den Nachweis eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses nicht erbracht. Die Beschwerdeführerin tritt dem nicht mit der Behauptung entgegen, sie hätte im Verwaltungsverfahren ein Vorbringen erstattet, das den Umfang des (behaupteten) Schadens erkennen lasse, und trägt ein derartiges Vorbringen auch nicht in der Beschwerde vor. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Nachweis eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses mangels Erfüllung des Konkretisierungsgebotes durch die Beschwerdeführerin als nicht erbracht ansah und deshalb die Versagung der beantragten Ausnahmebewilligung durch den Stadtsenat der mitbeteiligten Partei als dem Gesetz entsprechend bestätigte.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994030148.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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